am 21. August 2022 · Update 1. Sep 2022
SpeisenAmbienteServiceKeine WertungSche, dass’d do woast!
Diese Worte klingen angenehm in meinen Ohren, wenn ich an das Minoritenstüberl denke. Mit diesem herzlichen Verabschiedungsgruß lasse ich mich gerne vom Lokalinhaber Andi Wojta hinauskomplimentieren, nachdem ich zufrieden und gesättigt ein gutes Mittagessen bei ihm kons...Mehr anzeigenSche, dass’d do woast!
Diese Worte klingen angenehm in meinen Ohren, wenn ich an das Minoritenstüberl denke. Mit diesem herzlichen Verabschiedungsgruß lasse ich mich gerne vom Lokalinhaber Andi Wojta hinauskomplimentieren, nachdem ich zufrieden und gesättigt ein gutes Mittagessen bei ihm konsumiert hatte.
Man muss wissen, das Stüberl ist kein Wirtshaus, sondern eine Kantine, die nur über die Mittagszeit offen hat. Sitzen kann man bis ca. 16.00 Uhr, aber die Essenausgabe endet um 13.30 Uhr. Und richtig, es heißt Ausgabe, man bestellt an der Schank, bezahlt dort und trägt alles selbst zum Tisch.
Man muss nicht wissen, aber man kann, dass Andi Wojta nicht nur hier bekannt ist, er hat sich auch schon einen Namen gemeinsam mit Alex Frankhauser (Haubenkoch in Tirol) in der ORF-Fernseh-Show „Frisch gekocht“ gemacht. Was ihn neben professioneller Kochshow auszeichnet ist sein Schmäh, den Andi seinem Partner erst lernen musste, na weil der halt ein Tiroler ist (aber lernfähig 😊). Schmäh prägt seine Natur.
Er kann ihn aber in der Mittagszeit nur bedingt anwenden, steht er dort auch unter Stress und nimmt die Zurichtung am Teller für jeden Gast vor. Es gehört zu seinem Faible die Gerichte mit einem Pflanzerl Rosmarin oder Thymian zu bestücken, fürs Augerl warat‘s. Essen kann man’s nicht, ist aber seine Signatur.
Es helfen 2-3 Damen, die alles übrige tun. Denen könnte Andi hin und wieder auch eine Lektion in Sachen Schmäh erteilen, aber das sei seine Sache. Ich unterstütze sie, indem ich mein Geschirr meistens auch wieder zurücktrage. Das muss man nicht, aber man kann, am Einsatz des Personals mangelt es nicht. Brave Mädls sind's, aber recht schweigsam.
Ein Loblied auf die goldene Wr. Küche
In meinen Augen ist der Meister seines Fachs für unsere Generation schlechthin ein Aushängeschild für unsere Wiener Speisentradition. Zuallererst gelernt von Muttern tritt er sichtlich in ihre Fußstapfen.
Man kann sich eines schlichten Menüs bedienen, das ca. 10€ kostet. Unumwunden hat Andi zugegeben, dass er sich bei der Suppe nicht viel antut, aber die Gäste wollen das. Es sei dies daher ein kleine Schwäche, und ich esse sie auch nur, falls der Hunger größer ist.
Der Menüteller hat eine von alters bekannte Form einer Teilung, wo im kleineren Bereich der Salat und im größeren Bereich die Hauptspeise aufgelegt wird. Hier gibt es oft Sachen, die er nur derart anbietet und nicht a la carte.
Meine Favoriten sind aber eindeutig a la carte, von denen ich nachfolgend versuche einige zu beschreiben und den Hauptausschlag geben, warum ich verwöhnter Fratz, der ich doch z.B. ein ausgesprochener Suppenfanatiker bin oder die gute Weinauswahl für unabdingbar halte, es mir dennoch antue hierher zu gehen. Ich verrat‘s euch: Er kocht genial.
Die Weinauswahl ist schlicht rot oder weiß, in der Regel führt er den gemischten Satz von Zahel. Zur Speisen-Auswahl hängt ein A4-Zettel am Holzbalken, der täglich adaptiert wird. Was ausgeht wird simpel durchgestrichen. So funktioniert des do.
Zuletzt, es gibt für bestimmte Speisen bevorzugte Tage, Wer’s genauer wissen will kann Andi Wojtas Newsletter abonnieren, er hat aber eine fast konstante Regelmäßigkeit.
Meine Favoriten
Ich auserkore vier Gerichte, von denen ich von vornherein sage: Top 5, es geht net besser. In der gehobenen Küche sollte es eigentlich erst von 5 aufwärts gehen und weiß Gott wie weit nach oben, aber in der Liga spiele ich gar nicht mit. Mein Herz jubelt, wenn ich Omamas Kochkunst samt ihrer Geheimnisse, wie nur sie diese kennt und hütet, von ihren Kindern auch erhalte.
Ultimo 1) Rindsroulade – Das Fleisch lt. Auskunft Andi vom Schlögl in einer genial reich mit Zwiebeln angereicherten Sauce, zum Abbussl’n, an der Füllung kann man m.E. nicht viel falsch machen, klassisch ergänzen Karotten. Zeller, Gurkerln in Streifen geschnitten den Geschmack und für dem Umami-Effekt sorgt der Bauchspeck.
Als Beilage Erdäpfelpüree, immer sehr festcremig, so dass es nicht sofort zerrinnt mit kräftiger Butternote, so gehört sich‘s. Ich bin dazu auch Röstzwiebel gewohnt, die gibt‘s hier leider nicht. Der Grund dafür ist hausintern, da ihm dieses verweigert wird wegen damit verbundener Geruchbelästigung. Najo, is dem so?
Hab‘ ich schon erwähnt, dass er am Ort eines Bundesministeriums beheimatet ist? Vielleicht erklärt das die großkopferte Art, die ihm da möglicherweise begegnet. Wie auch immer, die Sache geht nicht von ihm aus. Also hier is nix mit meinen begehrten Röstzwieberl, aber die Roulade ist eh so auch schon überdrüber.
Top 2) Kalbsbeuscherl – Ich bin bei Gott kein Fan von Innereien, taste mich nur vorsichtig heran, aber das Beuschel vom Andi ist die Sensation. So sauber fein geputzt und fantastisch angereichert, recht klein alles geschnitten, die bindende Sauce nicht dicklich, sondern luftig und leicht, zur Abrundung mit einem Schuss Essig versetzt, dass es dann in der Art schlicht himmlisch wird.
Es stellt den Semmelknödel als Beilage, der auch nicht von schlechten Eltern ist, in den Schatten, der dann sozusagen nur mehr die Funktion zum Aufsaugen hat. Ich habe noch kein vergleichbares Beuschl anderorts gegessen. Meist ist es patziger, und wenn dies einen Grad übersteigt mag ich’s gar nicht mehr. Hier immer Entwarnung und darum meine Wahl.
Top 3) Grammelknödel - Ein Highlight der Sonderklasse. Es beginnt schon beim Teig, der extrem leicht und locker ist, was ich noch nie so auf die Reihe bekommen habe, Omas Geheimnis bleibt hier wahrlich gut gehütet und die Grammeln im Inneren knackig, zartknusprig und doch so angenehm beim Zerbeißen, dass sie auf der Zunge wie zerrinnen. Do legst di nieder und wüllst dem Knödel scho wieder a Buss‘l geb’n.
Woanders sind sie auch gut, aber nicht alle schaffen diese feine Knusprigkeit, die ohne Ausnahme Grammelstück für Grammelstück gilt. Das Kraut dazu ist 1A, in der Konsistenz wie es sich gehört und wer will, dem verpasst der Andi noch ein wenig Bratensaft dazu. Die Spuren der Erinnerung leben lange nach.
Top 4) Paprikahenderl – Das Gericht gehört zwar zur urtypischen Omama-Küche, wird aber nur sehr selten dargereicht. Am Henderl kann man m.E. so gut wie nichts falsch machen, man achte beim Einkauf auf gute Ware, ist heute selbstredend für jeden Gastronomen. Es lebt vor allem von der Paprikasauce, die kräftig mit Obers (oder Rahm) angerührt wird und der je nach Gusto Paprikawürze aufoktroyiert wird.
Persönlich habe ich meine Note gefunden, indem ich an Schärfe und Würze kompromisslos geworden bin, so auch mit weit weniger Obers arbeite, ist klarerweise nicht jedermanns Sache. Die Verarbeitung der Sauce hier ist tadellos und es muaß jo net immer der Chili-Kick sein. Also esse ich meins so und liebe auch die traditionell sanfte Art a la Oma.
Die Nockerln dazu sind Küchenbasics, saugen wie der Knödel auf und gehören einfach in der Wr. Küche dazu. Absolut nichts zu beanstanden. Recht ähnlich das Gericht für Hühnergschnetzeltes in gleicher Sauce, was aber in der Regel mit Reisbeilage serviert wird. Andi tät sagen: "Wö'tklasse!"
Sonstiges und überhaupt
Die Einrichtung ist Spitze, schlägt fast jede andere Kantine so und so und etliche Gasthäuser auch. Ich lasse dazu Fotos sprechen. Deshalb habe ich hier auch schon zu geschäftlichen Treffen meine Arbeitskollegen zusammengetrommelt. Man erklärt ihnen des Hausbrauch und das passt. Das Essen überzeugte sie dann ohnehin.
Auch die Tieflage ist kein Problem, man erhält durch die Oberllichten genug natürliches Licht. Gäbe es einen Gastgarten, wäre das mein Stammwirt, wiewohl nur Kantinenbetrieb.
Billig ist es nicht und ohne Umschweife sagte Meister Andi, dass er das auch gar nicht will. Mit der Ausnahme des Menüs, das logischerweise anders kalkuliert werden muss, liegt der Standardpreis für ein fleischliches Gericht derzeit bei 15€ und 1/8l Wein kostet 4€. Das macht dann mit Maut einen 40er wenn man zu zweit hergeht.
Die Portionsgrößen sind nicht die XXL-Liga, aber das passt für mich, da ich ohnehin Klasse vor Masse setze. Es gibt auch die eine oder andere Nachspeise, falls es nicht reicht.
Man darf das Minoritenstüberl nicht als üblichen Kantinenbesuch betrachten, um mal schnell den Hunger zu stillen. sondern als Begegnung mit der Wr. Küche und diese auf einem für mich vollendeten Niveau. In der Hinsicht relativiert sich wieder alles und so handhabe ich das.
Vielleicht lobhudle ich mit meiner 5-5 Wertung, dennoch ist es so für mich hier. Es gibt keine vergleichbare Kantine, die mit dem Ambiente (als eine Kantine !) samt dieser Küche mithalten könnte. Auf eine Wertung des Services wurde verzichtet, weil Kantinen es wohl so an sich haben, dass sie Self-Service sind, und mein Service steht ja wohl nicht zur Debatte. :-)
Nach vollbrachtem Werk erfolgreicher Hungerstillung samt herzerwärmender Sinnesausflüge durch Herrn Andi Wojtas geübtes Handerl samt Team erklingt er wieder, dieser in meinen Ohren mit lange anhaltendem Nachhall, sein aus dem Herzen kommender Abschiedsgruß:
„Sche, dass’d do woast!“
Hilfreich9Gefällt mir9Kommentieren
Wir geht eben das ganze Leben zur Schule...