am 20. Jänner 2012 · Update 11. Jul 2012
SpeisenAmbienteServiceIch war wieder mal in Linz – und wieder mal im Bigoli. Und wieder. Und wieder (letzter Besuch 11.7.2012, siehe ganz unten...)
Weil’s beim ersten Mal beim Bigoli so fein war, kam ich gleich an den beiden Tagen darauf nochmal. Ganz durch bin ich allerdings noch nicht mit der Karte. Fortsetzung näc...Mehr anzeigenIch war wieder mal in Linz – und wieder mal im Bigoli. Und wieder. Und wieder (letzter Besuch 11.7.2012, siehe ganz unten...)
Weil’s beim ersten Mal beim Bigoli so fein war, kam ich gleich an den beiden Tagen darauf nochmal. Ganz durch bin ich allerdings noch nicht mit der Karte. Fortsetzung nächste Woche. Aber so viel kann ich schon vorweg sagen: es zahlt sich immer wieder aus.
Das Bigoli liegt direkt am OK-Platz, eine richtige Piazza mit mehreren Lokalen und dem Moviemento-Kino sowie der Passage nur einen Steinwurf entfernt. Hier wurde ein richtig großer Platz zum Verweilen, zum gemeinsam Abhängen und zum Essen und Trinken geschaffen. Im Sommer ideal, weil natürlich die Lokale allesamt auch Sitzgärten haben.
Der Name Bigoli selbst steht für typische, etwas dickere, hausgemachte Spaghettoni aus dem Veneto.
Das Versprechen, authentische Küche aus dem Veneto zu bieten, verlangt kein In-Publikum, sondern Gäste, die nicht nur mit der Location, sondern auch mit den Ingredienzien was anfangen können.
Chef Gerhard Hinterleitner, offensichtlich kein Italiener, hat sich also wohl hier einen kleinen Traum erfüllt. Ein authentisches Lokal mit authentischem Essen und Trinken, und das mitten in Linz. Slowfood steht auf der Küchenschürze und auf den Heften, die neben mehreren Tageszeitungen liegen. Man darf sich also Zeit lassen, obwohl hier niemand übertrieben lange auf sein Essen warten muss.
Momentan ist’s kalt draußen, drinnen ist’s gemütlich, wenn auch der Tisch nahe der Eingangstür schon mal die kalte Luft um die Füße spüren lässt. Also beim nächsten Mal einen Tisch im hinteren Bereich des Lokales gewählt. Man geht an der Bar und an der kleinen offenen Küche vorbei, frische Torten stehen in der Vitrine. Die Tische sind eher klein, können aber flott und flexibel zusammen gestellt für eine 6er- oder vielleicht gar 8er-Gruppe reichen.
Ansonsten ist wie schon gesagt der Sitzgarten in den warmen Monaten empfehlenswert.
Ganz vergessen – es handelt sich um ein Nichtraucherlokal. Den Kellner darauf angesprochen, ob es dadurch seit der Umstellung Probleme gegeben hätte, erwidert dieser, dass Raucher wie Nichtraucher sehr positiv eingestellt sind und gerade deswegen auch immer wieder kommen. Stimmt. An allen drei Tagen war das Lokal praktisch immer voll.
Apropos Kellner – es ist immer doch derselbe, der schon vor Monaten hier gearbeitet hatte. Keine Ausgeburt an Freundlichkeit, aber grundehrlich korrekt, unauffällig, dafür aber auffällig unaufgeregt.
Bei den Getränken wird offensichtlich die Authentizität weitergeführt: Triestiner Bier, typische Weine der Region wie etwa den Friulano (hieß mal Tocai, weiß), den roten Refosco und den wunderbar säurebetonten Raboso. Oder aber einen Cabernet sauvignon aus der Gegend um Breganze (Vicenza).
Als Aperitiv habe ich allerdings ein ganz anderes Highlight bekommen: einen hausgemachten Zitronen-Lavendel-Saft. Erfrischend, und auch wirklich appetitanregend. Però, però!
Zurück zum authentischen Essen. Was isst man in Friaul und im Veneto?
Da ich selbst Jahre dort verbracht habe, kenne ich natürlich die üblichen Verdächtigen, wobei es sich hier schon eher um die Gegend zwischen Triest bis Treviso, maximal bis Vicenza handelt, vielleicht weniger um die Gegend Verona, wo auch bereits Esel und Ente den Weg in den Kochtopf finden.
Das wären also zum Beispiel mal Pasta e fasoi, ein Nudel-Bohnen-Eintopf. Man merkt also gleich, dass vor allem in Norditalien noch deftige Hausmannskost regiert, und nicht nur Pasta oder Pizza!
Auf alle Fälle warne ich diejenigen, die Spaghetti „Bolognese“ suchen. Ab zum Pseudoitaliener – die gibt’s hier sicher nicht!
Oder etwa die legendäre Baccalà alla vicentina, ein Stockfischgericht, das auf italienische Soldaten in Norwegen zurückgeht. Eine Speise, die polarisiert, weil der Stockfisch fachgerecht zubereitet werden will, abgesehen von der Tatsache, dass er mal einige Tag lang eingeweicht worden muss, bevor man ihn mit Weißbrot und Knoblauch serviert bekommt.
Also Vorsicht, wer das nicht mag, vergibt vielleicht ungerechterweise mal ein vernichtendes Urteil.
Weiters: eine Berglinsensuppe. Diese kleinen, hellen Linsen koche ich selbst ganz gerne, weil sie nicht so lange eingeweicht werden müssen. Hier hat der Koch und Chef seine ganze Passione in seine zweite Heimat gesteckt: Karottenwürfelchen sind zart, aber nicht gatschig mit im Spiel, die Berglinsen sind grob püriert, darüber gegossen eine satte Portion Olivenöl. Der Rosmarin ist frisch und darf sich geschmacklich verewigen.
Die Kombinaton ist sagenhaft gut und weist das dezent verwendete Salz in seine Grenzen. Gott sei Dank.
Kartoffelgnocchi mit Gorgonzola und wildem Salbei. Die Gnocchi sind schön gummig, zart, cremig, aber nicht schmierig-patzig. So wie sie sein müssen. Die Sauce ist nicht ganz meine Sache, aber Geschmäcker sind ja verschieden. Ich bin der Meinung, dass der ohnehin schon kräftige Käsegeschmack nicht unbedingt zu stark mit Salbei verstärkt werden muss. Da streiten sich die beiden Geschmacksquellen ordentlich, wer der Stärkere sein soll.
Bigoli mit Salsiccia und Radicchio Trevigiano: die Bigoli sind perfekt gekocht, schließlich ist es nicht einfach, eine pasta fresca fatta in casa auch so zu kochen, dass sie nicht außen patzig wird und zugleich innen zu kernig bleibt. Nichts dergleichen, hier passt alles. Die Wurst, genauer gesagt die bröckelige Brät der rohen Hauswürste, wird angebraten, abgeschmeckt und mit gebratenem Radicchio, dem „Gold“ der Gegend um Treviso, vermischt. Herz – und Magen - was wollt ihr mehr?
Vielleicht ein bisschen Fleisch? Costata di manzo, die klassische Beiried, gegrillt und schön rosig innen. Dazu einen grünen Salat, nach Wunsch nicht nur mit 08/15-Balsamico, sondern mit einem, der auch den Namen wirklich verdient. Kleiner Aufpreis von 60 Cent, der sich aber mehr als lohnt. Die Preise sind ohnehin für das Gebotene sehr moderat gestaltet.
Die Beiried präsentiert sich fest, aber nicht zäh. Dezent, aber zurückhaltend gewürzt. Beilage: auf Wunsch Rosmarinkartoffeln, die sich perfekt gebraten und innen schön zart präsentieren, oder auch Gemüse und den weißen Polenta (letzteren hab ich leider noch nicht probiert).
Zum Schluss: Schokoladentorte oder Limoncellotorte (beides von einem „Vertrauten“ des Chefs für’s Haus gebacken) oder ein Nougat-Kaffee-Biskuit?
Letzters wurde es dann, und ich hab’s nicht bereut. Ich wusste nicht, dass
Nougat und Kaffee zusammen so harmonieren können, bis dato bekam ich entweder das eine – oder das andere.
Gut gekühlt, und nicht mit dem bei Tiramisu typisch zu aufgeweichten Teigschichten dazwischen. Dazu besagten Cabernet sauvignon, der wie eine wahre Ribiselbombe daherkommt. Respekt.
Caffè? Gut, aber nicht überragend, auch wenn’s auch ein echter Triestiner ist (Hausbrandt).
Grappa? Gern. Feine Auswahl von „handwerklichen“ und „designten“ Vertretern.
Tutto sommato muss ich sagen: das „italienischste“ Lokal eines Nichtitalieners! Der Chef dürfte sich aber dermaßen in die Gegend verliebt haben, dass das Ergebnis seiner Liebe in Land, Leute und Gaumen sehr überzeugend ist. Man kommt immer wieder, schließlich ändert sich die Karte fast jeden Tag.
Reservieren ist von Vorteil, und da die Speisen grundsätzlich frisch vor- und zubereitet sind, kann es schon sein, dass man um halb neun das eine oder andere Gericht nicht mehr bekommt, da es zwar gut, aber aus ist!
**********************************************
Update 11.7.:
Endlich mal eine der Naschereien ausprobiert....
Der Durst wird zuerst mal mit einer orginalen Orangina gelöscht, samt Mineralwasser.
Zitronencremetorte geordert: sehr cremig, extrem zartes und feinporiges Bisquit, zu viel Zucker oben drauf. Sehr gut, wenn auch für meinen Geschmack zu süß.
Der Doppio von Hausbrandt enttäuscht mich nicht.
A presto, Bigoli!
Hilfreich8Gefällt mir4Kommentieren
cmling: Bigoli lohnt sich - das ist ehrliches, italienisches Understatement!