Pünktlich um 18:30 biegen wir letzten Samstag von der Herrengasse in die Landhausgasse ein und spazieren die letzten Meter zum Rene & Co, in dem der reservierte Zweiertisch auf uns wartet. Das Lokal war aufgrund umfangreicher Renovierungsarbeiten an der Gebäudefassade über den Sommer geschlossen ...Mehr anzeigenPünktlich um 18:30 biegen wir letzten Samstag von der Herrengasse in die Landhausgasse ein und spazieren die letzten Meter zum Rene & Co, in dem der reservierte Zweiertisch auf uns wartet. Das Lokal war aufgrund umfangreicher Renovierungsarbeiten an der Gebäudefassade über den Sommer geschlossen und startete nun kürzlich neu durch – offenbar ohne den Namensgeber unter geänderter Führung.
Die Lage ist sehr zentral, das Landhaus und die Sparkassenzentrale sind quasi direkte Nachbarn, mit einem relativ attraktiven Mittagsmenü (Quick Business Lunch) versucht man diese Kundengruppe zu ködern. Abends ist das Geschäft ein wenig härter, denn als wir das Nichtraucherlokal über die drei Stufen nach oben betreten sind wir die einzigen Gäste.
Der erste Gastraum beherbergt die Bar und ist in eher kühlem Weiß und Silber gehalten, an der Decke dreht sich eine Diskokugel. Wir werden sehr freundlich vom jüngeren Kellner begrüßt, der uns den folgenden Abend hindurch auch begleitet. Unser Tisch findet sich im zweiten Gastraum, der edel Purpurfarben gestaltet ist. Die Möblierung besteht aus simplen schwarzen Holzsesseln, nur der Wand entlang findet sich eine Polstersitzbank in elegantem silbergrau. Die Tische mit der ebenfalls schwarzen Steinplatte sind schön eingedeckt, die echte Rose ist frisch, das Kerzerl wird entzündet.
Wir werden höflich nach unseren Aperitif-Wünschen gefragt, möchten aber erst mal die Karte studieren und starten mit einer Karaffe Wasser, die ohne Verrechnung gleich nach den Speisekarten gebracht wird. Die Karte unterschiedet sich nicht von jener, die online auf der HP zu finden ist – ich hatte auf das eine oder andere Tagesgericht gehofft, die Hoffnung bleibt leider unerfüllt. Besonders die Auswahl der Hauptspeisen ist für uns eine kleine Herausforderung – Fish und Chips oder Burger wollen selbst wenn sie nobel interpretiert sind nicht so recht zum Lokal passen. Letztendlich springen wir über unseren Schatten und treffen unsere Auswahl, die wiederum sehr kompetent aufgenommen wird.
Der Muskatellersekt (Euro 4,60) und mein Weißburgunder vom Weingut Harkamp (Euro 4,30) werden zügig serviert und treffen unseren Geschmack recht gut. Generell ist zur Weinkarte zu sagen, dass sie gut sortiert und was die Preise für Flaschen anbelangt relativ fair angelegt ist.
Unser Tisch ist einer von zweien, die in den Fensternischen stehen - Essen in der Auslage sozusagen. Das stört aber weniger als befürchtet, der Überblick ist sehr gut und die Milchglasfolie schützt vor zu neugierigen Blicken. Gefühlt stehen die restlichen Tische sehr nah beisammen, wie so oft wäre auch hier wahrscheinlich weniger mehr. Man merkt erst auf den zweiten Blick, dass die Räumlichkeiten eigentlich zum benachbarten Raumausstatter gehören, eine seltene aber gelungene Symbiose.
Wir bekommen unser Gedeck (Euro 3,60 pro Person) serviert, das aus Butter, sehr gutem Olivenöl, Meersalz und einer schmackhaften Tomatencreme besteht. Die beiden Brotsorten sind ebenfalls sehr geschmackvoll, das Nuss- und das Weißbrot sind noch ganz leicht warm.
Nur wenig später stellt sich der junge Herr aus dem Service mit dem Gruß aus der Küche ein: Knusprig gebratener Schweinebauch mit Zwiebelmarmelade. Das frittierte Knöderl überrascht mit einem Innenleben aus sehr klein geschnittenem Fleisch, das wirklich gut abgeschmeckt ist, die Zwiebelmarmelade ist angenehm süßlich und passt hervorragend. Ein sehr gelungener Start – wir sind positiv überrascht. Gute zehn Minuten später geht’s weiter mit den Vorspeisen.
Tagliatelle / Pilze / Kräuter / Tomate (Euro 10,50). Die Portion ist für eine Vorspeise großzügig dimensioniert und sehr schön angerichtet. Die Nudeln waren eine Spur zu lange im Kochwasser, die Sauce mit den verschiedenen Pilzen, den getrockneten und frischen Tomaten schmeckt aber sehr gut.
Risotto / Kürbis / Frischkäse / Macadamia (Euro 10,50). Auch diese Portion ist respektabel dimensioniert und optisch interessant angerichtet. Das Kürbisrisotto ist auf den Punkt gegart, allerdings ein wenig intensiv gewürzt. Die ganzen Kürbisstücke sind fast ein wenig zu weich gedünstet, die frittierten Bällchen, die wir schon vom Gruß aus der Küche kennen sind diesmal mit Frischkäse gefüllt.
Beim Abservieren wird sehr galant nachgefragt, ob alles zu unserer Zufriedenheit war. Inzwischen sind einige wenige weitere Gäste eingetroffen, die sich auf die beiden Räume locker aufteilen. Uns fällt auf, dass der Inhaber immer noch an einem der Tische im ersten Gastraum sitzt und seinen Laptop bearbeitet. Die meiste Zeit findet sich der zweite Kellner daneben, eigentlich kein passendes Bild unabhängig davon, ob nun viele oder wenige Gäste anwesend sind. Unter einer Gastgeberrolle, wie sie später auf der mit der Rechnung übergebenen Visitenkarte präsent ausgewiesen ist, stelle ich mir dann doch etwas anderes vor.
Nach angenehmen 20 Minuten geht’s weiter mit dem Hauptgang, kurz davor bestellt Fr. bluesky noch ein Achterl Sauvignon Blanc vom Weingut Gross (Euro 4,70).
Forellenfilet aus der Weizbachklamm gebraten / Süßkartoffel / Mangold / Kokos / Limette (Euro 24,50). Optisch schließt das Gericht nahtlos an die Vorspeisen an, das positive Bild wandelt sich allerdings nach der ersten Kostprobe. Die vermeintlich knusprige Haut ist leider genau das Gegenteil, nämlich sehr letschert, wie man in der Steiermark zu sagen pflegt. Der Fisch selbst ist geschmacklich ok, die sehr klein gewürfelten Süßkartoffeln etwas zu weich. Der Mangold ist eine Herausforderung. Für die massiven Blattstrünke ist das zuvor extra mit weißen Handschuhen eingedeckte Fischbesteck eindeutig das falsche Werkzeug. Kokos und Limette bleiben im Schaum sehr zurückhaltend.
Fisch & Chips / Seeteufel gebacken / Chips salted / weißer Balsamico (Euro 22,50). Es war eine Spontanentscheidung, die dazu geführt hat, dass dieses Gericht nun vor mir steht. Auch hier kann man dem Koch mangelnde Kreativität beim Anrichten nicht vorwerfen. Die Fischstücke im Backteig sind in einem Papierstanitzel gesammelt, die Chips sind dicker geschnittene Erdäpfelscheiben, die leicht angebraten sind. In einem der Erdäpfelstücke steckt eine kleine Phiole aus Kunststoff, die den Balsamico zum Selberdosieren enthält, im separaten Schüsserl findet sich unangekündigt eine Sauce. Der erste Schnitt durch den Fisch bestätigt meine Befürchtung: das wird eine fettige Angelegenheit. Der Fisch konnte nach dem Frittieren leider nicht ausreichend abtropfen und so findet sich nun ausreichend Öl am Teller. Zusätzlich waren die Stücke wohl zu lange im heißen Öl und der Teig hat nun eine leichte Bitternote bekommen. Der Fisch selbst überzeugt auch nicht ganz, die Kartoffeln bleiben nicht sonderlich in Erinnerung. Die Sauce ist leider zu salzig bzw. zu stark gewürzt und bleibt fast vollständig zurück.
Obwohl die Hauptspeise geschmacklich den bisher relativ gelungenen Auftritt kräftig nach unten gedrückt hat wünschen wir uns ein gemeinsames Dessert, Fr. bluesky zusätzlich einen Espresso (Euro 2,20). Der Kaffee wird nach Rücksprache vorneweg serviert und ist sehr gut mit einer stabilen Crema.
Zimt -Topfenknödel / Zwetschkenröster / Sauerrahmeis (Euro 7,50). Fast wie ein kleines Versöhnungsangebot kommt die Nachspeise auf den Tisch. Der Zwetschkenröster ist sehr gut, fruchtig und nicht zu süß. Die Topfenknödel sind sehr locker und flaumig, das Sauerrahmeis erfrischend und cremig.
Wir sind nun wirklich satt und bitten um die Rechnung, die gemeinsam mit zwei Pralinen als süßer Abschluss gebracht wird. Ganz knapp unter 100 Euro kommen wir zu liegen - gefühlt für das Gebotene eindeutig am oberen Limit.
Zum Fazit: Das Ambiente ist im zweiten Gastraum sehr angenehm und durchaus sehenswert. Die Ausstattung ist hochwertig und gut aufeinander abgestimmt, lediglich die Tische finden wir als zu eng gestellt. Das Service war sehr aufmerksam uns hat einen tadellosen Job erledigt. Wir haben uns vom höflichen jungen Mann sehr gut betreut gefühlt. Die von uns gegessenen Gerichte waren von sehr unterschiedlicher Qualität. Haben uns die Vorspeisen noch begeistert, waren die Hauptspeisen leider eher ein geschmacklicher Reinfall. Der Nachspeise gelang es, wieder etwas Boden gut zu machen. Positiv zu erwähnen ist die nette Präsentation der Gerichte. In Summe bleibt der Besuch unsererseits eher ein einmaliges Erlebnis – Preis und Leistung klaffen zu weit auseinander.
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Beim zum Beef tatar servierten Toastbrot ist mir das bekannt - und macht auch Sinn. Beim Schwarzbrot wohl eher nicht.