Da das Thema „Trinkgeld“ in d. Gastronomie gerade in den Medien hochgekocht wird/wurde - wie steht Ihr so dazu?
Soll/darf es automatisch auf die Rechnung gesetztes Trinkgeld „a la Amerika“ bei uns in Ö geben?
Wie steht Ihr dazu, was sind Eure Gepflogenheiten, usw.
Ich gebe es für meinen Teil sehr gerne und freiwillig wenn die Leistung für mich als Gast in Ordnung oder darüber war und das sollte für mich auch so bleiben. Dann meist um die 10% oder etwas mehr - je nach Performance. Oft erfolgt meine finanzielle Anerkennung separat in „bar“.
Das war’s in Kürze von meiner Seite bin neugierig wie Ihr es so handhabt :-)
Also, ich wäre kein Freund des "amerikanischen" Systems. Dort hat es sich traditionell so etabliert, dass bei Gruppen ab 4 oder 6 Personen das Trinkgeld automatisch eingehoben wird. Insgesamt ist es wohl so, dass das Servicepersonal in den USA noch mehr vom "tip" abhängt, als es bei uns der Fall ist, minimum wages und so. Ist vom Restaurant einkalkuliert, dass der "tip" einen signifikanten Teil des Gehalts ausmacht. Lieb finde ich, dass manche Restaurants auf die Rechnung schreiben, wieviel 10, 15 oder 20% wären. Als Rechenhilfe für die Amis, quasi. "Double the tax" funktioniert auch, damit ist man, je nach Bundesstaat bei 12-15%.
Bei uns finde ich das System "as is" eigentlich gut. Trinkgeld empfinde ich als freiwillige Leistung, die ich (bei schlechtem Service) auch streiche, bei gutem Service aber auch nach oben schraube.
Ich gebe eigentlich immer 10%, egal ob mit Karte oder separat in bar.
Und das sollte m.E. auch so bleiben, - frei nach dem Motto: "never change a working system".
Trinkgeld obligatorisch verrechnen würde ich als Österreicher nicht verstehen. US-Kultur sollte jedenfalls für uns kein Maßstab sein.
Ich habe anderseits noch nicht ausreichend darüber nachgedacht, vielleicht ergäbe es sogar Sinn, nur eben soll die USA dabei für mich keine Relevanz haben, sondern ob es für uns so Sinn macht oder nicht.
Was könnte es für objektive Gründe geben ein anderes Rechnungssystem einzuführen? Ich gebe für meine Begriffe genug Trinkgeld. Das würde sich aber einstellen, da ich nicht mehrfach für eine Leistung zur Kasse gebeten werden möchte. Wozu man gezwungen wird, wirkt sich psychologisch auch anders aus als bei Freiwilligkeit.
D.h. wenn ich heute z.B. 15% gebe, später aber 10% fest verrechnet vorgeschrieben bekommen, dann weiß ich nicht, warum ich nochmals aufzahlen sollte. Außerdem war es schon lange Gesetz, dass Preise inklusive Bedienungszuschlag zu sein haben. Hat man das vergessen, oder gilt dies nicht mehr?
Ich würde es gefühlt als eine versteckte neue Steuer sehen, und es würde sich das auch auf die Löhne in der Branche auswirken, nur, wie schon gesagt, dazu habe ich zurzeit keine objektive Grundlage das gutzuheißen oder abzulehnen.
Mich stört die automatische Einhebung gar nicht, da ich sowieso immer 10% gebe. Wichtig ist halt, dass bei Rechnungslegung darauf hingewiesen wird, dass ein Trinkgeldvorschlag - der aber freilich geändert oder gestrichen werden kann - bereits inkludiert ist: Wenn das transparent kommuniziert wird, spricht find ich nix dagegen.
Ok, wenn die Freiwilligkeit erhalten bleibt, dann kann es mir grundsätzlich auch gleich sein. Ist das so angedacht? Als Bevormundung sehe ich es aber dennoch.
Ja, solange es freiwillig bleibt (und das muss es m.E.), könnte ich mit einem Vorschlag gut leben.
Obwohl: eigentlich könnte man ja auch das Fass aufmachen und grundsätzlich andiskutieren, warum eigentlich ein Kellner Trinkgeld bekommt, wenn er seine Arbeit, für die er lt. KV oder darüber bezahlt wird, ordentlich verrichtet.
In einigen Ländern wie z.B. Japan ist das Konzept gänzlich unbekannt und man erntet (einigermaßen) große Augen, wenn man erklärt, dass es bei uns Usus ist, jemanden, der seine (bezahlte) Arbeit tut, zusätzlich Geld zuzustecken.
Weder ich, noch meine Kolleginnen in der Kabine bekommen Trinkgeld, wenn wir 100+ Passagiere sicher von A nach B befördert haben. Und nein, bitte nicht gleich die Keule auspacken, dass wir (Piloten) ohnedies genug (oder in manch öffentlicher Wahrnehmung eh zu viel) verdienen. Trifft auf Flugbegleiterinnen ja z.B. nicht zu und die Frage der Höhe des Bezugs sollte aus der prinzipiellen Diskussion ja auch rausgehalten werden.
Die Krankenschwester oder - noch näher an der Servicekraft - der Ströck/Anker/... - Mitarbeiter, der den Coffee-to-go zubereitet, der Mitarbeiter der beim McD das Essen mittlerweile, wenn gewünscht, auch zum Tisch serviert, der Postler, etc., etc., - alle fallen um "die Maut" um. Warum genau?
Ich weiß schon, ist halt Kultur und Tradition bei uns, also vielleicht besser gar nicht hinterfragen.
(und bitte versteht alle meine Sätze als implizit brav gegendert, das hab ich jetzt aus Gründen der Faulheit unterlassen ... :-))
Ich denke, allen wäre es lieber, wenn Gastro-Personal ordentlich bezahlt würde. Wird es aber nicht. Daher kann man die Frage der Bezahlung nicht raushalten.
Als Konsument habe ich nur folgende Möglichkeit zu treffen - entweder "Schulter zucken, sinds halt schlecht bezahlt" - oder Trinkgeld geben. Das System ändern tu ich durch keine der beiden Maßnahmen!
Stimmt natürlich, Rodauner, nur wird der Mitarbeiter beim Ströck/Anker, der Radatz-Mitarbeiter, der das Leberkässemmerl zubereitet und über die Theke reicht, auch nicht gerade überbordend bezahlt, - insofern hat das Ganze für mich schon eine prinzipielle Komponente ("warum der eine ja, - der andere nein?), schon allein aus Fairnessgründen.
Früher waren Dienstleistungen/Verkauf vielleicht besser abgegrenzt, in Zeiten, wo eben der McD Mitarbeiter quasi das Gleiche macht, wie der Kellner, in Zeiten von "Coffee-to-go" bei Ströck/Anker & Co. haben sich die Trennlinien m.E. halt etwas verschoben.
Wir sollten Handel und Gastro auseinanderhalten. Keiner gibt beim Ströck Trinkgeld bzw. sind es Peanuts, wenn ich dort mal Espresso + Kipferl kaufe und z.B. 3,60 auf 4 aufrunde (wäre auch ca. 10%). Die Gewerbearten sind nicht gleich, da vermischen wir Themen.
Der KV-Lohn für Kellner ist für meine Begriffe Level Hungerlohn. Aber dass sich unsere Finanz darauf eingeschossen hatte auch deren Trinkgeld als Einkommensquelle zu definieren ist eine Entwicklung, die heute Usus ist.
Typisch für Österreich, warum sich jeder daher an der Steuer vorbeischummeln will, Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer. Ich gebe Trinkgeld daher auch, weil ich um die Kellner-Situation weiß. Sie haben sich diese Situation allerdings nicht selbst geschaffen.
Ein Grund auch, warum viele vom Gastobereich abwandern. Man kann dem nur entgegenwirken, wenn man sie besser bezahlt. Ich denke da z.B. an Umsatzbeteiligung. Dann könnte man sich ein Trinkgeld sparen, geht aber nicht von heute auf morgen.
Köche werden zumeist besser bezahlt, d.h. über dem KV-Level, soviel sie eben dem Wirt Wert sind und schneiden dann auch nicht beim Trinkgeld mit. Manche ja, viele aber nicht. Die Personalfluktuation ist hier aber auch hoch.
Für die heutige Zeit finde ich den Begriff "Trink"-Geld als völlig überholt. Es ist für den unselbständigen Kellner existentiell notwendig und kein Taschengeld.