am 29. August 2023 · Update 4. Sep 2023
SpeisenAmbienteServiceSchloss Aigen – Rindfleisch in Perfektion
Ich erhielt den Tipp vor längerer Zeit von einem unserer Foristen und setzte es auf die ToDo Liste. Aber wie das so mit dem Abarbeiten solcher Listen ist, benötigt es Zeit. Für heuer wurde es nun als Fixpunkt eingeplant und wir reisten von Strobl komme...Mehr anzeigenSchloss Aigen – Rindfleisch in Perfektion
Ich erhielt den Tipp vor längerer Zeit von einem unserer Foristen und setzte es auf die ToDo Liste. Aber wie das so mit dem Abarbeiten solcher Listen ist, benötigt es Zeit. Für heuer wurde es nun als Fixpunkt eingeplant und wir reisten von Strobl kommend nach Salzburg, um den Abstecher ins Schloss Aigen endlich vornehmen zu können.
Rindfleisch in Perfektion, so die HP, klingt schon vielversprechend und lockt meinesgleichen an, dazu noch in nobler Schloss-Atmosphäre speisen zu können, es wird immer interessanter. Die Erwartungshaltung und die Vorfreude waren entsprechend hoch. Werden sie auch erfüllt?
Erster Eindruck
Am Zielort angekommen, es war gegen 12:45 Uhr, wartete im Garten der für uns bereits eingedeckt reservierte Tisch. Es war noch reichlich Platz, die Besucherquote war nicht sonderlich hoch. Die unbesetzten Tische waren nicht gedeckt und insgesamt machte das keinen allzu guten Eindruck.
Es hatte mehr von einem Biergarten, weniger von einem Schloss, der Boden Kieselsteine, nicht ganz so meins, das sei auch Geschmackssache, aber unsere Stühle, echt jetzt? Alt und in meinen Augen schäbig. Gut, dass man das im Sitzen weniger merkt. Hier lockt wieder mal die HP mit geschönten Fotos.
Was ich augenscheinlich auch störend fand waren die relativ kaputten Blätter der Bäume, das war keine einsetzende Herbstbräune, sondern m.E. ein Krankheitsbefall. Das tut weh.
Davon rieselten immer wieder zerbröselte Blattteile auf die Tische, teilweise auch rusartige Flankerl, woher kam das wieder? Der Tisch wurde mit der Zeit davon immer unsauberer. Dieser erste Eindruck dämpfte ein wenig die Stimmung, die Hitze mit 29 Grad tat auch einiges, aber wir hatten guten Schatten.
Das Kartenstudium
Es wurde die Haupt- und Dessertkarte gereicht, welche auch diverse Getränke enthielt. Nachträglich fällt mir auf keine Weinkarte. Aber ok, zur Mittagszeit begnügen wird uns auch mit dem Angebot der offenen Ausschank.
Mit dem Angebot an Roten war ich nicht zufrieden, weshalb ich mich für einen Riesling entschied, ein Urgestein aus dem Hause Nigl (6,50€), der war dafür perfekt. Mein Begleitung wählte den BF von Gober und Freinbichler (6.50€), sehr mittelmäßig, aber sie war damit zufrieden und das zählt.
Andere kosten mehr. Die Preise gehen bis 9,60€ für 1/8l und wähle ich nur, wenn ich sie auch als gut kenne. Ich liebe nach mehreren Erfahrungen keine Überraschungen mehr. Mir geht es da weniger um den Preis, sondern dass ich am Ende damit auch happy bin.
Die Weinkarte hatte ich später via HP eingesehen und wäre mir viel zu hochpreisig, m.E. sind teils überteuerte Angebote gelistet, für die ich in anderen gehobenen Lokalen eine gleichwertige Auswahl zur Hälfte dieser Preise finden könnte, Märchenschlosspreise quasi.
Das Gedeck schlug sich zu Mittag mit 3,30€ pro Person zu Buche und bestand aus dem etwas verunreinigtem Tisch (😉), einem Korb mit 4 Brotsorten und etwas Butter. Najo, geht einem so durch den Kopf.
Davon gustierten wir auch nur ein wenig vom Kürbisbrot, das tadellosch frisch war, aber man will sich den Hunger für das Kommende aufsparen. Ginge es nach mir schaffte ich diese Gedeckunsitte ab, aber wenn schon, dann sollte es zumindest kulinarisch mehr Niveau haben als nur a Stückl Butterbrot.
Speisenwahl und Genuss
Was unsere Speisen anbelangt war klar, dass einer von uns beiden Tafelspitz bestellt, für uns die Königsliga unter den gekochten Rindfleischspezialitäten um 29,80€, die zweite Wahl fiel auf Kalbsleber für gute 28,80€. Wie üblich tauschen wir das auch immer gegenseitig.
Zuvor Ist an solchen Orten RS bei mir schon ein Muss. Wir fragten, ob der TS eh mit Suppe serviert wird, sodass sich eine Extrabestellung erübrigt, was nicht sauber beantwortet wurde. Es hieß, man könne sie zusätzlich zuvor ordern. Die Karte hat mich dazu auch etwas verwirrt.
OK, dann wählte ich die Tafelspitzbouillon aus der Vorspeisen-Karte mit Einlage Fleischstrudel zu einem Aufpreis von 4,90€ und so kam sie auch. Die Suppe war klar und sauber, die Farbe schönes goldgelb, doch zu sehr degraissiert (ja, man lernt!) und relativ geschmacksneutral.
Naja, das geht schon besser. Die Einlagen ganz passabel, aber da war kein Raunen im Gaumen, nicht wie ich das üblich erlebe in gehobenen Gaststatten, wo Rind am Programm ist. Ich müsste sagen eine fade Suppe. Es war nicht das Salz, sondern das grundsätzliche Rinderfeeling war nicht da. Ich salze auch nur selten nach.
Auftritt des Hauptdarstellers
Nun betreten Haupt- und Nebendarsteller der Reihe nach die Bühne, zwei der drei Beilagen zum TS kamen zuvor auf den Tisch und man probierte sie schon mal. Die Schnittlauchsauce ganz hervorragend duftete auch nach frischem Schnittlauch, sehr ausgewogen und sämig die Sauce, tadellos.
Der Apfelkren war nicht vermischt, sondern kam getrennt, also ein Sauciere-Schüsserl mit reinem Apfelmus und eines mit geriebenem Kren. Originell, man kann selbst mischen. Insofern gut für uns, da wir die kräftige Krennote wollen und das Verhältnis so selbst wählen können. Der Auftakt passte.
Der TS kam im Reindl mit Suppe serviert. Also, da war genug Suppe, gut ein Liter, d.h. man will etwas extra kassieren, wenn man sie auch zuvor speisen will. Wir beobachteten an anderen Tischen, dass sie rasch wieder abserviert wurde, sobald die Fleischstücke den Tisch erreicht hatten.
Ok abgehakt, wir ließen uns wegen der neppigen 4,90€ Körberlgeld jetzt nichts verderben. Aber wenn ich da an meine Wiener Favoriten denke, ist das immer für mich ein Hochgenuss, wenn wir sie genüsslich beliebig löffeln können. Das wurde einem hier versagt.
Sie wurde auf einem Beistelltisch abgestellt und eine Servicedame machte sich wortlos daran das Fleisch und ein paar Karottenscheiben säuberlich auf den Teller zu servieren. Rösterdäpfel befanden sich schon auf dem Teller. Die waren sensationell, nicht wie üblich ein Schmarren, sondern mehr in Richtung Schweizer-Rösti, wie man diese edle Knusprigkeit erzielt, muss ich noch erforschen.
Was aber störte war, dass auch hier die Suppe fad war, desgleichen der TS. Er zeigte eine klasse Fleischstruktur und war auch angenehm zart und weich, die Qualität war definitiv Oberliga, aber was nützt‘s , wenn’s nach nichts schmeckt?
Das wurde auch urgiert und unser Tischkellner entfernte wortlos das Geschirr mit dem zweiten Stück TS. Was machte er nun? Er erschien nach ca. 10 Minuten mit einem weiteren Teller, dazu nochmals eine Portion Rösterdäpfel und erklärte, dass das Stück noch etwas nachgewürzt gekocht wurde. Das Reindl mit der RS kam nicht wieder, aber was soll’s, die war eh fad.
Nun, ich vermutete, es wurde einfach nur etwas nachgesalzen, denn wie soll das in 10 Minuten sonst gehen? Ein wenig Salz verbesserte es auch, dennoch war es nicht dasselbe wie man es sonst gewohnt ist. Aber man hatte sich vom Service her bemüht, soweit auch eine akzeptable Leistung.
Gut, dass noch eine gebratene Kalbsleber, unsere zweite HS, den Tisch zierte, die Leber an Zartheit wirklich nicht zu überbieten, das Erdäpfelpüree recht gut, nur wieder diese recht fade Note der Leber an sich. Ebenso der Saft, nicht sonderlich, man kennt das doch völlig anders, kräftig und an Würze intensiver. Sie war mir aber lieber als der TS und das soll was heißen.
Man fragte sich, was da in der Küche los war. Ein neuer Koch, oder einer, der sich nicht traut ordentlich zu würzen? Ich werde das mit dem einen Besuch wohl nicht klären und hege dazu auch keine Ambitionen, nur war das schon eine recht herbe Enttäuschung angesichts unserer fürstlichen Erwartungshaltung.
Ausklang, Service und Bewertung
Die Hitze machte allen ein wenig zu schaffen, der Hund der Gäste vom Nebentisch liegt wie tot am Kies, nachdem er das Betteln aufgegeben hatte, da wir nichts mehr am Tisch gehabt hatten.
ich verschaffte mir etwas Frischluft mit einem Gang auf das WC, und kann dabei, neugierig wie man so ist, kurz den Innenbereich inspizieren, der sich sehr gutbürgerlich und nobel zeigt, aber für die Note „fürstlich“, wie ich mir das von einem Schloss erwarte, fehlt es dazu an nötiger Raumhöhe.
Nichtsdestotrotz gibt es zwei sehr schöne Stuben, eingerichtet im Landhausstil samt Kachelofen, und einen weiteren Speisesaal mit gedeckter Festtafel. Das sieht sehr einladend aus.
Auf den Platz zurückgekehrt wartete der georderte große Espresso und zwei Stamperl von der Zirbe, für uns sozusagen schon obligatorisch. Auf NS wird verzichtet, dafür noch eine weitere Zirbe, denn sie war ausnehmend gut.
Ich beobachte wie nun die Tische weiß eingedeckt werden, auf die Sitzflächen kommen grüne Polster. Insgesamt wirkt der Hofgarten jetzt etwas besser, aber an die geschönte Darstellung der HP kam der Anblick weiterhin nicht heran. Live is life, und der Eindruck zählt letztendlich.
Summa summarum war alles doch recht durchschnittlich, das Ambiente drinnen sehr schön, aber draußen mehr nach Biergarten, für den TS müsste ich sogar ein mäßig geben, aber ich will das auch nicht überbewerten, der Service ganz im Rahmen. Fürstlich war eher die Endrechnung, die sich mit 118,20€ zu Buche schlug. 😉
Meine Wertung mit 3-3-3 befinde ich angesichts der Titulierung „Schloss“ zumindest aus meiner Sicht eher als Niederlage. Unser Rindfleischpapst aus Wien könnte so jedenfalls mit der heutigen Performance mitnichten entthront werden, ebenso nicht andere Gasthöfe und werden für eine weitere TS-Session samt genüsslichem Löffeln der RS gerne wieder aufgesucht.
Vergelt's Gott
Euer WrkFan
Hilfreich3Gefällt mir3Kommentieren