In Wien eine Institution par excellence ist das China-Restaurant „Goldener Drachen“. Bereits vor dem 2. Weltkrieg wurde an diesem Platz in der Porzellangasse das allererste China-Restaurant in Wien eröffnet. 1963 gründete dann Herr Wu Chia Chai den „Goldenen Drachen“, der heute in zweiter Generat...Mehr anzeigenIn Wien eine Institution par excellence ist das China-Restaurant „Goldener Drachen“. Bereits vor dem 2. Weltkrieg wurde an diesem Platz in der Porzellangasse das allererste China-Restaurant in Wien eröffnet. 1963 gründete dann Herr Wu Chia Chai den „Goldenen Drachen“, der heute in zweiter Generation von Herrn Wu Daniel nach wie vor als Familienbetrieb weitergeführt wird. Die gesamte Historie kann man auf der sehr informativen und recht gut strukturierten Homepage des Lokals nachlesen.
Besonders berühmt ist dieses Lokal für seine angeblich „Best in town“-Frühlingsrollen (eigene Angabe laut Speisekarte), aber darüber wird noch im Anschluss berichtet. Beim Betreten des Lokals muss man einige Stufen hinauf in die Gasträume gehen, und man kommt unweigerlich an diversen Fotos und Erinnerungsaufnahmen einiger Prominenter aus doch schon sehr vergangenen Tagen vorbei (Maxi Böhm, Alfred Böhm, Waterloo & Robinson, etc.), die halt seinerzeit dieses Lokal einmal besuchten. Mein Fall ist das nicht, weil es keineswegs ein Qualitätsbeweis sondern eher ein Beweis von Großzügigkeit des Lokals ist.
Im eigentlichen Lokal stößt man direkt auf die großzügig angelegte Garderobe und hat links und rechts davon sehr großzügige Gasträume (Nichtraucherbereich). Man fühlt sich ob des Interieurs sofort in die Jugend zurückversetzt – so waren alle Chinesischen Restaurants damals eingerichtet. Viel Gold, eine Kassettendecke, Verzierungen da und dort, Aquarien und ähnliches Accessoires. Trotzdem empfindet man es aber keinesfalls überladen oder kitschig, ganz im Gegenteil gefiel es mir außerordentlich gut, weil auch alles sehr gepflegt ist, und ich hätte es gerade in diesem Traditionslokal nicht anders erwartet.
Wir hatten noch nicht einmal Platz genommen, schon wurden wir nach unserem Getränkewunsch gefragt – eine leider weit verbreitete Unart, die eigentlich auch unhöflich ist. Herzlich begrüßt oder freundlich in Empfang genommen wurden wir auch nicht. Im Gegenteil, eher mit grimmiger Miene und stumm begleitete uns der Kellner an einen von uns gewählten Tisch; wir waren auch die einzigen Gäste zu diesem Zeitpunkt. Nach dem doch einige Zeit dauernden Studium der immens umfangreichen aber auch sehr interessanten Speisekarte bestellten wir, wie nachfolgend ausgeführt.
„Pikant-Säuerliche Suppe“ (EUR 2,70) – eine sehr kräftige und sehr gut schmeckende Hühnersuppe, natürlich mit Stärke eingedickt, großzügig die Suppeneinlage (Pilze, Eierstich, Bambus, Lauch,…) mit einer sehr harmonischen und nicht zu dominanten Schärfe – sehr gute Qualität.
Natürlich eine „Frühlingsrolle“ (EUR 2,90) – für mich, ob der natürlich hohen Erwartungshaltung, leider eine herbe Enttäuschung, die ich wie folgt begründe: zwar vorerst kross frittiert und auch recht fettfrei auf den Teller gebracht, wurde der Teig innerhalb von Minuten lasch und weich. Der Teig selbst schmeckte sehr nach Palatschinkenteig und war doch unerwartet dick. Die Fülle sehr einfallslos und uninspiriert bestehend lediglich aus Faschiertem und Weißkraut, das war‘s. Beides kommt, so hoffe ich, auf den Fotos gut zur Geltung. Eine 08/15-Frühlingsrolle, nicht mehr aber auch nicht weniger. Auch meine beste Tochter von allen bestätigte mir mein Urteil.
„Knusprige Hühnerstreifen in Pikant-Süßer Sesamsoße“(EUR 11,90) – sehr kross der Backteig, schön goldgelb gebacken, aber das Fleisch derart fein geschnitten, sodass es kaum mehr zu schmecken war. Die Sauce war zwar etwas pikant, aber leider auch einfach zu süß. Mit weißem und schwarzem Sesam wurde das Gericht bestreut. Der Reis dazu musste erwartungsgemäß auch extra bezahlt werden. Das wirklich kleine Schüsselchen Reis wurde mit unverschämten und überheblichen EUR 1,80 verrechnet.
Für mich bestellte ich den „Degustationsteller Goldener Drache“ (EUR 15,20) bestehend aus einem ansprechenden und schönen Potpourri an Chinesischen Spezialitäten, die ich einzeln bewerten und beschreiben will. Die Idee, Degustationsteller auch für eine Person anzubieten, finde ich aber vorab hervorragend. Weniger hervorragend aber, dass dieser Gang auf einer sehr abgeschlagenen Servierplatte serviert wurde. Dieser Fauxpas begegnet einem leider öfter, eine völlig unnötige und inakzeptable Fehlleistung von Küche und Service, besonders in diesem Ambiente.
Zum Degustationsteller:
„Knusprige Ente“ – serviert auf einem Bett von Sojasprossen, die aus der Dose und nicht frisch waren, die Ente knusprig und mager aber leider auch etwas trocken, die dazu servierte Knoblauch-Sojasauce sehr gut und für die Ente unbedingt erforderlich.
„Süß-saures Schweinefleisch“ – klassisch serviert mit Ananas aus der Dose und Pilzen, der Teig definitiv zu geschmacksneutral, dafür aber auch für gebackene Früchte verwendbar, das Fleisch von sehr guter Qualität.
„Scharfes gebratenes Rindfleisch“ – ausgezeichnete Fleischqualität, schön blättrig geschnitten, die Sauce sehr würzig und auch mittelscharf, das Gemüse dazu wunderbar knackig und schmackhaft.
„Gebratener Eierreis“ – schön körniger nicht pappiger Reis, trocken gebraten mit frischen Karottenstreifen und frischem Lauch – sehr gut.
In Summe gebe ich allen Speisen ein ehrliches GUT, aber eben nicht mehr. Die Speisen waren unspektakulär und meine doch höheren Erwartungen wurden zu meiner Enttäuschung absolut nicht erfüllt. Nichts an allen Speisen war besonders einzigartig, bemerkenswert oder hervorragend. Die Portionen der Hauptgerichte waren sehr groß, mehr als ausreichend und offensichtlich völlig frei von Glutamaten – ich hatte keinerlei Beschwerden oder für mich sonst übliche Reaktionen.
Das Ambiente hat mir, wie anfangs geschildert, besonders gut gefallen. Die Sanitäranlagen haben Luxus-Charakter und sind Tip-Top. Der größte Teil des Lokals wird den Nichtrauchern gewidmet und vor dem Lokal gibt es einen kleinen Gastgarten, leider direkt an der Porzellangasse. Ein Extraraum mit einem großen Tisch für etwa 12 Personen ist für jegliche Art von Feiern vorhanden. Bemerkens- und erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass man hier sehr kinderfreundlich ist. Ein eigens Kinderzimmer / Spielzimmer mit Unterhaltungsmöglichkeiten für die Kleinen wird angeboten. Hochstühle sind natürlich obligat.
Der männliche Service agierte, ohne jemals eine Miene zu verziehen, lustlos und gleichgültig, kein einziges Lächeln, kein einziges Mal die Frage nach dem „Wie hat es geschmeckt?“, „War alles in Ordnung?“ stellen ist schon sehr befremdlich. Erst als eine sehr nette Frau die Serviceagenden übernahm, wurde es viel besser. Da waren wir aber bereits im Gehen.
Besonders hervorheben möchte ich die Gegebenheit, dass hier die Pekingente á la carte (ohne Vorbestellung) und auch für nur eine Person angeboten wird (EUR 16,50). Wunderbar auch die Idee des Degustationsmenüs für nur eine Person (EUR 28,00 für fünf Gänge). Sehr interessante Spezialitäten werden überdies nach den Jahreszeiten bzw. nach der jeweiligen Saison angeboten.
Zu den Getränken möchte ich noch festhalten, dass man sich hier nicht schämt, trotz voller Konsumation (mehr als EUR 50,00 zu zweit) und trotzdem man Wasser nicht als Hauptgetränk bestellt, hierfür auch noch EUR 0,50 pro 0,25L zu verrechnen. Meine beste Tochter von allen hatte den Mangonektar (EUR 2,80 pro 0,25L) mit Leitungswasser auf einen halben Liter „aufgespritzt“ – somit EUR 3,30 je Glas. Mein Murauer-Bier war völlig O.K. und kostete EUR 3,60 das Krügel und EUR 2,90 das Seidel.
Fazit: ich empfehle das Lokal trotzdem, weil es einfach durch und durch interessant ist, und die Speisen absolut nicht schlecht sind. Die Speisekarte bietet eine fast schon unüberschaubare Auswahl, und genau das wird auch der Grund sein, dass ich wieder einmal hier einkehren werde. Die Preise sind für ein Chinesisches Restaurant eher gehoben, das Gesamterscheinungsbild bzw. die Präsentation des Lokals hinkt aber diesem Rahmen in einigen Belangen eher hinterher. Pflaumenwein gibt es hier nicht zur Rechnung, was aber völlig unerheblich ist. Die Informationen im Internet sind sehr umfangreich und ausführlich, aber nicht lückenlos top aktuell – der „Degustationsteller Goldener Drache“ ist vom Preis und Umfang her nicht ganz korrekt auf der Homepage. Das Lokal ist öffentlich super zu erreichen – siehe dazu den Anfahrtsplan auf dem Foto. Behindertengerecht ist das Lokal nur dann, wenn man im Garten Platz nimmt und sicher nicht auf die Toilette muss.
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"knusprige Ente"..."acht Schätze" und sie sprechen von einem der besten cinesischen Resaturants Wiens??? Sie haben noch nicht viel probiert in dieser Stadt, oder?