Ein würdiger Abschluss einer erfolgreichen Woche in Salzburg.
Ich mache das ja gerne so: neigt sich ein Aufenthalt in einer Stadt dem Ende zu, wird dies mit einem besonderen Lokalbesuch zelebriert.
Apropos Zelebrieren: dieses Lokal tut genau das – und das ist genau nach meinem Geschmack.
...Mehr anzeigenEin würdiger Abschluss einer erfolgreichen Woche in Salzburg.
Ich mache das ja gerne so: neigt sich ein Aufenthalt in einer Stadt dem Ende zu, wird dies mit einem besonderen Lokalbesuch zelebriert.
Apropos Zelebrieren: dieses Lokal tut genau das – und das ist genau nach meinem Geschmack.
Wolf Haas, der eines seiner Bücher, Silentium!, ja auch hier in Salzburg angesiedelt hat, hätte gesagt: „Jetzt ist schon wieder was passiert! Und das ging so:“
Ich war ja schon einige Male direkt am Lokal vorbeigegangen bzw. vorbeigefahren. Die Müllner Hauptstraße ist ein besonderes Nadelöhr. Wer von Norden in die Salzburger Altstadt will, der muss wohl oder übel über die Gaswerkgasse durch den „Schluaf“ der Müllner Hauptstraße durch. Die Ampel an der Kreuzung mit der Lindhofstraße versucht mit Mühe, nicht immer erfolgreich zwischen den Fahrtrichtungen zu „schlichten“.
Genau hier hat sich Andreas Kaiblinger entschieden, Genießer in sein „Esszimmer“ zu laden.
Wer einmal drin ist, wird staunen, wie wenig man von der Hektik da draußen bemerkt. Die Scheiben dämmen den Lärm extrem gut.
Die Einrichtung ist – für meine Begriffe – besonders gut gelungen. Ich war mal vor Jahren in einem damals frisch renovierten, kleinen Alternativkino eingeladen. Das Foyer war besonders gemütlich mit viel Holz, Stein und eigentümlicher Beleuchtung ausgestattet.
Genauso fühlte ich mich hier auch. Ein schöner Empfangsbereich mit Garderobe, klar abgegrenzt des Esszimmers Esszimmer. Ein großer Käsewagen und ein nochmal größerer Spirituosenbutler auf Rädern. Eben diese Wägen sind allerdings auch eine gewaltige Herausforderung für die Damen und Herren im Service.
Am Tisch selbst gibt’s jede Menge Platz, zu den „Neben“-Tischen war so mancher Meter Abstand.
Service: eine Dame, zwei Herren. Gut gekleidet, handwerklich geschickt. Der junge Herr im zu großen Anzug dürfte sich noch in Ausbildung befinden, ist aber ebenso bemüht und korrekt wie seine älteren KollegInnen. Manchmal wünscht man sich ein wenig mehr Lockerheit, auch wenn wir hier natürlich im gastronomischen Oberstübchen zuhause sind.
Die Dame zeigt aber doch eine gewisse Prise Humor, vor allem beim „Lenken“ des fast schon furchteinflößenden Spirtuosenwagens.
Gedeck: ein Grammelschmalzaufstrich und ein Gänseleberaufstrich. Vor allem letzterer hat’s mir besonders angetan. Löblicherweise lässt man Brot und Aufstriche bis vor dem Servieren des Desserts am Tisch. Sonst wird ja in den Lokalen gern das Brot nach der Vorspeise wieder davongetragen. Nicht so hier.
Die Küche grüßt: Geschmorter Kalbskopf, ein gut gebeiztes Stück Lachs und ein gebratenes Teigtascherl mit Spinat. Sehr anregend – vor allem das Teigtascherl fand ich in puncto Konsistenz und Geschmackskombi besonders gelungen.
Vielleicht noch schnell ein Wort zu den Menüs: vier Menüs zwischen 64 und 105 Euro, eines „grün“, eines mit Fisch und zwei weitere.
Das Menü „Grün“ sagte mir persönlich am meisten zu, obwohl ich aufgrund meiner heiklen Beziehung zu manchen Zutaten gerne „Gänge tausche“.
Dies ist auch unter Berücksichtigung der Preisklasse problemlos möglich. Einzelne Gänge zu bestellen, macht aufgrund der Preisgestaltung wenig Sinn, es sei denn, man will nur einen oder zwei Gänge probieren.
So kamen des Weiteren:
Fenchelmus im Apfelgelee mit roten Rüben und Wasabilinsen.
Ich bin weder ein Fan von Fenchel, noch einer von roten Rüben. Doch was ich vorgesetzt bekomme, ist so subtil und intelligent kombiniert, dass es einfach wunderbar zusammenpasst.
Die Kombination macht’s : angenehm süßes Apfelgelee, darunter ein festes und doch flaumiges Mousse. Ein paar Fenchelzweige, dünne, getrocknete Apfelspalten, die Fenchelstiele, die Linsen mit schönen Beißerlebnis und die gehackten roten Rüben.
Superb, hätte ich nie gedacht.
Cremige Rehessenz mit Strudel vom geschmorten Rehschlögel und Buchenpilzen.
Eine wahre Bombe. Sehr intensiv, fast ein bisschen zu viel Salz, aber der Strudel vermag es abzupuffern. Die Kombination passt auch hier. Einzig die Buchenpilze waren mir einfach zu banal. Da gäbe es weit bessere Schwammerl.
Kohlrabigratin mit Herbsttrompeten.
Ja, genau die. Schwarz wie die Nacht, tatsächlich trompetenartig getrichtert und ein nahe Verwandter des Eierschwammerls. Auch zum Trocknen geeignet und jedes Jahr in meinem Küchenkastl zuhause verfügbar.
Ein einfaches Mahl. Kohlrabi in Scheiben, hauchzart, aber genau richtig durch. Ebenso die Herbsttrompeten, die die Sache sehr gut ergänzen. Fein gratiniert, voilà. Vielleicht nicht so ganz der große Brüller im Vergleich zu den Gängen zuvor, aber immer noch sehr gut.
Steinbutt mit geschmolzener Gänseleber und passiertem Spinat.
Gänseleber und Fisch lasst sich gut vereinen, dazu kommt der cremige Spinat und die schon zuvor probierten gebratenen Teigtascherln.
Wiederum sehr gut und ausgewogen – aber auch hier lege ich mich klar fest: den besten Steinbutt hatte ich immer noch in Güssing. Da gibt’s nichts zu rütteln, auch diesmal nicht.
Kühler Birnencrepe mit Mandeleis und Marzipanpaste.
Das Dessert ist angerichtet. Und wie. Hier komme ich wieder ganz auf meine Rechnung. Es passt wieder alles. Die Konsistenz der eingerollten Crèpes, die verführerische Creme darin, die nichts von banalem Marzipan hat, sondern wunderbar „gezähmt“ und edel auf der Zunge zerschmilzt. So auch das Mandeleis, wirklich ein Hochgenuss. Nur die Mandeln sind ein Feind jeder Zahnplombe.
Süßer Gruß zum Schluss: dreimal Petit four, klein, aber fein. Sehr fein!
Dazu ein Ristretto. Brav.
Wein: Chef Kaiblinger macht sich auch bei der Weinkarte sichtlich Gedanken. Das betrifft nicht nur das Angebot an ganzen Flaschen, sondern vor allem das Glasweis-Angebot.
Jeder einzelne Gang der vier Menüs hat einen eigenen Wein.
Steiermark, Burgenland, Frankreich, Italien, Spanien, Chile, Südafrika, Deutschland. Velich hier, Pieropan dort. Alles glasweise. Erstaunlich.
Fazit: Ein sehr gelungener Abend, sehr entspanntes Speisen. Akribische und detailverliebte Präsentation, zweifelsohne erhabene Küchenleistung.
Sehr gutes Service, stets korrekt, bemüht, sehr angenehme, foyer-artige Atmosphäre.
Eine lobende Erwähnung nochmal dem Wein.
Meine Empfehlung an mich selbst für das nächste Mal: ein, zwei Gänge, zwei, drei Achteln.
Sicher wieder!
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3 Erbsen am Teller - die hätte ich aber der Vollständigkeit halber fotografiert. ;-)