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30. Jänner 2017
SpeisenAmbienteService
Manchmal trifft sie einen aus heiterem Himmel ... die Lust auf ein ordentliches Schnitzel - die wienerische Fleischflade im fettingen Semmelbröselmantel. Bisher habe ich mich hier ja nur über die h... MehrManchmal trifft sie einen aus heiterem Himmel ... die Lust auf ein ordentliches Schnitzel - die wienerische Fleischflade im fettingen Semmelbröselmantel. Bisher habe ich mich hier ja nur über die hohe Kunst des Steak-Konsums ausgelassen - dagegen ist ein Schnitzel wahrlich eine Banalität. Und über ein sonntägliches Spontan-Schnitzexperiment eine ernstgemeinte Restaurantkritik zu schreiben, erscheint geradezu paradox. Aber sei's drum - was kann schon schiefgehen!
Die Schnitzellust überkam uns also, und wie so oft standen wir der Frage gegenüber, wo man denn jetzt in Wien wirklich ein gutes Schnitzel bekommt. Es ist in unserer Hauptstadt ja leider nicht wie in Italien, wo man, zumindest südlich von Venedig, selbst in der grindigsten Garagenbumse eine ordentliche Pizza bekommt. Die Chance ist bedeutend höher, dass man hier am Ende einen Pappendeckel a la Schnitzelhaus auf seinem Teller vorfindet.
Leicht ist es nicht ... für ein gutes Schnitzel muss man als Bewohner Transdanubiens in verkehrstechnich eher mühsam zu erreichende Bezirke vordringen. Also kann man auch gleich bis in die Innenstadt reisen - und da bietet sich natürlich ein Besuch beim Figlmüller in der Wollzeile an. Besonders, wenn man, wie wir, dort noch nie gewesen ist.
Weil es spontan war, rufen wir an und fragen, ob noch ein Tisch zu haben wäre - nur um recht unfreundlich abgewimmelt zu werden, dass man keine Reservierungen für den selben Tag annehme. Man kann aber vorbeikommen, wenn was frei ist, schön - wenn nicht, hat man Pech gehabt. Friss oder stirb, quasi. Ich will nicht unfair sein: das Figlmüller ist nicht nur eine Institution, es ist vor allem auch eine touristische Institution - und hat damit ziemlich heftige Besucherfrequenzen zu bewältigen. Ich verstehe, dass man da nicht auch noch kurzfristige Reservierungen bearbeiten möchte - die Bude wird auch so voll. Aber man kann das freundlicher kommunizieren.
Gerade erst vor ein paar Tagen waren wir wieder im von mir hier schon mehrfach gelobten DStrikt und haben uns noch kurzfristiger angesagt - freundlich und zuvorkommen wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt und nach ein paar Minuten hatten wir den Tisch. Ich denke kurz darüber nach, dass wir zwar im DStrikt das doppelte gezahlt haben wie beim Figlmüller - aber wie viel es wert ist, sich schon beim Anruf im Restaurant wertgeschätzt und willkommen zu fühlen. Man fährt schon mit einer ganz anderen Einstellung hin. Aber ich schweife wieder einmal ab.
Also angekommen im Schnitzelhaus, pardon, beim Figlmüller - eine überraschend kleine, enge Angelegenheit. Wir wollen brav beim Eingang auf einen Kellner zwecks Platzanfrage warten und fühlen uns so sehr im Weg, wie man nur im Weg stehen kann. Wir werden förmlich aber freundlich genug begrüßt, bekommen auch schnell einen Platz auf einem großen Tisch, wo man später noch jemanden dazusetzen möchte. Kein Problem für uns. So lernen wir später dann auch noch eine nette, deutsche Familie auf Kurzbesuch in Wien kennen.
Das Figlmüller erfüllt vom Ambiente her jedes Klischee - aber durchaus noch im positiven Sinne. Die Kellner allesamt ältere Herren im schwarzen Frack, die Gaststube urig mit hölzernen Sitzecken und zumindest der hintere Teil befindet sich in einem schönen Gewölbe. Dessen Wände zieren Zeitungsartikel aus dem gefühlten gesamten letzten Jahrtausend, inklusive dem Gesicht eines für meine Erinnerung jungen Rudi Carell. Man ist versucht, zum Ambiente "urig" zu sagen - rustikal trifft es vielleicht besser. Die klassische Wiener Gaststube war nie so mein Ding, ich fühle mich dort normal eher unwohl - hier finde ich das alles aber zurückhaltend genug, um sowohl authentisch als auch angenehm zu sein. Für Menschen mit Platzangst ist es vielleicht trotzdem der falsche Ort zum Schnitzelessen.
Auch sonst ist mein erster Eindruck positiv: Bier bekommt man hier keines, dafür Weine und köstlichen Traubensaft aus eigenem Anbau. Eine Institution braucht Prinzipien.
Für das Schnitzel sind wir gekommen, und so bestellen wir 2x das Figlmüller Schnitzel, einmal mit Petersilerdäpfel, einmal mit Reis. Dazu noch einen gemischten Salat und Preiselbeeren.
Mein Pizzavergleich von vorhin war nicht ganz zufällig: das Schnitzel kommt in der Tat rund, platt und riesig daher wie eine Pizza. Eine weitere Regel des Figlmüller ist, dass das Schnitzel größer sein muss, als das Teller - und so schneide ich aus meinem Semmelbröselschweinderl ein schönes Pizzadreieck heraus, um einen Ansatzpunkt zum Schneiden zu schaffen.
Schnell ist mir klar, dass sich am Figlmüller-Schnitzel die Geister scheiden: die Fraktion, die dicke Schnitzerl mag und sie für die einzig wahren hält, wird hier nicht glücklich werden. Der Figlmüller klopft tüchtig und lang. Ich mag das. Vor allem, wenn die Panier einen schönen, runden Geschmack hat. Die Gefahr bei einem dünnen Schnitzel ist, dass eine zu intensiv schmeckende Panier kaum noch was vom Fleischgeschmack übrig lässt - doch hier hat man eine wie ich finde gute Balance gefunden. Bröselig, knusprig, nussig und gar nicht fettig schmeckt sie, ohne zu übertreiben.
Das Fleisch ist ebenfalls hervorragend, nur am Rand gab es ein, zwei fettige Stellen, ansonsten ein wunderbar fleischiges Schweinderl.
Gleichzeitig bedeutet das aber, dass ich auch hier nicht den heiligen Schnitzelgral gefunden habe: überragend ist was anderes. Es ist "nur" ein richtig gutes Schnitzel. Einziger wirklicher Kritikpunkt: zumindest meines ist stellenweise etwas auf der trockenen Seite gelandet.
Bei den Beilagen kann ich die Petersilerdäpfel empfehlen - sehr solide. Der Reis ist eher bescheiden. Dafür war der gemischte Salat wiederum sehr gut.
Besonders angetan war ich vom Traubensaft: intensiver Geschmack, herrlich dickflüssig, angenehm süß. Ebenfalls empfehlenswert: die großzügige Portion Preiselbeeren, deren Beerengeschmack und Süße genau richtig ist, um den Schnitzelgeschmack zu ergänzen, aber nicht zu überdecken.
So bleibt also zu sagen, dass die Figlmüller-Frisbee-Schnitzel sicher keine Offenbarung sind, man aber auch wenig falsch machen kann, wenn man auf der Suche nach einem guten Schnitzel ist. Mein "Sehr gut" für die Speisen ist als großzügig zu verstehen, wer sein Schnitzel nicht so gerne plattgeklopft hat, möge das besser als "Gut" lesen.
Ob ich wieder komme? Wenn es mal passt mit Besuch oder Familie, die auf ein Schnitzel aus sind. Wir alleine aber eher nicht, da gibt es ja noch einige andere Schnitzelbuden auszuprobieren.
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22. Juli 2016
SpeisenAmbienteService
Nachdem ich das DStrikt in meiner - nicht so begeisterten - Kritik zum "Door No 8" quasi als positives Gegenbeispiel gleich mehrmals erwähnt habe, sollte ich natürlich auch das DStrikt hier ausführ... MehrNachdem ich das DStrikt in meiner - nicht so begeisterten - Kritik zum "Door No 8" quasi als positives Gegenbeispiel gleich mehrmals erwähnt habe, sollte ich natürlich auch das DStrikt hier ausführlich besprechen. Dass diese sehr positiv ausfallen wird, ist somit schon klar - mit freundlicher Entschuldigung für den Spoiler.
Mein erster Besuch Anfang 2016 war wohl in meinen 3 1/2 Dekaden auf diesem Planeten mein absolut uneingeschränktes, kulinarisches Highlight. Dieses in jeder Hinsicht perfekte Erlebnis hat mich dazu bewogen, es innerhalb eines halben Jahres auf geschlagene 4 Besuche im DStrikt zu bringen. Ein finanzielles Desaster, selbstredend - aber wohl getrieben von der schieren Begeisterung über meinen ersten Besuch einerseits - und purer Panik andererseits, denn meist reicht schon der Wechsel des Kochs oder Restaurantleiters, um einen solcher Stern am kulinarischen Himmel Wiens nur allzu schnell wieder verglühen zu lassen.
So ist dieses Bewertung also bezogen auf insgesamt vier sehr unterschiedliche Besuche im ersten Halbjahr 2016. Dazu gleich ein weiterer Spoiler: das Niveau des ersten Besuchs wurde nicht wieder erreicht, und es gab durchaus auch das eine oder andere Hoppala.
Beginnen wir wieder beim Wichtigsten: Das Essen. Von den Vorspeisen über die Steaks bis hin zum Dessert, könnte man es im Grunde schlicht als überragend zusammenfassen - ich möchte es trotzdem wieder ein wenig mit den Details dazu übertreiben. Bereits bei den Aperitifs weiß das DStrikt zu überraschen - für uns geht nichts über einen guten Manhattan zum Start des Abends - das DStrikt hat hier sogar eine Eigenkreation, den "Steakhouse Manhattan" anzubieten, der anstelle des klassischen Angostura Bitter mit hausgemachtem Kirschbitter zubereitet wird. Geschmacklich top, sehr smooth. Eine zweite Runde ist obligatorisch, auch wenn bereits einer davon den Magen in Alarmstimmung versetzt.
Wunderbar das als eine Art Gruß aus der Küche servierte, warme Zwiebel-/Käsebrot mit frischen Radieschen und Fleur de Sel. Bei den Vorspeisen kann man wenig falsch machen: das Beef Tartar ist großartig, eine Seltenheit hierzulande. Leider wurde es in unserem Fall nicht direkt auf dem Tisch nach Wunsch zubereitet wie wir es schon bei anderen Gästen gesehen haben - schade! Ebenfalls toll: die Schinkenvariation von Thum und Babenberger mit Walnusspesto, Kren und Joseph-Brot (mit dem leider etwas zu sparsam umgegangen wird, dafür ist der Schinken für eine Vorspeise fast zu viel).
Die Hauptspeisen stehen all dem in nichts nach: ob Rostbraten, Filet oder Flanksteak - das Dry-Aged-Fleisch von heimischen Bauernhöfen ist von Spitzenqualität (auch das Filet ist hier im übrigen Dry Aged). Persönlich halte ich auch wenig davon, a la Door Number 8 Fleisch aus 10.000 Kilometer Entfernung einzufliegen, auch wenn es natürlich seinen kulinarischen Reiz hat, Fleisch von edlen Rassen zu probieren. Aber auch unsere Bauern wissen, wie Kuh geht - das Dstrikt ist ein tolles Beispiel dafür. Zubereitet wird es im Josper-Grill - hier mag mancher eine andere Methode bevorzugen, ich finde dass hier die goldene Mitte zwischen intensivem Grill-Aroma und zarter Garung getroffen wird. Begleitet werden die Steaks von einer Auswahl an wirklich überzeugenden Beilagen - die Pommes mit Parmesan und Trüffelöl sind für mich das Highlight, aber selbst langweilig klingende Beilagen wie der cremige Spinat sind einfach sensationell und sollten unbedingt probiert werden. Eine tolle Beilage zum Steak sind auch die Pimientos Padrón, zu denen man unbedingt wieder das Felur de Sel ordern sollte, sofern man normales Meersalz bekommt - das hat bei uns je nach Besuch und Kellner gewechselt. Im DStrikt findet sicher jeder eine Beilage nach seinem Geschmack. Die Saucen - ebenfalls toll. Besonders hervorzuheben ist die Rotwein-Schalotten-Sauce. Ein klassischer Allrounder für jedermann ist hingegen die DSTRIKT-Fleischsauce - da kann man nichts falsch machen. Viel gelobt von meinen Begleitern wurde auch die Pfeffersauce - ich selbst mag Pfeffersaucen aber nicht besonders gern, glaube aber an die Urteilskraft meiner Pfeffersaucen-erfahrenen Begleitung.
Was bleibt, sind die Nachspeisen: wer noch kann, sollte den Cheescake nicht verpassen. Vielleicht der beste Cheescake in ganz Europa. Wer nicht mehr kann, sollte sich unbedingt einen mitnehmen, auch wenn er frisch nochmal deutlich besser (weil innen viel cremiger und außen viel knuspriger) schmeckt. Aber auch die anderen Nachspeisen sind nicht zu verachten, wie zB der Schoko-Kuchem mit flüssigem Kern oder auch die sehr feine Crème brûlée.
Wir können durchaus sagen: alles, was wir im DStrikt vorgesetzt bekamen, war hochklassig. Bei einem Besuch waren die Steaks allerdings etwas mehr durch als geordert, was ihnen zwar geschmacklich wenig anhaben konnte, aber doch einiges an der gewohnten Zartheit gekostet hat (beim Filet besonders wichtig). Natürlich - wenn wir bedenken, was wir bei unseren vier Besuchen alles schon konsumiert haben, ist das eine beachtlich kleine Fehlerrate, die ich ob des sonst erlebten Perfektionismus nicht für eine Abwertung des DStrikt heranziehen möchte.
So viel zum Thema Essen - wichtig zu erwähnen ist mir allerdings noch das einfach sensationelle Service-Team des DStrikt. In Österreich ist es für mich weiterhin eine Rarität, wenn das Personal offensichtlich eine gute, gastronomische Ausbildung hatte und auch noch perfekt geführt und eingewiesen ist - selbst in besseren Häusern. Sind die Kellner wenigstens nett und freundlich, hat man schon großes Glück bei der Restaurant-Wahl gehabt. Von wirklicher Professionalität hingegen ist kaum wo eine Spur. Nicht so das DStrikt: das Personal ist nicht nur motiviert und freundlich, es versteht auch sein Handwerk. Es wird erkannt, wenn an einem Tisch etwas benötigt wird. Hier muss in den seltensten Fällen ein Kellner gerufen werden. Ein Weinglas bleibt nicht lange leer. Bei Unschlüssigkeit wird einem das zur Verfügung stehende Fleisch präsentiert oder eine Weinverkostung angeboten. Das Personal weiß alles über die Speisen und Zutaten und schauen nicht verdutzt, wenn man Fragen hat. Sie erkennen sogar im Vorbeigehen, wenn es Unklarheiten gibt und helfen fachlich und freundlich aus. Auch wenn es keine dedizierten Weinkellner gibt - jeder vom Personal ist auch ein Kenner auf diesem Gebiet. Selbst der Gang auf die Toilette entgeht dem Personal nicht - am Weg hin wird einem unaufgefordert der Weg gezeigt, bei der Rückkehr wird man erneut mit einem "Willkommen zurück" begrüßt. Das mag nun fast schon übertrieben und zu sehr eingeschult klingen, passt aber perfekt und glaubhaft in die Arbeitseinstellung des Teams. Bei der Serviette wird auf die Farbe der Kleidung geachtet, Damen erhalten eine Kiste zum Abstellen ihrer Handtasche, Präsentation und Verkostung der Weine wird mitunter - wenn Zeit/Platz ist - durchaus zelebriert. Stichwort Wein: auch hier ist das DStrikt ausgezeichnet bestückt. Eine besondere Überraschung war ein (auc noch recht günstiger) Merlot aus Bulgarien (!), den ich bei zwei Blindverkostungen tatsächlich auch zielgenau zweimal gewählt habe.
Noch einmal zurück zum Service: bei einem unserer vier Besuche hat es dann leider nicht so gut geklappt. Vielleicht lag es am nicht anwesenden Restaurantleiter, aber es ging chaotischer zu als sonst, es gab einige ungut lange Wartezeiten und unser Kellner hat schon einige Male den richtigen Moment verpasst - somit war Nachfragen bzw. Rufen nach dem Kellner nötig. Dafür war kulinarisch an diesem Abend alles wieder perfekt. Hier ist das DStrikt auch Opfer seines eigenen Anspruchs: ist man das Top-Niveau gewohnt, fallen selbst Kleinigkeiten umso schneller auf, wenn es dann einmal nicht so gut funktioniert.
Deshalb möchte ich auch hier ob des einmaligen "Teilversagens" nicht gleich die Abwertungs-Keule schwingen. Ich verspreche aber, bei weiteren Besuchen, die sicher folgen werden, wieder ein wachsames Auge zu haben. Alleine schon aus Angst, das DStrikt könnte mir abhanden kommen - jetzt, wo ich endlich ein Lokal in Wien gefunden habe, das ich wirklich in jeder Hinsicht mag.
Perfekt ist das DStrikt also nicht - aber sicher näher dran, als jedes andere Restaurant, das ich in Österreich besucht habe.
Eine uneingeschränkte Empfehlung in jeder Hinsicht. Auch preislich finde ich das DStrikt absolut in Ordnung: natürlich schlägt vor allem das Fleisch ordentlich zu Buche, es ist aber angesichts der Qualität absolut im normalen Rahmen. Abseits der Steaks hat das DStrikt auch absolut moderate Preise: Beilagen für 3,50 und Saucen für 1,50 sind in der Qualität ohne frage günstig bepreist. Auch 9,50 für einen Aperitif zahlt man in bedeutend schlechteren Häusern schnell einmal.
Gepaart mit dem wirklich tollen Service ist das DStrikt den Preis in jedem Fall mehr als nur wert.
Auch wenn es nicht bei jedem Besuch perfekt war: ich bin in jeder Hinsicht begeistert vom DStrikt, und der nächste Besuch - und somit der nächste Angriff auf meine Bonität - ist sicher nicht fern.
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6. Mai 2016
SpeisenAmbienteService
Lob von allen Seiten hat uns in das Door No 8 gebracht. Und die Neugier, das in der internationalen Küche nicht weniger als Heilsbringer gelobe Sous Vide-Verfahren auszuprobieren. Die Vorstellung, ... MehrLob von allen Seiten hat uns in das Door No 8 gebracht. Und die Neugier, das in der internationalen Küche nicht weniger als Heilsbringer gelobe Sous Vide-Verfahren auszuprobieren. Die Vorstellung, dass mein Steak viele Stunden sozusagen im Billasackerl vor sich hin gart anstatt anständig von der Flamme geküsst zu werden, ist zugegeben äußerst ... gewöhnungsbedürftig. Ich versuche aber, meine Vorurteile im Zaum zu halten und die Neugier die Überhand gewinnen zu lassen.
Also rein in den Hinterhof - und hinunter in das Door No 8. Der Empfang ist freundlich, das Ambiente wirkt sofort einladend - nur der etwas chaotisch und unkoordiniert wirkende Empfang sorgt für erste Kratzer im Lack.
Am Platz bestellen wir Manhattans als Aperitif - die waren vorzüglich und machten wie erwartet so richtig Appetit. Zur Überbrückung wurde dann zum Glück auch bald Baguette mit Basilikumpesto gereicht ... es war leider der erste Tiefschlag. Während das Pesto noch in Ordnung war - das Baguette erinnerte bestenfalls an Aufbackware aus der Diskonter-Tiefkühlabteilung, das man dann auch noch kalt verzehrt.
Ich gebe zu: das Door No 8 hat es schwer, da mein letzter Besuch dem Dstrikt Steakhouse galt, das wie immer in jeder Hinsicht überzeugen konnte - und auf das wunderbare, warme Zwiebelbrot, das man dort gereicht bekommt, mag bald etwas im Vergleich alt aussehen - aber nein, so sehr ich mir auch einrede, vielleicht nur selbst an zu hohen Erwartungen zu scheitern - das Baguette schmeckt mit jedem Bissen mehr nach Aufbackware.
Das war der erste Fehlschlag, der in einem Restaurant, das auf diesem Level spielen möchte, einfach nicht passieren darf. Leider zeichnete sich sehr schnell der nächste ab: das Service. Wir fanden es für das (Preis-)Niveau schon etwas seltsam, dass 2 Minuten nach unserer Aperetif-Bestellung ein anderer Kellner die gleiche Bestellung aufnehmen wollte - ja, das kommt schon mal auch in besseren Häusern vor. Aber es ist kein gutes Zeichen. Dass bis zur Essensbestellung keine weiteren Getränkebestellungen aufgenommen wurden, wenn bei uns nur zwei Manhattans am Tisch stehen, hat die Skepsis weiter erhöht. Zumindest eine Nachfrage, ob wir ein Wasser möchten, hätte ich erwartet. Aber gut, selbst ist der Mann: wir rufen, wir bestellen - und bekommen nichts. Nach 10 Minuten rufen wir einen anderen Kellner und haben nach sicher weit über 30 Minuten erstmals ein Wasser am Tisch stehen.
Es sollte so weitergehen - aber der Reihe nach: zur Vorspeise gab es ein Beef Tatar - halten wir uns nicht lange mit dieser weiteren Enttäuschung auf: es war bestenfalls Durchschnitt, man kann bei einem Besuch im Door No 8 getrost die Finger davon lassen, ohne etwas zu versäumen.
Daher schnell weiter zum Hauptgang - dafür sind wir schließlich hier: für im Wasserbad und in Plastik eingeschweißt gegarte Filet-Steaks von der glücklichen Neuseeland-Kuh, die dann noch kurz auf den 1.000-Grad-Grill dürfen, um auch nach Steaks auszusehen.
Um die Spannung hochzuhalten zögern wir den Höhepunkt des Abends aber noch ein wenig mit einem weiteren Ausflug zur Servicewüste des Door No 8 hinaus: da hier so gar nichts wirklich von sich aus funktioniert, werden wir nervös, ob wir den Wein noch rechtzeitig zum Steak serviert bekommen werden - entgegen des uns geäußerten Wunsches hat noch niemand eine Weinkarte vorbeigebracht. Auf Nachfrage funktioniert es dann wieder - nur um dann für 15 Minuten wieder keinen Kellner zu sehen, der unsere Bestellung aufnehmen würde.
Es kommt, wie es kommen muss: die Steaks werden serviert, und wir haben noch nichtmal einen Wein bestellt. Kaum noch erinnern können wir uns an den Zeitpunkt, als wir noch überlegt hatten, ob man uns eine Verkostung von 2 oder 3 Weinen ermöglicht - es ist lange her und wir haben längst andere Probleme. Überhaupt einen Wein zu bekommen, nämlich. Egal welchen. Ich muss also dem servierenden Kellner im Weggehen nachrufen, er möge doch bitte unsere Weinbestellung aufnehmen und möglichst sofort ausführen - immerhin das hat dann innerhalb von 2 Minuten funktioniert. Ein schöner und entspannter Start in den Hauptgang sieht anders aus.
Also - der Hauptgang. Sie sind da, die Sous Vide-Steaks. Aussehen tun sie vorzüglich. Medium wurden sie bestellt, sie sind allerdings etwas mehr auf der medium-rare-Seite gelandet. Ist ok, aber war einer der Vorteile von Sous Vide nicht, die Garstufe punktgenau treffen zu können? Immerhin: außergewöhnlich zwart ist es tatsächlich, das Fleisch. Und schmecken tut es auch durchaus gut. Aber ich kann mir nicht helfen: dass die Steaks noch auf einen 1.000-Grad-Grill kommen, mag dafür sorgen, dass im Wasserbad gegartes Fleisch zumindest nach Grillen *aussieht*, es mag auch dem geneigten Tim-Taylor-Fan beeindrucken, wenn mit solchen Zahlen um sich geworfen wird - aber Grillaroma kann ich in den Steaks kaum eines finden.
Die 1.000 Grad sind ein Alibi. Und für so manchen wohl ein optisches wie gedankliches Placebo. Bei mir wirkt es nicht - ich finde die Steaks war sehr zart und auch sehr gut, allerdings auch auf ihre eigene Art. Meiner Vorstellung eines perfekten Steaks entspricht es nicht. Trotzdem ist es insgesamt einer der wenigen positiven Aspekte des Abends.
Was bleibt zu berichten? Sowohl die Auswahl als auch die Qualität der Beilagen ist durchwachsen, wobei ich nur die Qualität in die Bewertung einfließen lasse. Blattspinat mit Blauschimmelkäse ist für mich die selstamste Idee einer Steak-Beilage seit langem, auch ansonsten werde ich mit der Auswahl kaum warm. Was bleibt, sind die Pommes mit Trüffelöl (sehr gut, aber der Parmesan wie im Dstrikt fehlt definitiv), das Parmesan-Risotto (eine Fadesse, geschmacklich näher an einem Milchreis) und der Ofenkartoffel - über dieses Ding erspare ich mir jeden Kommentar.
Die Saucen-Auswahl ist ähnlich uninspiriert wie die Beilagen ... neben der Pfeffersauce bleibt bestenfalls noch eine Sauce béarnaise für meinen Geschmack - die ist allerdings richtig gut.
Eine Nachspeise muss es für den Gesamteindruck auch noch sein. Die Koordination Kaffee und Nachspeise funktioniert erwartungsgemäß wie in 95 % aller anderen Restaurants in Österreich nicht (darf ich nochmal als lobende Ausnahme das Dstrikt erwähnen, da wird sogar danach gefragt). Es liegen locker 5 Minuten dazwischen. Immerhin ist der Espresso gut.
Die Nachspeisen hingegen ... die Crème brûlée ist ok, allerdings mit einem etwas zu intensiven Ei-Geschmack. Eine Katastrophe dagegen der Cheescake: ja, sicher, es mag an der Vorlage vom großartigen Cheescake im Dstrikt liegen, aber ich behaupte: selbst der Cheescake beim McDonalds spielt eine Klasse höher. Es ist überhaupt eine selstame Kreation von einem Cheescake: nicht im geringsten cremig, weder Boden noch Rand knusprig, es ist eher eine selstame, runde Topfenschnitte ohne Blätterteig.
Bei den Speisen schrammt das Door No 8 für mich nur deshalb an einer mäßigen Bewertung vorbei, weil immerhin die Steaks, der eigentliche Grund des Besuchs, durchaus gut waren. Ansonsten gibt es vom Door No 8 kulinarisch wenig positives zu berichten.
Eine echte Enttäuschung war das Service - alle waren freundlich und zuvorkommend, aber von Professionalität war keine Spur. Unkoordiniert, unaufmerksam und wohl auch ungeschult. Dass man sich beim Ausgang die Jacken auch noch selbst aus 50 anderen raussuchen darf, ist dann nur noch die Krönung eines wirklich nicht professionell aufgezogenen Gastronomiebetriebs. So jung ist das Door No 8 jetzt auch nicht mehr, dass man das alles noch unter Startschwierigkeiten verbuchen könnte.
Damit verbleibt für mich das Fazit, dass das Door No 8 als Alltags-Restaurant durchgehen würde, aber auf dem Niveau, auf dem es spielen möchte, nichts verloren hat. Für eine zweite Chance sehe ich bei der Anzahl an Fehlschlägen eigentlich keinen Grund.
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Vor einigen Jahren waren wir auf Sardinien mit dem Leihwagen unterwegs. Dann eine größere Waldlichtung: Lauter frei laufende Schweine samt ihren Ferkeln! Wir sofort aus dem Wagen, fotografieren - sieht man ja nicht alle Tage. Die Horde bestand aus ca. 30 - 35 Tieren. Wow, aber so schnell waren wir sicher nie wieder in einem Auto drinnen. Die Muttersäue gingen in Kampfstellung! Aber echt! Das war das erste und bisher auch letzte Mal, dass wir Schweine in freier Wildbahn erleben durften.
Danke, Bertl.
@adn1966: Seltene Rassen (Mangalitza) sind wohl ein guter Tipp. Wer die züchtet, wird sie meist auch artgerecht halten. Pata Negra Schinken stammt von einer besonderen Rasse aus halbwilder Haltung, allerdings wird er "mit Gold aufgewogen". Wie es bei anderen Klassikern bezüglich Tierhaltung aussieht (Serrano, Parma, San Daniele...) ist mir leider nicht bekannt.