Il Sestante – Der Sextant in der Josefstadt
Wie man auf den Namen „der Sextant“ kommt, was Il Sestante auf Deutsch heißt, diese Geheimnis konnte ich noch nicht lüften, insofern brauche ich noch Nachhilfe im Sinne von „ReTe bildet“ wie es unser ChristianD3 gerne kolportiert.
Aber dass es ...Mehr anzeigenIl Sestante – Der Sextant in der Josefstadt
Wie man auf den Namen „der Sextant“ kommt, was Il Sestante auf Deutsch heißt, diese Geheimnis konnte ich noch nicht lüften, insofern brauche ich noch Nachhilfe im Sinne von „ReTe bildet“ wie es unser ChristianD3 gerne kolportiert.
Aber dass es sich um eine recht vielversprechende Pizzeria handeln dürfte, die auch für italienische Authentizität stehen soll, dieses Wissen verdanke ich unserem werten Besserwisser, der das offenkundig in der Tat besser weiß und für sich schon getestet hatte.
Ihm danke ich recht herzlich, denn aufgrund seines Guides ist sie mir wieder in Erinnerung gekommen. Also ist da ja doch was dran: Net nur Frau Dr. Gugl bildet, auch ReTe bildet. Ma glaubt‘s net. 😉
Vor Jahren versuchte ich schon ein, zwei Mal mein Glück, nur fand sich auf dem großen Platz vor der Piaristenkirche, der als Gastgarten dient, kein Platz, es war trotz beträchtlicher Anzahl an Tischen immer ausreserviert. Für Glücksritter war mal wieder nicht Saison.
Darum ließ ich mir für meine Besuche heuer einen Platz reservieren. Und nun in der Herbstzeit lernte ich so auch das Lokal im Inneren kennen. Anhand zweier Besuche habe ich mir ein kleinen Einblick verschafft und dabei meine italienischen Lieblinge ausprobiert.
Mich interessierte im Besonderen die Frage, ob sich danach auch meine persönliche Liste bevorzugter Italiener ändern könnte. Na, schau mer moi.
Besuch vom 11.11.2022 – Spaghetti time
Die telefonische Reservierung für 13:00 Uhr funktionierte klaglos, es war jedoch genug Platz, so hat man mir freie Platzwahl gewährt. Ich wählte einen Tisch im vorderen Teil um einen gewissen Blick über die Theke werfen zu können und Fensterplatz, weil ich auch brauchbare Fotos schießen wollte. Na, und außerdem zähle ich mich zu den Kindern des Lichts. 😉
Das Lokal sollte sich noch füllen. Einige Zeit später belegte eine gesamte Schulklasse den hinteren Teil, ich fürchtete schon um meine Seelenruhe, welche aber in sanfter Ruhe verweilen konnte. Es waren ganz vorzüglich brave Kids, so ca. 11-12 Jährige, also noch keine Teenies, dafür aber sehr gesittet. Kompliment!
Mein Kellner entpuppte sich als echter Neapolitaner, weil ich bzgl. der Pizzen (oder Pizze?) nachgefragt habe, welcher Stil hier gepflegt wird. An sich wusste ich das schon, denn „Besserwisser“ wissen das ja, aber so bandelte ich ein Kontaktgespräch an. That‘s me, can‘t help! Er war klassisch italienisch sehr überzeugt von ihrer Qualität.
Für heute hatte ich mir simple Spaghetti vorgenommen. Zuvor kam noch ein Liebling dran, Vitello Tonnato (15,90€), welches sehr gut gemundet hatte. Das Kalbfleisch war aber schon mehr durch, den gewissen medium Rosaton fand ich nicht vor, sonst hätte es ein Ausgezeichnet gegeben.
Dafür war die Tonno-Note fein und zart und schaffte den herrlichen Ausgleich. Überdies fand ich die Präsentation recht originell mittels Tube aufgetragener Tunfischpastete ein Verzierungsmuster darüberzulegen. Dazwischen platzierte man kleinere Kapern. Beigestellt wurde ein Körbchen mit Weißbrot, ein sehr schöner Start.
Was ich lobend erwähne, da ich mir schon über Gebühr Zeit dem vergnüglichen Verzehr ließ, sodass man mich vorsichtig gefragt hatte, ob man mit den Spaghetti noch warten solle, was ich bejaht hatte und dem auch Rechnung getragen wurde, das erhielt mein Wohlwollen.
Doch einmal mussten sie kommen, sie waren für heue ja Hauptdarsteller. Es waren simple Spaghetti aglio, olio e peperoncino (9,50€), wie ich sie aber liebe, die ich vorweg gleich scharf geordert hatte und dem mit geballter Faust noch Ausdruck verlieh, womit ich mit „scharf“ auch meine ernste Entschlossenheit demonstriert hatte.
Sie kamen dann doch unter meinem Standard Scoville-Wert für „my personal spicy value“, aber ok, sicher schärfer als für den 0815-Wiener-Gast. Darum brachte mit der Ober noch eine Flasche Chilli-Öl, naja, leider keine richtigen Peperoncino, aber so konnte ich noch zart nachschärfen. Zuviel nicht, um nicht den Ölgeschmack noch mit hineinezuziehen, Schärfe will ich, Öl war schon genug vorhanden.
Die Nudeln waren passabel, ich liebe die hellere Sorte, warum kann ich nicht sagen, so ist es eben, der höhere Weizenanteil ist meine Richtung, sie wirkten aber etwas glasig, also blasser, vermutlich ist der Eianteil geringer. Ansonsten wären sie Top gewesen.
Knoblauchscheiben hätte ich mir mehr erwartet und Öl hätte etwas reduziert werden können, insgesamt aber ganz meine Linie. Ja, ich habe einen neuen auf meiner Liste! Insofern ist das Experiment gelungen.
Einen netten Service-Aspekt möchte ich hervorheben. Man sah mir meine doch etwas potscherte Art an, wie ich die Nudeln mit der Gabel allein aufzudrehen suchte und mein aufmerksamer Neapolitaner bot mir ungefragt einen Löffel an. Damit eröffnete sich eine kleine Diskussion, ob es für Italiener ein NoGo ist Spaghetti mit Löffel zu essen.
Er reagierte zunächst vorsichtig diplomatisch und meinte, wie ich will, aber meine Frage war wie es denn die Italiener wollen. Und so sagte er im Süden, wo er herkommt, gibt es dazu keinen Löffel und im Norden ist es halb halb. Nun gut, dann sieht das Nord-Süd-Gefälle so aus, dass es in Österreich mit Löffel erlaubt sei. Ich werde aber auch löffellos weiter üben. 😊
Aufgrund des schönen Ersterfolges bat ich um eine weitere Reservierung für kommenden Montag, um dann meine Tour für Pizza fortzusetzen, wovon der nachfolgende Teil handelt. Die darf man ungeniert mit Messer und Gabel essen, auch sogar auch ganz ohne.
Besuch vom 14.11.2022 – Pizza time
Ich erhielt wieder meinen Tisch wie zuletzt, aber einen anderen Kellner. Aufgefallen ist mir diesmal, dass das Personal durchwegs recht mürrischen Blicks unterwegs war, lediglich mein Kellner zeigte auch Spuren des Lächelns im Gesicht. Na also, geht doch. 😊
Heute war Pizza Tag und ich war gespannt, ob sich Offenbarungen auftun würden. Ich wählte die Pizza Capitano klein (12,90€), die in gefühlt unter 10 Minuten meinen Tisch zierte. Dir Normalgröße kostet nur 1€ mehr, also 13,90€. Optisch hübsch und der Duft der Holzkohle stieg angenehm sanft in meine Nase.
Die Auflagen waren sehr gut, nicht überladen wie sich das gehört, aber mein ganzes Augenmerk galt dem Teig. Aha die sogenannte neapolitanische Variante ist das alos, recht dick aufgeblähter Teig am Rand. Ein Anschnitt und entpuppte sich als sehr weich, was bis zur MItte hin gleich geblieben ist.
Geschmeckt hat der Teig durchaus gut und die sanfte Rauchnote blieb noch längere Zeit erhalten, nur fehlte es an der gewissen Knusprigkeit. Tja, es dürfen die Italiener gerne weiter um die Vorherrschaft des einzig wahren Pizzateigs buhlen und die Neapolitaner ihr Rezept markengeschützt verteidigen, am Ende zählt doch, ob es auch mundet.
Aber ich verstehe es auch, man wächst in einer bestimmten Kultur auf, die dir anerzogen wird und lernt sie auch so lieben. Desgleichen würden wir Wiener niemals die Deutungshoheit für unser ach so geliebtes Wiener Schnitzel abtreten.
Daher ist meine Wertung kulturell gesehen wohl inkompetent, diese aber ehrlich. Der Teig ist also gut, keine Frage, weit über jeder Billig-Fladen-Pizza der zu Abertausenden uns überschwemmenden FF-Gastronomie, nur halt nicht ganz meins.
Danach folgte Liebling Nummer 4, ein Tiramisu (5,90€). Das wiederum war eine Sensation. Zart, weichcremig, intensiv in den Aromanoten nach Mascarpone, Rum und Kakao, herrlich, ein sattes Ausgezeichnet.
Allgemeines Resümee zu den beiden Besuchen:
Die Preise mag jeder selbst beurteilen, sie sind absolut geerdet, also für meine Begriffe auch günstig.
Das Ambiente, naja, ich muss ehrlich gesagt eingestehen gefällt mir nicht. Durch die lange Theke wirkt der Raum wie ein Schlauch. Die gelbe fahle Mauerfarbe dämpft dazu meine Stimmung. Gut, dass ich einen Fensterplatz gewählt habe. Im Sommer werde ich sicher das Freie bevorzugen, aber als "schön" kann ich ihn auch nicht bezeichnen. Es fehlt mir das grüne Element.
Die Speisenqualität meiner Lieblinge war sehr gut, bedingt durch meine Vorliebe für knusprigen Pizzateig wird sich in meiner Liste dabei nichts verschieben. Für Spaghetti habe ich eine neue Adresse gefunden. Neu heißt nicht besser, aber ein weiterer Player im Repertoire.
Unter den Getränken habe ich einen recht guten Primitivo aus der Rosso-Fraktion als Reisebegleiter gefunden, 4,20€ für 1/8l, aber er hinkt anderen doch nach. Espresso Doppio (4,40€), Marke Kimbo und Grappa gelagert im Eichenfass (6,50€) für den Ausklang waren tadellos.
Was den Service betrifft, so dürfte ich Glück gehabt haben, wenn ich lese was andere berichtet haben. Das hat sich sicher etwas manipulativ auf mich ausgewirkt, als ich doch mehrere mürrische Gesichter des übrigen Personals beobachtet habe. Ob das immer so ist kann ich mit nur zwei Besuchen aber nicht sagen.
Aber nichtsdestotrotz erhielt ich bei beiden Besuchen nach Begleichung der Rechnung noch ein Stamperl auf Haus, beim ersten Mal stand ungefragt eine Limoncello am Tisch und beim zweiten Mal fragte man mich sogar was ich möchte. Dann wählte ich nochmals den besten Grappa, what else?
Tja, man muss auch Glück haben, das verbuche ich für mich unter „Kinder des Lichts“. ❤️
Meine subjektive Kritik nach zwei Besuchen:
Die Hauptdarsteller im Pizzeriatheater in der Josefsatdt überzeugten leider nicht ganz wie erwartet, aber die Nebenrollen waren ganz hervorragend besetzt.
Die Authentizität als "italienisch" sehe ich gegeben, die Sprache wird auch untereinander gesprochen, hat aber deutlich Potential nach oben. Das sog. temperamentvolle und herzliche Auftreten, speziell dem Gast gegenüber, wurde nicht wahrgenommen. Es büßt damit die bessere Servicenote ein.
Für den Hunger nach Spaghetti gibt es gerne ein Arrivederci zur Sommerzeit vor der Piaristenkirche, je nachdem sich eine günstige Gelegenheit bietet, bei Pizzagelüsten verbleibe ich hingegen bei meinen mir bereits ans Herz gewachsenen Favoriten wie z.B. das Il Mare oder Danieli. Ein Vorteil sei zugestanden, hier sind die Preise etwas günstiger.
Für die Winterzeit gibt mir mein eigener Sextant aber doch eine andere Richtung vor und es wird dann wohl heißen: So long, good by my love! 😊
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