Der Landhauskeller, Jahrzehnte lang Fixpunkt in der kulinarischen Szene in Graz wurde 2015 neu übernommen, von Grund auf adaptiert und ist nun Teil des gastronomischen Imperiums der Familie Schwarz. Ich muss gestehen, dass ich den „alten“ Landhauskeller wie er mal war nicht kannte, deshalb gibt’s...Mehr anzeigenDer Landhauskeller, Jahrzehnte lang Fixpunkt in der kulinarischen Szene in Graz wurde 2015 neu übernommen, von Grund auf adaptiert und ist nun Teil des gastronomischen Imperiums der Familie Schwarz. Ich muss gestehen, dass ich den „alten“ Landhauskeller wie er mal war nicht kannte, deshalb gibt’s an dieser Stelle auch kein Geraunze über Vergangenes, sondern den Versuch einer neutralen Bestandsaufnahme.
Wir treffen uns mit einem befreundeten Pärchen am vorletzten Tag im alten Jahr zu einem gemeinsamen Abendessen. Ich hatte davor schon einmal das Vergnügen im beruflichen Kontext Gast zu sein, und habe von diesem Besuch bereits einige Eindrücke mitgenommen. Der Weg ins Lokal führt über den Durchgang zum Innenhof mit seinem sehr schönen schmiedeeisernen Tor nach rechts in einen kleinen Vorraum, der direkt in den sehr großen Barbereich übergeht.
Hier findet sich auch das Reservierungsbüchlein in elektronischer Form, an dem die Chefin gerade steht und telefoniert. Wir warten ein wenig, bis der vermeintliche Oberkellner auf uns zukommt und uns mäßig freundlich begrüßt. Nach einem kurzen Blick auf den Bildschirm findet man die Reservierung und geleitet uns geradeaus einen Gang entlang in die Landhausstube, ein extra Zimmer mit rund acht Tischen. Der Gastraum wirkt eher dunkel und sehr gediegen, die Decke wurde architektonisch geöffnet, um (tagsüber) Tageslicht ins Innere zu bringen – sicher ein Gewinn für den Raum.
Die Tische sind klassisch eingedeckt, eine gute halbe Stunde später sind alle Plätze mit Gästen besetzt.
Wir werden von einem jungen Herrn freundlich begrüßt, der uns den folgenden Abend über begleitet und uns einige Aperitifvorschläge unterbreitet. Die Karten werden gereicht, die Weinkarte kommt erst auf Nachfrage. Traditionelle österreichische Küche auf gehobenem Niveau möchte man anbieten, die angebotenen Gerichte lesen sich durchaus vielversprechend. Wir treffen unsere Speisenauswahl, die Damen starten mit einem Glas Muskatellerfrizzante, die Herren mit einem kleinen Bier.
Wir sind erstaunt, wie viele Gäste am vorletzten Tag des Jahres den Abend im Landhauskeller verbringen, das Publikum (zumindest in unserem Raum) ist durchwegs jünger. Im Service werken zahlreiche, uniform aber fesch gestylte Kräfte, bis auf wenige Ausnahmen fühlen wir uns durchgängig gut betreut. Wir werden gefragt, ob wir das Gedeck bestehend aus aufgeschlagener Bauernbutter, Kürbiskernbutter und etwas Rohschinken gerne möchten - am Timing könnte man ein wenig feilen, denn eine Minute vor den Vorspeisen bringt das Gedeck recht wenig.
Beef Tatar vom Weiderind mit Buttertoast und Senfsauce (Euro 13,90). Das Gericht ist auf einem unkonventionellen, aber zum Ambiente passenden Steingutteller angerichtet. Die Portionsgröße und die Fleischqualität sind ok, geschmacklich ist das Tatar sehr gut. Die vier Stück Brot sind sehr verhalten geröstet.
Für mich soll es der marinierte Bachsaibling mit Gewürzfenchel und Sauerrahmmousse (Euro 13,50) sein. Der erste Blick verstört etwas, denn meine Erwartung war dann doch eine etwas andere. Am länglichen Teller liegt ein rechteckig zugeschnittenes Stück Saiblingsfilet, gerade mal einen Zentimeter breit. Mittig und an den Enden sind kleine Häufchen vom eingelegten, grob gehobelten Fenchel drapiert, der mich sehr stark an Sauerkraut erinnert. Jeweils daneben findet sich je ein kleiner Zylinder von der Sauerrahmmousse, geschmacklich liegt es sehr nahe an simplem Frischkäse. Der Fisch ist ok, eine Marinade kann ich leider nicht erschmecken. Immerhin – das Glas Muskateller ist obwohl aus dem schwierigen Jahrgang 2014 sehr gut.
Runde 30 Minuten nach der Vorspeise treffen die Hauptgerichte am Tisch ein.
Fr. bluesky hat sich die Kürbisteigtascherln mit Pilzen und Majoranbutter (Euro 12,90) ausgesucht. Der Teller ist nett angerichtet, drei mittelgroße Tascherl sind auf dem Kürbisgemüse zu liegen gekommen, darauf verstreut einige Pilze. Der Teig der Tascherln ist leider sehr kompakt, fast schon fest geblieben – entweder sind die Nudeln vor dem finalen Wasserbad eingetrocknet, oder sie wurden einfach zu kurz gekocht. Das Kürbisgemüse ist geschmacklich ok, der Majoran ist sehr vordergründig und dominant.
Spinatknödel mit gereiftem Almkäse & Steckwurzeln (Euro 12,90). Diesmal kein Fleisch für mich, sondern die Spinatknödel. Drei von der Sorte kommen auf gedünstetem Blattspinat und auf einem Wurzelpüree gebettet auf den Tisch. Die Knödel sind fast eine Spur patzig, geschmacklich aber ganz ok, das Wurzelpüree hingegen ist sehr gut. Vom Almkäse hätten es ruhig ein paar Späne mehr sein können, die wie auch immer zubereiteten vier Stück Gemüse sind einfach nur zäh und kaum zu schneiden…wenn es nur als Deko dienen soll, dann hätte ich es wohl lieber nicht essen sollen :-)
Abserviert wird freundlich, wir erbeten uns ein wenig Zeit bis zur Nachspeise, die uns gerne gewährt wird.
Gebackene Apfelradln mit Vanille-Zimtschaum (Euro 7,50). Fr. bluesky und ich teilen uns eine Portion, die sehr gelungen angerichtet serviert wird. Die drei Stück Apfelradln sind noch warm und mit etwas Staubzucker und Zimt bestreut. Das Eis kombiniert perfekt, der Zimtschaum bleibt ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Für die fruchtige Note sorgen ein paar eingelegte Kirschen und klein geschnittene Erdbeeren.
Wir genießen unseren Wein, Leitungswasser wird ohne Verrechnung regelmäßig in der Karaffe aufgefüllt bzw. eingestellt. Nach einem netten und unterhaltsamen Abend bitten wir um die Rechnung, für vier Personen sind knapp unter 180 Euro zusammengekommen.
Zum Fazit: Der Landhauskeller hat sich durch die Neuübernahme sicher nicht zum Schlechteren hin entwickelt. Das Ambiente ist gediegen, und sehr gelungen. Man merkt, dass man sich im Vorfeld einiges an Mühe gemacht hat, das ehrwürdige Haus entsprechend auszustatten. Das Service war während unseres Besuches aufmerksam und vom Fach. Bis auf kleine verschmerzbare Patzer eine gute Leistung. Die Küche wurde unseren Erwartungen leider nicht gerecht. Die zum Ziel gesetzte Stilrichtung gehobene österreichische Küche wird in der Karte zwar gut getroffen, in der Umsetzung bleibt Luft nach oben.
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