am 11. Februar 2023 · Update 12. Feb 2023
SpeisenAmbienteServiceDas Café Central
Herrengasse Ecke Strauchgasse, ein mächtiger Bau im Italo-Renaissance-Stil des 19. Jh. erscheint vor meinem Antlitz, davor die übliche Touristenschlange, die mit Eselsgeduld Einlass begehrt. Man will hier aber nicht nur ein Kaffeehaus besichtigen, die beeindruckende Architekt...Mehr anzeigenDas Café Central
Herrengasse Ecke Strauchgasse, ein mächtiger Bau im Italo-Renaissance-Stil des 19. Jh. erscheint vor meinem Antlitz, davor die übliche Touristenschlange, die mit Eselsgeduld Einlass begehrt. Man will hier aber nicht nur ein Kaffeehaus besichtigen, die beeindruckende Architektur möchte auch inspiziert, ja bewundert werden. Die Handys etlicher Asiaten knipsen unaufhörlich jedes Detail.
5,70m hoch die Räumlichkeit im Inneren, Marmorsäulen unterstützen dicke Träger, die Decke als Kreuzrippengewölbe gestaltet, bei flüchtigem Blick erhalte ich den Eindruck, man betritt ein Kirchengebäude.
Der Architekt Ferstel hat sich da was einfallen lassen. Es sollte lt. Vorgabe der damaligen Stadtverwaltung ein schlichtes Bauwerk werden, nun ja, so fiel das Ergebnis bei der Eröffnung anno 1876 aus, aber heute sind alle froh, dass man ordentlich in die Geldtasche gegriffen hatte.
Das Café besitzt mittlerweile eine trächtige Kulturgeschichte, namhafte Literaten frequentierten es seinerzeit. Ihnen zu Ehren sitzt der ehemalige Stammgast Peter Altenberg heute noch als Pappmaché-Kamerad beim Eingang und mustert still alle eintretenden Besucher.
Mein Beziehung zum Café Central
Unumwunden gebe ich zu dem Flair dieser Institution gleich in mehrerer Hinsicht zu unterliegen, aber eines mag ich partout nicht, das wäre die neumodische Sitte bzw. für mich Unsitte des „wait to be seated“, welche zugegebenermaßen aufgrund des Andranges dennoch unvermeidbar ist.
Für ein ausgedehntes Verweilen muss ich mich gezwungenermaßen beugen, d.h. Besuche schon im Vorfeld planen. Immer wieder wäre ich gerne nach einem meiner Besuche im Minoriten-Stüberl, das nur unweit davon entfernt ist, eingekehrt, aber die dann erspähte Menschtraube vereitelt solche Vorhaben.
Als Wiener werde ich mich in meinem Kaffeehaus nicht anstellen! Nein! Dazu stehe ich. Insofern sind meine Besuche über die Jahre abzählbar. Nun mag ich aber solche ehrwürdige Kaffeehäuser. Gesagt getan, meine letzten Aufwartungen erfolgten mit Reservierung, die m.E. telefonisch besser funktioniert als online. Dazu im Folgenden ein paar aktuelle Eindrücke.
Meine zentrale Kaffee-Ansprache
Als Kulinarik-Forum konzentrieren wir uns ja auf solche Dinge, so bemesse ich ein Kaffeehaus neben seinem Ambiente auch nach dem Kaffee, ist dieses Edelgetränk auch einer meiner täglichen Wegbegleiter, nicht nur hier. Darin ist er zumal sogar treuer als mancher Mensch, sofern er auch meinen genüsslichen Anforderungen genügt.
Man könnte es kurz machen und sagen, der Lieferant ist Meinl, der quasi einen Kaffeestandard für Wien bildet und damit weiß man was einem erwartet. Passt also. Das wäre richtig, aber es gibt da noch den Barista, der aktiv mitwirkt und nicht zu vergessen die Grundeinstellungen an den Maschinen und das gibt die Führung vor.
Der Fairtrade-Bio-Masche ist man noch nicht auf den Leim gegangen, zumindest liest man darüber nichts. Im Kaffeegeschmack sollte das auch wahrgenommen werden, indem ich keine Säurereste verspüre, die man bei diesen Bio-Dings-Da Röst-Verfahren kaum wegbekommt.
Wie üblich fällt die Stärke für meine Begriffe wieder zu schwach aus, was der Arabicasorte geschuldet ist, aber man ist so ehrlich und benennt ihn auf der Karte auch „Mokka“ und nicht Espresso. Also muss ich wieder zu meinem Zauberwort „kurz“ greifen, oder auch „kurz-kurz“, womit ich dann Ristretto meine.
Solches muss ich zuerst abklären, je nachdem, welche Koffeindosis ich tagesaktuell benötige. Dann muss auch die Informationskette funktionieren, damit es nicht bei der Ober-zu-Barista Übermittlung via stille Post verkommt. Das gelingt nicht immer, aber oft beim zweiten Anlauf, wenn ich sage, er war leider immer noch zu schwach.
Tja, und dann beim Folge-Besuch das Prozedere wieder von vorne, weil ich nicht so oft hierherkomme, sodass man solche Eigenheiten als Stammgast kennen würde. Aber das macht die Sache auch immer spannend und gehört zu meiner Plauscherl-Taktik, sie ist Teil meiner Kaffeehauskultur.
Die Röstmischung ist sehr gut, hebt meine Stimmung im Rausch der Arabica-Aromen, die nicht nur den Gaumen, sondern auch die Nase animierend durchdringen. Kaffee ist nicht Kaffee, das möge für unsere netten Piefke-Nachbarn gelten, aber nicht für unsereins.
Ich bin durchwegs zufrieden, der Preis erreicht stolze 4€ für den kleinen und 6€ für den Großen Mokka, Innenstadtlevel. Serviert wird er je nach Ober wie ich das schätze sehr traditionell oder einfach und ohne Tablett. Ein Glas Wasser ist obligatorisch dabei.
Den Tupf Schlag gibt es nicht, habe aber einen beim letzten Mal gratis erhalten, die kleine aber erfreuliche Extrameile, vielleicht damit ich das Personal nicht allzu nerve, oder der gute Mann war mir gewogen. Ansonsten müsste ich eine Portion (Preis unbekannt) bestellen.
Als Add-On fehlt nie das Schoki-Nuss-Leckerli, sauber verpackt in rotem Hochglanzpapier, das die Aufschrift „Central“ ziert. Manche Ober bemerken die kleine Leidenschaft und bringen mir nachfolgend mehrere. Darum auch immer das unverzichtbare Tratscherl. Ja, darin besteht der Vorteil zu Vierbeinern, die solches nur mitleidserregend erbellen könnten. 😊
Hauptspeisen der Wiener Küche
Es fehlt das tagesaktuelle Angebot, was Kaffeehäuser sogar attraktiver machen würde, was scheinbar geopfert wurde. Die Haupt-Karte ist über die Jahre stabil, zeigt aber auffällig ungewohnte Beilagen bei mehreren Klassikern. Mir wurde mitgeteilt, dass man sich mittlerweile des letzten Küchenchefs, eines Steirers, entledigt hatte und man wieder auf die traditionelle Schiene zurückkehren möchte.
Nur waren wir beim letzten Besuch dem Innovativ-Künstler noch ausgeliefert, da man logistisch die Umstellung nicht ad hoc sofort umsetzen kann. Der Start mit einer Rindsuppe (6,50€) gelang noch tadellos, nur musste ich mich ein wenig wundern, ich fragte ob als Einlage Nudeln möglich wäre, was bejaht wurde.
Es kam eine Frittatensuppe und zu meiner Urgenz nach Nudeln wurde gesagt, das sind ja Nudeln und man beharrte darauf. Ok, Schwamm drüber, ess‘ ma di halt, is ja deswegen net schlecht. Serviert hatte sie ein Azubi, oder wie man die Jungspund-Serviceleute heute nennt. Früher sagte man Piccolo, das dürfte aus der Mode gekommen sein. Die Rinderbouillon war erste Sahne, eine Kraft und Wohltat an Suppe, soweit versöhnte das sofort.
Die Weinauswahl ist angesichts dieser Top-Location spärlich, es gibt 4 Rote und 5 Weiße und klar, dafür bedarf es damit auch keiner eigenen Karte. Darin besteht für mich klares Potential nach oben.
Meine Begleitung wählte als HS den Tafelspitz (24€), aber nun schlug die Küche unbarmherzig zu. Es fehlten die klassischen Beilagen. Ich will ehrlich gesagt auf die dargebotene Themenverfehlung nicht eingehen, da sie in ein zwei Wochen eh Geschichte sein wird. Eine Nachbestellung von Bratkartoffeln mit geringem Investment von zusätzlichen 3€ rettete die Performance. Schön aus Pfanne mit guter Zwiebelnote, hm davon naschte ich auch.
Bei meiner Wahl Pot au Feu vom gebratenen Waller (20€) ist dem Kellner allerdings nicht entgangen, dass ich mich über die Wahl der Zutaten, aber in erster Linie über die Zubereitung sichtlich mokiert hatte, das Gespräch führte ich jedoch mit meiner Begleitung, nicht mit ihm. Er kam aber auf mich zu und fragte, ob ich lieber eine andere Speise möchte. Die Zufriedenheit seiner Gäste stehe für ihn im Vordergrund.
Wow, was für eine Aufmerksamkeit, ich war überrascht. Das Angebot hatte ich wohlwollend angenommen und bei der so entstandenen kurzen Plauderrunde erfuhr ich über die gegenwärtigen Küchenzustände. Er sagte absolut nichts Schlechtes über den Ex-Kuch‘lbugl, aber der Eindruck, dass das gesamte Personal aufatmet kam m.E. rüber.
Damit wollte ich kein weiteres Risiko eingehen und orderte den klassischen Bröselteppich, da ich dachte, na den sollte selbst ein Küchenwappler z’samm’bringen. So war es dann auch, und sogar nahezu perfekt.
Das Kalb wunderbar zart, Duft nach Butterschmalz in angenehmer Intensität, die Soufflierung könnte noch etwas besser sein, die Petersilerdäpfel tadellos, na also geht doch! Man kann den Wiener damit immer wieder glücklich machen.
Auf der Online-Karte vermisse ich den Kaiserschmarrn, die Lokalkarte hat ihn mit 11€ gelistet. Den habe ich mir nach Jahren wieder vorgenommen. Die angekündigte Wartezeit von 20 Minuten verringerte sich dann auf ca. 5 Minuten. Es wird schon alles selbstgemacht, aber halt vorbereitet, wurde gesagt. Es überzeugte aber nicht.
Naja, an dem wird sich voraussichtlich nichts ändern, so ist mir die Guglhupf-Variante noch in Erinnerung. Er ist ja nicht schlecht, nur nicht meine Vorstellung. Die Elemente Vanille oder Rum in homöopathischer Dosierung, so ist‘s halt für meinen Gaumen ein passabler Biskuitschmarren.
Kein Ahnung, warum ich es immer wieder wissen will, aber so alle 5 Jahre kann man ja wieder nach dem Rechten sehen. Dem Tourist schmeckt er, weil er den Vergleich zum Original nicht hat.
Klassische Zwischengerichte
Bei vielen Besuchen begnüge ich mich mit Zwischengerichten, wenn nicht nur Kaffee am Programm steht. Solches hat das traditionelle Kaffeehaus auch geprägt. Damit bin ich recht zufrieden, zumal ich die auch gerne mit meinem Wr. Bier-Favorit Ottakringer Original begleite, 0,3l um 4,70€, das hier gepflegt o‘zapft wird.
Ein Krügerl gibt’s (offen) nicht, das wäre hier wohl nicht nobel. Soll sein, dann wird‘s mit zwei Seidel halt leider teurer, wenn das erste zu schnell weg war und sich der Durst weiter meldet.
Klasse sind die Handsemmeln, resch und knusprig, wie sich das gehört, zerbröckeln nicht in 1.000 Einzelteile und haben eine perfekte Teigkonsistenz, first Class. Einzeln kosten sie volle 2€, aber eine ist bei den Gerichten inkludiert.
Bei der ungarischen Gulaschsuppe (8€) passierte zuletzt ein Hoppala, weil ich sie schon um 09:30 Uhr geordert hatte. Warme Speisen gibt es erst ab 10.00 Uhr, aber die Küche brachte das schon hin, eine weitere Extrameile.
Nur war sie kaum als Suppe zu bezeichnen, sondern schon ein regelrechtes kleines Gulasch, zu fleischlastig angereichert voller kleiner Wadschunkenstückerl. Der Koch hätte besser schöpfen müssen, und selbst als Gulasch fehlte es so an Saft.
Das machte sich bloß erst ab der Hälfte bemerkbar, als mir dann aufgefallen ist, hey Supperl, wo bist du? Gut zubereitet war sie aber, pikante Note und schöne Gulaschwürze waren angenehm vorhanden.
Frühstücken wie ein Fürst
Wie in guten Kaffeehäusern üblich frühstückt man fürstlich, die Preise dazu passend fürstlich, die Qualität exzellent. Darin liebe ich mein herzallerliebst Österreich. Schlecht frühstückt man wirklich nur in Ausnahme-Gaststätten, man kennt das hohe Niveau auch aus der heimischen Hotellerie, ich vergleiche es mit 4-Sternen und höher. Ein Zuckerl dazu, ein Heißgetränk nach Wahl ist bei den Sets im Preis inbegriffen.
Die letzte Frühstücksoffensive tätigte ich mit einem guten Freund, er das volle Programm, Kaiserfrühstuck um 24€ samt Gläschen Sekt, ich bescheidener, a la Carte Wahl, Rührei mit Lachs auf getoastetem Schwarzbrot um 12€, sehr gut.
Rucola Salat ließ ich gegen Schnittlauch austauschen, was kein Problem war, passt m.E. besser, gegen Rucola hegt meine Seele Abneigung, für mich Hasenfutter, oder habe ich Löffel anstelle Ohren? 😉
Zuletzt noch das simple Schnittlauchbrot, welches aus 2 Stück bestand, das Brot allerdings nicht von der frischesten Sorte. Leider bringen das viele nicht nach meiner Vorstellung hin, ich bin in dem Punkt zugegeben auch penibel, dafür mit 4€ keine nennenswerten Kosten.
Konditorei bzw. Patisserie
Davon bevorzuge ich die Schiene Apfel- und Topfenstrudel und sie sind passabel. Klar, es gibt stets das sog. Bessere und solches ist immer der Feind des Guten, aber ich bin damit zufrieden. Meine letzten liegen aber schon einige Jahre zurück, wird mal wieder Zeit.
Wenig Erfahrung habe ich mit den Torten, das möge sich ein anderer Kollege vornehmen oder man kommt her und macht sich selbst ein Bild. Das liegt daran, dass ich diesbezüglich mein Oberlaa-Paradies in Wien habe, das auch mit mehreren Filialen an unterschiedlichen Orten vertreten ist.
Service, Allfälliges und Resümee
Eingehender bewerte ich den Service dann, wenn er abweichende Merkmale von der Norm aufweist, sei es positiv oder negativ. Damit möchte ich die Top-Leistung meines letzten Kellners beim Mittagstisch wie beschrieben hervorheben.
Der eine oder andere versteht es zusätzlich auf meine Plauder-Eigenschaft entsprechend zu reagieren und möchte gerne mithalten bzw. schiebt seine eigenen Wuchteln. Solch Schmäh gefällt mir natürlich. Da das kein Einzelfall ist, so vergebe ich gerne die Top-Note.
Erwähnenswert noch, nachmittags beschallt regelmäßig ein Pianist den Central-Äther mit Klaviermusik. Extra berappen muss man dafür nicht, wie sich der Musikus finanziert oder ob er überhaupt eine Gage bezieht, weiß ich allerdings nicht. Man darf aber dezent einen Schein bei ihm ablegen.
Wäre da nicht der permanente Ansturm, ich würde öfter herkommen. Ich muss damit leben, dass Touris aus aller Herrn Länder diesen Ort ebenso ins Herz schließen möchten wie ich. Für das beeindruckende Ambiente komme ich daher nicht umhin das klare 5er-Taferl zu heben. Ebenso passt das gesamte Interieur ins Bild. Must see!
Gäbe es nur eine Wertungs-Kategorie, wie auf Google-Map, wäre es eine saubere 5-Stern-Wertung. Das letzte Küchenerlebnis nehme ich nicht in die Note auf. Für mich reicht wie bei anderen Cafés an sich das gute Frühstück, das kleine Gulasch, hin und wieder ein Strudel, und last but not least der Kaffee. Damit bin ich sehr zufrieden und das schon über Jahre.
Das Café Central ist für mich eine widerspruchslos sehenswerte Wiener Tradition und sollte man jedenfalls kennen. Schande über den, der noch nie da war. Letzte Aussage versehe ich aber auch mit einem Emoji! 😊
Hilfreich6Gefällt mir6Kommentieren
Danke für das Kompliment, 1er-Menü :) - ich ziehe oft weiter ins Diglas im Schottenstift. Relativ ruhig dort. Touristen stören mich absolut nicht, nur Massen. Das Central ist nicht immer überlaufen, nur stehen trotzdem ständig Leute in Schlange. Das Korb muss noch näher inspiziert werden. Sitze dort hin und wieder im Sommer im Garten.