Minoritenstüberl
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Minoritenplatz 5, Wien 1010
In diesem Guide weil: Mein Herz schlägt höher, wenn ich an Andis Küche denke, Wr. Küche vom Feinsten. Er ist meine Top-Empfehlung für unsere traditionsbewusste Wr. bodenständige Küche.
SpeisenAmbienteServiceKeine Wertung
21. Aug 2022
Sche, dass’d do woast!
Diese Worte klingen angenehm in meinen Ohren, wenn ich an das Minoritenstüberl denke. Mit diesem herzlichen Verabschiedu...MehrSche, dass’d do woast!
Diese Worte klingen angenehm in meinen Ohren, wenn ich an das Minoritenstüberl denke. Mit diesem herzlichen Verabschiedungsgruß lasse ich mich gerne vom Lokalinhaber Andi Wojta hinauskomplimentieren, nachdem ich zufrieden und gesättigt ein gutes Mittagessen bei ihm konsumiert hatte.
Man muss wissen, das Stüberl ist kein Wirtshaus, sondern eine Kantine, die nur über die Mittagszeit offen hat. Sitzen kann man bis ca. 16.00 Uhr, aber die Essenausgabe endet um 13.30 Uhr. Und richtig, es heißt Ausgabe, man bestellt an der Schank, bezahlt dort und trägt alles selbst zum Tisch.
Man muss nicht wissen, aber man kann, dass Andi Wojta nicht nur hier bekannt ist, er hat sich auch schon einen Namen gemeinsam mit Alex Frankhauser (Haubenkoch in Tirol) in der ORF-Fernseh-Show „Frisch gekocht“ gemacht. Was ihn neben professioneller Kochshow auszeichnet ist sein Schmäh, den Andi seinem Partner erst lernen musste, na weil der halt ein Tiroler ist (aber lernfähig 😊). Schmäh prägt seine Natur.
Er kann ihn aber in der Mittagszeit nur bedingt anwenden, steht er dort auch unter Stress und nimmt die Zurichtung am Teller für jeden Gast vor. Es gehört zu seinem Faible die Gerichte mit einem Pflanzerl Rosmarin oder Thymian zu bestücken, fürs Augerl warat‘s. Essen kann man’s nicht, ist aber seine Signatur.
Es helfen 2-3 Damen, die alles übrige tun. Denen könnte Andi hin und wieder auch eine Lektion in Sachen Schmäh erteilen, aber das sei seine Sache. Ich unterstütze sie, indem ich mein Geschirr meistens auch wieder zurücktrage. Das muss man nicht, aber man kann, am Einsatz des Personals mangelt es nicht. Brave Mädls sind's, aber recht schweigsam.
Ein Loblied auf die goldene Wr. Küche
In meinen Augen ist der Meister seines Fachs für unsere Generation schlechthin ein Aushängeschild für unsere Wiener Speisentradition. Zuallererst gelernt von Muttern tritt er sichtlich in ihre Fußstapfen.
Man kann sich eines schlichten Menüs bedienen, das ca. 10€ kostet. Unumwunden hat Andi zugegeben, dass er sich bei der Suppe nicht viel antut, aber die Gäste wollen das. Es sei dies daher ein kleine Schwäche, und ich esse sie auch nur, falls der Hunger größer ist.
Der Menüteller hat eine von alters bekannte Form einer Teilung, wo im kleineren Bereich der Salat und im größeren Bereich die Hauptspeise aufgelegt wird. Hier gibt es oft Sachen, die er nur derart anbietet und nicht a la carte.
Meine Favoriten sind aber eindeutig a la carte, von denen ich nachfolgend versuche einige zu beschreiben und den Hauptausschlag geben, warum ich verwöhnter Fratz, der ich doch z.B. ein ausgesprochener Suppenfanatiker bin oder die gute Weinauswahl für unabdingbar halte, es mir dennoch antue hierher zu gehen. Ich verrat‘s euch: Er kocht genial.
Die Weinauswahl ist schlicht rot oder weiß, in der Regel führt er den gemischten Satz von Zahel. Zur Speisen-Auswahl hängt ein A4-Zettel am Holzbalken, der täglich adaptiert wird. Was ausgeht wird simpel durchgestrichen. So funktioniert des do.
Zuletzt, es gibt für bestimmte Speisen bevorzugte Tage, Wer’s genauer wissen will kann Andi Wojtas Newsletter abonnieren, er hat aber eine fast konstante Regelmäßigkeit.
Meine Favoriten
Ich auserkore vier Gerichte, von denen ich von vornherein sage: Top 5, es geht net besser. In der gehobenen Küche sollte es eigentlich erst von 5 aufwärts gehen und weiß Gott wie weit nach oben, aber in der Liga spiele ich gar nicht mit. Mein Herz jubelt, wenn ich Omamas Kochkunst samt ihrer Geheimnisse, wie nur sie diese kennt und hütet, von ihren Kindern auch erhalte.
Ultimo 1) Rindsroulade – Das Fleisch lt. Auskunft Andi vom Schlögl in einer genial reich mit Zwiebeln angereicherten Sauce, zum Abbussl’n, an der Füllung kann man m.E. nicht viel falsch machen, klassisch ergänzen Karotten. Zeller, Gurkerln in Streifen geschnitten den Geschmack und für dem Umami-Effekt sorgt der Bauchspeck.
Als Beilage Erdäpfelpüree, immer sehr festcremig, so dass es nicht sofort zerrinnt mit kräftiger Butternote, so gehört sich‘s. Ich bin dazu auch Röstzwiebel gewohnt, die gibt‘s hier leider nicht. Der Grund dafür ist hausintern, da ihm dieses verweigert wird wegen damit verbundener Geruchbelästigung. Najo, is dem so?
Hab‘ ich schon erwähnt, dass er am Ort eines Bundesministeriums beheimatet ist? Vielleicht erklärt das die großkopferte Art, die ihm da möglicherweise begegnet. Wie auch immer, die Sache geht nicht von ihm aus. Also hier is nix mit meinen begehrten Röstzwieberl, aber die Roulade ist eh so auch schon überdrüber.
Top 2) Kalbsbeuscherl – Ich bin bei Gott kein Fan von Innereien, taste mich nur vorsichtig heran, aber das Beuschel vom Andi ist die Sensation. So sauber fein geputzt und fantastisch angereichert, recht klein alles geschnitten, die bindende Sauce nicht dicklich, sondern luftig und leicht, zur Abrundung mit einem Schuss Essig versetzt, dass es dann in der Art schlicht himmlisch wird.
Es stellt den Semmelknödel als Beilage, der auch nicht von schlechten Eltern ist, in den Schatten, der dann sozusagen nur mehr die Funktion zum Aufsaugen hat. Ich habe noch kein vergleichbares Beuschl anderorts gegessen. Meist ist es patziger, und wenn dies einen Grad übersteigt mag ich’s gar nicht mehr. Hier immer Entwarnung und darum meine Wahl.
Top 3) Grammelknödel - Ein Highlight der Sonderklasse. Es beginnt schon beim Teig, der extrem leicht und locker ist, was ich noch nie so auf die Reihe bekommen habe, Omas Geheimnis bleibt hier wahrlich gut gehütet und die Grammeln im Inneren knackig, zartknusprig und doch so angenehm beim Zerbeißen, dass sie auf der Zunge wie zerrinnen. Do legst di nieder und wüllst dem Knödel scho wieder a Buss‘l geb’n.
Woanders sind sie auch gut, aber nicht alle schaffen diese feine Knusprigkeit, die ohne Ausnahme Grammelstück für Grammelstück gilt. Das Kraut dazu ist 1A, in der Konsistenz wie es sich gehört und wer will, dem verpasst der Andi noch ein wenig Bratensaft dazu. Die Spuren der Erinnerung leben lange nach.
Top 4) Paprikahenderl – Das Gericht gehört zwar zur urtypischen Omama-Küche, wird aber nur sehr selten dargereicht. Am Henderl kann man m.E. so gut wie nichts falsch machen, man achte beim Einkauf auf gute Ware, ist heute selbstredend für jeden Gastronomen. Es lebt vor allem von der Paprikasauce, die kräftig mit Obers (oder Rahm) angerührt wird und der je nach Gusto Paprikawürze aufoktroyiert wird.
Persönlich habe ich meine Note gefunden, indem ich an Schärfe und Würze kompromisslos geworden bin, so auch mit weit weniger Obers arbeite, ist klarerweise nicht jedermanns Sache. Die Verarbeitung der Sauce hier ist tadellos und es muaß jo net immer der Chili-Kick sein. Also esse ich meins so und liebe auch die traditionell sanfte Art a la Oma.
Die Nockerln dazu sind Küchenbasics, saugen wie der Knödel auf und gehören einfach in der Wr. Küche dazu. Absolut nichts zu beanstanden. Recht ähnlich das Gericht für Hühnergschnetzeltes in gleicher Sauce, was aber in der Regel mit Reisbeilage serviert wird. Andi tät sagen: "Wö'tklasse!"
Sonstiges und überhaupt
Die Einrichtung ist Spitze, schlägt fast jede andere Kantine so und so und etliche Gasthäuser auch. Ich lasse dazu Fotos sprechen. Deshalb habe ich hier auch schon zu geschäftlichen Treffen meine Arbeitskollegen zusammengetrommelt. Man erklärt ihnen des Hausbrauch und das passt. Das Essen überzeugte sie dann ohnehin.
Auch die Tieflage ist kein Problem, man erhält durch die Oberllichten genug natürliches Licht. Gäbe es einen Gastgarten, wäre das mein Stammwirt, wiewohl nur Kantinenbetrieb.
Billig ist es nicht und ohne Umschweife sagte Meister Andi, dass er das auch gar nicht will. Mit der Ausnahme des Menüs, das logischerweise anders kalkuliert werden muss, liegt der Standardpreis für ein fleischliches Gericht derzeit bei 15€ und 1/8l Wein kostet 4€. Das macht dann mit Maut einen 40er wenn man zu zweit hergeht.
Die Portionsgrößen sind nicht die XXL-Liga, aber das passt für mich, da ich ohnehin Klasse vor Masse setze. Es gibt auch die eine oder andere Nachspeise, falls es nicht reicht.
Man darf das Minoritenstüberl nicht als üblichen Kantinenbesuch betrachten, um mal schnell den Hunger zu stillen. sondern als Begegnung mit der Wr. Küche und diese auf einem für mich vollendeten Niveau. In der Hinsicht relativiert sich wieder alles und so handhabe ich das.
Vielleicht lobhudle ich mit meiner 5-5 Wertung, dennoch ist es so für mich hier. Es gibt keine vergleichbare Kantine, die mit dem Ambiente (als eine Kantine !) samt dieser Küche mithalten könnte. Auf eine Wertung des Services wurde verzichtet, weil Kantinen es wohl so an sich haben, dass sie Self-Service sind, und mein Service steht ja wohl nicht zur Debatte. :-)
Nach vollbrachtem Werk erfolgreicher Hungerstillung samt herzerwärmender Sinnesausflüge durch Herrn Andi Wojtas geübtes Handerl samt Team erklingt er wieder, dieser in meinen Ohren mit lange anhaltendem Nachhall, sein aus dem Herzen kommender Abschiedsgruß:
„Sche, dass’d do woast!“Weniger anzeigen
Schweizerhaus
(4)
Prater 116, Wien 1020
In diesem Guide weil: Nicht nur für seine Stelzen und dem gepflegten Budweiser berühmt, es kann auch in Sachen Wr. Küche sehr gut mithalten. Das herrliche Gartenambiente spricht auch für sich.
SpeisenAmbienteService
17. Okt 2023
Das Schweizerhaus – eine Wiener Institution
Man kann über das Wiener Schweizerhaus (SH) am Rande des sog. Wurstelpraters sagen was man will, es ...MehrDas Schweizerhaus – eine Wiener Institution
Man kann über das Wiener Schweizerhaus (SH) am Rande des sog. Wurstelpraters sagen was man will, es ist eine Wiener Institution und ebenso Rarität, die keinen weiteren Repräsentanten vorzuweisen hat, zumindest nicht im Raum Wien und Umgebung.
Die einen wollen sich Wien ohne ein SH nicht mehr vorstellen, es hat quasi Kultstatus, die anderen meiden es und finden gar kein gutes Wort dafür. Ich kenne sogar böse Zungen, die lieber zum naheliegenden Englischen Reiter gehen und ihn über den grünen Klee loben, nicht aber, weil sie das so auch meinen, sondern lediglich um das SH madig zu reden.
Ich habe überlegt, ob ich überhaupt rezensieren soll, Werbung braucht Inhaber Kolarik & Co sicher keine, die Familie führt nebenbei noch weitere umliegende Betriebe und die Hütte ist überdies weit über die Grenzen Österreichs bekannt, die san oiso kane Oarman. 😉
Weiters finden sich hier im Forum schon genügend Berichte, positiv wie negativ, also was motiviert mich dazu? Ich nenne zwei Gründe:
1) Ich gehöre zu denen, die dem SH Kultstatus einräumen, das wird sich vss. nicht ändern.
2) Es sei dies so etwas wie meine persönliche Abrechnung über nunmehr schon Jahrzehnte.
Ich finde den Gastgarten großartig, groß ohnehin, aber auch geräumig, gärtnerisch schön ausgestaltet, ausreichend baumeschattet und zu den Abendstunden besonders stimmig. Wegen der Größe ist er nach Bereichen mit den Namen nach Wiener Bezirken unterteilt. So kann man von Wieden mit der U1 in die Leopoldstadt anreisen und befindet dann erst wieder in Wieden. Hier geht das also. 😉
Der Garten fasst heute ca. 1.700, der Innenbereich 600 Plätze, bei Schönwetter verlassen, wie ich mal erfahren habe, an Spitzentagen bis zu 6.000 Krügerl die Schank, die hier einer Fabrik mit Fließband gleicht. Es ist sehenswert der massenhaften Ausschank zuzusehen, arbeiten möchte ich zugegebenermaßen dort aber nicht.
Budweiser, Grießkirchner + Starter
Das Bier wird in Tanks gelagert und mit Stickstoff gezapft, somit ist es sehr kohlensäurearm und, tja, das zeichnet es auch aus, leicht (5% Vol. Alk.) und süffig und so liebe ich das seit Jahren, ich das Helle Budweiser andere das Gemischte oder Dunkle Grieskirchner. Das erste geht schon weg, ehe die erste Speise den Tisch erreichen könnte.
Der gegenwärtige Preis liegt bei 5,60€ für die Halbe. Früher war das SH darin oft gastronomischer Spitzenreiter und Kritikpunkt vieler Gäste, wie der Wiener halt goa so gern auch keppeln tut, was nun nach den letzten Teuerungswellen durchaus im Mittelfeld liegt. Der große Umsatz verhalf hier also zum Vorteil.
Manche starten mit dem Erdäpfelpuffer, der für sich schon eine Legende ist, nicht diese schwappeligen Industrielaberl, womit man Wien in der Vorweihnachtszeit überschwemmt, sondern richtige herzhafte Puffer, außen knackig schön geröstet und im Inneren die weiche Fülle, wer will mit viel Knofi obendrauf.
Sie kosten als Portion zu 2 Stück 4,70€, mit Knoblauch 4,90€. Allerdings härten sie auch rasch aus, man muss zusehen sie warm zu verzehren, ansonsten kann es auch vorkommen, dass man meint man beiße auf Granit.
Zwei Stück davon sind für mich schon eine Hauptspeise, sodass ich mich entscheiden muss auf dieses oder alternativ doch auf die Stelze zu setzen , die ich im Folgenden beschreibe. Für Kurzbesuche oder alleine ist das oft die Wahl, dazu das Pivo und du gehst zufrieden von dannen und kostet nicht das große Geld.
Und wer mal keinen Platz ergattert, kann sich diese auch vor dem Lokal beim Verkauf auf einem simplen Tatzerl zum günstigeren Mitnahmepreis einverleiben.
Schweinsstelze & Begleiter
Es gibt übrigens auch eine ansehnliche Speisekarte der Wr. Küche und auch Mittags- oder Wochenteller, auf das ich aber nur selten zugreife. Der Hauptdarsteller ist hier die hintere Schweinsstelze vom Grill, kurz Stelze. Ich wollte dazu schon mal einen Blick in die Küche werfen, was einem aber verweigert wird, weg'n der sog. Hygiene-Vorschriften warat's.
Man legt besonders Wert auf die Oberfläche, sodass kräftig eingesalzen krustig und knusprig beim Reinbeißen nur so die Schwarte kracht, das macht es besonders. Man schafft das nicht rundum, einige Teile werden zu hart und sind ungenießbar, aber der größere Teil beschert so ein himmlisches Vergnügen. Darunter befindet sich eine fettige Schicht, die man fast wie flüssig dazu aufsaugt.
Das dunklere gut durchgegarte Fleisch selbst ist gut und g‘schmackig, bei mir aber untergeordnet, ein bisschen davon wird vor Ort verzehrt, der Großteil landet am nächsten Tag in meiner Küche und wird zu einem Gröstl weiterverarbeitet, da ich oft nur zu zweit herkomme.
So pflegen wir das dafür seit Jahren, denn man erhält nur ganze Stücke von ca. 1,2 kg aufwärts, sodass eine für drei Personen ausreicht. Sie wird nach Gewicht verrechnet, das Kilo derzeit um 22,90€.
Das ist geteilt durch drei nicht wirklich teuer, aber man braucht ja auch Begleiter, so gehören dazu zunächst Senf und frisch geriebener Kren pro Person um 1,90€ oder manchmal auch eine Portion Bierrettich (3,90€), damit rutscht‘s auch besser runter. An kalten Beilagen gibt es noch einiges an Auswahl.
Liebste Vitamin-Beilage ist Krautsalat (4,60€), herrlich flüssig mariniert und zusätzlich mit ganzen Kümmelstückchen versehen, mit dem Gesamtensemble lacht das Herzerl so richtig. Angesichts der Kalorienbomben. die wir hier werfen, genügt davon eine Portion zu zweit.
Hervorzuheben wäre noch eine bestechende Küchenkonstanz. Die geannten Spezialitäten erreichen den Tisch über die Jahre in stets gleich guter Qualität.
Eine jüngst erworbene Leidenschaft
Als Besonderheit ist die Kuttelflecksuppe (6,30€) zu erwähnen, die ich nur im SH oder vom MO’s kenne, seit Jahrzehnten nach einem traditionell tschechischen bzw. slowakischen Rezept fabriziert, wer da führend ist, müssen sich die beiden ausschnapsen, hier wird sie auch Prager Suppe oder Drštková genannt.
An Innereien wagte ich mich lange nicht heran, aber eines Tages ist der Damm gebrochen und ich probierte sie und war überrascht, was für ein begehrter Leckerbissen das sein kann. Die Kutteln sind sehr sauber geputzt und werden in paprizierter Suppe gekocht, oder man nimmt als Basis Gulaschsaft.
Wie genau sie gemacht wird weiß ich nicht, aber der Touch würzig pikanter Gulaschsaftwürze in Verbindung mit den Kutteln, wienerisch würde man sagen „es niacht‘lt“, wie eben Innereien riechen, harmoniert ausgezeichnet. Jetzt steht bei meinen SH-Besuchen auch diese immer wieder am Radar. Ich muss aber auch die als Nr. 2 gelistete Krautsuppe probieren. Sie steht noch aus.
Und obwohl ich Fan der klassischen RS bin, so bleibe ich da mal bei meinem Vorurteil, wenn man mir solches ausnahmsweise gestatten möge. Bierlokal und Rind? Njet! Hier herrscht Schwein. 😉
Kaffee & Co
Als Pseudo-Kenner und doch Profi-Liebhaber des gut gepflegten Digestifs schließe ich Besuche gerne mit Kaffee und a weng‘l was zwecks Verdauung ab. Kaffee und Bierlokal können gar Spinne-Feind sein, aber hier dürfte eine brauchbare Freundschaft vorherrschen. Marke mir zwar unbekannt, aber ganz gut mit 4,30€ für den großen Espresso.
Besonders erfreut mich der Nussschnaps, dem hauseigene Produktion nachgesagt wird. Ob das stimmt weiß ich nicht, so will ich’s glauben, aber was ich weiß ist, er ist genial. Nicht bitter, nicht süß, ausgewogene Würzmischung, bei der die Gewürznelke nicht den Gaumen verhundst, und satte 40% wie man das von einem Brand kennt.
In 0,1l Flaschen auch zum Mitnehmen erhältlich wovon ich jährlich Gebrauch mache um Haushalt und eigene Gäste zu versorgen. Im Lokal 3,60€, also kein Eckhaus, die 0,1l Flasche mit 9,90€ doch nicht ganz billig. Man erhält dazu ein Geschenksäckchen + Stamperl. Das Extra macht leider den Preis, ich brauch das zwar nicht, aber diese Werbung muss man halt mitbezahlen.
Meine Service-Erfahrungen
Darüber könnte man ein Buch schreiben, es waren gewisse Praktiken über die Jahre üblich, allseits verpönt und handelten dem SH einen üblen Nachruf ein. Jeder Insider der dort hingegangen ist wappnete sich dagegen im Voraus, der Unbedarfte war ein armes Schwein und Opfer und so mieden viele das SH auch.
In größeren Gruppen wurden man regelmäßig beim Bier abgezockt, indem mehr verrechnet wurde als bestellt und man war umso frecher, je größer die Krügerl-Anzahl war.
Eine weitere bierige Unsitte war das vorzeitige Abstellen des Biers am Tisch, ehe man mit seinem fertig war. Dazu wurde oft nicht einmal gefragt, ob man überhaupt noch eines möchte, klaks, da stand es einfach. Nun hatte man darauffolgend Erklärungsnotstand und Streitigkeiten waren an der Tagesordnung.
Das Bier war in der Regel nicht korrekt eingeschenkt, weshalb es gar keine echte Halbe war. Und nicht selten wurde man ignoriert, wenn man nur ein Seidel wollte, das kam trotz Nachfrage nicht an. Ich habe das alles miterlebt und kann es bestätigen, aber ich kann heute auch die völlige Entwarnung aussprechen, solches ist Geschichte.
Hier dürfte die Chefetage durchgegriffen haben und sowohl das Kellner-Konzept als auch deren Moral umgekrempelt haben. Ich erlebe es nun sein einigen Jahren hochanständig und professionell und man erfreut sich einer stolzen Schaumkrone, woraus man sich möglicherweise einen Sport macht, wer es höher schafft.
Der Wiener Schmäh ist das Einzige, was mir manchmal abgeht, besonders wenn viel Betrieb ist, was aber auch verständlich ist, ansonsten läuft es in der Regel locker ab.
Pro Station/Bezirk gibt es einen Getränke- und einen Speisenkellner, die sich auch aushelfen. Sehr gut funktioniert das Reservierungssystem. Bis zu 3 Personen wird grundsätzlich nicht reserviert, da sucht man sich einen freien Platz, setzt sich nach Absprache dazu oder verhandelt mit dem Kellner, dem die Tischeinteilung obliegt.
Ab 4 Personen kann online reserviert werden. Für größere Gruppen benötigt man einen Vorlauf von ca. 4 Wochen, so meine Erfahrung.
Bewertung für ReTe
Meine durchschnittliche Besuchsfrequenz liegt bei 2-3 Mal jährlich seit mehr als 40 Jahren, öfter schaffe ich diese üppigen „Schweinereien“ samt sattem Bierkonsum wohl nicht, der aber nur hier über dem Schnitt möglich ist, weil es wie Öl den Rachen hinabgleitet.
Heuer waren es 5 Besuche, weil ich die neu in meinem Programm eingebaute Kuttelflecksuppe für sich öfter genießen wollte, und möglicherweise bildet sie nun den Grund, dass das so bleiben könnte.
Meine Rezension konzentriert sich auf die von mir bevorzugten Speisen samt Gewohnheiten, wofür ich aber eine klare Empfehlung ausspreche, und basiert ansonsten auf dem Vergleich mit anderen Bierlokalen. Aus der Perspektive sind die Speisen gut bis ausgezeichnet. Besonders die Stelze ist ein Unikat. Bierlokale schneiden kulinarisch bei mir ansonsten eher unterdurchschnittlich ab.
Das Ambiente ist Top, lediglich die Lautstärke kann hin und wieder auch stören, man darf nicht vergessen, nicht nur die illustren Gäste produzieren ordentlich Lärm, man befindet sich auch in einem Vergnügungsviertel und das sorgt für zusätzliche Dezibel.
Der Service hat sich deutlich verbessert und funktioniert nun seit einigen Jahren klaglos. Man darf sich allerdings nicht mehr erwarten, es ist die Masse auch ein Stressfaktor, der aber gut gemeistert wird, also rundum gut.
Für heuer ist die Saison 2023 gelaufen aber mit 2024 freut sich WrFan wieder auf Kutteln, Bier, Stelze, Nusserl und en passent auch die Puffer.
LG vom WrKFanWeniger anzeigen
Gmoa Keller
(2)
Am Heumarkt 25, Wien 1030
In diesem Guide weil: Traditonsgasthaus mit Niveau, geführt nunmehr von den Laskowsky Brüdern.
SpeisenAmbienteService
4. Okt 2023
Der Gmoa Keller
Nach ansehnlich langjähriger Familien-Historie seit anno 1858 übernimmt Sebastian Laskowsy seit ca. 2000 das Zepter im Gmoa Kel...MehrDer Gmoa Keller
Nach ansehnlich langjähriger Familien-Historie seit anno 1858 übernimmt Sebastian Laskowsy seit ca. 2000 das Zepter im Gmoa Keller. Derselbe führt mit Bruder Alexander später auch den Waldviertlerhof im 5. Bezirk Wiens weiter. Damit leisten sie einen wertvollen Beitrag gegen das Wiener Beisl-Sterben. Wir bräuchten deren mehr.
Das Lokal besteht aus einem langen dreigeteilten Hauptgastraum und einem kleinen Stüberl. Der Schankbereich wird grundsätzlich nicht als Gastraum genutzt. Dort sitzt auch mehr das Personal.
Davor befindet sich ein Schanigarten, der unter dem Straßenniveau des Heumarktes liegt. In der Coronazeit wurde dieser erweitert und mit einer rundum Holtäfelung verziert, angesichts der Stadtverhältnisse sogar recht nett.
Auffällig ziert den 3. Gastraum ein Gemälde, das lose herabhängt, rechts unten signiert von H. Nitsch. Angeblich ist es aber nicht von ihm. Für mich eher ein Weggucker, dazu gilt halt „Geschmäcker und Ohrfeigen“, aber weil es mit einem Promi in Verbindung steht, wird es wohl noch länger verbleiben, mittlerweile in memoriam.
Abgesehen davon ist die Einrichtung vom Feinsten wie ich mir das für das bessere Gasthaus vorstelle, Parkettböden, Holzvertäfelung. weiß eingedeckte Tische, so hebt sich das Ambiente für mein Auge auf ein gehobenes Niveau.
Man kann sich hier mit jeder Art Klientel blicken lassen, habe ich z.B. bei einem meiner Besuche 2022 unseren Alt-Bundespräsidenten Fischer angetroffen. Ich war aber nicht sein "Klientel". 😀
Kulinarik allgemein
Soweit ich in Erinnerung habe wird von Mo – Fr ein Tagesmenü angeboten, die Hauptkarte besteht aus traditionellen wie auch wechselnden spezifischen Gerichten, die mit saisonalem Angebot ergänzt wird, soweit also recht klassisch.
Der Menüpreis inkl. Tagessuppe liegt gegenwärtig bei 11,80€, Hauptgerichte sind m.E. moderat kalkuliert, Ausreißer kenne ich keine, für die Stadtlage in meinen Augen günstig.
Man findet als Fixpunkt unter den Suppen eine RS mit Einlage Fleischstrudel, die immer rarer wird und darum zu meinen Favoriten hierorts gehört, oder sie ist auch die fallweise Tagessuppe zum Menü. Die RS-Basis ist tadellos und liegt durchaus über dem Durchschnitt üblicher Wr. Gasthäuser.
Weiters eine Erdäpfelcremesuppe, so weit, auch so gut, ich wünschte mir dazu ein wenig Speckstückchen. Dem Umami-Freak wird das hier verweigert, dafür darf sich die Fraktion der Vegetarier freuen.
Von den Wr. Klassikern kann ich so gut wir alle empfehlen, das Handwerk beherrscht man, wie man so sagt aus dem FF, man bietet für meine Begriffe einen schönen Vorzeige-Bres‘lteppich, wie ihn der Wiener doch gerne hat, mit ebensolchem Erdäpfelsalat wie von der Omama.
Einzig beim ZRB erlaube ich an meine übliche Wr. Raunzer-Orgie anzuknüpfen, als ich hier noch nie gut geröstete Röstzwiebel erhalten habe, abgesehen davon ist aber auch der recht tadellos.
Für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es Zwischengerichte a la Kaffeehaus, das kleine Gulasch, simple Sacher- bzw. Debreziner mit Senf und Kren oder ein Blunz’ngröstl, das aber auch schon als HS sättigen kann.
Mittags- und Hausmannskost
Was wäre wohl das gute WH ohne Hausmannskost. Einiges bietet schon die Karte, das meiste rein Hausmännische wird man mehr im Zuge des Mittagsmenüs vorfinden, weshalb mittags meine bevorzugte Besuchszeit ist. Darüber erlaube ich kostprobenartig zu rezensieren.
Starten wir mit einem good old Schweinsbrat‘l, vom Schopf für mich die Ultimofleischwahl, butterzart weich zerfällt es auf der Gabel, g‘schmackiges Natursafterl mit Kümmelnote und das Sauerkraut gut auf den Punkt in Säure und wenig Einbrenn. Zwei kleine Erdäpfelknöderl ergänzten es zu einem Gruß vom Himmel. Ja, das war Klasse.
Erdäpfelgulasch, steht es auf der Tageskarte wird es vorzugsweise gewählt. Die Kombi aus Gulaschwürze, papriziertem Saft, darin geschmorte Erdäpfel, ich könnt mich eingraben, bei der Wurst müsste ich jetzt schummeln, weil der letzte Genuss schon ein wenig zurückliegt, aber ich denke es war die würzig doppelt geräucherte Dürre. Genuss pur.
Eine dritte dafür umso bessere Erinnerung habe ich zum Gebackenen Kabeljau, ein traditionelles Freitags-Mittagsmenü. Simpel, aber exzellent, tadellos paniert, nicht so hart wie woanders, sondern auch souffliert, im Inneren das sog. Fischeln im Gaumen zart spürbar, als Begleiter ein herzhafter Mayonnaise-Salat, der aber nicht aus der Tube, ja Herz was will man mehr.
Das einzige über das man motschkern könnte wäre, dass ich das Servieren dieser Salatbeilage auf einem Extra-Teller bevorzugt hätte, aber es hätte auch das Tradition, zumindest als Mittagsgericht.
Beim Gebackenen Karpfen a la carte, ebenso mit Mayonnaise-Salat, erfolgt diese Trennung wieder vorschriftsmäßig sauber via Extraschüsserl, und der intensive Geruch samt traniger Note wird zu einem noch größerem Erlebnis.
Aus der Rubik der NS, die ich mittags aber kaum esse, begnügte sich bei einem Besuch meine Schwiegermama mit einem Topfen-Kaiserschmarren, zwar nicht die klassische Zubereitungsart, aber doch gut duftend, flaumig und mit exzellentem Röster. Ihr jedenfalls taugte er sogar noch mehr als mir.
Es gibt immer wieder, wie ich es nennen würde, Schmankerl, die recht originell, also nicht alltäglich kreiert werden, auf die ich im Bedarfsfall zugreife. Eines davon war Ganslravioli, das auf der Tageskarte stand, wohl ein Restlverwerten aus der Ganslzeit, das aber gelungen und überdies herzhaft kräftig im Geschmack, war genial.
Für weitere Köstlichkeiten fehlen mir gerade dazu die Details, die Ganglien wollen’s scheinbar nicht mehr durchschalten, die Fotos alleine reichen leider nicht, aber ich weiß noch von keiner misslungenen Komposition. Jetzt muss man mir halt glauben oder selber ausprobieren, ich empfehle letzteres. 😉
Für den Absacker danach wird Kaffee Marke Hausbrandt kredenzt, gut und schon mit brauchbarer Stärke ohne weiteren Wasserentzug, wer es noch kräftiger benötigt findet eine gute Auswahl Edelbrände querbeet durch das heimische Programm diverser Destillerien.
Über die Getränke habe ich nicht genauer recherchiert, was meiner Vorliebe eines regionalen Weißweines geschuldet ist, sodass es mittags nicht so mein Augenmerk erhält. Aber das Angebot nenne ich den ortsüblichen Gasthausstandard, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch da wird saisonal etwas variiert.
Service und allgemeine Bewertung
Ich kann zum Service nicht allzu viel sagen, was angesichts einer Wr. Seele aber auch etwas Gutes ist, als sie dann nicht wirklich Nennenswertes zu bekritteln hätte. Ein wenig sucht man den Wr. Schmäh im Umgang, findet ihn auch, aber er wird generell rarer.
Er stirbt also auch ein wenig mit den Kulturveränderungen mit ab. Witzigerweise sprechen manche Kellner, sichtlich aber nicht gebürtige Wiener darauf auch an. Diese sind also integrationswillig, bravo! Mehr davon bitte!
Nun, insgesamt funktioniert hier alles so weit, wieder so gut, ich würde als Gasthaus die Latte grundsätzlich nicht höher als nötig setzen, insofern passt das auch. Auch das Online Reservieren funktionierte bislang klaglos. Für den Service erteile ich ein zufriedenstellendes Gut.
Die Speisen verdienen ein aufrichtiges und durchgängiges Sehr gut. Es ging hier noch nie etwas retour, was anderorts schon durchaus der Fall war, was sich als „besseres“ GH bezeichnen möchte. Man ist hier für meine Begriffe bodenständig gut geerdet und merkt es auch an der Endrechnung.
Das Ambiente verdient Höchstnote, ja so geht Gasthaus nach meiner Façon, das Geschmiere rückwärts vergessen wir mal. Höchstens für den Gastgarten würde ich einen sanften Abstrich wagen, aber angesichts der Stadtlage wäre das ungerecht. Ich kehre auch viel öfter zu den kälteren Jahreszeiten ein und erfreue mich dann dieser Einrichtung.
Bedingt durch das allgemeine Wiener Beislsterben, wie es auch vor dem renommierten 3. Bezirk nicht mehr Halt gemacht hatte, rückte der Gmoa Keller nun mehr auf und ich setze ihn aus heutiger Perspektive als meinen Wirtshausfavoriten für den Bezirk Landstraße. In dem Sinne möge er für mich noch lange als solcher weiterbestehen.
Der WrKFanWeniger anzeigen
Wiener Wirtschaft
(1)
Wiedner Hauptstraße 27, Wien 1040
In diesem Guide weil: Diese Wirtschaft erfüllt meine Anforderungen, obwohl man meinen könnte, es sollte im 4. noch andere (sprich noch bessere Lokale) geben.
SpeisenAmbienteService
25. Nov 2023
Wiener Wirtschaft – Genuss trifft Gemütlichkeit
Die Wiener Wirtschaft, Bestandteil der Hotelgruppe Schick, untergebracht im Hotel Erzherzog Rain...MehrWiener Wirtschaft – Genuss trifft Gemütlichkeit
Die Wiener Wirtschaft, Bestandteil der Hotelgruppe Schick, untergebracht im Hotel Erzherzog Rainer auf der Unteren Wieden, versteht sich aus meiner Perspektive als ein gutbürgerliches Restaurant auf bodenständigem Level Wiener Wirtshausküche.
Es hat sich dem Motto „Genuss trifft Gemütlichkeit“ verschrieben, bei der auch Wr. Schmäh kulturell gepflegt werden soll, als solches kann es mich als verwöhnten Wiener Kater von seiner eigenen gemütlichen Ofenbank hervorlocken, und wenn’s dann auch den Tatsachen entspricht, nicht nur einmalig.
Ich gehe seit geraumer Zeit gerne dorthin, bevorzugt in der kälteren Saison. Wenn die Gastgärten allmählich schließen, dann muss sich der genusssüchtige wie wärmebedürftige Kater andere Plätze suchen und findet hier eine recht gemütliche Einkehr.
Straßenseitig wird ein Schanigarten geführt, größeres Interesse hat er nie geweckt, er liegt mir zu nahe an der Wiedner Hauptstraße. Im Minutentakt zischen die Bims der Linien 1, 62 und Badner Bahn unaufhörlich stadtein- und auswärts. vorbei, da zieht‘s dir im Windsog quasi permanent die Gabel aus den Hand.
Warme Gelbtöne, rundum holzgetäfelte Wände kombiniert mit Ziegelmauerwerk, tagsüber heller Lichteinfall und sehr viel Raum, d.h. keine beengte Tischanordnung schaffen im Inneren einen passablen Eindruck, deutlich über dem ordinären Wirtshaus, ja man fühlt sich wohl (siehe Foto).
Linkerhand gibt es im durchgehenden Raum einen kleineren Bereich, fast wie ein Stüberl, den man für geschlossene Gesellschaften nutzen kann. Ich sitze lieber rechterhand im Hauptgastraum, da ist es einfach lebendiger.
Es ist an sich ein Restaurant, wird aber mehr wie ein Gasthaus geführt. D.h. man verzichtet dankenswerterweise auf das für mich lästige Gedeck, es gibt Mo-Fr zwei Menüangebote, eines davon regelmäßig auch für das Veggi-Klientel.
Bier kommt aus der Brauerei Ottakring, 0.5l Wiener Original oder Rotes Zwickel um 5,60€, die Weinauswahl hält sich in Grenzen, aber die angebotenen Tröpferl sind edel. An sich ist das heute Standard, allerdings haben sie einen höheren Preislevel im Bereich von 6,20€ - 7,90€, den Schankwein, ein GV oder ZW von Wutzl gibt‘s aber auch um 3,90€.
Im Folgenden stelle ich ein paar Erfahrungsberichte der letzten Besuche zusammen und greife dazu auf jeweils zwei oder drei Gerichte zurück, die mir in guter Erinnerung geblieben sind. Aus früheren Zeiten weiß ich, dass ich hier immer sehr gut gespeist habe, nur liegt sie schon etwas zurück. Und wir wollen ja wissen, ob das auch so geblieben ist.
Auftakt Suppe
Die RS ist anständig, was ich darauf zurückführe, dass Tafelspitz a la carte ebenso hoch im Kurs ist, Einlage wahlweise derzeit Griesnockerl, passabel, oder Frittaten, ebenso passabel, derzeit aber keine Leberknödel. Als Tagessuppe gibt es klarerweise aber immer wieder auch gute Alternativen, tagesfrisch ist selbstredend.
Die letzte, eine Karfiol-Cremesuppe, war hervorragend, das dürfte an der entsprechenden Knoblauch-Menge liegen, die nahezu alles ohne Einbuße der Gemüsecreme des Naturaromas herzhaft machen kann. Ein paar knackige Croutons obendrauf und der Start war tadellos geglückt.
Desgleichen eine Schwarzwurzelsuppe, gut gewürzt, mit Obers angereichert und als Highlight ein knusprig angebratenes Speckstückchen obendrauf. Das schafft gute Einstiege.
Die derzeit saisonale Kürbis-Cremesuppe (6,10€), aufgrund der intensiven Orange-Farbe tippe ich auf Hokkaido, war schlicht der Hammer, die Konsistenz auf den Punkt, voller Geschmack, perfekt gewürzt, sodass der Hauptaspekt wirklich bei „Kürbis“ liegt, ein kleiner Kleks Kernöl verteilt obendrauf, herrlich.
Die optische Präsentation allerdings sehr schlicht, etwas Grünzeug täte noch gut oder alternativ ein paar geröstete Kerne hätten ihr die Höchstnote verpasst, überaus gut war sie ja schon.
Plauderei über Mittagsmenüs
Man kann sie je nach Hunger zusammenstellen, der Menüteller 11,90€, die Tagessuppe dazu 3,20€ und wer noch etwas Vitamin-Kick benötigt (so steht’s auf der Karte) der packt noch 2,90€ dazu, das ganze Paket kommt somit auf runde 18€, was damit sanft über üblichem GH-Level liegt.
Nicht gut weg kommt bei mir die Salatbeilage, sie ist größtenteils ein Mix aus der Convenience-Produktion. Karotten Fisolen oder Kraut mit dem typischen Glas‘l-Geschmack übersäuerter Marinade. Den habe ich einmal probiert und kann hinkünftig darauf verzichten.
Über die fleischlosen Angebote muss ich teils auf Kostproben meiner Begleitung zurückgreifen, die von diesen Angeboten regelmäßiger Gebrauch macht als ich. Für den carnevorisch veranlagter Kater ist manches für mich alleine leider nur Notfutter, aber ich möchte das deswegen nicht abwerten. 😉
Gebackener Karfiol, der z.B. sehr naturbelassen, an Würze fehlte es aber m.E., dafür tipp-topp paniert und etwas Sauce-Tartar, die recht milde aber dennoch gut, insgesamt war mein Begleitung voll zufrieden.
Kümmelbraten, herzhaft gut, das Natursafterl sogar ein Hammer, lediglich die Kruste war schon ledrig. Das leigt daran, so mein Kellner, dass ich dazu um 11:30 Uhr hätte kommen sollen, da wäre es noch ofenfrisch, nach ca. 1 er Stunde muss man den halt aufwärmen, womit dieses verlorengeht.
Nun gut, sagen wir Punkt für die Wirtschaft, Fehler beim Gast. Die Semmelknödelschnitten an der Oberfläche leicht angehärtet, aber noch nicht störend, das Sauerkraut deftig speckangereichert, etwas mehr Einbrenn als üblich, aber durchwegs g‘schmackig gut. Ich denke da gibt es Potential nach oben, das nächste Mal komme ich früher.
Ein paar a la carte Gerichte
Rindsrouladen (22,90€), die Karte meint dazu „Wiener Art“ mit Bandnudeln, soll mir so auch recht sein und so musste ich nach dem Rechten sehen. Die Optik passt, das Fleisch trockener als gewohnt, liegt sicher an der Fleischwahl eines z.B. weißen Scherzels, ich selbst wähle den Schlögl.
Das Innere zeitweise etwas zu dürftig, auch der Speck, erzeugte dann einen mehr trocken brösligen Geschmack. Mir fehlte auch Zeller oder Petersilwurzel, die Sauce dazu für mich zu wenig Natursaft, schon vorbereitet, so mein Eindruck, oder es wurde zu viel mit Wurzelwerk angereichert.
Naja, „Wiener Art“ müssten wir noch diskutieren, tadellos die Bandnudeln, die aber keine echte Kochherausforderung darstellen. Ich würde zu der Darbietung sagen, geht so, aber Highlight war das keines. Es waren allerdings meine erste Rouladen hier, ich habe dazu keinen Vergleich aus früherer Zeit.
Bei Spinatknödel (17,50€) macht der Carnivore gerne die Ausnahme. Semmelknödel geht immer, könnte ich sogar ohne Zusatz essen, mit Blattspinatfülle umso lieber.
Als Beilage ein tadelloses Letscho, etwas paradeislastig, aber kräftig und naturbelassen. Die Unterlage Peperonata-Bergkäse sorgt für einen anständigen Umami-Kick. Gäbe es mehr solcher Angebote wäre ich der geborene Omnivore.
Der klassische ZRB (21,90€) ist guter Standard, jedenfalls sind die Röstzwiebel mal nicht gummiartig, sondern teilweise recht knusprig und auch gut gewürzt. Eine etwas rötliche Farbe weist auf den Zusatz Paprika, der aber nicht aufdringlich wirkt.
Der Saft ist kräftig und das Fleisch ein sauberer Rostbraten, so soll’s auch sein. Ein Salzgurkerl dient als Deko, ist aber nicht meins, einfach zu salzig. Bratkartoffeln sind brave Fritteuse-Arbeit. Die Gesamtperformance ist nicht über drüber, aber solide GH-Werksarbeit Wiener-Art.
Nebenan wird ein klassisches Wiener erspäht, sauber souffliert, die Optik 1A, aber damit alleine würde kein Gasthaus bei mir punkten. Das erwartet man sich schlicht in our good town Vienna.
Nachklänge
Die Schnäpse (2cl 4,40€) von Bauer, einer Grazer Destillerie, sind Durchschnitt, der Espresso dafür ausnahmsweise einmal exzellent, das sage ich bei einem Italiener nur selten, kräftig, herrliches Aroma und saubere Crema, das macht richtig Freude. Man verwendet dazu die Röstung Piacetto Supremo, den gab’s früher hier nicht.
Das animiert mich die Wr. Wirtschaft auch nur zu einem Kaffeehausbesuch aufzusuchen, in der City werden sie nämlich preislich immer unverschämter und manche liefern dazu sogar nur ein G’schloder. Hier kostet der Espresso klein 3,90€, groß 5,40€, und wir sind gerade eine Sabbatmeile entfernt von der Inneren Stadt.
Das hole ich mal mit einem Kaiserschmarren nach, vielleicht sogar Solo, was ich jetzt daher nicht bewerten kann, aber dann ein Foto einstellen werde, auf dem ich weiteres zu kommentieren gedenke. Darauf freut sich meiner Herzerl jetzt schon.
Zu beachten ist, ist dass es keine durchgängige Küche gibt, für mich fürs Essen ok, aber als Kaffeehausalternative natürlich ein Handicap.
Service und Allfälliges
Die Führung als Gasthaus erkennt man an der recht flotten Bedienung über die Mittagszeit, falls man auf das Angebot der Menükarte zugreift. So kann es vom steuereinzahlenden Volk bei begrenzter Mittagspause gut genutzt werden, meine Wenigkeit hat mittlerweile mehr Zeit und nutzt das auch.
Für mich subjektiv empfunden hat die Speisenqualität gegenüber früher etwas nachgelassen, weshalb ich heute kein allumfassendes Sehr gut vergeben könnte. Es müssten wenigstens ein oder zwei exzellente Ausreißer vorhanden sein, denen ich in letzter Zeit noch nicht begegnet bin, Dafür waren alle Suppen sehr gut. Ich lasse insgesamt doch guten Wh-Standard gelten.
Das wird wiederum gut kompensiert durch das für mich sehr anspruchsvolle Ambiente, was den Wohlfühlfaktor deutlich steigert. Ich habe dieses Wirtshaus aus dem Grund als meinen Favoriten für den Bezirk Wieden auserkoren.
Man kann im 4. woanders das eine oder andere sicher auch besser speisen, aber entweder repräsentieren sie nicht meine klassische Wr. Küche, es fehlt z.B. an entsprechenden Angeboten, wie ich z.B. großen Wert darauf lege, dass es eine Mittagsküche gibt bzw. alternativ ausreichend Hausmannskost, oder es gefällt mir dort schlicht nicht.
Das Auftreten der Kellner ist schick, klar man gehört ja zum „Schick“, und der eine oder andere kann wirklich auch mit Wr. Schmäh punkten, insgesamt professionell und dennoch locker. So gehört sich das auch.
Einer dieser alt-g’standenen Kellner quittiert im Frühjahr 2024 seinen Dienst. Tja, damit muss unsereins leider leben, dass solche nicht in der Gastro-Lehrwerkstätte erzeugt und nachgeliefert werden können. Man hofft aber, dass der kulturelle Abgang Wiens zumindest noch meine Lebensspanne überdauert.
Bis dahin kann ich die Wr. Wirtschaft mit gutem Gewissen empfehlen als ein sehr schönes Gasthaus mit fairen Preisen auf der Unteren Wieden nahe der Innenstadt als passable Alternative zu den doch recht teuer gewordenen City-Lokalen. Das Motto „Genuss trifft Gemütlichkeit“ kann ich als solches unterschreiben.
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Waldviertlerhof
(2)
Schönbrunner Straße 20, Wien 1050
In diesem Guide weil: Austausch von zuvor Rudis Beisl durch Waldviertelhof. Nach Übernahme des Rudis Beisl ist es nicht mehr das, was es vorher war. Der Waldviertlerhof unter der Laskowsky Führung ist aber keinesfalls nur Ersatz, sondern ein würdevoller Vertreter.
SpeisenAmbienteService
25. Mai 2024
Manche starten gerne ihre Rezension mit den Worten: "Der (Lokalname) also". Nun denn, dann folge ich heute einmal dem Beispiel.
Der Waldviertler...MehrManche starten gerne ihre Rezension mit den Worten: "Der (Lokalname) also". Nun denn, dann folge ich heute einmal dem Beispiel.
Der Waldviertlerhof also. Nach längerer Margareten-Abstinenz habe ich seit dem heurigen Jahr 2024 meine Besuche im alteingesessenen Waldviertlerhof wieder aufgenommen.
Aus älterer Zeit hieß es oft: „Geh‘n wir zum Krenn“, der Name unter dem es früher gelaufen ist. Vor einiger Zeit wurde es nach deren Ära an die Laskowsky Brüder übergeben, die auch den Gmoa Keller und die Gebmanns Gaststube führen.
Konkret hat mich die Neuigkeit angelockt, dass man den Gastgarten neu überarbeitet und dafür sogar eine Nominierung im Ranking für den schönsten Gastgarten 2023 erhalten hatte. Preise sind schön und gut, aber als ein WrK-Fan wollte ich den natürlich sehen und die Gartensaison 2024 war auch schon im Anmarsch.
Mein Antrittsbesuch sollte mich positiv beeindrucken. In der Tat wurde er sehr schön, neue Tische und Stühle und ein völlig neuer Boden wirken in der Tat animierender als das altfadrische ältere Interieur, das den typischen Wh-Stil früher geprägt hatte. Jetzt vermittelt schon das Ambiente einen gehobenen Eindruck.
Der Innenbereich besteht aus mehreren Stuben, jede in einem anderen Stil. Wenn man das erste Mal hier ist verliert man etwas den Überblick. Insgesamt kann man es als Institution bezeichnen, eine die den an sich mageren Bezirk Margareten doch sehr schmückt.
Unweit entfernt von der U4 erreicht man das Lokal auch mit den Öffis sehr gut. Mit dem Auto, naja wie halt in der Stadt auch eine Stresspartie, ich rate davon eher ab. Angesichts einer nahezu schon Innenstadtlage findet man für meine Begriffe hier ein Optimum, wie man inmitten eines staubigen Häusermeers eine solche Oase hervorzaubern kann.
Wr. Küche auf gutem Level
Es erwartet dich gute Wr. Küche in respektabler Auswahl, ich sehe deutlich auch Parallelen zum Gmoa-Keller, wobei beide Lokale durchaus eigenständig geführt werden. Bei meinen letzten Besuchen habe ich Hrn. Alexander Laskowsky im Service mitwirkend angetroffen. Man wacht über sein Reich.
Das tägliche Mittagsmenü gibt es solange der Vorrat reicht, was schon dazu geführt hatte, dass ich gegen 13 Uhr keines mehr erhalten hatte, aber deswegen muss man nicht verhungern. Dem kann man vorbeugen, indem man den Wunsch bei der Reservierung mitangibt. Hier muss diese noch telefonisch vorgenommen werden oder alternativ via E-Mail.
In dieser Rezension gehe ich mal nicht allzu sehr auf die einzelnen Gerichte ein, die ich insgesamt als sehr gut einstufe, also nur ein wenig als Erfahrungsbericht meine letzten Besuche.
Die Tagessuppen immer vollmundig und gute Würze, RS auf tadellosem Wh-Standard, als HS entweder ein Menü, davon zuletzt Hühnerfilet in Pfeffersauce, dazu simpler, aber g‘schmackiger Langkornreis
Oder a la carte, wie wir ja einmal kein Menü mehr ergattert haben, ein tadelloses Beuscherl mit Serviettenknödel, meine Begleitung Kärntner Kasnudeln, deren Fülle etwas Potential nach oben hätte, d.h. es war dessen Zusammensetzung und Würzung ein wenig im Hintertreffen. Der Teig aber einwandfrei und das Kranzerl am Rand eine Lust für die Augen. Wie man das nur macht?
insgesamt kann ich aus der Erfahrung auch früherer Besuche sagen, dass ich hier nie mit einem langen Gesicht von dannen ziehen musste, und das war unter der Laskowsky-Führung gleichfalls der Fall. Man muss auch froh sein, dass es solche Unternehmer gibt, damit unsere Wirtshaus-Kultur in der Multikulti-Kultur nicht im Nirwana versinkt.
Etwas über das Stimmungsbild
So verläuft auch der Service in angenehm gewohnter mir vertrauter Atmosphäre. Leute, ich will hier keinesfalls dem fremdenfeindlichen Wiener Nörgler einen öffentlichen Auftritt ermöglichen, aber man darf sich unter seinesgleichen doch auch wohl fühlen, oder? Und ich komme hier auf meine Rechnung.
Manche Kellner erkenne ich wieder anhand älterer Fotos vor einigen Jahren, das zeigt, dass man hier nicht ständig einen Wechsel hat, sondern es gibt auch das sog. Stammpersonal. Angesichts der Betriebsgröße ist eine Fluktuation unumgänglich, aber ich lobe hier schlicht auch die Führung.
In der Art schätze ich gefühlsmäßig auch die Küche sein, ist subjektiv, klar, aber mein Eindruck als Gast. Und wiewohl ich hier mehrere Saisonen ausgelassen habe, so schien sich darin nicht viel geändert zu haben oder wenn, dann nur positiv aufgrund des neu hergerichteten Hofgartens.
Die einzelnen Gaststuben eignen sich m.E. hervorragend für geschlossene Runden im Kreise der Familie oder anderer Anlässe, da sie auch räumlich voneinander abgegrenzt sind, wie ich das für eine familiäre Weihnachtsfeier schon in Anspruch nehmen konnte.
Heuer konzentriere ich mich auf Gastgartenbesuche. Nach einem schönen Mittagessen genieße ich diese Stille eines Wiener Innenhofes unter schattenspendenden Bäumen, bzw. braucht man für die richtig heiße Zeit auch Markisen, denn der Garten ist doch relativ groß.
Diese verdunkeln zwar, aber sie machen das Sitzen erträglich. Im hinteren Bereich befinden sich auch holzüberdachte Sitzplätze. Insgesamt fühle ich mich hier pudelwohl, sei es allein oder auch in trauter Gesellschaft.
Unterstützt werde ich kulinarisch dazu auch mit gutem Kaffee, Marke Hausbrandt, ein 1-er Kaffee, dazu regelmäßig eine Begleitung in Form eines Schnapserls, wenn’s a Nusserl haben, dann gerne das. Marke noch unbekannt, dafür sehr gut oder das eine oder andere Fluchtachterl eines regionalen Weines, rot wie weiß hängt dann von der Stimmung ab.
Was ich selbst beisteuern muss wäre die gelegentliche Zigarre, für dessen Genuss ich aber gerade eine solche Umgebung suche. Diese Oasen zum Verweilen sind für mich so was wie lebensverlängernde Maßnahmen und ich achte ja auch meine Gesundheit, jedenfalls auf die seelische. 😉
Der Waldviertlerhof bereichert mein kulinarisches wie seelisches Leben als mittlerweile Oldie und gehört daher aus gutem Grund nunmehr auch zu meinem Wirtshausfavoriten für den Bezirk Margareten.
Ich habe meinen älteren (den Namen will ich hier nicht nennen, da das unfair wäre) nunmehr abgelöst. Er kann in der Hinsicht nach seiner Übernahme nicht mehr mithalten. Ach wie gut, dass für mein Leben die Wr. Küche noch lange nicht ausgestorben ist und ich wünsche das auch für andere Gleichgesinnte.
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Hausmair's Gaststätte
(1)
Lerchenfelder Straße 73, Wien 1070
In diesem Guide weil: Bekannt für sein ausgezeichnetes Gulasch, uriger Wirt, Kellner mit dem typischen Wr. Schmäh, ein Muss für den Wiener Beisl-Fan. Tadelloses Ambiente.
SpeisenAmbienteService
19. Jän 2024
Ein Hallo an alle ReTe-Freunde und an die p.t. Leser
Ich stelle euch heute aus meiner Sicht ein Gasthaus vor, das sehr nach meiner Kragenweite z...MehrEin Hallo an alle ReTe-Freunde und an die p.t. Leser
Ich stelle euch heute aus meiner Sicht ein Gasthaus vor, das sehr nach meiner Kragenweite zugeschnitten ist. Vom Lokaltyp ein Beisl, für meine Begriffe eines der edlen Sorte und gut gelegen, für mich zählt dabei die Nähe zur U6 Station Thaliastraße.
Ein vorderer Gastraum und ein etwas kleiner hinterer Bereich, dunkel getäfelte Wände, ein Parkettboden, der in seine wohlverdienten Betriebsjahre gekommen ist und solange ich hier einkehre stets im grünen Ton gedeckte Tische bilden den Rahmen für ein wirklich gemütliches Verweilen zu Speis und Trank.
Wie es scheint entwickelt sich nun auch ein richtiger Schanigarten für das Sitzen im Freien, bislang war das eher eine bescheidene Angelegenheit, das werde ich in der kommenden Saison noch genauer besehen.
Der Chef und Wirt ein uriger Geselle, Wiener Schnauze, immer für ein Späßchen zu haben, wenn er nicht gerade zurückgezogen in seiner Küche werken muss. Er sucht übrigens noch eine Küchenhilfe, die Personalsituation ist auch ihm ein Laststein gegenwärtiger Zeit.
In der Stube werkt ein Hauptkellner, der mehr oder weniger im Solo den gesamten Gäste-Service schupft, und auch das solange ich hier einkehre, sprich eine wohl treue Seele.
In der Coronazeit, so trugen mir Vögelchen (Stammgäste) zu, wurde er unter voller Bezahlung weiterbehalten, damit er nur ja nicht abwandert. Das spricht sowohl für den Wirten als auch für seinen Kellner und damit für die gesamte Gaststätte. Hut ab!
Gulasch- und Wildgerichte
Beim Betreten fällt ein Hang zur Jagdleidenschaft auf, was schon beim Öffnen der HP zum Vorschein kommt. Das Lokal ziert einige Geweihtrophäen an den Wänden. Herr Hausmair produziert auch einige eigene Produkte, wie z.B. eine Keilernossi aus Wildschwein bzw. befindet sich an der Wand eine Verkaufstafel für Beinschinken vom Wildschwein.
So ist es nicht verwunderlich, dass Wildgerichte an der Tagesordnung sind und diese variieren stets auch saisonal. Ein klassisches Mittagsmenü wird darum nicht gepflegt, dies wird durch diverse Tagesteller aller Art kompensiert.
Durch die Bank sind Hausmair’s Wildgerichte empfehlenswert, wobei ich immer wieder die Saucen lobe, die angepasst an das Wild, in ihrer Konsistenz perfekt und im Geschmack wunderbar abgestimmt, jedes Mal ein deutlich akustisch hörbares „Aahhh“ meinem Munde entlocken, das hat schon Klasse.
Ich bin als WrK-Fan aber besonders von seinem Rinds-Gulasch angetan. Hier legt er für mich eine hohe Referenzlatte für den aus dem Wadl gewonnenen Klassiker, an dem sich andere messen dürfen.
Für meine Begriffe kann ihm dabei nur der Blauensteiner (im 8.) das Wasser reichen. Der kann's auch. Andere dürfen gerne gut bis sehr gut sein, das hier ist rundum ausgezeichnet, dazu mit bestechender Küchenkonstanz und einer Paprikanote zum Abbuss‘ln.
Dabei wird es völlig normal zubereitet, wie jede(r) Hausfrau/mann es @home macht. Darüber gab es schon manche Plauderei mit der Mannschaft. Es wird zur Würzung nichts anderes verwendet als das übliche edelsüße Paprikapulver von Kotányi, dazu Knoblauch, Majoran und Kümmel, that’s it. Die Kunst liegt also mehr in einer professionellen Paprizierung nach dem Anrösten der Zwiebel.
Geschärft wird mit Chili und sehr fein püriert, man sieht keine Zwiebelspuren mehr. Das wäre also das ganze Geheimnis, aber es kommt eben doch auf den Koch an, der eine hat’s halt drauf, wie hier, der andere eben weniger.
Je nach Hunger wird es klein / mittel / groß angeboten, womit ich es auch schon als Nachspeise bestellt habe, denn klein meint auch klein.
Mit demselben Saft wird Reisfleisch angeboten, wenn man es In der Variante „saftig“ bestellt. Das mit „scharf“ ist aber relativ. Dazu wurde ich informiert, nachdem es mir zu milde war, dass man das nicht jedem Gast zumuten kann, so wird es dezent gehalten. Man kann ja mit Chili nachrüsten, wovon ich Gebrauch mache.
Ich erwähne noch, dass sich üblicherweise im Gebäckkörbchen ein Original Wachauerlaberl, d.h. das von der Bäckerei Schmidl aus Dürnstein, befindet, welches mein bevorzugter Begleiter wird, wenn es mal kein Semmelknödel sein soll.
Klassische Wiener Küche
Natürlich darf diese nicht zu kurz kommen und erschöpft sich nicht in Gulasch. Wo käme denn der Wiener hin, erhielte er nicht auch seinen geliebten Bröselteppich. Ich bin hier aber noch nie in die Verlegenheit gekommen darauf zuzugreifen.
Es ist allerdings in der Regel nicht vom Kalb, was aber den reinen Schnitzeltiger eh nicht stört, der es sozusagen jede Woche mehrmals braucht, Hauptsache paniert. 😉
Was ich aber sagen kann, man beherrscht den Erdäpfelsalat, da dieser ja bei anderen gebackenen Gerichten auch zum Zuge kommt, beispielsweise das letzte Mal zum Rehschnitzerl.
Das Reh wunderbarst zart, der Salat dazu wohltuend schlotzig und auch mit einem guten Schuss Rindsuppe angereichert, das ist edle Wr.-Küchenleistung vom Feinsten.
Beim Grünen Salat weicht man eine Spur ab, indem mit etwas Balsamico anstelle Zucker gesüßt wird, was aber nichts desto trotz ebenso sehr mundet.
Weiteres gibt es einen ZRB, auf den ich auch noch nicht zugegriffen habe, wohl aber auch, weil er aus der Beiried zubereitet wird, meine alte Lästergewohnheit, warum man ihn dann Rostbraten nennt, aber das will ich hier nicht über Gebühr strapazieren, die anderen Aspekte sind hier klar überlegen.
Auf jeden Fall darf hier der Kaiserschmarren nicht unerwähnt bleiben, womit Hausmair auch besonders für sein „Original“ auf seiner Karte wirbt. Ich darf hier in den Tenor zuvor ergangener Rezensionen einstimmen, daher braucht es von meiner Seite keiner Wiederholung, es sei denn im Lokal als Bestellung.
Zur Beweisführung wurde er bei einem der letzten Besuche geordert, denn man weiß ja nie, der letzte davor lag schon ca. 2019 zurück. aber er hat gehalten was andere auch schon versprochen haben. Edel!
Weitere allgemeine Aspekte und Wertung
Man erhält sämtliche Speisen auch als kleine Portion, es werden dann 15% weniger berechnet, es sei denn es ist für kleinere Portionen bereits ein gesonderter Preis angegeben.
Erstaunlicherweise gilt das auch für die Rindsuppe als Vorspeise. Das ermöglicht dann sozusagen entweder die Seniorenportion für den fortgeschrittenen Gast von alters her oder dass man mehrere kleinere Gerichte genießen kann, das für die jüngere noch mehr gefräßige Generation als Ansporn. Ach ja, ich tue das ja auch mit dem kleinen Gulasch, ups.
Der Hausmair hebt sich in Sachen Angebot und seiner durchwegs moderaten Preisgestaltung von einem üblichen Wirtshaus ab, das darf durchaus positiv gesagt werden, und guat is er jo obnendrein a no. Bei Durchsicht der letzten aktuellen Karte ist einzig und allein der ZRB mit 21,90€ über der 20-er Latte, alles Übrige spielt sich darunter ab.
Nachteil ist, die Karte gibt es nicht online, aber es gibt ausreichend Tagesangebote, sodass man immer fündig wird. Und da ich ja sein ausgesprochener Gulaschfan bin, so ist das sozusagen meine kulinarische Rückversicherung.
Zu den Getränken wurde noch nichts gesagt. Es gibt nicht den üblichen Schankwein, aber im Sommer den Spritzer auch als 1 Liter im Angebot. Naja, wer’s braucht, der Wiener halt.
Biere kommen aus Ottakring, Kaffee von Meinl und zuguterletzt noch die Weinauswahl, diese überschaubar, aber durchaus edle Tropfen. Was auffällt, es gibt keinen Zweigelt, der an sich fast überall Standard ist. Man folgt da also auch meiner Intention, dass der Rote erst mit dem BF beginnt, gut so.
Desgleichen sind auch sämtliche Weine mehr als nur fair kalkuliert, sodass ein Veltliner um 3,80€ für das Achterl auch nicht teuer als anderorts der Schankwein ist.
Vom Service habe ich schon geredet, dass in der Stube der eine Mann alles schupft und ich habe ihn noch nie im Stress erlebt, sondern im Gegenteil, er kann auch beraten und ist geübt in Sachen Schmäh, der natürlich erst dann zum Tragen kommt, wenn das Hauptgeschäft vorbei ist. Zur kulinarischen „prime-time“ hat er alle Hände voll zu tun.
Ich komme nicht umhin für alles insgesamt ein Ausgezeichnet zu vergeben, denn mir fällt trotz Anstrengung nichts ein, was hier einmal nicht gepasst hat. Alles andere wäre lediglich Geschmackssache.
Der Hausmair ist, abschließend nun zusammengefasst gesagt, nicht das übliche klassische Wiener Wirtshaus, aber als Lokal mit seinen Wild- und Gulaschspezialitäten eines der besten Beisln Wiens, welches ich ungeschminkt weiterempfehlen darf.
Euer WrKFanWeniger anzeigen
Blauensteiners Gasthof Zur Stadt Paris
(1)
Lenaugasse 1, Wien 1080
In diesem Guide weil: Bodenständig und gut - Kategorie "urig", hausgemachte Grießnockerl und ebenso pefektes Gulasch ziehen mich immer wieder an.
SpeisenAmbienteService
31. Mär 2023
Gastwirtschaft Franz Blauensteiner zur Stadt Paris
So der vollständige Name, den man vor Ort über dem Lokaleingang groß geschrieben lesen kann. ...MehrGastwirtschaft Franz Blauensteiner zur Stadt Paris
So der vollständige Name, den man vor Ort über dem Lokaleingang groß geschrieben lesen kann. Woher er kommt entzieht meiner Kenntnis, aber nach mehreren Besuchen über die letzten Jahre komme ich zur Erkenntnis, ja es handelt sich wohl um eines der urigsten Beisl, die unsere Weana-Stadt hervorgebracht hatte und Gott sei’s gedankt nicht, wie unser Admin kurz angenommen hatte, verstorben sei, nein, es lebt und webt seit eh und je.
Man meint die Zeit ist stehengeblieben. Dabei wollte ich bei meinem ersten Besuchsantritt schon wieder Kehrt machen, da spontan in mir der Gedanke: „Jo heast, wos is‘n des fira Bums‘n!“ hochkam, aber ich folgte nicht dem ersten Eindruck.
Zugegeben gefällt mir der erste Gastraum bis heute noch nicht, aber im zweiten schaut die Sache schon anders aus. Schlicht, hell, wirkt auf den ersten Blick wegen der hohen Räume kahl, aber rundum wunderschön getäfelt, wie es erst wirkt, wenn es auch in die Jahre gekommen ist, Fischgräten-Parkett, uralte Tische mit beigefarbenen Resopal-Platten, aber ja, so ist Beisl anno dazumal.
Persönlich merke ich an, dass ich gar nicht so der Verfechter eines ultra-urigen und uralten abgenutzten Interieurs bin, auf das andere wieder abfahren, aber für diese Art Beisl passt das und ich bin entsprechend dazu anpassungsfähig. Ich habe aber andere Messlatten für mein sog. Top-Ambiente.
Davor ein bescheidener Schanigarten, was für mich z.B. zählt, halbwegs abgeschirmt von der Josefstädterstraße. Gleich vis-a-vis das Café Eiles, eine nicht weniger urige alte Institution. Leider fiel der einzige Baum vor dem Lokal irgendwann einem Kahlschlag zum Opfer und musste modernen Schaltstellen für die Elektroversorgung weichen.
Und was ist hier mit den Grünen? Amoi brauchast das, san’s weg mitsamt dem Bam, aber das sei eine andere G‘schicht. 😉
Zum Glück liegt der Schanigarten ostseitig, sodass man schon ab Mittag gut sonnengeschützt sitzen kann. Über dem Lokaleingang thront seit eh und das Geweih des „Hubertus-Bräu“ Schildes und zeigt an, welcher Biersorte man hier die Treue hält. Ich mag sie jedenfalls, sie ist aber recht rar in unseren Breitengraden.
Der Service
Betrieben wird das Lokal von einer recht kleinen Mannschaft, der Chef, Herr Lentsch, amtiert in der Küche, was damit auch für recht gute Konstanz bürgt, eine weitere Kraft unterstützt ihn. In den Stuben schupfen zwei g’standene Männer den Service, die sich tageweise abwechseln, d.h. es ist meist jeweils nur einer am Werk.
Dieser kam beim letzten Mal gehörig ins Schwitzen, denn das Lokal ist durchaus gut besucht. Zu den Prime-Times sollte man jedenfalls reservieren, aber aufgrund der durchgehenden Küche und ohne Ruhetag kann man auch zu den weniger frequentierten Zeiten überfallsartig spontan einkehren, was ich auch praktiziere.
Man merkt dann auch deutlich, dass der Service wesentlich entspannter agiert, und es auch Zeit für das kleine Gespräch sidestep gibt, wenn nicht auf Druck gleich 5 Mal Menü gleichzeitig serviert werden müssen.
Mein letzter Besuch war mittags und man hat trotz Stress gelernt zu hören, sprich man wird nicht überhört. Nicht selten sah mich der gute Mann nicht einmal an, wenn ich etwas benötigte, aber er brachte im nächsten Gang quasi wie ungefragt z.B. meinen gewünschten Roten mit der Bemerkung: „A Achterl vom Markowitsch woar do, stimmt‘s?! Ja stimmt, das imponiert auf seine Weise.
Grießnockerlsuppe
Es gibt neben einigen Repräsentanten der hausmännischen Wr. Küche, die durchwegs sehr gut als auch preiswert sind, einige Dinge, die ich für den Blauensteiner besonders halte und eine gewisse Einzigartigkeit bilden, was ich aufgrund dessen auch schätze.
Das beginnt mit der recht passablen Rindsuppe die sichtlich auf Suppenpulver verzichtet, was man angesichts eines Preises von lediglich 3,60€ nicht erwarten würde. Jedenfalls zeigen sich weder Ablagerungsspuren noch empfinde ich Geschmackshinweise. Sie ist mild, aber sehr natürlich.
Die Besonderheit bildet, dass sie zwar nur mit einer Einlage angeboten wird, dafür aber mit einem hausgemachten Grießnockerl, das mit seiner schönen Butternote den Gaumen herrlich betört und sich so von den üblichen abhebt.
Bissfeste Karotten und ein wenig wie z.B. Porre ergänzen und runden den Suppengenuss ab. Seit ich hierhergehe besticht das mit Konstanz und Note Sehr gut, ist also wie eine Bank. So fängt Wirtshaus schon immer gut an.
Mein Referenz-Gulasch
Ein weiteres Highlight ist das Gulasch. Neben Hausmair zählt Blauensteiner zu meinen beiden Top-Adressen in Wien für das von mir allseits geschätzte Gulasch als ein heimisches Gustostückerl. Privat hätte ich das noch nie so hinbekommen wie ich es hier in ebenso bestechend gleichleibender Qualität bekomme
Ich habe schon mehrmals nach der Rezeptur gefragt, erhalte aber stets nur schnippische Antworten, ja der Wr. Schmäh halt, ich mag den ja, erreiche damit bloß nichts. Man hütet dies offensichtlich als Küchengeheimnis. Solche Schlingel, aber jedenfalls erzielt man damit den positiven Effekt, dass ich immer wieder gerne auf eine kleine Portion auch zwischendurch einkehre. Warat also fürs G‘schäft. 😉
Wadschunken tadellos, was für 1er-Adressen obligatorisch ist, aber dieses Gericht lebt für mich vom urtypischen Saft. Der ist ausgesprochen dunkel, hat eine besonders intensive Note, perfekt sämig, keine Zwiebelfäden mehr in Resten sichtbar und recht pikant bis leicht scharf. Schärfe ist klarerweise relativ, anderen wäre es zu viel.
Ich vertrüge durchaus auch eine weit härtere Gangart, aber es passt meinem Gaumen. Für mich bildet das bzw. auch das vom Kollegen Hausmair die Referenz und ich werte andere im Verhältnis zu dem. Die beiden spielen darin in meiner Oberliga. Ja, wenn ich nur hinter das Geheimnis käme, oiso weiterüben. 😉
Einzigartig dazu noch der m.E. Okkasionspreis von 7,20€ für die kleine und 9,20€ für die große Portion (aktueller Preis) inklusive einem Stück Gebäck. Das gibt’s sonst kaum mehr wo wie z.B. auch noch das good old Salzstangerl, beigestellt im Körberl.
Weitere Besonderheiten
Man muss es nicht zwingend als Besonderheit ansehen, aber ich erlebe hier immer wieder neue Gaumenerlebnisse, die ich zuvor noch nicht kannte. Man kann neben den konstanten Faktoren sagen, dass es auch eine Besonderheit ist, dass der Koch und Chef sehr innovativ ist und mich immer wieder überrascht.
Die Speisekarte ist mit einer Seite überschaubar mit diversen Wr. Klassikern, aber interessanter sind meist die Gerichte, die nicht darauf stehen und es nur tageweise gibt, was man über die HP auch nicht einsehen kann, sondern man muss dazu schon vor Ort sein.
Ich kann mich nicht an alles aus früherer Zeit erinnern, außer einer genialen Rindsroulade, die auch keine Spur 0815 war, aber die gemachten Fotos zeugen von einigen solcher Erlebnisse. Ich beschreibe kurz meine letzte Erfahrung.
Mit Sohnemann, seines Zeichens selbst Koch, sitze ich vor einigen Tagen zu Mittag im hinteren Gastraum. Mein Spross wählt von der Karte im simplen A4-Format Schweinsmedaillons in Steinpilzsauce und Reis um wohlfeile 16,20€. Angenehm finden wir beide, dass diverse Beilagen in einem Extrageschirr serviert werden, wie hier der Reis.
Für Sohnemann vorzüglich, an sich eh hier guter Blauensteiner Standard. Weniger begeisterte uns beiden diesmal der Salat, der zusätzlich bestellt wurde, zu süß mariniert und an sich sind weder Radicchio noch diese Lolli Dings da unsers.
Wir sind da beide eher Weana und weniger Itaka, aber das Störende war die Überzuckerung. Leichter Abzug, der Rest verbleibt auf Sehr gut und der Salat mit 2,60€ auch leicht verschmerzbar.
Aber meine Wahl wurde zu einem Edelerlebnis. Noch nicht gehört von Geschmortem Kronfleisch aus Rind mit schönen großen Nockerln, ob der Größe von Hand über ein Brettl abgestochen und wieder in einem extra Schüsserl serviert. Beim Rind handelte es sich um Stücke vom Herz- bzw. Nierenzapfen.
Man denkt da zuerst an Innereien, aber nein es sind äußerst marmorierte und schmackhafte Fleischteile, geschmort in einem Zwiebel/Rotweinsaftl. Der Saft war mir zu weinlastig, den mag ich doch mehr puristisch, aber die Zapfen waren Spitze. Butterzart weich, langfasrig und mit höherem Fettanteil.
Ein herrliches Schmorgericht, aber doch anders als ein übliches Gulaschfleisch oder Ragout, nur wieder mal z’vü, aber um 15,20€ ein mehr als preiswertes Schmankerl.
Als Abschluss ein Naber Espresso um 2,70€, guter Standard, diesmal ohne die Wasserln, weil Sohnemann noch zu arbeiten hatte, und ich das mittags auch nicht jedes Mal haben muss. aber wie bei jedem anständigen Wirt gibt es auch dazu eine aktuelle Auswahl und man verlasse sich auf die Empfehlung der Kellner.
Mein Resümee
Der Blaunesteiner rangiert in meinem Guide Wiener Wirtshaus-Favoriten als Leader der Wr. Küche für den Bezirk Josefstadt, und das nicht wegen seiner Schmankerl, sondern weil er diesen Standard für meine Begriffe mehr oder weniger auch aus dem FF beherrscht.
Die von mir beispielhaft beschriebene Tagesspezialität machen ihn für mich aufgrund guter Erfahrungen über mehrere Jahre hinweg damit nur noch attraktiver.
Als solches kann ich ihn auch für den etwas gehobenen Gourmetkater empfehlen. Nur muss man bereit sein, sich überraschen zu lassen, als dies nicht Online einsichtig ist oder man hier eine Regelmäßigkeit vorfinden würde.
Wer die urigen Grüße langjähriger Patina mit Wr. Schmäh im Service liebt, ist hier goldrichtig. Doch last but not least, was das Preis/Leistungsverhältnis anbelangt, so könnte man mit jedem wetten und wie Hans Rosenthal dazu in die Höhe springen und händeklatschend ausrufen: „Sie sind der Meinung, das war Spitze!“ 😊
Nostalgie lässt grüßen und sie lebt hier auch noch!Weniger anzeigen
Rebhuhn
Berggasse 24, Wien 1090
In diesem Guide weil: Das Lokal kommt wie andere schon in die Jahre, aber das muss auch so für diese Art Beisl sein. Man wagt sich auch an unübliche Gerichte heran.
Zum Alten Beisl
(1)
Rotenhofgasse 4, Wien 1100
In diesem Guide weil: Sehr innovativer Koch und Chef, mein Traum für Fisch-Variationen, aber der Wirt vergisst keinesfalls die klassische Wr. Tradition.
SpeisenAmbienteService
27. Aug 2022
Alte Welt – Neue Welt
Tatort Multikulti-Hotspot der Stadt Wien unweit der Eislegende am Reumannplatz Nur ein Haus weiter fristet eine weitere I...MehrAlte Welt – Neue Welt
Tatort Multikulti-Hotspot der Stadt Wien unweit der Eislegende am Reumannplatz Nur ein Haus weiter fristet eine weitere Institution ihr langjähriges Dasein namens: „Zum Alten Beisl“ Aber nicht alles, nur weil es alt ist, ist deswegen auch gut, wie auch alles Neue nicht zwingend gut sein muss.
Es sei denn man verbessert Dinge, dann kann aus „Altem“ sogar „Edles“ werden. Dazu ein lebendes Beispiel unserer kulturellen Zeitgeschichte.
Das Massenaufkommen vor dem Eissalon könnte das alte Anwesen übertünchen, aber Insider steuern die Adresse bewusst an. Dieses Publikum ist weniger multikulti, jedenfalls kennt und schätzt es auch gute Beislkultur, zu deren Vertretern sich meine Wenigkeit hinzurechnen möchte.
Im Jahre 2015 (Kinder, wie die Zeit vergeht!) hat der Meister des Kochlöffels Herr Metin Yurtseven (Vursicht, er red‘t Steirisch und Wienerisch besser als so manch anderer 😊) mit seiner Partnerin den Betrieb übernommen. Zuvor erwarb er sich im Meinl-Restaurant am Graben seine Sporen, um dann den Sprung für etwas Eigenes zu wagen.
Mit viel Herzblut wurde das Lokal Schritt für Schritt von einem früher unterdurchschnittlichen Vorstadt-Beisl auf ein nettes Beisl auf Herzeige-Niveau umgewandelt. Das verdient Respekt! Ist er nun auf dem Weg zu „edel“?
Neben der Küchenverbesserung wurde der gesamte Lokalstil verändert, indem z.B. heute eine Holztäfelung die Wände zierend des Besuchers Auge erfreut. Solches trägt die Handschrift der Partnerin des Meisters. Das nenne ich tolle Arbeitsteilung und schön ist’s geworden. Die Hütte ist klein, fasst ca. 40 Gäste im Inneren, und es gibt einen Schanigarten als auch Innenhof.
Ich hätte da liebend gerne meinen Runden mit ca. 40 Personen gefeiert, wofür diese Location maßgeschneidert wäre. Herr Metin und ich waren schon handelseinig, nur vereitelte eine sog. 2G-Regel das Vorhaben und ich musste schweren Herzens wieder absagen. Das ist zwar eine andere G‘schicht, es soll nur zeigen, welchen Wert das Lokal in seinem heutigen Zustand für mich gewonnen hat.
Ja, so stelle ich mir ein Beisl dieses Schlages durchaus vor, Klasse statt Masse und dazu die individuelle Note. Jetzt fehlen bloß noch läppische weitere 25-30 Jahre, damit das Lokal gehörig Patina ansetzt und dann wäre der Veredelungsprozess abgeschlossen. 😉
Herzeigbare Beislkultur
Man wird in das Angesicht des Meisters nur wenig blicken, der mit unermüdlichem Fleiß in der Küche werkt. Hin und wieder setzt er sich zum Stammtisch und was so üblicherweise von der Küche in die Gaststube wandert, erneut Respekt!
Rindsuppe konstant sehr gut, kräftige Bouillon obligatorisch, ob auch Nachhilfe mit etwas Kraftverstärker wollte ich beim letzten Besuch erforschen. Nachdem wir dazu eine angeregte Diskussion im Forenbereich führten, wollte ich es genau wissen und begab mich auf die Pirsch.
Unschuldig erkundigte ich mich beim Kellner, und er versicherte mir, dass der Koch (er weiß dabei nicht, dass ich ihn eh kenne) ein Haubenkoch wäre, der das keinesfalls täte. Und so wollte ich es ihm auch glauben.
Jetzt fehlt nur noch meine persönliche Bestätigung und ich muss offen zugeben, ich werde es nun auch glauben. Sie war nicht so kraftprotzig, hatte aber einen ansehnlichen Fettanteil und zwinkerte mit einigen kleineren Augerln in meine Augerln.
Geschmacklich kaum zu tadeln, der Leberknödel noch besser und die etwas schärfere Note kam eindeutig von der Muskatnuss, die auch rein darf. Ich war zufrieden, sowohl mit meiner Leistung als Forscher, aber eigentlich noch mehr als Gast, dem’s auch geschmeckt hat.
Hauptspeisen werden immer wieder variiert, nicht nur saisonal, sondern auch mit individueller Note. Typische Wiener Küchenklassiker findet man nicht immer auf der Karte, sind aber, so vorhanden, durchwegs zu empfehlen, manche Gerichte gibt es dagegen fast immer.
Darunter fallen z.B. Käsespätzle, serviert in dunkler Auflaufform, kräftig und würzig mit Bergkäse durchzogen, Rrrrröstzwieberl obendrauf, nix vom Pack’l, versteht sich, vervollständigen den Genuss.
Sind Rindsrouladen am Programm, ist zumeist die Entscheidung getroffen, dann her damit. Feines mageres Fleisch, aber nicht trocken (!) in einem herzhaft sämigen mit Wurzelwerk angereicherten urtypischen Safterl, dazu Bandnudeln, wird zu einem Muss, bislang keine Ausreißer.
Hierorts kriege ich nicht immer, aber immer wieder ein wirklich passables Erdäpfelgulasch, eine Rarität, die zwar jeder, der sich Wiener schimpft, kennt, aber trotzdem nur sehr wenige anbieten.
Ein Ensemble würziger Aromen a la Gulaschsauce von ihrer Kümmel/Majorannote mit geräucherter Wurst (schlag mich tot, welche jetzt genau), dazu die Kraft urwüchsiger heimischer Erdäpfel, beteiligt auch die Nase am Genuss. So was nennt der Volksmund a guat‘s Papperl wie bei der Mama.
Bis auf wenige Ausnahmen variiert immer wieder die Präsentation auf dem Teller. Hier offenbart sich Ideenreichtum, sodass ein und dasselbe Gericht jedes Mal in neuem Glanze am Tische erscheint. Mir gefällt das, das veredelt so auch meine Besuche.
Dazu meine Erfahrung vom letzten Besuch durch einen Faschierten Kalbsbraten mit Erdäpfelpüree. Hausmannskost denkt man sich, doch ich wurde erneut überrascht und das optisch wie geschmacklich. Anstelle Röstzwiebel saisonale Steinpilze, die eine Sensation an Harmonie bildeten, und das obwohl ich kein allzu großer Schwammerlfan bin.
Das Faschierte mit einem Hauch Trüffelöl versetzt, ein Hammer die Jus dazu sämig, leicht einreduziert mit Power, last but not least das Püree ganz feincremig, leicht milchig, weniger buttrig, aber schön fest, ohne viel Fehl und Tadel. Ich hätte mehr Muskat noch eingearbeitet, aber das ging im Gesamteindruck unter, es fiel mir auch erst später auf, als meine Schwarmphase schon im Abklingen war.
Fischgerichte - Verdacht auf Haubenküche?
Was ich hierorts hervorheben möchte ist Herr Metins Fischzubereitung. Dafür hat der Mann ein begnadetes Handerl und stellt so manch gehobenes Fischspezialitätenrestaurant zweitweise in den Schatten.
Ich esse gerne was aus dem Wasser kommt und treffe nicht selten dafür meine Wahl, da sich das hier mit geschätzter Beislkultur trifft. Also nicht immer nur Backhend‘l & Co, wenn beim Lesen der Speisekarte der Fisch mehr lockt.
Ich kann momentan kein Einzelgericht oder Erlebnis beschreiben (ach, das Hirn lässt nach) aber man lässt gekonnt Kreativität spielen mit am Ende fantastischen Ergebnissen. Von Besuch zu Besuch wird sowohl dem Gaumen als auch dem Auge immer wieder eine neue Lehre erteilt.
Gegebenenfalls erfolgt ein Update, dann kann ich auf Details achten. In mir sorgt jedoch die Erinnerung immer wieder für ein nachhaltig angenehmes Echo, so wie der Faschierte Braten noch lebendig in mir meine Ganglien beschäftigt.
Kurz und bündig – der Ausklang
Für das Rund-Um-Sorglos-Pakt hilft der Service mit, der aus immer wieder auch neuen Gesichtern besteht. Eine HP leistet man sich weiterhin nicht, was ich für Schade befinde, es gibt zumindest aktuelle Informationen auf FB.
Meine übliche Kaffee-Meckerei erspare ich mir mit Verlaub, man nehme zur Kenntnis, jawohl Kaffee nach erfolgreicher Fleisch- oder Fischschlacht und hin und wieder Nachtisch gibt es Gott sei Dank hier auch, dazu tröstet der Nussschnaps. Hot a net jeder, noch dazu einen recht guten.
Ach, ehe ich's vergess, es gab noch kein Wort zum lieben Geld. Das mach ich jetzt kurz und bündig. Die Preise sind moderat und angesichts dessen was angeboten wird für meine Begriffe zum Teil sogar günstig, viele HS durchwegs im Rahmen von 15-20€.
Nicht selten habe ich am Heimweg auf einen letzten gesüßten Absacker beim Tichy verzichtet, denn ich musste nach kurzer Überlegung einsehen, dass das „neue“ Alte Beisl seinen Job wieder so erfolgreich erledigt hat, dass einfach nix mehr geht, wie auch zuletzt wieder.
So schleppt man ordentlich abgefüllt etwas schwerfällig seine sterblichen Überreste noch lebend zur U1. Gott sei Dank ist sie nur ein paar Meter vom Tatort entfernt, das aber mitten durch eine für mich bereits recht fremd gewordene Welt. Aber es tut gut zu wissen, dass es darin auch noch solch ein Beisl gibt.
Meine Wertung – hart aber herzlich
Bleibt die Frage, wie werten? Die gegenüber früher deutlichen Verbesserungen der Speisen und Inneneinrichtung werden von mir entsprechend gewürdigt, sind also rundum sehr gut und was Speisen anbelangt sogar noch besser. Ich zaudere aber mit der Höchsnote, denn man macht halt seine Vergleiche.
Wesentlich dazu beigetragen hat auch das Raucherverbot, denn bis dahin war Hütte eine regelrechte Stinkbude und so wurde der Begriff Vorstadtbeisl oft zu einem Schimpfwort. Dagegen ist heute alles recht edel geworden. Das wollte ich nicht unerwähnt lassen.
Ein wenig hadere ich mit dem Service, der zwar ausreichend aufmerksam werkt, aber nicht auf dem Niveau, wie ich mir das für Wiens klassische Beislkultur erwarte. Erledigt wird aber brav der Job, insofern ein hartes aber herzliches Gut.
Empfehlen muss meine Wenigkeit das Lokal jedenfalls, da wir nicht mehr allzu viel Beisln in der Güte eines Vorstadtjuwels besitzen. Beislfreunde hegen mit mir die Hoffnung, es möge der Meister seiner Küche samt Partnerin weiter emsig an der Veredelung arbeiten.Weniger anzeigen
Stern
(3)
Braunhubergasse 6, Wien 1110
In diesem Guide weil: Hat etwas an Glanz verloren, das Ambiente wurde "abgespeckt". Höhen und Tiefen bei Personal und Qualität, die Küche nunmehr wieder tadellos, allerdings als Gasthaus sehr teuer.
SpeisenAmbienteService
14. Jän 2023
Der Stern – verblasster Glanz
Es fällt mir zugegebenermaßen schwer eine Bewertung des für mich quasi „neuen“ Sterns abzugeben, aber ich habe mic...MehrDer Stern – verblasster Glanz
Es fällt mir zugegebenermaßen schwer eine Bewertung des für mich quasi „neuen“ Sterns abzugeben, aber ich habe mich durchgerungen. Mit dem ersten Fotoupload habe ich auf die Teuerungswelle hingewiesen, die alle betrifft, und wie sie der Stern verarbeitet hatte und mich über manche Preise kopfschüttelnd sichtlich auch mokiert.
Ich habe mir aber vorgenommen, dieses Thema auch wieder zu beenden, sich damit abzufinden und in Hinkunft in Bewertungen nicht weiter anzusprechen, es sei denn sie wäre außergewöhnlich und damit erwähnenswert.
Der eine Gastronom hat sich sanft moderat und der andere progressiv härter angepasst, das muss jeder selbst wissen. Wie jeder damit leben und überleben wird, zeigt sicher recht alsbald die nähere Zukunft.
Der Stern hat darauf nicht nur preislich reagiert, es wurde auch das Ambiente für meine Begriffe empfindlichst abgeändert. Tischtücher und dekorierende Elemente sind verschwunden und weichen einem nun recht sterilen Look, so dass man meint, hier wird noch gearbeitet. Vielleicht ist dem auch so.
Wobei das in den beiden vorderen Gaststuben nicht so ins Gewicht fällt, aber der große hintere Raum wirkt auf mich irgendwie tot bzw. meint man, da fehlt noch etwas. Die rechte Wand wurde mit Abdeckplatten ausgekleidet. Eventuell kommen dorthin wieder ein paar Bilder, damit sich der Anblick ein wenig hebt. Schau mer mal.
Der Gastgarten im Hof ist leider optisch zu einer Hinterhofpartie mutiert. Jeder reagiert auf die zurückliegenden Krisensituationen anders, hier wurde für meine Begriffe zu tief eingegriffen, es wurde quasi nur der Rechenstift angelegt, wie das aber beim Gast ankommt war in der Rechnung nicht inkludiert, so meine subjektive Empfindung.
Über die Jahre wurde das Personal immer wieder ausgewechselt und zwar komplett, sodass quasi kein Stein auf dem anderen geblieben ist, und die mit so manchem Kellner gut aufgebauten Beziehungen sind damit wieder passe. Solches geht hier einfach nicht und ich bemühe mich auch nicht mehr darum.
Für eine Saison hatte sich die Leistung auch auf die Küche negativ ausgewirkt, sodass man danach Besuche gemieden hatte. Jedenfalls wollte z.B. ein Freund mit mir dorthin nicht mehr gehen. Der aufgehende Stern in Simmering, wie man es vor ca. 10 Jahren freudig empfunden hatte, hat stark an Glanz eingebüßt.
Spontanbesuch mit Sohnemann
Bei den letzten Besuchen, die ich ab 2022 wieder vorgenommen hatte, war zumindest die Speisenqualität wieder auf ein Level zurückgekehrt, wie man es zuvor gewohnt war. Rindsuppe und Standard-HS, wie man sie aus der Wr. Küche kennt waren einwandfrei und tadellos entsprechend dem gehobenen Level.
Diese Woche hatte Sohnemann spontan einen Besuch hier vorgeschlagen und auch bezahlt, sodass ich das gerne angenommen hatte. Dann sind die Preise seine Sache, sagte ich ihm. Auf ihn wirkten sie aber gar nicht so wie auch mich, ja es verarbeitet das jeder anders.
Aber er empfand das mit Tischbelegung sofort dargereichte Couvert ebenso witzig wie ich. A Stück‘l Brot und a Pack‘l Butter, wie aus dem Supermarkt, erwecken weiterhin keinen positiven Eindruck auf mich. Pro Person verbucht sich das gegenwärtig mit 2,50€. Da war mir der alte Gruß aus der Küche schon lieber. Ist nicht mehr.
Mir ist aufgefallen, dass ich z.B. die mir dargereichte Getränkekarte betont von rechts nach links gelesen hatte, was ich üblicherweise umgekehrt mache. O tempora, o mores, ich hoffe das muss ich nicht auf Dauer. Man startet mit 42€ für übliche österreichische Klassiker und nach oben hin dürfte es keine wirkliche Grenze geben. Die Auswahl ist aber, wie es sich gehört, reichlich
So, nun aber genug über Preise bzw. nun mehr informativ an ran an die Kalorien Wr. Kulinarik. Man muss das Leben nehmen wie es ist und genießen, ansonsten macht man grundsätzlich etwas falsch, wenn man in ein Gasthaus geht, Stern hin, Stern her.
Da Sohnemann mit mir bezüglich gemeinsamer Weinwahl nicht handelseinig wurde, er bevorzugte diesmal Bier, wählte ich einen Merlot um wohlfeile 7€ das Achterl, und es war Spitze, sodass sich dem auch Sohnemann später angeschlossen hatte.
Zum Essen wählte er zuerst ein kleines Zwickl (3,90€) und danach eins auch für Erwachsene, also ein Krügerl Gemischtes (5,10€). Beides angenehme und schöne süffige Getränke österreichischer Brauereikunst.
Es gibt ein sog. Vorspeisen Beef-Tartar (6,50€), an dieser Tradition wird weiter festgelten, die aber in Zusammenhang mit einer HS gilt. Unser Hunger war heute nicht der eines Bären, sodass wir eines gemeinsam wählten. Die Anrichtung war relativ primitiv, wieder so a G‘schicht, a Stück‘l Brot, a Stück‘l Butter, das Tartar etwas nodig mit einer Zwiebelschicht abgedeckt, des woar‘s.
Das Beef war dafür exzellent, würzig und super abgestimmt, mehrere Bestandteile, die ich einzeln nicht ausmachen konnte aber einen pikanten und wohltuenden Gesamteindruck ergeben. Tadellos also im Geschmack, billig in der Präsentation. Der neue Stern?
Als HS erging ein Budapester Schnitzel (21€) an Sohnemann, ein herrlich gefülltes Schweins-Gordon sozusagen, pikant mit Speck und Zwiebel aufgepeppt, ich kenn’s von früheren Besuchen, es ist m.E. mehr der deftigen Wiener Kulinarik als der ungarischen angepasst, umso mehr mundet es.
Noch dazu eine Mörderportion, d.h. gleich zwei Stück am Teller, sodass das eine im Magen und das andere im Sackerl für daheim landete, für seine bessere Hälfte, wie er sagte. Brav er ist. Der gemischte Beilagensalat war tadellos, der ist wie gewohnt aus alten Zeiten.
Mich lachte von der Stern-Empfehlung, eine in A5-Format gehaltene Extrakarte am Tisch, das serbische Karpfenfilet (24€) an. Als Fisch-Fan eine 1er Wahl für mich. Top-gewürzt und das sanft tranige karpfentypische Element voll da, nur ein Spur zu hart gebraten, sodass die dunkleren Stellen etwas an Holzkohle erinnern. Sie verdrängten etwas das edle Fischaroma, aber es hielt sich in Grenzen.
Beilage waren Petersilkartoffel (so sagt es die Karte), ich sage Erdäpfel, passabel im Geschmack, aber die Farbe gefiel mir nicht ganz. Leicht unterschiedlich im Gelbton und an manchen Stellen dunkler oder fahl. D.h. entweder waren die Erdäpfel nicht mehr die frischsten oder sie lagen fertig gekocht schon etwas länger herum womit sie leicht austrocken und auch ihren Farbton ändern.
Sohnemann meinte, ich sei überpenibel, für ihn waren sie in Ordnung. Nun gut, vielleicht bin ich das, aber wenn man schon zum vornehmsten Vorstadtwirten geht, dann verlange ich auch vornehme Ware, jedenfalls dann, wenn die Preise vornehm sind., aber ich sagte schon, genug davon. 😉
Es gab diesmal keine Nachspeise, auch keinen Kaffee, weil Sohnemann zu seinem nächsten Event gedrängt hatte, ja ja die Jugend, aber ich kann hier den Espresso (klein um 2,80€), Marke Afro, wie auch seine Reisebegleiter zwecks Verdauung allesamt empfehlen.
Vorsicht lasse man walten man bei den Spirituosen, denn diesbezüglich sind die Preise nicht hoch, sondern geschmalzen bis unverschämt. Das sei an der Stelle kein Gejammer, sondern ist für mich Fakt, daher erwähne ich das nochmals. Hier stimmt m.E. schlicht die Kalkulation nicht.
Unsere Gesamtzeche erreichte eine runde 100€ Summe (ohne Maut). Wie schön, dass auch Söhne Einkommen haben, denn sie ging diesmal auf seine Rechnung. Ich erklärte mich aber bereit das Trinkgeld beizusteuern.
Abschließende Worte
Betreut wurden wir bei dem Besuch von einer männlichen und einer weiblichen Kraft, die weibliche für mich völlig neu. Die männliche konnte sich noch an meinen letzten Besuch erinnern, und wir redeten damals wie auch diesmal ein paar Takte über die Entwicklung der Sterne hier und er stimmte mir in einigen Bereichen zu. Aber was soll er denn tun? Er ist ja nicht der Chef.
Ich kann sagen, dass ich den Stern in kulinarischer Hinsicht weiterhin empfehlen kann und er für mich in Simmering die Wr. Küche tadellos repräsentiert. Die Speisen sind gut bis ausgezeichnet, es fehlt aber, wie ich den Eindruck erhalte, die Konstanz, das fiel mir aber schon seit meinen ersten Besuchen auf.
Dafür ist , das sage ich als meine persönliche Meinung, das fluktuierende Personal in der Küche verantwortlich. Dem Chef (Herr Christian Werner) kann’s wurscht sein, aber falls er das hier liest, so hat er damit meine bescheidene Gästemeinung erhalten, die bloß versucht ka G’schicht‘l zu druck‘n. Wie er das verarbeitet sei seine Sache.
Was Ambiente und Service betreffen, so bin ich ernüchtert und werte sie der Objektivität geschuldet als ok, aber wenn man mal schon weit besser war, dann schmerzt das meine Wiener Seele, welche diese Art Gasthäuser besonders liebt.
PS: Der Wirt sollte dann aber seine HP updaten, denn diese vermittelt gegenwärtig NICHT den Eindruck, den man vor Ort erhält, falls er gedenkt daran nichts weiter mehr zu gestalten.
Ein wenig verblasst der einst aufgehende Stern in Simmering leider schon, daran muss sich meine Seele vielleicht erst noch besser gewöhnen, ich möchte aber trotzdem, dass er uns noch möglichst lange erhalten bleibt.
Euer WrkFanWeniger anzeigen
Restaurant Schwabl
(1)
Schönbrunner Straße 250, Wien 1120
In diesem Guide weil: Derzeit einer meiner Top-Empfehlungen, sowohl einfaches bodenständiges Wirtshaus als auch gutes Restaurant, klasse Kellner, einer davon ist der Chef selbst, der andere kocht.
SpeisenAmbienteService
15. Nov 2022
Der Schwabl – neue Referenz für den 12.?
Es liegt schon einige Jahre zurück, als mich ein Freund auf den Schwabl im 12. Hieb aufmerksam gemacht ...MehrDer Schwabl – neue Referenz für den 12.?
Es liegt schon einige Jahre zurück, als mich ein Freund auf den Schwabl im 12. Hieb aufmerksam gemacht hatte. Unweit der U4-Station Meidling Hauptstraße, öffentlich damit sehr gut angebunden und ein paar Meter weiter kann man einen Verdauungsspaziergang im Park Schönbrunn absolvieren. Sowas motiviert mich.
Was mich dann abgeschreckt hatte war der Raucherbereich in der Schankstube, obwohl sie meine Kragenweite wäre. Nun, dieses Dilemma gilt als beseitigt, was seitdem mehrere Vertreter dieser Typs wieder attraktiv gemacht hatte. Auf der Pirsch nach solchen authentischen Lokalen schien für mich ein Stern aufzusteigen. WrKFan geht ans Werk.
Der Schwabl verfügt über einen hinteren Gastraum, der mit gedeckten Tischen Restaurantatmosphäre vermittelt, wo ich früher Platz genommen hatte. Vor dem Lokal fristet ein Schanigarten sein Dasein. Das Lokal gehört zu den noch klassisch geführten Familienbetrieben.
Der Service – familiär und richtig wienerisch
In der Stube werkt Herr Andreas, für die Stammgäste schlicht der „Andi“, und Bruder Karl, weniger sichtbar, bedient die Kochlöffel der gegenwärtig amtierenden Schwabl-Generation. Was mich neuerdings erfreut ist der Umstand, dass seit ca. drei Jahren im Service ein gewisser Herr Reinhard sein Angesicht erstrahlen lässt.
Ich kenne den guten Mann seit Jahren als g‘standenen Parade-Ober aus dem Cafe Hummel im 8. und war enttäuscht ihn eines Tages dort nicht mehr vorzufinden. Aber wie durch ein Wunder erscheint er vor mir plötzlich im 12. Hieb mit seiner üblichen professionell geschulten Anrede: „Was derf’s sein, der Herr?“
Sein Augenaufschlag war dann mindestens ebenso spontan und überrascht wie meiner, als wir einander erkannt hatten. „Jo heast, wos mochst denn du do?“ und so geht‘s seither gewohnt weiter.
Das machte für mich den Schwabl seither zu einem urtypisch wie attraktiven Wiener Wh nach meiner Façon, was diesen mir vertrauten Umgang anbelangt. Es ist aber die gesamte Servicemannschaft als Dreierteam eine lockere Partie, wie man sich das für ein Beisl vorstellt.
Über die Mittagszeit gibt es Menüs à la Hausmannskost um wohlfeile 9,80€, definitiv Wirthauslevel. Auf das lege ich zurzeit den Fokus. Dann trifft man auch die hiesigen Meidlinger, die hier regelmäßig einkehren, die sich linkerhand des Eingangs am Stammtisch tummeln.
Zeitweise komme ich in den Genuss, dass mich der Chef dort dazu platziert. Für diese Art Gastrolle sage ich mal musst du auch geboren sein, das erarbeitest du dir nicht, es ist was meine Original Wiener Seele ausmacht. Ich bezeichne mich aber nicht als Stammgast, das werde ich vermutlich nirgendwo. Wenn schon, dann ist ganz Wien mein Stammlokal.
Zwei Schwabl-Klassiker
Ehe ich mich der Mittagsküche widme, noch zwei Klassiker, einer aus Wien und einer vom Schwabl.
Es verirren sich genug ausländische Gäste hierher, offensichtlich funktioniert die Tourismus-Werbung und einige wollen danach das Schloss Schönbrunn besuchen. So saß ich gegenüber einem solchen Urlauber aus Utah und ich durfte meine Englisch-Kenntnisse wieder auspacken.
In der Schankstube wird auch dazugesetzt, so ist Wh anno dazumal. Manierlich fragte mich der Service, ob’s auch genehm ist. Die quasi Kopp-Schiene: „Do setz di zuwe, is eh g‘nua Plotz“ ohne Rücksicht auf bereits platzierte Gäste, auch wenn bereits bekannt, wird nicht gefahren. Er kämpfte sichtlich mit der Speisekarte, so bot ich Hilfestellung an.
Als Erstbesuch Wiens riet ich zum Klassiker Wiener Schnitzel, das es sowohl vom Kalb (20,90€] als auch vom Schwein (14,50€) gibt und ich erklärte dem noch sehr jungen Mann ein wenig einige Unterschiede. Er nahm sich das Kalbswiener. Meine Kulturunterweisung hatte Frucht getragen. 😉
Eine tadellose Optik erreichte unseren Tisch, wie ich meine aus der Pfanne und ein passabler gemischter Salat erspähte das neugierige Auge. Mein letztes Wiener lag doch schon länger zurück um mich daran zu erinnern.
Weil ich dem jungen Mann dies zuvor erklärte, bot er mir an zu kosten, ob es dem auch entspräche, was ich sagte, und ja, es entspricht, so geht Schnitzel. Sauber souffliert, butterzartes Kalbfleisch und guter Duft. Ihn wieder ließ ich von meinem Erdäpfelsalat naschen, der hier auch Wiener Klasse hat. Davon später noch ein paar Takte.
Einige Besuche gab es früher mit meiner Tochter und habe noch ihren Favoriten gut in Erinnerung, Töchter greifen gerne begehrlich auf das wohl beste Gericht (aktuell 23,90€], solange sie noch nichts selbst berappen müssen. Der Papa ist ja doch der Beste. 😉
Es handelt sich um Filetspitzen in Champignon-Cognacsauce, dazu Nockerl, das Gustostückerl vom Schwabl. Bei meinem ersten Besuchsantritt nach längerer Pause knöpfte ich mir das vor. Ich erhielt zwar nur einen Platz an der Theke, weil die Bude ausreserviert war, aber ich genoss das Schmankerl dort in vollen Zügen.
Feines, g‘schmackiges Safterl, in der Art Stroganoff, aber anders aufgrund der geschmeidigen Cognacnote, begleitet die gedünsteten zarten Filespitzen, dass es zu mehreren kräftigen Endorphin-Ausschüttungen kommen musste. Ja, so wolle man immer speisen, Momente des Glücks, des taugt und übertraf alle Erwartung, Höchstnote!
Wr. Wh-Kuchl auf Erkundungstour
Dazu gehört als Einstieg eine Tagessuppe. Diese folgen klassischer Wh-Tradition, sind m.E. auf mehr als bloß sehr gutem Level. Man erhält a la carte auch eine Nudelsuppe oder die von mir immer noch begehrte pure Bouillon mit Ei, eine Rarität, für mich nostalgisches Suppenerlebnis, das begeistert.
Ein neuer Besuch, ein neues Glück, Reisfleisch soll‘s heut‘ sein, das mit Saft serviert den Weg zum Tische fand, einreduziert und demensprechend kräftig, hhmm wohltuend. Der Reis hätte noch mehr Würze vertragen, das Fleisch schön durchzogen, saftig und große Stücke, insgesamt eine respektable Leistung. Man kriegt das ja nicht mehr überall.
Salate nach Wiener Art gesüßt dressiert, aber nicht aufdringlich, machten einen grünen Begleiter perfekt, lediglich ein paar Rukolablätter mischten sich störend darunter. Das verbuchte ich unter Hasenfutter und ließ sie übrig, ansonsten sowohl bodenständig als auch frisch.
Nächstes Menü war Saftfleisch mit Hörnchen, was bei mir nostalgische Jugenderinnerungen hervorruft. Hier war ich vom Saft weniger angetan, wobei rein optisch nicht so wahrnehmbar, dafür der Gaumen „zu mehlig“ in der Konsistenz Rückmeldung erstattete. Das beraubte dem Majoran-Gewürz seiner urtümlichen Note, die ich mehr herausspüren möchte, aber die Hörnchen korrigierten das, indem man es vermischt.
Das Schweinefleisch war bestens, weich, zerfällt mit der Gabel, hatte ausgewogenen Fettanteil, damit es im Mund nicht zum Klumpen mutiert und man würgen muss. Es flutschte mit Umami-Kick hinunter, insgesamt recht gut.
Freitag ist traditionell Fischtag, so auch hier und zu dem checke ich gerne den Erdäpfelsalat. Zu gebackenem Fisch liebe ich auch Sauce-Tartar, die ich extra orderte. Der Fisch ist Standard, passt, für diesmal war die Panier etwas zu hart, aber der Salat war grenzgenial und ließ alles vergessen.
Leute, schon lange nicht mehr dieses oberschlotzig, einfach nur geile Gefühl im Mund, das deine Sinne in den 7. Himmel befördert, wie man sich das erträumt. Es wurde auch Realität. Wow, also da kommt man einfach wieder und hofft auf Wiederholung. Die Sauce-Trara war ebenso sehr gut, ich krieg‘ meine kaum besser hin, aber sie verblasste regelrecht angesichts des Salats.
Mit der Schwiegermama gab es ein weiteres Stelldichein. Sie wollte vegetarisch, dazu bietet die Karte à la carte Eiernockerl an und ich durfte kosten. Brav sie ist. Saubere groß ausgestochene bzw. gehobelte Nockerln wunderbar mit Ei kräftig überzogen, Klasse. Total einfach, aber einfach guat! Die Würzung war mild, das regelt ein wenig Pfeffer.
Und aha, neue Erfahrung, der grüne Salat erhält in der à la carte Zubereitung keine Hasenbeigabe, da passt er, d.h. bei den Menüs wird halt auch a weng‘l Kuchlausmistung betrieben. Aber solange die Qualität gut ist, kann man dagegen nichts sagen. Dass einem nicht alles schmeckt, ist dann sozusagen eine separate G‘schicht.
Ich griff wieder auf das Menü zu, es gab Brathenderl. Stattliche Größe, keine Schnellzucht, festes und doch saftiges Fleisch, ein nahezu perfektes Natursafterl, was beim Hendl auch relativ einfach ist, dazu puristische Reisbeilage. Kenn‘ ich oft nur mehr von meiner Mama, war insgesamt ausnehmend herzhaft und an Menge fost scho a biss‘l z‘vü.
Hausgemachte Nachspeisen
Mit Schwiegermamas Unterstützung wagten wir noch gemeinsam einen als hausgemacht angepriesenen Apfelstrudel. Man will es ja wissen und zu zweit ging das, allein wäre ich vermutlich zerplatzt.
Auch dazu kann ich sagen, dass hausgemacht kein Werbegag ist, sondern für traditionelle Art, wie Wiener Apfelstrudel sein soll, auch steht. Ich werde fragen, ob den net eh die Schwabl-Mama macht, denn man sieht sie immer wieder noch anwesend.
Zuletzt muss ich noch die, oh mein Gott, wieder einmal als göttlich bezeichnungswürdige Malakofftorte erwähnen, hausgemacht, sorry für etwaig lästige Wortwiederholungen, aber so ist es. Sie war absolut köstlich, nicht so schwer butterlastig wie anderorts und somit auch weniger Verdauungskampf im Finale macht sie für die Zukunft höchst attraktiv als Nachspeise.
Ich komme langsam zum Ende
Durch die gängigen à la carte Gerichte werde ich mich hier noch durchwühlen, so es die Zeit erlaubt. Man liebt ja andere Wh auch. Doch nach zwei kürzlich erlittenen Lokalblamagen dieses Métiers braucht meine Wiener Seele Ersatz und hier hat sie eine sehr zufriedenstellende Einkehr gefunden.
Der Schwabl im 12. ist rundum stimmig, schönes Wh-Flair, für gehobene Anlässe der hintere Raum, die Gäste ein Mix von allem, die Kellner klasse Bursch‘n und das Essen bis auf einige Schwächen was das Herz begehrt. Was will man mehr? Ach ja, z.B. faire und günstige Preise, und m.E. passt das ebenso.
Die Getränke entsprechen, wie ich es mir von einem Wh erwarte. Keine Highlights, aber alles da, was der Wiener braucht. Als Vertreter der Wein-Fraktion gibt es den aktuellen Schankwein um 2,20€ pro 1/8l, solche Preise sind rar, zumal er sogar manche Top-Weine schlägt.
Zuletzt genoss ich den gerade saisonalen Junker um 3,90€ pro Achterl, der einige Male Wegbegleiter sein durfte, dann noch ein paar aus dem Österreich-Repertoire, rot wie weiß, die je nach Angebotslage wechseln. Das erhält Zustimmung.
Aufgrund meiner doch gehäuften letzten Besuche wage ich eine durchgängige Note 4 für alles zu vergeben und ich denke, sie bleibt auch stabil. Ich habe mit dem Schwabl-Wirt sozusagen den Repräsentanten für den Bezirk Meidling gefunden, und da er noch dazu unweit der U4 liegt, so gehört er nun zu meinen neuen Favoriten.
Ich müsste mich fast dafür sogar entschuldigen, ihn nicht schon früher als das, was er ist, wieder entdeckt zu haben, hielt er sich vor mir einige Zeit wie versteckt. Aber das wurde, so hoffe ich, nun auch korrigiert. 😊
Euer g’schamster Diener
WrKFanWeniger anzeigen
Maxingstüberl - Hietzinger Weinstüberl
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Maxingstraße 7, Wien 1130
In diesem Guide weil: Nach anfänglichen Hürden überzeugt mich nun das Maxingstüberl nach Übernahme 2020 mit tadelloser Führung und guter bis sehr guter Küche.
SpeisenAmbienteService
13. Mär 2023
Höhen und Tiefen einer Bezirkslegende
Die ehemaligen Vorpächter (Fam. Schenk) starteten hier 1968 (so die dazu alte HP) und hatten das Beisl zu ...MehrHöhen und Tiefen einer Bezirkslegende
Die ehemaligen Vorpächter (Fam. Schenk) starteten hier 1968 (so die dazu alte HP) und hatten das Beisl zu einem Unikum mit höchster Urigkeit aufgebaut (so meine Eltern). Mit dem Ableben des Wirts ging diese Ära leider zu Ende und eine große Flaute trat ein. 2015 meldete man Insolvenz an. Ich kenne das Maxing Stüberl erst danach ab 2016.
Die Witwe wollte das Erbe ihres Mannes antreten, ein wohl ehrbares Unterfangen, es wurde ihr von mehreren Seiten geholfen, aber sie brachte es nicht mehr in die Höhe. Der Grund liegt vermutlich darin, dass sie selbst nie Gastronomin war. Persönlich denke ich, sie hatte auf die falschen Leute gesetzt und nicht auf die richtigen Ratgeber gehört.
Es kam eine neue Köchin, die versuchte das Regiment an sich zu reißen, aber auch sie kann wohl besser kochen als ein Unternehmen führen. Ihr Kochstil, die Küchenhygiene und weitere gastronomische Schnitzer retteten nicht vor einem schier unausweichlichen Niedergang. Ich sage ausdrücklich, dies sei meine subjektive Beobachtung, die aber nicht nur ich damals teilte.
2020 fasste sich die Fam. Wendt ein Herz und übernahm den maroden Betrieb. Es wäre in der Tat jammerschade, ginge dieses kleine Kulturgut bei Schönbrunn den Bach runter. Auch auf bezirkspolitischer Ebene wollte man das verhindern. Die agile Köchin Vesna konnte bleiben, aber ein frischer Wind mit der neuen Mitarbeiterin July im Team Wendt brachte den Betrieb wieder auf die Beine.
Das Speisenkonzept wurde adaptiert, was gewisse Kämpfe mit Köchin Vesna mit sich gebracht hatte, die gerne ihre persönliche Note beibehalten wollte. Nun, bis auf das Gulasch, worüber ich noch rede, ging das Konzept auf, für mich zum Glück, muss ich dazusagen.
Ich hatte das Lokal für mich schon abgeschrieben als unverhofft angekündigt wurde, dass man sich auf der Schönbrunner Seite um einen Gastgarten bemühe. Damit wird für mich grundsätzlich ein Lokal stets attraktiver. Gesagt getan wurde das in die Tat umgesetzt und so startete ich letzte Saison wieder einen Besuch und wollte das neue Maxing Stüberl Ausgabe 2022 unter der Leitung Wendt kennenlernen.
Ein neues Herz und ein neuer Pulsschlag
Zu zweit nehmen wir in dem frischen Gastgarten Platz und harren der Dinge die da kommen. Er ist etwas schlicht, könnte sicher noch mehr Bepflanzung vertragen, jedenfalls mauerseitig, aber ich sitze gerne im Freien. Ich denke damit ist man noch noch am Ende.
Frau July oder nur July, so jedenfalls erlaubt die Kellnerin (mir) auch die Anrede, bringt uns die Speisekarte und nimmt unsere Getränkewünsche entgegen. Rasch stellt sich heraus, ja dieses quirlige Energiebündel ist nicht auf den Mund gefallen, kennt sich betrieblich fachmännisch aus und man verdankt ihr zu einem großen Teil wohl das Lokal wieder auf Trab gebracht zu haben.
Sie entscheidet über Speiseplan, die Getränkelieferanten, organisiert die Reservierungen mit, empfängt Gäste und weist sie auch ab. Was man noch wissen sollte, dass es aufgrund der sehr kleinen Küche eine limitierte Kapazität gibt, was man an Speisen seriell auf die Tische bekommt. Das alles managed diese recht burschikos auftretende July, Hut ab.
Als Gast stelle ich nun nach mehreren Besuchen fest, dass sie sozusagen das neue Herz des Lokals für mich bildet, eine gastronomische Herztransplantation erfolgte quasi, das nun auch pulsiert. Damit möchte ich die Leistungen der anderen keinesfalls herabwürdigen, aber so nehme ich das subjektiv wahr.
1. Besuch - Das Vesna Gulasch
Nun zur Kulinarik mit dem ersten Einstieg einer Kaspressknödelsuppe, die RS ist sauberer Gasthaus-Standard, nicht gehoben, aber gut, danach ein kleines Gulasch mit Semmelknödel, dazu eines meiner Lieblingsbiere, ein Seidel Starobrno.
Optisch war das Gulasch ohne Fehl und Tadel, auch der Knödel, nur was war mit dem Saft los? Wie kann man hier nur Gewürznelken im Gaumen wahrnehmen? Wo bin i? Geht gar nicht. In der Folge kommt es zu angeregten Diskussionen, bis sich herausstellt, ja das ist das sog. Vesna Gulasch, also nach Rezeptur der Köchin.
July teilt uns mit, dass man vieles abändern konnte nur das nicht, das sei die Tradition aus Vesnas ehemaliger Heimat und Gulasch gehöre so, darüber fährt die Eisenbahn. Und angeblich loben es die Gäste, also kann man sich damit auf den Kopf stellen. Bei der Variante gibt es keinen Kümmel, stattdessen eben Gewürznelken.
Nun gut, das wurde von meinem persönlichen Speiseplan gestrichen. Aber wer’s mag? Ich behaupte nicht, dass es schlecht wäre, nur verstehe ich unter einem Saft fürs Rindsgulasch in Wien etwas anderes.
Interessanterweise stand bei Folgebesuchen auf der Karte zeitweise noch „Vesna‘s Gulasch“, bis sie wieder adaptiert wurde. Auf der Online Karte der neuen HP steht es gegenwärtig immer noch so. Klar, so nimmt man mir damit den Wind aus den Segeln. 😉
2. Besuch – Rindsrouladen und Schweinsbraten
Für den Gastgarten war die Saison vorbei, so platzierten wir uns im Inneren, das aus mehreren kleinen, aber einzigartigen Stübchen besteht. Jahrzehntelanger Patina-Ansatz an Boden und Wänden lassen grüßen, die Tischflächen sind hell, nicht eine einzige gerade, doch gerade das gehört hier dazu. Im Letzten Raum ziert ein Kachelofen das Interieur. An dieser Einrichtung darf kein Mensch je etwas ändern, sonst verliert es sein Flair.
Heute wird die zweite Hürde genommen, Rindsouladen, dank July in neu vorgegebener Machart, also keine Vesna-Tradition. Leider gelang es noch nicht, es könnte sein, dass dazu noch Erfahrung gesammelt werden muss. Tadellos war das Fleisch und die Fülle, wenn auch klein, dafür zwei an Stück, sehr geschmacksintensiv, nur der Saft wurde zur mittleren Fettorgie.
Ich denke man kann am Foto beim Tellerrand die Fettabsonderung wahrnehmen. Unsere July meinte, dass der Saft sauber abgebunden wurde und meine Urgenz verwunderte sie. Es erfolgte so auch ihre Anweisung, nur war das Ergebnis nicht entsprechend. Vielleicht braucht‘s hier noch Nachhilfe.
Zurzeit wurde das damit mein zweiter Streichposten, denn eines bin ich mit Sicherheit nicht in einem Lokal, wo ich auch bezahle, und zwar ein Versuchskaninchen.
Sehr gut war die Wahl meiner Begleitung, ja die hat da irgendwie das bessere G‘spür, das dürfte ein weibliches Gen sein, dass der männlichen Spezies fehlt. Ein gelungener Schweinsbraten, saftig, schön weich, der Saft naturbelassen, das Kraut fachmännisch und auf den Punkt, und der Knödel, nun den kannten wir schon, der funktioniert hier.
Kaffee gab es wie zuletzt noch immer nicht, es sei die Kaffeemaschine noch nicht betriebstauglich, so taten‘s zwei Nuss-Schnäpse, die aber perfekt waren. Ich notierte mir die Marke Horvath fürs Online-Shopping und wurde auch fündig.
Nun wie soll‘s weitergehen? Noch eine Chance oder lass ma’s? An sich sollten alle das Lokal zufrieden verlassen, nicht bloß satt. Die Portionsgrößen sind deftig. Wir entschieden uns für den dritten Besuch, und zwar weil am Nebentisch dreimal ZRB mit höchster Zufriedenheit verzehrt wurden. Ein sagenhafter Duft strömte verführerisch entgegen.
3. Besuch – Zwiebelrostbraten und Specklinsen
Ich meldete mich für den ZRB an, wiewohl ich mit meiner Begleitung auch regelmäßig tausche, daher nehmen wir sehr oft unterschiedliche Speisen, bis wir uns auf was einschießen aufgrund längerer Besuchserfahrung.
Die Lunte, die letztes Mal gelegt wurde, sollte nicht enttäuschen. Das war eine tadellose Performance. Fleisch gut durch, der Saft diesmal wirklich sauber abgebunden, kräftig intensiv, die Röstzwiebel passabel knusprig, auch die Braterdpäfel waren stimmig, Herz jetzt bist du mal zufrieden, stellst das Meckern ein und genießt dieses Leben!
Meine Begleitung hatte ebenso klasse Specklinsen und Semmelknödel, die auch richtig traditionell und guat waren, man kann sie mit oder ohne eine extra Scheibe G’selcht‘s haben. Hier war das Fett auch richtig in den Speisen verteilt und damit auch ein Genuss.
Begleitet hatte uns Julys Weinempfehlung, ein Flascherl Cabernet Sauvignon vom Triebaumer, ein Burgenlandler, tadellos an Kraft und Körper, der zum RZB das Wohlleben noch mehr förderte. Die Weine werden auch laufend neu erprobt, man will sich nicht fix festlegen. Das verstehe ich auch. Lediglich der Big John vom Scheiblhofer stand bislang immer auf der Karte.
4. Besuch – Backhenderl, Kalbsrahmgulasch und Kaiserschmarren
Damit hätten wir die Karte durchgefuttert, ehe ich mal ausnahmsweise auf die Schnitzelschiene abbiege. Beide HS überzeugten mit hausmännischer Machart, wie es auch verwöhnten Wienern taugt. Bedingt durch die Üppigkeit gebackener Gerichte schaffte ich vom Henderl nur die Hälfte und ließ den Rest einpacken.
Ein besonderes Lob erhielt der Erdäpfelsalat, das ich an die Küche weitergegeben hatte. Perfekt im Biss, schön in Scheiben die Erdäpfel, die Marinade göttlich schlotzig, zwar recht sanft in der RS- und Senfnote, die Süßigkeit da, aber nicht übertrieben, ein glatte 5 dieses Mal. Man will hoffen, dass es so bleibt.
Als nette Geste packte mir Kellnerin July eine komplette Extraposition frisch von der Küche mit ein, weil sie sich über das Lob auch sichtlich gefreut hatte.
Endlich gab es auch Kaffee wozu die Nusserl noch besser passten. Wir hatten Suppen dieses Mal weggelassen, um uns noch einer Legende zu widmen, dem Kaiserschmarren. Das stand einfach am Plan.
Ich bin froh, dass sich auch hier ein Erfolg einstellen durfte. Es gibt an sich eh nur zwei NS zur Auswahl, so ist es nicht verwunderlich, dass wir ihn auf gleich zwei Nebentischen ebenfalls beobachten konnten. Es erklärt auch., dass man nur 10 Minuten warten musste, so wurde vorgearbeitet, weil man weiß, der geht weg.
Ich finde ihn ausreichend gut, traditionell, sehr süß, zuvor wurde gefragt mit oder ohne Rosinen, sehr professionell, und der Zwetschkenröster ohne Fehl und Tadel.
Einziges Manko, eine Portion war uns sogar zu zweit zu viel, aber er reiht sich bei mir damit in das Memory für gute Erinnerung ein. In Wien gibt es ja nicht allzu viele Adressen für den wirklich guten KS.
Abschließende Worte der Auferbauung
Nach diesen vier Besuchen sehe ich großes Potential für die Zukunft. Ich denke, ich kann die Stärken und Schwächen abschätzen und mich darauf einstellen.
Mit July im Service fühlt sich meine Wenigkeit gut aufgehoben, ihr selbstbewusstes wie schlagfertiges Auftreten tut das ihre dazu. Sie hat nämlich auch die tolle Eigenschaft von etwas abzuraten, wenn sie sich sicher ist, dass das nix ist.
Hin und wieder kommt der Chef selbst und unterstützt den Service, aber an sich schmeißt den Laden seine Top-Mitarbeiterin, sodass er sich der Geschäftsführung widmen kann. Ich hoffe sie steht das durch, denn an Stress mangelt es bei guter Besuchsfrequenz nicht und es kam beim letzten Besuch auch zu einer längeren Wartezeit bei unseren HS.
Für die kommende Sommersaison wird die Karte wieder adaptiert und es werden die HS etwas reduziert und leichtere Gerichte mit ins Programm genommen. Aufgrund des Gastgartens und der zurückgekehrten Beliebtheit ist ein größeres Gästeaufkommen zu erwarten, zu dem ich mich gern hinzugesellen werde. Es wird dies für den Betrieb sicher auch eine neue Herausforderung.
Man darf sich hier nicht zu viel erwarten, aber eine bodenständige Küche und das zu sehr moderaten Preisen. Die HP enthält die Karte Online. Subjektiv meine summarische Wertung: 4-4-4 (Anm: Aufwertung der Speisen von 3 auf 4 nach weiteren erfolgreichen Besuchen)
Man kann sagen durch das Engagement der Fam. Wendt hat man hier erfolgreich die Kurve gekratzt, denn letzten Endes muss auch einer mit seinem finanziellen Klingelbeutel dafür einstehen. Daran führt nichts vorbei. Ich wünsche allen weiters viel Erfolg und mir noch bessere Wiener Küche. 😊
Ein potentiell neuer Fan für den schönen 13. lässt grüßen.Weniger anzeigen
Grünspan
Ottakringer Straße 266, Wien 1160
In diesem Guide weil: Sehr zu empfehlen, wenn mehrere Küchrichtungen angesagt sind. Gute Menüs und ansonsten Plachutta-Level, gilt auch hinsichtlich Service. Sehr schöner Gastgarten.
Schrammelbeisl
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Kalvarienberggasse 51, Wien 1170
In diesem Guide weil: Erst einen Besuch absolviert, es war aber exzellent - im 17. finde ich kaum wirkliche Repräsentanten. Nehme gerne weitere Tipps entgegen. Ambiente zu schlicht, soll heißen gewöhnungsbedürftig.
Herbeck
Scheibenbergstraße 11, Wien 1180
In diesem Guide weil: Sehr renommiertes Lokal, schöner Garten, schöne Innenräume und tadellose Küche, kann ich auch bereits als gehoben enstufen. Hat im 18. keinen Konkurrenten.
Zum Renner
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Nußdorfer Platz 4, Wien 1190
In diesem Guide weil: Mein Nr.1 Gasthaus derzeit in Wien, Stuben im Landhaus-Stil und wunderschoner Hof, bietet neben Wr. Küche auch Steaks an. Preiswerte Wahl für Tafelspitz ohne an Qualität einzubüßen. "Die" Alternative zu Plachutta.
SpeisenAmbienteService
19. Aug 2022
Vorbemerkung: Durchschnittliche Lesedauer des Berichts ca. 10-12 min. Wem das zu lange erscheint, der springe zu meiner abschließenden Empfehlung (...MehrVorbemerkung: Durchschnittliche Lesedauer des Berichts ca. 10-12 min. Wem das zu lange erscheint, der springe zu meiner abschließenden Empfehlung (ginge es nach mir könnte ich ein ganzes Buch schreiben 😊).
Zum Renner – warum er mein Nr.1 Gasthaus ist
Mit dieser kulinarischen Rezension gehe ich in medias res als WrKFan. Als Fan der Wiener Küche habe ich den Gasthof Renner nicht zufällig gewählt, ist er derzeit mein Lieblingsgasthaus in Wien. Ob sich daran so schnell was ändern wird? Ich vermute nicht, denn ein Zuwachs in dieser Kategorie ist heute nicht mehr zu erwarten.
Das zeichnet aber damit diejenigen aus, die sich über Generationen halten können und auch Krisen wie C... (räusper, ich hasse das Wort schon) problemlos wegstecken. Hier meine ich sogar einen anderen Trend zu erkennen, und zwar hat der Renner mittlerweile keinen Ruhetag mehr wie früher, was Besuche erleichtert. Beibehalten wurde der durchgehende Küchenbetrieb.
Läge er näher bei meinem Wohnort wäre er mein Stammwirt, aber bedingt durch eine längere Anreise werden wir wohl doch nie ein intimeres Paar werden, geliebt bleibt er aber. Ich kehre gerne dort z.B. öfter nach einer Kahlenberg-Tour ein. Auf das freue ich mich jedes Mal wie ein kleines Kind auf seinen Lolly.
Zu sagen er ist mein Favorit wird nicht reichen. Es gibt persönliche wie lokalspezifische Gründe, was für mich aber nur schwer zu unterscheiden ist bzw. habe ich gar nicht vor bloß objektiv zu bleiben, ich bringe bewusst die subjektive Note mit ein. Geht’s denn anders, wenn es um Geschmack und Vorlieben geht?
Die Einrichtung
Ich mag die beiden Stuben im vorderen Takt, die ein Hofdurchgang räumlich trennt. Zur Linken die Schankstube und zur Rechten eine weitere mit einem Kachelofen im Blickfang, beide Räume im Stil einer Jagdstube. Die Tischflächen weisen verzierte Einlegearbeiten. (lt. Dr. Google sog. „Intarsien“) auf. Man frage mich nicht wie man dies herstellt. Aber schön sind’s und ein Kunstwerk obendrein.
Im hinteren Trakt gibt es eine weitere Stube, sie wurde von mir aber noch nicht für Besuchszwecke benutzt bzw. stand sie dafür nicht offen. Ich denke, der Raum ist für geschlossene Festlichkeiten vorgesehen.
Der Gastgarten
Nach Durchschreiten des Hofdurchganges mit der hiesigen Adresse Nussdorfer Platz 4 unweit der D-Wagen Station und netten Willkommensgrußes des Andechser-Rundbogens betritt man mein mit Vorliebe gewähltes Ziel, den Gastgarten, den der Renner bloß als Biergarten betitelt.
In dessen Mitte beherrscht seit vielen Jahren eine gealterte große Linde das Ortsbild. Beim ersten Blick in diesen lauschigen Hof entlockt mir das immer wieder ein wohltuendes „Aaah“. Leider hat der bislang so edle Schattenspender mittlerweile einen radikalen Kahlschnitt verpasst bekommen. Das ist jammerschade, aber auch wir Menschen altern und verlieren gleichermaßen an Glanz des Hauptes einstiger Schmuck.
Markenzeichen sind Tische und Bänke aus Vollholz in auffällig tiefgrün lackierter Farbe, wirkt fast schon kitschig, fügt sich aber harmonisch in das Gesamtbild. Lediglich beim Kopfsteinpflaster kommt mir hin und wieder ein „Naja“ über die Lippen, aber sitzt man erst einmal, nimmt man das nicht weiter wahr.
Abends verwandelt sich die Atmosphäre in einen romantischen Hof, zu dem einige Lichteffekte nachhelfen. Solches ist ganz meins. Ja, das sind so die Orte, wo ich immer wieder hin will um mit einer wertgeschätzten Person zu verweilen und gemeinsam den letzten Tropfen Roten wie Weißen genüsslich über die Zunge gleiten zu lassen. Alles andere sei aber hier nicht Gegenstand näherer Bewertung. 😊
Rindfleischküche, puristisch mit Niveau
Es wird eine hauseigene Fleischerei betrieben, aus der Tafelspitz, Schulterscherz‘l, Beinfleisch & Co gewonnen und verarbeitet werden und zuguterletzt im Kupfergeschirr den Gast erreichen. Von dem hat man den Eindruck, Mensch Maier, bitte wann wechseln‘s des mal aus, aber ein Blick in das Innenleben fegt diese Frage rasch wieder vom Tisch. Schon die Optik betört immer wieder. Soll noch einer sagen die Augen essen nicht mit!
Solches bildet regelmäßig den Grund meines Herkommens, wirkt auf mich puristisch auf hohem Qualitätslevel. Es ging noch nie was retour, außer ein ratzeputz leergelöffeltes Reindl. Die Suppe, die sehr naturbelassen entsteht, wofür Ochsen tagtäglich ihr Leben lassen müssen, braucht derart keine Kraftverstärker. Das sei von mir gesagt einer der großen Unterschiede zu den meisten anderen Gasthäuern und macht Renners besondere Note aus.
So ist die angebotene Haussuppe um 5€ lediglich ein Abfallprodukt aus der täglichen Produktion, Nudeln dazu, größer geschnittene Karottenscheiben, tadellos im Biss und würfelig geschnittene Restl‘n aus der Rindfleischküche. Wäre doch nur jeder Abfall so perfekt. Ich habe sie schon oft als Hauptspeise gegessen, wenn der Hunger nicht groß genug war. Herzerl, was willst du mehr.
Mit Sicherheit schafft die gehobene Küche noch mehr Power als Kraftbrühe einer edlen Tafelspitzbouillon, keine Frage, aber wir reden von einem Gasthaus auf bodenständigem Level. Hier liegt die Power in seinem kräftigeren Fettgehalt aufgrund der Durchmischung von viel Fleisch und Knochen und der Umami-Effekt ist grandios. Fettaugerl, do schau her - In der Hinsicht von mir eine klare 5.
Zu den Rinder-Töpfen. Man kann sich auf einzelne Gustostückerl einschießen, oder nimmt, wie ich es meist pflege, den Braumeistertopf, der mehrere Fleischsorten beherbergt. Kostet etwas mehr, ist aber auch mehr drin und zahlt sich daher aus. Der Renner darf sie zu Recht Gustostückerl nennen, für mich sind sie das.
Die klassischen Begleiter Apfelkren, Schnittlauchsauce, Rösterdäpfel, Cremespinat sind völlig ok, der Röster meist etwas speckiger als anderswo, aber herzerfrischend g’schmackig. Lediglich am Cremespinat meckere ich fallweise herum, wenn er mir etwas zu mehllastig erscheint, vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein, ist also durchaus subjektiv.
Begleiterscheinungen angenehmer Art
Zumeist brauche ich eine Extraportion Kren, da mir der Apfelkren viel zu milde angerichtet wird, aber das gilt nicht nur für hier. Ich verstehe schon, man muss auch auf die anderen Gäste achten. Ich brauche den aber pfiffig und er darf mir ruhig auch mal von der Nase kurz ins vordere Großhirn stoßen um meine Sinne kurz zu benebeln und derart wieder zu reinigen. So wird er gleich von Haus aus zusätzlich geordert und kommt oft in einem netten Glaserl mit Deckel. Frisch gerieben muss er sein, was selbstredend ist.
Sprechen wir kurz das liebe Geldbörserl an, dann kostet der der Topf samt Beilagen ca. 30€ und reicht in der Regel für 2 Personen, wenn nicht gerade 2 Bodybuilder der Bärenhunger zur Proteinauffrischung hertreibt. Und sollte dem der Fall sein, empfehle ich zusätzlich einen Leberknödel als Suppeneinlage, der in sage und schreibe Tennisballgröße (!) angeliefert wird.
Das könnte also sogar eine 4-er Rudermannschaft sättigen. 😊, Wir hatten den in der Tat auch schon zu dritt aufgeteilt und alle waren zufrieden. Die Größe passt dabei zum Prädikat sehr gut für seine passable Lebernote und Festigkeit. Diese Dinger kannst so auch nur händisch machen.
Vergleichst du das mit der Konkurrenz, die den Titel Rindfleischpapst trägt, kriegst du hier das Gesamtpakt zum Halbpreis, wobei schon jeder auch seine Vorzüge hat, das will ich gar nicht bestreiten. Hier seien aber die für den Renner hervorgehoben, was mir erlaubt sei.
Weitere Wiener und andere G’schicht‘n
Beim Renner empfehle ich auch unser kulinarisches Wahrzeichen, das allseits bekannte Schnitzel, als authentisch und makellos. Man kann Kalb oder Schwein wählen. Hin und wieder hatte ich ausländische Gäste und diese führte ich gerne hierher, weil für meine Begriffe hierorts unser hochgeschätzer Wiener Bröselteppich einfach besser ist als in den dafür von der Tourismusbranche gehypten Innenstadtlocations. Man darf aber auch anderer Meinung sein. 😊
Renners hauseigenes Fleisch, eine anständige Soufflierung, auf die ich großen Wert lege, solches passt hier samt Erdäpfelsalat nach Omas ehrwürdiger Rezeptur. Auch hier ging bislang nur leeres Geschirr retour, der Rest durfte in mir sein gottgewolltes Werk vollbringen.
Lediglich der Preis für das Schnitzel liegt etwas höher, zumal keine Beilage inkludiert ist, ansonsten sind alle anderen Preise völlig moderat und der Qualität angepasst, eigentlich sogar günstig meine ich.
Liebhaber von Innereien kommen auch auf ihre Rechnung. Diese Meinung habe ich von anderen übernommen, ich selbst bin nicht der große Tiger dieser Fraktion, sieht man von Ausnahmen ab. Man muss dazu die aktuelle Tageskarte einsehen, die auch das jeweils saisonale Angebot enthält.
Das klassische Menü gibt es nicht, aber von Mo – Fr einen Mittagsteller, mit dem die Wiener Tradition diverser Hausmannsgerichte gut gepflegt wird, was die Standard-Karte für gewöhnlich nicht enthält. Ich bin mir nicht sicher, aber den erhält man solange der Vorrat reicht ganztägig (das werde ich noch genauer checken).
An Nebentischen beobachte ich regelmäßig das eine oder andere Steak, auch „dry aged“ bis hin zur Mörderportion eines T-Bones (steht hier das „T“ für Tonne?). Wie Menschen das tatsächlich aufessen können bleibt mir ein Rätsel, aber sie stellen das hier unter Beweis.
Ich habe für Steak & Co meine eigenen Vorzugslokale, aber wer solches mag, erhält auch hier eine repräsentative Auswahl. Der Preislevel liegt vergleichbar auf dem Niveau anderer darauf spezialisierter Lokale.
Oh mein Gott, ich könnte fortsetzen mit regionalen Weinen, die ich gar nicht angesprochen habe, für die Bierliga das Andechser, für Naschkatzen mehrere edle Süßspeisen, darunter Omas Malakofftorte, ein Butterziegelbomber ersten Ranges, Riesenportion, aber sooo guat, oder den hausgemachten Nussschnaps, der zu Verdauungszwecken nach so mancher Rindfleischorgie schon obligatorisch fürs Überleben notwendig ist. Man sollte den auf Rezept erhalten.
Ich wäre also noch lange nicht am Ende, muss aber eines anstreben. Aus dem Grund empfehle ich herzukommen und es selbst herauszufinden. Meinen Segen hat der Renner jedenfalls, wie könnte er sonst mein Lieblings-Gasthaus sein? Der Renner ist ein Renner, oder nomen est omen könnte der Lateiner sagen.
Ein paar Takte zum Service
Die Damen und Herrn tragen eine ländlich traditionelle Lederkracherne, und in dem Look verfügen sie auch über den sog. „Fleck“, sprich diese dürfen das Inkasso vornehmen. Hier gilt nach wie vor „Bares ist Wahres“, was ich öfter schon vergessen habe. Zum Glück ist nicht weit weg vom Lokal ein Bankomat. Das übrige Servicepersonal trägt passable Normalkluft und hilft mit an der Abarbeitung allfälliger weiterer Leistungen.
Hin und wieder erlebe ich die eine oder andere mangelnde Aufmerksamkeit und man wird für längere Zeit alleine gelassen. Ist der Weg von der Küche in den Hof doch um einiges weiter als anderswo, oder braucht das gestresste Personal seine wohlverdienten Rauchpauserl‘n für an Tschick?
Ich stehe davon ab etwas zu unterstellen, habe für vieles auch Verständnis, aber das sei meine subjektive Erfahrung. Solches zu sagen tue ich auch ungern, mag ich doch das Lokal wirklich sehr, aber nach vielen Besuchen möchte ich das von meiner Seite nicht ganz verleugnen.
Generell rückläufig ist der von mir immer noch geschätzte Wiener Schmäh für solche bodenständige und heimische Lokale, aber darüber berichte ich mehr bei anderen Wirtshäusern, bei denen der noch auf ihrer Karte steht. 😊
Hier vergebe ich schweren Herzens der Objektivität geschuldet nur eine mittlere Wertung. Ich mache meine Besuche grundsätzlich aber nicht vom Service abhängig, dazu müsste ich schon eine kräftigere Ohrfeige verpasst bekommen oder per Fußtritt hinausbefördert werden, um es bildhaft auszudrücken.
Abschließende Empfehlung
Was ich am Renner seit Anbeginn schätze ist seine Vielseitigkeit. Schönes Ambiente, ein toller Garten und mehrere Küchenrichtungen erlauben auch bei unterschiedlichen Interessenslagen gemeinsame Besuche, bei denen jeder zufriedengestellt werden kann. Auf diese Weise habe ich schon erfolgreich manche Runde hier organisiert.
Ein wenig Kritik am Servicepersonal wurde erwähnt und das kann man m.E. nicht auf die gegenwärtige Personalnot zurückführen. Hat der Renner sonstige Schwächen? Ja, hat er, aber ich werde sie zugunsten seiner überwiegenden Stärken nicht groß herausposaunen. Wer gibt freiwillig liebgewordene Subjektivität auf. 😊
Ich könnte eventuell herummotzen, dass mir der Kaffee zu schwach ausfällt oder der erwähnte Schnitzelpreis zu hoch ist, aber das war’s auch schon. Solches steckt die Rindfleischküche in hoher Qualität samt ihrer puristischen Note mit ihrem erwähnten First-Class Preis/Leistungsverhältnis mühelos weg.
Positiv bewertet haben bislang alle meine Begleiter die ansprechenden Stuben und selbstredend den urigen Innenhof, so wie ich, der in angenehm lauwarmer Abendstimmung sein Flair noch mehr entfaltet, weshalb ich für das Ambiente ein summa cum laude ausspreche.
Die Speisen werte ich, und jetzt schalte ich von subjektiv kurz auf objektiv um, als ein sauberes Sehr Gut und so lege ich euch zum Abschluss meinen Renner wärmstens ans Herz, wenn’s die kultiviert gepflegte Wiener Küche an einem schönen Orte sein soll.
Meine Verehrung und mit den besten Empfehlungen
Der WrKFanWeniger anzeigen
Emerich
(2)
Siemensstraße 63, Wien 1210
In diesem Guide weil: Sehr bodenständig und einfach in allem, kein Schnick-Schnack, aber gerade darum sehr gut. Weitere Tipps erbeten (nur bitte nicht Binder!).
Und was Änderungen anbelangt, so werde ich den Guide durchaus dynamisch gestalten. Es bleibt aber weiter meine subjektive Sicht. Übrigens, wenn der Guide gefällt, dann steht optional auch der "Gefällt mir" Button zu Verfügung. Zuspruch gefällt auch mir. :-)
Danke für den Zuspruch. Herknerin, naja ehrlich gesagt erwarte ich mir auch etwas Wh-Atmosphäre. Ist zwar hier sekundär aber deswegen nicht unerheblich. Ich wäre dann noch eher für den Wolf oder Ubl. Danke für den 23er Tipp. Stasta hatte ich noch nicht auf dem Radar, steht aber bereits auf der ToDo Liste. Sie ist bloß schon lange. :)
Super Guide...kann fast vollinhaltlich zustimmen. Im Vierten ist fast vis a vis von der Wiener Wirtschaft die Herknerin - eine wie ich meine mehr als würdige Alternative. Und im 23ten bin ich geradezu erschüttert, dass Du nicht das altehrwürdige (und erfreulich konstant großartige) Stasta gewählt hast.