Ein kleiner Weihnachts-Lapsus meinerseits (die Ringgröße der Liebsten falsch eingeschätzt, mon dieu!) führte uns am ersten Werktag nach Weihnachten ins Zentrum, um das Geschenk umzutauschen. Nachdem auch wir, wie wahrscheinlich alle anderen, über die Festtage so brav gefastet hatten ;-) gelüstete...Mehr anzeigenEin kleiner Weihnachts-Lapsus meinerseits (die Ringgröße der Liebsten falsch eingeschätzt, mon dieu!) führte uns am ersten Werktag nach Weihnachten ins Zentrum, um das Geschenk umzutauschen. Nachdem auch wir, wie wahrscheinlich alle anderen, über die Festtage so brav gefastet hatten ;-) gelüstete es uns nach einem gemütlichen, post-weihnachtlichen Lunch. Der Liebsten stand der Sinn nach italienisch und sie schlug das Ristorante Fratelli in der Rotenturm vor.
Meine Begeisterung war überschaubar, hatte sich doch das Fratelli bei meinem ersten und einzigen Besuch vor ein paar Jahren durch mediokre Küche und grottenschlechten Service in meiner Never-ever-again-Liste verewigt. Ich bin damals im Garten gesessen, kenne das Lokal innen also nicht.
Nun kann ich der Liebsten ja keinen Wunsch abschlagen, also stimmte ich zu und wir pilgerten zum Fratelli. Die nächsten Stunden sollten mich lehren, dass man einem Lokal trotz schlechter Erfahrung durchaus noch einmal eine Chance geben muss. Die schlechte Erfahrung von vor ein paar Jahren ist hiermit offiziell getilgt, der Eintrag in die „gerne einmal wieder“ – Liste abgeändert.
Der Eingang zum Lokal befindet sich in der Ertlgasse, einer Seitengasse der Rotenturm, etwa auf der Höhe der Wollzeile. Das Ambiente ist elegant, weiß eingedeckte Tische, Ziegelwände, dezenter Weihnachtsschmuck an den Wänden, ein Pizza-Holzofen prominent mittig im Lokal, die Tische nicht zu eng gestellt. Es gibt noch einen weiteren Saal im Keller, insgesamt ein sehr geräumiges Lokal. Wir wurden sehr freundlich begrüßt und zu einem Zweiertisch geführt. Die Mäntel wurden uns abgenommen, Karten wurden gereicht, nach einem Aperitif gefragt.
Wir entschieden uns für eine Flasche Marchesi Antinori Riserva 2013 (€ 56,-), sowie eine Flasche San Pellegrino, dann widmeten wir uns der Speisekarte.
Das Fratelli bespielt das klassische italienische Spektrum, Pasta, Pizza, Kalb- und Rindfleischgerichte, sowie eine respektable Fischauswahl. Es finden sich jetzt keine wirklichen Überraschungen, die Protagonisten der italienischen Küche sind alle vertreten, es gibt eine recht ansehnliche Auswahl and Pizza- und Pastagerichten. Während wir schmökerten, wurde am Nebentisch eine sensationell aussehende Minestrone serviert, followed by einer sehr appetitlich aussehenden Pizza.
Die Liebste entschied sich für einen Branzino vom Grill mit Mangoldkartoffeln (€ 23,90), ich wählte eine Pizza „Provinciale“ (€ 11,90). Mittlerweile kamen Wein und Wasser, der Wein ein sehr angenehmer und kräftiger Chianti.
Obwohl wir von unserem Kellner vorgewarnt worden waren, dass Pizza und Fisch möglicherweise nicht gleichzeitig serviert würden, gelang es der Küche, sich mit dem Pizzaiolo abzustimmen. Die Speisen kamen gleichzeitig, zur Pizza wurden zusätzlich zwei Saucieren mit offenbar hausgemachtem Pepperoncino-, sowie Knoblauchöl eingestellt.
Der Fisch der Liebsten war eine Sensation. Er wurde im Ganzen gebracht und danach sehr, sehr professionell vom Kellner filetiert. Geschmacklich ein absoluter Volltreffer, mit ein wenig Knoblauch abgeschmeckt, in Begleitung sehr guter Mangold-Erdäpfel. Tadellos.
Meiner Pizza waren, wie gewünscht, ein paar Extrasekunden im Ofen gegönnt worden, so mag ich es. Der Teig sehr gut, nicht zu dick, knusprig und gut im Geschmack. Beim Käse hinkt das Fratelli meiner Messlatte in Sachen Pizza, dem Federico II, etwas hinterher, Schinken und Speck auf der Pizza sind allerdings hochwertige Produkte, nichts Quadratisches. Darüber verteilt findet sich ein bisschen Mais, etwas, das ich früher recht gerne auf einer Pizza hatte, mittlerweile ist es für mich entbehrlich. Mein Umdenken begann vor ein paar Jahren im Federico, als mich der Kellner bei der Erwähnung, ich hätte gerne etwas Mais auf der Pizza, belehrte, er würde das nicht bringen, sein Vater würde ihn bei dieser Bestellung aus dem Lokal werfen. Kein, wirklich kein echter, authentischer Pizzaiolo, der etwas auf sich hält, würde eine echte, authentische, italienische Pizza mit Touristen-Kompromisswünschen wie Ei oder Mais verwässern. Das Argument hat was, seither folge ich diesem Purismusgebot.
Geschmacklich war die Pizza knapp, sehr knapp, hinter dem Federico, speziell nach Zugabe des hausgemachten Peperoncino- und Knoblauchöls. Tadellos. Zwei eingelegte, rote Pfefferoni waren auch auf der Pizza, geschmacklich eher jugendfrei bis belanglos, optisch aber ein durchaus netter Aufputz.
Eine spezielle Erwähnung gebührt unserem Kellner, einem sehr freundlichen und hochprofessionellen Herrn aus Ungarn. Mein Herz geht auf, wenn ich in einem Lokal sitze und der Service ohne einen einzigen Fehler funktioniert. Aufmerksam, freundlich, immer zur Stelle, um den Wein nachzuschenken und die Aschenbecher (oben darf geraucht werden, schon alleine deshalb werden wir – bis 2018 – noch des Öfteren im Fratelli vorbeischauen) nach jeder Zigarette zu leeren. Freundlich, ohne aufdringlich zu sein, professionell in jeder Bewegung, und das bei einem vollen Lokal. Geht doch. Und geht wirklich nicht besser. Ganz, ganz großes Kino, tolle Leistung, complimenti e auguri an dieser Stelle.
Den Abschluss bildete ein Ristretto (€ 3,00), der zwar gut, für einen Ristretto aber etwas zu lang war. Seine Begleitung, ein Grappa Sarpa Riserva di Poli (€ 7,00), war wiederum perfekt. Für Dolce war leider kein Platz mehr, die werden das nächste Mal verkostet, Ehrenwort und Doppelschwör.
Alles in allem eine sehr positive Überraschung. Keine Touristenfalle, wie man bei der Adresse befürchten könnte, sondern gute, hochqualitative italienische Küche, tadelloser Service, guter Wein, sehr gute Pizza, exzellenter Fisch.
So soll’s sein, wir verbrachten zwei sehr, sehr nette Stunden im Fratelli, der Preis von € 120,- inkl. Trinkeld ist für das Gebotene absolut angemessen.
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