Das Fabios also.
Mittlerweile darf es sich mit Fug und Recht mit dem Attribut „Institution“ rühmen, ist es doch schon lange im Ersten gut etabliert. Ich weiß schon, es scheiden sich die Geister bei dem Lokal, manch einer reibt sich gerne am Fabios, „Schicki-Micki“ sind dann noch die netteren A...Mehr anzeigenDas Fabios also.
Mittlerweile darf es sich mit Fug und Recht mit dem Attribut „Institution“ rühmen, ist es doch schon lange im Ersten gut etabliert. Ich weiß schon, es scheiden sich die Geister bei dem Lokal, manch einer reibt sich gerne am Fabios, „Schicki-Micki“ sind dann noch die netteren Attribute, die genannt werden.
Stimmt natürlich nicht, alles eitles Vorurteil.
Ich war vor ein bis zwei Monaten schon einmal mit der Liebsten auf einen schnellen Lunch im Fabios. Auch heute, bedingt durch die nachmittägliche Ankunft der Liebsten in Wien und durch einen weiteren Termin ihrerseits, fiel die Wahl auf das Fabios, andere Alternativen, die ich im Zentrum gerne gewählt hätte, waren um 15:30 für ein verspätetes Mittagessen nicht zu haben. Also Fabios it is.
Mein Ersteindruck hat sich auch heute bestätigt. Solide Leistung, hohes Niveau, gutes Ambiente, Top-Location. Die Küche kann durchaus Punkten, aber auch der Service ist so, wie man sich das vorstellt. Höflich, schnell, effizient, - keine Kritikpunkte.
Das letzte Mal hatte ich ein Vitello Tonnato, es war schlichtweg fantastisch. Viel besser, wenn überhaupt, kann man dieses Gericht nicht zubereiten. Perfekt zartes Kalbfleisch, eine leichte Sauce, perfekt abgeschmeckt. Schon beim letzten Mal fiel mir die „Fegato alla Veneziana“ auf der Karte auf, also geröstete Kalbsleber mit weißen Zwiebeln und Erdäpfelpüree. Damit war meine Wahl für heute klar, die Leber sollte es sein.
Die Liebste entschied sich für einen Eintopf aus Fischen, Muscheln und Garnelen, eines ihrer Lieblingsgerichte. Vorab gab’s ein Glas Prosecco für die Liebste, für mich ein Achterl Gelber Muskateller vom Trummer aus der Südsteiermark. Der Wein war dermaßen gut, dass wir uns zum Essen eine Bouteille bestellten, die Rückkehr der Liebsten aus den Tiefen der Ukraine will ja gebührend gefeiert werden.
Ein paar Worte zum Service: perfekt. Umgangsformen, Charme, immer da, um Wein nachzuschenken, die Dessertkarte zu reichen, perfektes Timing, und das, obwohl der Garten bei unserem Besuch gut besucht war. Eine „5“ all the way, besser geht’s nicht. Kurz, nachdem wir Platz genommen hatten, wurde von ihm ein Hocker für die Tasche der Liebsten gebracht, so soll’s sein.
Zum Aperitif werden zwei Sorten Brot (dunkel und weiß, beide sehr gut) gereicht, dazu ein Schüsserl mit Olivenöl.
Kurz nach unserer Bestellung kamen auch unsere Speisen. Meine Leber – ein Traum (also jetzt nicht „meine“ Leber, sondern das Gericht, das ich bestellt hatte ☺). Zart, hie und dar ein wenig Fettrandln, die beim Zuputzen der Leber offenbar übersehen wueden, - geschenkt.
Ein herrlich g’schmackiges Saftl, nicht zu viel der Zwiebel, just right. Die beste geröstete Leber hatte ich bisher in meinem (ehemaligen) kulinarischen Wohnzimmer, als ich noch auf der Landstraßer Haupt residierte. Die Leber im Fabios ist jedenfalls „par“, falls nicht sogar einen Tick besser.
Dazu wurde ein Schüsserl Erdäpfelpüree gereicht, und hier schwächelt das Fabios etwas. Das Püree ist offenbar aus frischen Erdäpfeln gemacht, etwas anderes wäre in so einem Lokal ein unverzeihlicher Affront, von der Konsistenz aber zu breiig. Püriert man die Erdäpfel zu sehr (möglicherweise unter Zugabe von zu viel Obers), bekommt das Ganze eine Konsistenz, die man im Babynahrungsgläschen oder im Spital erwartet. Ganz breiig, klebrig, wenn auch geschmacklich in Ordnung. Ich mag ja schon, wen man beim Püree die Herkunft (ganze Erdäpfel) noch erschmeckt, auch in der Konsistenz. In Amerika hat ein Püree, das etwas auf sich hält, „lumps“, wie bei uns Erdäpfelstampf, das muss auch nicht zwingend sein, aber in so ganz klebriger Konsistenz verliert es meiner Meinung nach.
Der Liebsten Meeresfrüchteeintopf mundet, kann aber mit dem Vergleichsgericht beim Italiener unseres Vertrauens, dem Federico II, nicht gleichziehen. Zu wenig Sauce, zu wenig „Würze alla Mama“, wenn auch mit durchaus guten Zutaten zubereitet. Das gewisse Etwas, das die Liebste bei diesem Gericht normalerweise in Begeisterung versetzt, fehlte.
Bei der angebotenen Dessertkarte mussten wir aus Zeit- und Sättigungsgründen abwinken, ein Ristretto musste natürlich schon noch sein, dieser war sehr gut und just right. Kurz und kräftig, ich hätte in einem Lokal wie dem Fabios auch nichts anderes erwartet.
Für Aperitif, zwei Hauptspeisen, eine Flasche Wein und einen Espresso wurden € 117,00 verrechnet, was ich jetzt für Location, Service und Qualität des Gebotenen als absolut fair und nicht überzogen erachte.
Eine verlässliche Adresse, das Fabios, wenn man in gehobenem Ambiente gut speisen möchte, während man die Flanierer auf der Tuchlauben beobachtet. Luft nach oben? Ja, wenn gleich, nicht viel. Ist halt sehr subjektiv, vielleicht mögen andere das Crème-Püree.
Ein bisschen mehr Persönlichkeit könnte vielleicht nicht schaden, so richtig springt der Funke nicht über, obwohl man eigentlich keinen einzigen Mangel finden kann. Ein bisschen zu glatt, ein bisschen zu unpersönlich, aber insgesamt eine (fast) tadellose Leistung.
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