Als Chinese esse schon seit langer Zeit nicht mehr in chinesischen Restaurants Wiens, weil ich die Kochphilosophie und die Hygienemaßnahmen einfach nicht vertraue. Aber nach langer Zeit verfällt die Angst bzw. wächst der Hunger und somit habe ich wieder ein chinesisches Lokal genauer unter die Lu...Mehr anzeigenAls Chinese esse schon seit langer Zeit nicht mehr in chinesischen Restaurants Wiens, weil ich die Kochphilosophie und die Hygienemaßnahmen einfach nicht vertraue. Aber nach langer Zeit verfällt die Angst bzw. wächst der Hunger und somit habe ich wieder ein chinesisches Lokal genauer unter die Lupe genommen.
Diesmal wird "Meister Xiao" mein Opfer (oder umgekehrt? man kann's nie wissen). Die verehrten KollegenInnen hier im Forum haben mich auf das Restaurant aufmerksam gemacht. Wollte eigentlich zum Ostwind, aber der hat am Sonntag geschlossen. Da ein Sonntag auch nicht einladend wirkt die Mariahilferstraße mit den ruhenden Geschäften aufzusuchen, beschloß ich mit meiner Frau dem "Meister Xiao" einen Besuch zu erstatten.
Beim Betreten des Lokals merkte man, dass die Klientel hauptsächlich Österreicher waren. Außer uns waren nur noch zwei chinesische Damen da, die ein Hot-Pot bestellten. Ich wollte auch gerne Hot-Pot essen, aber die Bedienung meinte, es dauert sehr lang bis alle Sachen vorbereitet sind. Ok, dann bleiben wir beim à la carte.
Die Speisekarte mit dem Foto des "Meisters" war sehr schön anzusehen, wirkte fast wie neu. Grübel grübel, was nehmen wir denn wohl? Es gibt immer ein paar Klassikern in jede regionale Küche, welche eine Menge über die Fähigkeit des Kochs verraten. Wir wählten "Yu Xiang Rou Si" und "Ma Po Dou Fu", wollten eigentlich noch einen Fisch bestellen. Die Dame von der Bedienung erklärte uns, dass der Fisch lang bräuchte, weil er zuerst aufgetaut werden muss. Außerdem wären zwei Gerichte für uns schon ausreichend. Ich mag ihre Offenheit, sage adieu zum Fisch, bestellte aber trotzdem ein drittes Gericht "Shui Zhu Niu Rou". Zweimal Reis als Beilage und zum Trinken hatten wir ein Kännchen Oolong-Tee.
In Nachhinein stellte sich heraus, es war ein Fehler keine Suppe bzw. Vorspeise zu bestellen. Die Wartezeit war überdurchschnittlich lang. Bis das erste Gericht beim uns erschienen ist, saßen wir schon mit dem knurrenden Magen mindestens 25 Minuten am Tisch. Bis alle Gerichte auftauchten, waren 45 Minuten vergangen. Ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, denn es waren keine schwierigen Speisen und die meisten Gäste hatten ihr Essen schon.
Zum Hauptthema, das Essen:
"Shui Zhu Niu Rou", gekochtes scharfes Rindfleisch. Theoretisch sollten es hauchdünn geschnittene Rindfleischscheiben sein, die in einer heißen Fond aus Chili, chinesischem Pfeffer und fermentierten Soyabohnen schnell gegart werden und in einer Topf samt Fond serviert wird. Neben den typischen Gewürzen sollte es auch den Reiz einer Sichuan Hot Pot beinhalten. Hier beim Meister Xiao gab es keinen Topf, das Fleisch kam auch ohne Fond in einem Teller serviert, unten belegt mit etwas Pak-Choi, Sellerie und Lauch. Optisch war dies schon mal ein Minuspunkt. Es sah so aus, als wäre das Fleisch lediglich kurz gebraten und mit Gewürze überstreut. Geschmacklich war es zwar zart und der chinesischer Pfeffer kommt auch gut zum Vorschein, trotzdem schmeckte es nicht wie im Fond gegart und auch nicht so angerichtet. Da kann ich einfach nur den Kopf schütteln.
"Ma Po Dou Fu", oder wie die meisten es kennen "Mapo Tofu". Wer gerne Sichuan-Küche isst, oder allgemein chinesische Küche kennt, kennt mit hoher Wahrscheinlichkeit dieses Gericht. Ist sehr nahrhaft, bekömmlich und gesund. Hier im Lokal war das Essen auch in Ordnung.
"Yu Xiang Rou Si", gebratenes Schweinefleisch nach Yu-Xiang Art. Den Begriff "Yu Xiang" habe ich schon öfters erklärt. Wörtlich übersetzt "Fisch duftend", wer möchte kann die genaue Erklärung in meinen früheren Bewertungen (Ich glaube es war beim Chinarestaurant No. 27) lesen. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass bei einem "Yu Xiang" Gericht eingelegter Chili vorhanden sind, die den Geschmack erst richtig hervorbringen kann. Hier habe ich zwar Chilistücke gefunden, aber der Geschmack war nicht da. Entweder war es zu wenig oder es waren einfach keinen eingelegten Chili. Vom Geschmack her war es vielmehr "Schweinefleisch süß-sauer", viel zu dominanter Süß-Sauer Geschmack. Außerdem sollte bei diesem Gericht neben Schweinefleisch auch Bambus, Judasohren (chinesisch "Mu Er", manche nennen's Morcheln, ist eigentlich nicht richtig) und eventuell Karotten dabei sein. Dafür fanden wir Lauch, Sellerie und Zucchini, wäre Pak-Choi dabei wäre es fast wie das gekochte Rindfleisch. Wieder Kopfschütteln.
Fazit: Im Allgemein war das Essen durchaus chinesisch, keine angepasste Küche. Aber es gibt auf jedem Fall Luft nach oben. Die Küche ist durch die Essgewohnheiten der Gäste schon nicht mehr auf der traditionellen chinesischen Spur. Viele Österreichern essen fast die gleichen Sachen, x-mal wurde Ente mit Reis oder gebratener Reis bestellt. Man sollte mehr Acht auf die Zubereitungsart und die Nebenzutaten geben, diese spielen ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. Wenn die Nebenzutaten fast identisch sind, dann bleibt nicht viel Raum für den Charakter einer Speise. Scharf alleine ist sicherlich die Seele der Sichuan-Küche.
Hilfreich17Gefällt mir11Kommentieren
kann dir nur zustimmen! ich bin recht oft dort und wurde noch nie enttäuscht! :)