Ein griechischer Abend im Rembetiko.
Vor einigen Tagen bin ich am Heimweg an diesem Lokal vorbeigefahren und dachte mir, es sieht nett aus, ein hübsches, gemütlich wirkendes, griechisches Restaurant in der Nähe, das will doch unbedingt probiert werden.
Heute ist eigentlich der bulgarische O...Mehr anzeigenEin griechischer Abend im Rembetiko.
Vor einigen Tagen bin ich am Heimweg an diesem Lokal vorbeigefahren und dachte mir, es sieht nett aus, ein hübsches, gemütlich wirkendes, griechisches Restaurant in der Nähe, das will doch unbedingt probiert werden.
Heute ist eigentlich der bulgarische Ostersonntag, also böte sich ein Besuch in einem bulgarischen Restaurant an, mit Lamm und mehr, allerdings war weder der Liebsten, noch mir nach Bulgarisch, also entschlossen wir uns, dem Rembetiko einen Besuch abzustatten.
Die Zusammenfassung vorweg: viel Licht, aber auch viel Schatten.
Die Reservierung wurde am Telefon freundlich entgegengenommen und bestätigt, also nichts wie hin. Hündchen Cookie an die Leine und nach knapp einer Viertelstunde Fußmarsch hatten wir das Lokal erreicht.
Die Reservierung war eigentlich nicht nötig, das Lokal war im Garten nur recht spärlich besetzt. Der Garten liegt windgeschützt an der Seitengasse des Lokals, Heizstrahler gibt’s, die wurden heute auch eingeschaltet. Wir nahmen an einem bequemen Vierertisch Platz, Hündchen rollte sich zu unseren Füßen ein, alles war gut.
Die wirklich sehr freundliche Kellnerin überreichte uns Speise- und Weinkarten, wir widmen uns dem Studium. Obwohl durch die vorangegangenen Bewertungen vorgewarnt, war ich von der Größe/Dicke der Karte doch überrascht. Unpackbar. „Studium der Karte“ bekommt hier eine neue Dimension, das genaue Lesen aller angebotenen Gerichte würde tatsächlich einige Semester dauern, was natürlich schamlos übertrieben ist, but you get the gist.
Tageskarte, Chef’s specials, Oma’s Gerichte, dazu noch die Standardkarte. Verwirrung pur. 90% der normalen Gäste kommen wahrscheinlich nicht über die ersten zwei oder drei Seiten hinaus, darauf würde ich wetten. „Viel“ ist hier echt nicht „mehr“, warum man sich nicht auf 10 – 15 Gerichte beschränkt, die dafür aber in sensationeller Qualität, verschließt sich mir. Ich werde diese Speisekartenbibeln einfach nie verstehen.
Ich bin jetzt nicht der absolute Griechenlandkenner, interessanterweise bin ich auf viel mehr griechischen Inseln gelandet/gestartet, als ich privat je in Griechenland war. Und doch, ein paar Mal war ich dort, Flair und Küche sind mir nicht fremd, für den eingefleischten Fan der griechischen Küche hat’s bei mir noch nicht gereicht.
Ich kann auch mit den meisten Hauptspeisen wenig anfangen. Gyros & Co. sind mir meist zu trocken, Lamm esse ich selten und eigentlich nur in Bulgarien, und (das Rembetiko und alle Griechen mögen mir verzeihen) selbst Moussaka finde ich in der bulgarischen Variante schlichtweg besser.
Griechisch essen bedeutet für die Liebste und mich also eigentlich nur einen Tisch voller Vorspeisen, daher erstreckt sich diese Bewertung auch nur auf diese.
Doch zuerst soll es einmal eine Flasche Rotwein sein. Die Kellnerin empfiehlt eine „Alpha Cuvée, die es normal (€ 48,00) und als Rarität (€ 95,00) gibt. Der Normale ist uns gut genug, € 95,00 gebe ich selten für einen guten Rotwein aus, das scheint mir dann doch etwas „over the top“. Die Entscheidung war richtig, der Wein war hervorragend, eine tolle Cuvée, wunderbar.
Nun zu den Speisen:
Wir mögen diese Standard-Vorspeisenplatten eher nicht, normalerweise bestellen wir 5-8 separate Vorspeisen, in Summe natürlich zu viel, aber so mögen wir es. Ein Tisch voller Vorspeisen, durch die man sich kosten kann, das ist für uns ein griechisches Abendessen. Unsere Vorspeisen wurden letztlich auf Anraten der Kellnerin auf zwei großen Platten serviert, sonst wäre sich das auf unserem Tisch nicht ausgegangen:
1. Tzatziki: das schwächste Tzatziki, das ich bisher in einem griechischen Lokal bekommen habe. So einfach es ist, so überraschender, warum man genau bei diesem Gericht so schwächeln kann. Keine Finesse, grob geschnittene Gurken, wenig Würze, so gut wie nicht abgeschmeckt.
2. Oktopus, mariniert: der komplette Reinfall. In Konsistenz zu fest, nicht zart, wie man sich dieses Gericht wünscht, im Geschmack zu „fischig“, nicht fein, wie es sein soll.
3. Melanzanipüree: perfekt, according to der Liebsten. Ich mag keine Melanzani, aber höchstes Lob von der Liebsten.
4. Artischockenherzen: Perfekt.
5. Fischeiersalat (Tarama): farblich sehr kräftig (rosa), geschmacklich nicht der Burner. Zu fett, zu sehr püriert, nicht schlecht, aber auch nichts, das einem in Erinnerung bleibt.
6. Gebackener Feta-Käse: sehr gut. gute Panade, guter Käse. Ist jetzt auch nicht „rocket science“, aber war gut.
7. „Keftedes“ – Faschierte Laibchen: kamen auf einem Extrateller, mit Reis (gut), Pommes (Durchschnitt) und Krautsalat (sehr gut, aber davon gab’s bei allen Vorspeisen insgesamt zu viel). Die Laibchen waren hervorragend, saftig, sicherlich das Highlight des Abends.
8. Feta „Saganaki“ (pikanter Fetakäse aus dem Ofen): bestellt, wurde aber leider nicht gebracht. Angesichts der Menge der Vorspeisen nahmen wir allerdings davon Abstand, dies zu reklamieren. Auf der Rechnung fand er sich trotzdem (☹), nach zweimaliger Reklamation wurde dies aber korrigiert.
Generell:
Das Ambiente ist nett, im Garten kann man wirklich gemütlich sitzen. Die Tische sind nicht zu eng aneinander platziert, das Flair passt.
Der Service ist sehr freundlich und bemüht, allerdings auch mit ein paar kleinen Schwächen. Unsere Kellnerin bot eine Schüssel Wasser für unser Hündchen an, was an sich sehr aufmerksam ist, diese verschwand aber offenbar im gleichen Bermudadreieck wie unser Saganaki, - it never came.
Zum Abschluss sollte es für mich noch ein kurzer Espresso sein, aber auch der war eher eine Niederlage. Keine Spur von kurz und leider auch nicht wirklich stark.
So aufmerksam die nette Kellnerin am Anfang war, so schwächer wurde die Leistung später. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis unsere Teller abserviert wurden. Als sie sah, dass der Oktopus nahezu unangetastet zurückging, fragte sie uns, ob es uns nicht geschmeckt hätte. Wir sagten ihr, dass der Oktopus wirklich nicht gut war, abseits eines Ausdrucks des Bedauerns hatte dies allerdings keine Folgen. Auf der Rechnung fand sich der Krake mit € 11,90, viel zu viel für ein echt nicht gutes Gericht.
Zum Trost gab’s einen Ouzo und auch einen kleinen Nachspeisenteller mit Kuchen und einem griechischen Reisauflauf aufs Haus, die Rechnung (€ 115,00 inkl. Trinkgeld) beglichen wir nach zweifacher Korrektur mit Plastik.
Nun noch ein paar Gedanken zum Abschluss:
Es verschließt sich mir, warum alle Griechen, die ich in Wien kenne, nur das Standardprogramm fahren. Ich warte noch darauf, das griechische Restaurant kennenzulernen, das die klassischen Gerichte etwas feiner (gerne auch weniger, dafür aber in besserer Qualität) rausserviert.
Alle üblichen Verdächtigen (Tzatziki, Tarama, ...) könnte man feiner und in weit besserer Qualität zubereiten, irgendwie scheint man sich (zumindest in den griechischen Restaurants, die ich besucht habe) mit der austauschbaren Standardvariante – Vorspeisenkleks – Salat – Pitabrot in üblicher Qualität zufrieden zu geben. Ich werfe das auch den bulgarischen Restaurants vor, gleiche Geschichte, Kreativität bei der Interpretation der klassischen Landesküche: Fehlanzeige.
Für die Qualität des Gebotenen war der Preis zu hoch.
Quantitativ war es viel, stimmt, aber dann wiederum auch nur Vorspeisen. Ein genussvoller Abend mit einer vergleichbaren Flasche Wein schlägt sich zum Beispiel im Francesco, unserem Italiener ums Eck mit ca. € 80,00 zu Buche, bei höherer Qualität, und auch dort gehen wir satt raus.
Ja, eh, ein gemütlicher Grieche, tolles Ambiente in einer schönen Gegend, leider schöpft das Rembetiko sein Potential bei weitem nicht aus.
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Danke für die Bewertung. Als wir letztens vorbeifuhren dachte ich, wir könnten nach 20 Jahren mal wieder ins Rembetiko gehen. Werden wir nicht tun, hat sich erledigt.