Mama und der Bulle also.
Viel wurde hier schon über das Lokal und das „Flat Iron Steak“, den signature dish, geschrieben, irgendwann hielten wir die Neugierde nicht mehr aus, wir wollen es aus erster Hand wissen, was es mit Mama und dem Bullen auf sich hat.
Stammersdorfers Bewertungen zu fo...Mehr anzeigenMama und der Bulle also.
Viel wurde hier schon über das Lokal und das „Flat Iron Steak“, den signature dish, geschrieben, irgendwann hielten wir die Neugierde nicht mehr aus, wir wollen es aus erster Hand wissen, was es mit Mama und dem Bullen auf sich hat.
Stammersdorfers Bewertungen zu folgen hat sich in der Vergangenheit schon bewährt, offenbar sind wir kulinarisch „on the same page“.
Das Lokal ist, wie auch die anderen Lokale der Familie Huth, konzeptionell wohl durchdacht. Nicht als klassisches Steakhaus wird es bespielt, eher ein cool gestyltes, dennoch gemütliches Lokal, in dem eben Steak und Burger die Hauptrolle spielen. Preislich meiner Meinung nach im unteren Mittelfeld angesiedelt, die Zielgruppe ist junges Publikum, das gute Burger und eben Steaks erwartet, aber nicht zwingend die ganz hohe (und damit deutlich hochpreisigere) Schule der Steak – Kultur sucht.
Rote Neonreklame ist in beiden Stockwerken präsent, wie auch das Branding insgesamt sehr schlüssig und konsequent umgesetzt wurde. Überall finden sich Referenzen zu „Mama/Bulle“, die Kleiderablage hinter den Tischen wurde mit „Abhängen bei Mama“ beschildert, auf den Servietten findet sich der Schriftzug „Mama macht Dich wieder sauber“. Eh lieb.
Die Haus-Cuvée nennt sich „Schwarzer Bulle“, und so weiter. Stimmig, wenn auch für meinen Geschmack fast schon zu „over-branded“, ein Hauch Themengastronomie macht sich breit.
Bei der Reservierung wird man auch darüber informiert, dass der Tisch nach zwei Stunden wieder vergeben wird, was zulässig ist, aber halt nicht die Gemütlichkeit vermittelt, die ich in der österreichischen Gastro-, Kaffeehaus- und Wirtshauskultur so schätze. Ist aber halt der neue Trend.
Dieses up-tempo Konzept zieht sich auch wie ein roter Faden durch den Abend. Die Kellner sind überaus freundlich, wirken aber allesamt eher gestresst. Fragen, ob es geschmeckt hat, kommen zwar brav, aber im Vorbeilaufen und gestresst.
Nun zu den Speisen.
Wir entschieden uns gegen Vorspeisen und bestellten einmal das Flat Iron Steak (310 gr.) für die Liebste, und einmal das Gleiche in klein (210 gr.) für mich, ich wollte mir etwas Platz für ein Dessert aufheben. Als Beilagen sollte es cremiger Blattspinat für die Liebste sein, dazu Jalapenos, für mich getrüffeltes Erdäpfelpüree, ebenfalls Jalapenos und die „Spicy Habanero Aioli“.
Zum Trinken eine Karaffe Wasser und ein Vierterl der „Bullen – Cuvée“, das sehr charmant in einem witzigen Fläschchen serviert wird (siehe Foto). Als Gedeck wird auch ein Küberl mit Popcorn eingestellt, eine wirklich witzige Idee.
Gedeck, Getränke, Speisenbestellung und das Servieren derselben werden von verschiedenen Kellnern erledigt, organisatorisch offenbar gut durchgetaktet, die Wartezeiten sind gering, aber es killt so natürlich das Gefühl, von einem Kellner/einer Kellnerin persönlich betreut zu werden. Und auch hier, alle sind freundlich und korrekt, aber halt ziemlich kurz angebunden und wuseln hektisch durch das Lokal. Ein bisschen Fließband oder, man verzeihe mir den Seitenhieb, Plachutta – Feeling, stellt sich ein.
Auftritt der Speisen.
Die Gewichtsangaben bei den Steaks dürften eine grobe Schätzung sein, unsere kleinen und großen Steakportionen waren nahezu ident, der Unterschied kaum zu bemerken. Gleich waren sie wiederum nicht, so dass wir einen Irrtum bei der Bestellannahme ausschlossen. Von 100 Gramm Unterschied waren wir allerdings weit entfernt. Sei’s drum.
Das Steak ist, wie schon mehrfach beschrieben, kein Filet, sondern ein Flat Iron Steak, in Gastronauts Bewertung findet sich die Erklärung, es handelt sich um das Pendant zu dem in Österreich sehr beliebten Schulterscherzl, hier allerdings in Form eines relativ flachen, in vier Schnitten vortranchierten Steaks. Der Garpunkt medium-rare, mit dem es standardmäßig rausgeschickt wird (der aber bei der Bestellung abgefragt wird) wurde getroffen.
Testerkollege Gastronaut schreibt „... Das Flat Iron Steak selber hat für mich ohne Übertreibung zu den besten Fleischstücken gezählt, die ich seit langem gegessen habe. ...“
Diese Meinung teile ich nicht. Vielleicht bin ich auf Grund meiner vielen und langen Aufenthalte in den USA etwas verwöhnt, wenn es um Steaks geht, aber auch in Wien habe ich z.B. im Distrikt oder im Flatschers schon bessere Steaks gegessen. Keinesfalls schlecht, weder in Konsistenz, noch Geschmack, aber eben nicht Oberliga.
Nun darf man halt auch nicht den Preis für das Steak außer Acht lassen, mit 14,50 bzw. 21.50 pro Steak ist ein Vergleich mit Distrikt & Co. natürlich nicht fair. Wir reden hier auch nicht von einem Filet, T-Bone oder Ribeye, sondern eben von einem Schulterscherzl als Steak. So gesehen ist es ein handwerklich gut verarbeitetes Produkt, unseren Geschmack hat es nur bedingt getroffen.
Der Liebsten cremiger Blattspinat wiederum konnte alle verfügbaren Punkte abräumen, tadellos in Konsistenz und Geschmack. Ebenso mein getrüffeltes Erdäpfelpüree, eine sehr gut gelungene Beilage, wobei man natürlich bei dem Preis von vier Euro irgendwas davon ausgehen muss, dass der Trüffelgeschmack aus dem „Trüffel“-Ölfläschchen stammt.
Die Habanero-Aioli ist brav, aber nicht wirklich spicy. Keine schlechte Sauce, aber jetzt auch nicht etwas, das ich mir noch einmal bestellen würde. Die Jalapenos wiederum sind (roh, in scheiben geschnitten) schärfetechnisch durchaus für Erwachsene. Der kleine Maiskolben „on a stick“ als Standardgarnitur ist eine witzige Idee und durchaus gut zum Steak.
Als Nachspeise wollte ich wissen, wie es Mama und der Bulle mit dem Thema Cheesecake halten.
Es kam eine ansprechend dekorierte, nicht zu große Portion, geschmacklich wohl gut, aber nicht klassisch Cheesecake.
Auch hier bin ich möglicherweise durch meine zahlreichen Amerika-Roadtrips präjudiziert, aber wer einmal in den Genuss einer wirklich guten NY Cheesecake in den USA gekommen ist (unser persönlicher Favorit war eine Cheesecake am Ufer des Lake Tahoe, mit reichlich Erdbeeren garniert), den wird Huths Interpretation eher ratlos zurücklassen.
Mit € 70,00 Gesamtrechnung für Steaks, Nachspeise und Wein ist das Mama und der Bulle etwa halb so teuer wie ein klassisches, elegantes Steakhaus, das es ja auch nichts sein will, so gesehen passen Preis - Leistung absolut.
Stimmig im Konzept, stylish, cool, konsequentes Branding, aber für unseren Geschmack zu hektisch, zu unpersönlich und, vor allem, nicht die Art Steakerlebnis, die wir suchen.
Don’t get me wrong, die Huths machen schon viel, wenn nicht alles, richtig in ihrer Konzeption, unseres ist es irgendwie nicht.
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Leider sind die meisten Lokal Neueröffnungen auf jüngeres Zielpublikum gerichtet.