„Hot town, summer in the city, ...“ – die Zeile des Hits von „The Lovin’ Spoonful“, mit dem ich das Geburtsjahr teile, passt in diesen Tagen. Mir stand der Sinn spontan nach einem schattigen Garten, einem witzigen Ambiente, gutem Essen und nein, für Schnitzel und Co. war’s mir zu heiß.
Ich er...Mehr anzeigen„Hot town, summer in the city, ...“ – die Zeile des Hits von „The Lovin’ Spoonful“, mit dem ich das Geburtsjahr teile, passt in diesen Tagen. Mir stand der Sinn spontan nach einem schattigen Garten, einem witzigen Ambiente, gutem Essen und nein, für Schnitzel und Co. war’s mir zu heiß.
Ich erinnerte mich daran, schon vor geraumer Zeit, nach einem Besuch in Istanbul, die türkischen Lokale in Wien in Augenschein nehmen zu wollen, - also rauf aufs Bike und ab zum Brunnenmarkt. Quasi „Little Istanbul“ in Vienna. Nicht falsch verstehen, ich finde es absolut bereichernd, wenn sich in manchen Vierteln meiner Heimatstadt andere Ethnien oder Traditionen ansiedeln, wer einmal durch den Markt in Chinatown in New York oder San Francisco spaziert ist, wird mich verstehen. Andere Kulturen sind eine Bereicherung für diese Stadt, keine Bedrohung. Auch wenn mir diese Aussage von manchen Lesern das Attribut „Gutmensch“ einbringt. Wobei es sich mir immer noch verschließt, warum die Verbindung von Gut und Mensch negativ konnotiert ist. Aber das ist eine andere Geschichte.
Anyway, ich war schon viele Jahre nicht mehr in dieser Gegend. Ein veritables Aha – Erlebnis. Der Zeitpunkt, an dem der Yppenplatz so wiederbelebt wurde, dürfte spurlos an mir vorübergegangen sein. Cafés und Lokale, soweit das Auge reicht, gut besucht, eine nette, vorabendliche Sommerstimmung. Gefällt mir. Gleich daneben der Brunnenmarkt. Auch hierher hat’s mich das letzte Mal wohl vor zwanzig Jahren verschlagen, als ich nicht allzu weit weg wohnte.
Ich mag Märkte. Ich liebe es, in einer fremden Stadt Märkte zu besuchen, die Vielfalt von Farben, Gerüchen, frischem Obst und Gemüse ist so belebend. Hier am Brunnenmarkt ist echtes Marktflair. Mein Timing ist leider nicht perfekt, der Markt ist beinahe schon geschlossen. Und trotzdem, ein wenig von diesem Flair kann ich noch mitnehmen, während ich auf der Suche nach einem schönen Lokal durch die Marktgänge schlendere.
Ich entdecke das „Lokanta Oase“, ein Ecklokal mit einladendem Garten. Das soll’s sein, für meinen Ausflug in die türkische Küche.
Ich werde freundlich von einem jungen Kellner zu einem Tisch begleitet, Karte kommt, auf Nachfrage auch das WLAN Passwort, man will ja a) einchecken und sich b) einen kurzen Überblick verschaffen, was denn andere TesterInnen über Ihre Besuche in der Lokanta Oase zu berichten hatten.
Das Lokal ist gut besucht, zur Hälfte glaube ich, von einheimischen Gästen. Das Lokalinnere sieht nett aus, mit offener Küche, ist aber bei den vorherrschenden Temperaturen keine Option. Die Tische im Garten sind gemütlich, mit ausreichendem Abstand großzügig platziert.
Die Karte bietet allerlei vom Holzkohlengrill, Kebap in verschiedenen Varianten, aber auch „Hausmannskost“, i.e. Gekochtes à la Moussaka, gefüllte Paprika, sowie diverse Suppen und natürlich bekannte türkische Desserts wie z.B. Baklava. Alle Gerichte sind mit Bildern dargestellt, - etwas, dass ich persönlich nicht besonders schätze.
Mag ja für Nichtkenner der türkischen Küche hilfreich sein, hat aber doch den Hautgout von Fastfood oder Touristenlokal. Man kennt das ja von Chinarestaurants: Die Nummer 27, whatever it is, aber bitte, so wie am Bildchen. Mit alles und scharf.
Nein, es wäre schon eleganter, die Speisen nur zu beschreiben, - auch eine Beschreibung kann ein aussagekräftiges Bild vermitteln –, (bei meinem Lieblingsportugiesen Senhor Vinho trägt der Filius des Hauses die Speisen an Hand einer großen Tafel vor, und zwar so, dass den Gästen auch in Absenz von Bildern das Wasser im Mund zusammenläuft).
Außerdem hätte es den Vorteil, dass der Gast nicht das Bild vor Augen hat und eventuell enttäuscht ist, wenn das am Teller Servierte dann doch etwas anders aussieht, obwohl das nicht unbedingt schlechter sein muss.
Egal.
Ich bestelle einen Weißen Spritzer, die Weinkarte ist relativ spartanisch und bietet außer „Hauswein“ nur türkische und, wenn ich mich nicht irre, griechische (?) Weine an.
Passt für mich eh, weil mit Bike und so, aber ganz grundsätzlich könnte man schon sagen: bei der guten Location könnte man, bei aller türkischer Authentizität, doch auch den ein oder anderen Veltliner oder Gelben Muskateller von einem der vielen guten, österreichischen Winzer auf die Karte setzen. Ich bin sicher, dass mindestens die einheimische Fraktion der Gäste dies schätzen würde.
Weiter geht’s: vorab eine Portion gefüllte Weinblätter, als Hauptgang wähle ich „Köfte“, also faschierte Laibchen.
Nach sehr kurzer Wartezeit kommt mein Spritzer, dicht gefolgt von den Weinblättern. Die Blätter sind unglaublich zart und nur mit Reis gefüllt. Ich kenne und liebe dieses Gericht aus Bulgarien, wo auch Faschiertes mit in die Weinblätter kommt, es hat dadurch abseits vom Fleischgeschmack auch etwas mehr Struktur und Biss, aber auch diese vegetarisch gefüllten Weinblätter erweisen sich als außerordentlich köstlich. Angerichtet sind sie auf einem kleinen Teller mit Joghurt, einer Tomate und klein geschnittenem, knackig frischen Eisbergsalat. Die Komposition ist insgesamt sehr stimmig, ein einfaches, leichtes, sommerliches Gericht, das wirklich schmeckt und auch (natürlich mit Ausnahme der Tomate) aufgegessen wird.
Auftritt der Fleischlaibchen, vom Rind, versteht sich. Kräftiges Holzkohlen-Grillaroma begleitet den Auftritt, als Beilage gibt’s Reis mit Kichererbsen, sowie den gleichen Salat wie bei den Weinblättern und einen gegrillten Pfefferoni.
Nun ist es ja so, dass faschierte Laibchen aus purem Rindfleisch grundsätzlich etwas kompakter und trockener sind, als die österreichische Variante. Bei meinen Laibchen dürfte der Koch allerdings die Verweildauer der Laibchen am Grill etwas aus den Augen verloren haben. Kompakt ist eine Sache, furztrocken leider eine andere. Diese Köfte waren schlichtweg totgegrillt. Geschmacklich wohl einwandfrei, gute Grillaromen, aber eben viel, wirklich viel zu trocken.
Der Reis wiederum verdient höchstes Lob. Ein guter, perfekt zubereiteter Langkornreis, mit ein paar Kichererbsen versetzt, die auf der Zunge zergingen. Der Salat wirklich ausgesprochen frisch und knackig, ein echter Genuss. Das Brot, das schon bei der Vorspeise eingestellt wurde, ist ebenfalls der Kategorie „zum Niederknien“ zuzuordnen. Aber das kennt man ja von türkischen Bäckereien, das können sie wirklich gut.
Beim Abservieren wurde auch brav und freundlich gefragt, ob eh alles in Ordnung war, der Tee, den ich mir quasi als Dessert bestellte, und der wirklich vorzüglich war, wie ich es aus Istanbul kenne - im kleinen Glas mit einem Stück Würfelzucker serviert -, ging aufs Haus. Eine nette Geste.
Preislich ist die Lokanta Oase sehr günstig, mein Abendessen schlug sich mit gerade einmal 18 € (inklusive Trinkgeld) zu Buche. Für das Gebotene mehr als fair.
Mein Fazit: Fein ist’s dort, ein Ausflug in die Türkei ist’s allemal. Noch schöner ist es wahrscheinlich, wenn der Brunnenmarkt „in full swing“ ist, und man das Marktgefühl dadurch noch mehr spüren kann. Ich kann mir vorstellen, nach einem guten Essen noch lange sitzen zu bleiben, den hervorragenden Tee genießend dem Markttreiben zuzusehen.
Das Lokal hätte Potential zu mehr, daher seien mir ein paar Tipps zum Abschluss noch erlaubt:
- Bitte keine Bildchen auf die Karte, das muss nicht sein. Mut zur Beschreibung durch das sehr freundliche Servicepersonal.
- die gleiche Beilage, der gleiche Salat, sollte sich nicht auf Vor- und Hauptspeise finden. Ein bisschen Variation wäre ein Gewinn.
- Bitte ein paar gute österreichische Weine auf die Karte, das tut dem türkischen Genuss keinen Abbruch
- Ich hoffe, die Konsistenz der Köfte war ein einmaliger Ausrutscher. Ich hab sie in Istanbul schon wesentlich flaumiger gegessen.
Insgesamt war’s ein netter, entspannter Vorabend, teşekkür ederim an das Team der Lokanta Oase.
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