am 13. März 2023 · Update 19. Feb 2024
SpeisenAmbienteServiceHöhen und Tiefen einer Bezirkslegende
Die ehemaligen Vorpächter (Fam. Schenk) starteten hier 1968 (so die dazu alte HP) und hatten das Beisl zu einem Unikum mit höchster Urigkeit aufgebaut (so meine Eltern). Mit dem Ableben des Wirts ging diese Ära leider zu Ende und eine große Flaute trat ein...Mehr anzeigenHöhen und Tiefen einer Bezirkslegende
Die ehemaligen Vorpächter (Fam. Schenk) starteten hier 1968 (so die dazu alte HP) und hatten das Beisl zu einem Unikum mit höchster Urigkeit aufgebaut (so meine Eltern). Mit dem Ableben des Wirts ging diese Ära leider zu Ende und eine große Flaute trat ein. 2015 meldete man Insolvenz an. Ich kenne das Maxing Stüberl erst danach ab 2016.
Die Witwe wollte das Erbe ihres Mannes antreten, ein wohl ehrbares Unterfangen, es wurde ihr von mehreren Seiten geholfen, aber sie brachte es nicht mehr in die Höhe. Der Grund liegt vermutlich darin, dass sie selbst nie Gastronomin war. Persönlich denke ich, sie hatte auf die falschen Leute gesetzt und nicht auf die richtigen Ratgeber gehört.
Es kam eine neue Köchin, die versuchte das Regiment an sich zu reißen, aber auch sie kann wohl besser kochen als ein Unternehmen führen. Ihr Kochstil, die Küchenhygiene und weitere gastronomische Schnitzer retteten nicht vor einem schier unausweichlichen Niedergang. Ich sage ausdrücklich, dies sei meine subjektive Beobachtung, die aber nicht nur ich damals teilte.
2020 fasste sich die Fam. Wendt ein Herz und übernahm den maroden Betrieb. Es wäre in der Tat jammerschade, ginge dieses kleine Kulturgut bei Schönbrunn den Bach runter. Auch auf bezirkspolitischer Ebene wollte man das verhindern. Die agile Köchin Vesna konnte bleiben, aber ein frischer Wind mit der neuen Mitarbeiterin July im Team Wendt brachte den Betrieb wieder auf die Beine.
Das Speisenkonzept wurde adaptiert, was gewisse Kämpfe mit Köchin Vesna mit sich gebracht hatte, die gerne ihre persönliche Note beibehalten wollte. Nun, bis auf das Gulasch, worüber ich noch rede, ging das Konzept auf, für mich zum Glück, muss ich dazusagen.
Ich hatte das Lokal für mich schon abgeschrieben als unverhofft angekündigt wurde, dass man sich auf der Schönbrunner Seite um einen Gastgarten bemühe. Damit wird für mich grundsätzlich ein Lokal stets attraktiver. Gesagt getan wurde das in die Tat umgesetzt und so startete ich letzte Saison wieder einen Besuch und wollte das neue Maxing Stüberl Ausgabe 2022 unter der Leitung Wendt kennenlernen.
Ein neues Herz und ein neuer Pulsschlag
Zu zweit nehmen wir in dem frischen Gastgarten Platz und harren der Dinge die da kommen. Er ist etwas schlicht, könnte sicher noch mehr Bepflanzung vertragen, jedenfalls mauerseitig, aber ich sitze gerne im Freien. Ich denke damit ist man noch noch am Ende.
Frau July oder nur July, so jedenfalls erlaubt die Kellnerin (mir) auch die Anrede, bringt uns die Speisekarte und nimmt unsere Getränkewünsche entgegen. Rasch stellt sich heraus, ja dieses quirlige Energiebündel ist nicht auf den Mund gefallen, kennt sich betrieblich fachmännisch aus und man verdankt ihr zu einem großen Teil wohl das Lokal wieder auf Trab gebracht zu haben.
Sie entscheidet über Speiseplan, die Getränkelieferanten, organisiert die Reservierungen mit, empfängt Gäste und weist sie auch ab. Was man noch wissen sollte, dass es aufgrund der sehr kleinen Küche eine limitierte Kapazität gibt, was man an Speisen seriell auf die Tische bekommt. Das alles managed diese recht burschikos auftretende July, Hut ab.
Als Gast stelle ich nun nach mehreren Besuchen fest, dass sie sozusagen das neue Herz des Lokals für mich bildet, eine gastronomische Herztransplantation erfolgte quasi, das nun auch pulsiert. Damit möchte ich die Leistungen der anderen keinesfalls herabwürdigen, aber so nehme ich das subjektiv wahr.
1. Besuch - Das Vesna Gulasch
Nun zur Kulinarik mit dem ersten Einstieg einer Kaspressknödelsuppe, die RS ist sauberer Gasthaus-Standard, nicht gehoben, aber gut, danach ein kleines Gulasch mit Semmelknödel, dazu eines meiner Lieblingsbiere, ein Seidel Starobrno.
Optisch war das Gulasch ohne Fehl und Tadel, auch der Knödel, nur was war mit dem Saft los? Wie kann man hier nur Gewürznelken im Gaumen wahrnehmen? Wo bin i? Geht gar nicht. In der Folge kommt es zu angeregten Diskussionen, bis sich herausstellt, ja das ist das sog. Vesna Gulasch, also nach Rezeptur der Köchin.
July teilt uns mit, dass man vieles abändern konnte nur das nicht, das sei die Tradition aus Vesnas ehemaliger Heimat und Gulasch gehöre so, darüber fährt die Eisenbahn. Und angeblich loben es die Gäste, also kann man sich damit auf den Kopf stellen. Bei der Variante gibt es keinen Kümmel, stattdessen eben Gewürznelken.
Nun gut, das wurde von meinem persönlichen Speiseplan gestrichen. Aber wer’s mag? Ich behaupte nicht, dass es schlecht wäre, nur verstehe ich unter einem Saft fürs Rindsgulasch in Wien etwas anderes.
Interessanterweise stand bei Folgebesuchen auf der Karte zeitweise noch „Vesna‘s Gulasch“, bis sie wieder adaptiert wurde. Auf der Online Karte der neuen HP steht es gegenwärtig immer noch so. Klar, so nimmt man mir damit den Wind aus den Segeln. 😉
2. Besuch – Rindsrouladen und Schweinsbraten
Für den Gastgarten war die Saison vorbei, so platzierten wir uns im Inneren, das aus mehreren kleinen, aber einzigartigen Stübchen besteht. Jahrzehntelanger Patina-Ansatz an Boden und Wänden lassen grüßen, die Tischflächen sind hell, nicht eine einzige gerade, doch gerade das gehört hier dazu. Im Letzten Raum ziert ein Kachelofen das Interieur. An dieser Einrichtung darf kein Mensch je etwas ändern, sonst verliert es sein Flair.
Heute wird die zweite Hürde genommen, Rindsouladen, dank July in neu vorgegebener Machart, also keine Vesna-Tradition. Leider gelang es noch nicht, es könnte sein, dass dazu noch Erfahrung gesammelt werden muss. Tadellos war das Fleisch und die Fülle, wenn auch klein, dafür zwei an Stück, sehr geschmacksintensiv, nur der Saft wurde zur mittleren Fettorgie.
Ich denke man kann am Foto beim Tellerrand die Fettabsonderung wahrnehmen. Unsere July meinte, dass der Saft sauber abgebunden wurde und meine Urgenz verwunderte sie. Es erfolgte so auch ihre Anweisung, nur war das Ergebnis nicht entsprechend. Vielleicht braucht‘s hier noch Nachhilfe.
Zurzeit wurde das damit mein zweiter Streichposten, denn eines bin ich mit Sicherheit nicht in einem Lokal, wo ich auch bezahle, und zwar ein Versuchskaninchen.
Sehr gut war die Wahl meiner Begleitung, ja die hat da irgendwie das bessere G‘spür, das dürfte ein weibliches Gen sein, dass der männlichen Spezies fehlt. Ein gelungener Schweinsbraten, saftig, schön weich, der Saft naturbelassen, das Kraut fachmännisch und auf den Punkt, und der Knödel, nun den kannten wir schon, der funktioniert hier.
Kaffee gab es wie zuletzt noch immer nicht, es sei die Kaffeemaschine noch nicht betriebstauglich, so taten‘s zwei Nuss-Schnäpse, die aber perfekt waren. Ich notierte mir die Marke Horvath fürs Online-Shopping und wurde auch fündig.
Nun wie soll‘s weitergehen? Noch eine Chance oder lass ma’s? An sich sollten alle das Lokal zufrieden verlassen, nicht bloß satt. Die Portionsgrößen sind deftig. Wir entschieden uns für den dritten Besuch, und zwar weil am Nebentisch dreimal ZRB mit höchster Zufriedenheit verzehrt wurden. Ein sagenhafter Duft strömte verführerisch entgegen.
3. Besuch – Zwiebelrostbraten und Specklinsen
Ich meldete mich für den ZRB an, wiewohl ich mit meiner Begleitung auch regelmäßig tausche, daher nehmen wir sehr oft unterschiedliche Speisen, bis wir uns auf was einschießen aufgrund längerer Besuchserfahrung.
Die Lunte, die letztes Mal gelegt wurde, sollte nicht enttäuschen. Das war eine tadellose Performance. Fleisch gut durch, der Saft diesmal wirklich sauber abgebunden, kräftig intensiv, die Röstzwiebel passabel knusprig, auch die Braterdpäfel waren stimmig, Herz jetzt bist du mal zufrieden, stellst das Meckern ein und genießt dieses Leben!
Meine Begleitung hatte ebenso klasse Specklinsen und Semmelknödel, die auch richtig traditionell und guat waren, man kann sie mit oder ohne eine extra Scheibe G’selcht‘s haben. Hier war das Fett auch richtig in den Speisen verteilt und damit auch ein Genuss.
Begleitet hatte uns Julys Weinempfehlung, ein Flascherl Cabernet Sauvignon vom Triebaumer, ein Burgenlandler, tadellos an Kraft und Körper, der zum RZB das Wohlleben noch mehr förderte. Die Weine werden auch laufend neu erprobt, man will sich nicht fix festlegen. Das verstehe ich auch. Lediglich der Big John vom Scheiblhofer stand bislang immer auf der Karte.
4. Besuch – Backhenderl, Kalbsrahmgulasch und Kaiserschmarren
Damit hätten wir die Karte durchgefuttert, ehe ich mal ausnahmsweise auf die Schnitzelschiene abbiege. Beide HS überzeugten mit hausmännischer Machart, wie es auch verwöhnten Wienern taugt. Bedingt durch die Üppigkeit gebackener Gerichte schaffte ich vom Henderl nur die Hälfte und ließ den Rest einpacken.
Ein besonderes Lob erhielt der Erdäpfelsalat, das ich an die Küche weitergegeben hatte. Perfekt im Biss, schön in Scheiben die Erdäpfel, die Marinade göttlich schlotzig, zwar recht sanft in der RS- und Senfnote, die Süßigkeit da, aber nicht übertrieben, ein glatte 5 dieses Mal. Man will hoffen, dass es so bleibt.
Als nette Geste packte mir Kellnerin July eine komplette Extraposition frisch von der Küche mit ein, weil sie sich über das Lob auch sichtlich gefreut hatte.
Endlich gab es auch Kaffee wozu die Nusserl noch besser passten. Wir hatten Suppen dieses Mal weggelassen, um uns noch einer Legende zu widmen, dem Kaiserschmarren. Das stand einfach am Plan.
Ich bin froh, dass sich auch hier ein Erfolg einstellen durfte. Es gibt an sich eh nur zwei NS zur Auswahl, so ist es nicht verwunderlich, dass wir ihn auf gleich zwei Nebentischen ebenfalls beobachten konnten. Es erklärt auch., dass man nur 10 Minuten warten musste, so wurde vorgearbeitet, weil man weiß, der geht weg.
Ich finde ihn ausreichend gut, traditionell, sehr süß, zuvor wurde gefragt mit oder ohne Rosinen, sehr professionell, und der Zwetschkenröster ohne Fehl und Tadel.
Einziges Manko, eine Portion war uns sogar zu zweit zu viel, aber er reiht sich bei mir damit in das Memory für gute Erinnerung ein. In Wien gibt es ja nicht allzu viele Adressen für den wirklich guten KS.
Abschließende Worte der Auferbauung
Nach diesen vier Besuchen sehe ich großes Potential für die Zukunft. Ich denke, ich kann die Stärken und Schwächen abschätzen und mich darauf einstellen.
Mit July im Service fühlt sich meine Wenigkeit gut aufgehoben, ihr selbstbewusstes wie schlagfertiges Auftreten tut das ihre dazu. Sie hat nämlich auch die tolle Eigenschaft von etwas abzuraten, wenn sie sich sicher ist, dass das nix ist.
Hin und wieder kommt der Chef selbst und unterstützt den Service, aber an sich schmeißt den Laden seine Top-Mitarbeiterin, sodass er sich der Geschäftsführung widmen kann. Ich hoffe sie steht das durch, denn an Stress mangelt es bei guter Besuchsfrequenz nicht und es kam beim letzten Besuch auch zu einer längeren Wartezeit bei unseren HS.
Für die kommende Sommersaison wird die Karte wieder adaptiert und es werden die HS etwas reduziert und leichtere Gerichte mit ins Programm genommen. Aufgrund des Gastgartens und der zurückgekehrten Beliebtheit ist ein größeres Gästeaufkommen zu erwarten, zu dem ich mich gern hinzugesellen werde. Es wird dies für den Betrieb sicher auch eine neue Herausforderung.
Man darf sich hier nicht zu viel erwarten, aber eine bodenständige Küche und das zu sehr moderaten Preisen. Die HP enthält die Karte Online. Subjektiv meine summarische Wertung: 4-4-4 (Anm: Aufwertung der Speisen von 3 auf 4 nach weiteren erfolgreichen Besuchen)
Man kann sagen durch das Engagement der Fam. Wendt hat man hier erfolgreich die Kurve gekratzt, denn letzten Endes muss auch einer mit seinem finanziellen Klingelbeutel dafür einstehen. Daran führt nichts vorbei. Ich wünsche allen weiters viel Erfolg und mir noch bessere Wiener Küche. 😊
Ein potentiell neuer Fan für den schönen 13. lässt grüßen.
Hilfreich5Gefällt mir4Kommentieren
Anmerkung: Nach weiteren erfolgreichen Besuchen erfolgt von mir eine Aufwertung in der Speisennote von (anfänglich) 3 auf nunmehr 4 und Aufnahme in meinen Guide für "Wiener Küche - Empfehlungen je Bezirk".