An einem lauen Sommerabend fuhren wir zum Abendessen nach Oberstockstall. Das ist ein Gutshof am Wagram, gleich neben Kirchberg gelegen und von Familie Salomon als biologisch-dynamische Landwirtschaft mit feinem Restaurant geführt. Biologisch-dynamisch, habe ich mir sagen lassen, ist nicht ganz d...Mehr anzeigenAn einem lauen Sommerabend fuhren wir zum Abendessen nach Oberstockstall. Das ist ein Gutshof am Wagram, gleich neben Kirchberg gelegen und von Familie Salomon als biologisch-dynamische Landwirtschaft mit feinem Restaurant geführt. Biologisch-dynamisch, habe ich mir sagen lassen, ist nicht ganz dasselbe wie Bio, es hat mit Rudolf Steiners Anthroposophie zu tun, es gelten besondere Regeln, die mir als Laien ein wenig komplex erscheinen, aber offenbar zu einem erfreulichen Ergebnis führen – hier gibt es was Gscheites zum Essen und Trinken!
Der Garten ist zwar wunderschön, aber beim Eintreffen um 20 Uhr war es uns draußen schon zu kühl, wir nahmen in einem Gastraum Platz. Die Räumlichkeiten sind weitläufig und liegen im ehemaligen Gesindetrakt des Gutshofes – also keine prunkvollen Hallen, sondern mehrere kleinere, eher niedrige Räume hintereinander, mit rustikalem Bretterboden und ländlicher Möblierung. Dank feinstem Tuch, nicht minder feinen Gläsern und viel ästhetischem Feingefühl sehr einladend, wohnlich-warm gestaltet.
Ein kleiner Aperitiv begleitete uns beim Lesen der Karte. Die ist umfangreich, beinhaltet ein 4- und ein 6-gängiges Menü, auf Wunsch mit Weinbegleitung, und ein umfangreiches á la carte-Angebot von der bodenständigen Griesnockerlsuppe bis zu anspruchsvollen Kreationen auf Basis aufwendiger Zutaten, wie man sie in einem Gourmetlokal erwartet.
Wir waren zu dritt, bestellten einmal das sechsgängige Menü mit Weinbegleitung und zweimal á-la-carte.
Der Service war aufmerksam und bemüht, es mangelte ihm aber ein wenig an Kenntnis des eigenen Angebots. Um unsere Fragen zu beantworten wurde in der Küche nachgefragt, die Unsicherheit beim Weinangebot führte zu einiger Verwirrung und Verwechslung.
Man brachte uns Butter, Öl und Salz in mehreren Varianten und verwies auf das umfangreiche Angebot an hausgemachten Broten, die auf einem Tisch im Raum bereitstanden.
Zwei Ravioli mit Ricotta-Nußfülle grüßten aus der Küche, recht nett.
Der schieren Menge der von uns genossenen Gerichte wegen halte ich mich in der Folge kurz und bündig:
Variation vom Biolachs. Einmal kurz gebraten, einmal geräuchert, einmal Tartare. Ebenso einfach wie vorzüglich.
Sardine mal drei. Mit den Dreiern hat man es hier. Einmal eingelegt á la Brathering, einmal geräuchert, einmal gebraten und in einen Kartoffelchip integriert, mit einem Stamperl Gurkenkaltschale serviert. Ganz nett.
Entenleberparfait mit dreierlei Gelee und Brioche. Cremig, fein-würzig, hervorragend.
Rindsuppe mit Griesnockerl. Griesnockerl sehr fein, Suppe zu dünn.
Lauwarmes Eigelb mit Trüffel und Flusskrebs. In der Eierschale angerichtet, witzig und geschmackvoll.
Gebratene Garnele auf Artischoken-Paradeisragout und Oliventapenade. Sehr gelungen, aber die Garnele wirkt in diesem Menü wie ein Parvenü, stört fast die Komposition., trotz ihres Wohlgeschmacks.
Lammleber mit Thymian-Wacholderrahm und Cremepolenta. Der Tiefpunkt des Abends. Lammleber zu lange gegart, trocken. Schade.
Zweierlei Reh, karamellisiertes Spitzkraut und Erdäpfel-Topfenknödel. Ein kurzgebratenes Stück Rückenfilet und Geschmortes von der Keule. Mit kräftigem Jus aus Wildfonds und Portwein. Wunderbares Fleisch. Kraut und Knödel erstklassig.
Brust von der Flugente mit Mohnschupfnudeln und glasiertem Pfirsich. Medium gebraten, ausgezeichnet.
Lammschlögel gebacken mit Erdäpfel-Gurkensalat. Köstlich, zart, in Butterschmalz gebacken.
Warme Schokoladentarte mt Mango und Pina Colada. Herrlich. Als Abschluss des 6-gängigen Menüs aber fast zu gewichtig.
Wassermelonensorbet mit Mandel-Tee-Gebäck. Herrlich leichtes Sommerdessert, perfekt.
Lavendel Panna Cotta. Zu fest, zu viel Gelatine.
Die Weinbegleitung war aus Produkten des Hauses kombiniert, man servierte in dieser Reihenfolge: Grüner Veltliner Patron, Riesling Tobel, Chardonnay Kirchenberg, Weißer Burgunder, Cabernet Sauvignon und als Abschluss den einzigen „Fremdling“, einen Portwein zur Schokoladentarte. Bemerkenswert fand ich, dass sich eine durchgehende Linie durch die Weine zieht, die Weißen schmecken „nach Salomon“, ein für mich schwer zu beschreibender Charakter, der aber enormen Wiedererkennungswert hat. Sehr harmonisch, gut eingebettete Säure, rund. Herausragend der Cabernet Sauvignon, ein reifer, kräftiger Roter, Jahrgang 2007, mit einem Anklang von gerösteten Kaffeebohnen im Bukett, vollem Geschmack und langem Abgang.
Die Weine kann man ebenso wie eine Vielzahl von hauseigenen Produkten vom Rindfleisch bis zur Marmelade auch zum Mitnehmen ab Hof erwerben.
Die Preise sind gehoben, auch in Anbetracht der Fülle und Qualität der genossenen Speisen sind € 230,- für ein sechsgängiges Menü mit Weinbegleitung und zweimal 4 Gänge á la carte mit nur einem Pfiff Bier, einem Glas Veltliner und viel Mineralwasser eine stolze Summe.
Fazit: Ein hervorragendes Restaurant auf dem Lande, das man nach Wahl auf zwei Arten und in zwei Preisklassen erleben kann: als Gourmetrestaurant mit großen Menüs und Weinbegleitung oder als gehobenes Landgasthaus, in dem man einfach á la carte ganz österreichisch eine Rindsuppe, eine Hauptspeise und eine Nachspeise bestellt. Hervorragende Rohstoffe, großartige Weine. Wir kommen wieder.
Hilfreich16Gefällt mir9Kommentieren
Die Karte ist schwer zu lesen, das Essen ist angeblich sehr gut.....leider ein wenig "zu wenig"!