Portugal in Klagenfurt.
Ricardo Carvalho spielt nicht bei Real Madrid, auch nicht beim AS Monaco.
Er ist Kosmopolit. In Südafrika geboren, über seine Heimatstadt Porto und mehrere Länder verschlug es ihn letztendlich nach Klagenfurt. Nein, er ist wirklich kein Fußballer. Zumindest sieht er n...Mehr anzeigenPortugal in Klagenfurt.
Ricardo Carvalho spielt nicht bei Real Madrid, auch nicht beim AS Monaco.
Er ist Kosmopolit. In Südafrika geboren, über seine Heimatstadt Porto und mehrere Länder verschlug es ihn letztendlich nach Klagenfurt. Nein, er ist wirklich kein Fußballer. Zumindest sieht er nicht wie einer aus.
Regelmäßige Besucher des Benediktinermarktes (einer Klagenfurter Miniatur-Interpretation des Wiener Naschmarktes) kennen den sympathischen Kerl von seinem Stand, den er seit einigen Jahren dort betreut.
Vor ein paar Monaten hat er ein kleines, aber feines Gewölbelokal in der Tabakgasse übernommen. Wenn aus einer etwas zwielichtigen „Rumsn“ ein Lokal wird, das dieser Stadt schon lange gefehlt hat, so soll mir das nur recht sein.
Warum: die Tabakgasse ist eine der ältesten Gassen der Stadt, ebenso die stimmungsvollen Gewölbe in der verwinkelt-historischen Verbauung. Was passt also besser als ein Lokal, das dieser Stimmung gerecht wird und die alten Gemäuer auch zu würdigen weiß.
Wir haben einen kleinen Nebenraum des Lokals reserviert, der Löwenanteil sind dabei echte Möbelunikate mit festem, purpurnem Stoff und dank der Federkerne schaukel-weichen Polstern. Mittig ein ebensolches „Couchtisch“-Unikat mit Schubladen. Drinnen finden sich unter anderem Puzzle-Spiele für Kinder!
Wir haben nicht gespielt, aber links an der Wand steht ein Plattenspieler-Regal mit einem Unterschrank, darin findet sich unter anderem ein Vinyl-Klassiker von Grace Jones.
An der Wand alte Spiegel vom Flohmarkt, eine Gitarre, die auch bespielt wird – und Bilder von Ricardos Heimatstadt Porto.
Das Ambiente ist absolutes Wohnzimmerfeeling, ein positiver Kontrast zu den unzähligen, charakterlosen und krankhaft verrauchten wie lauten Herrengassen-Lokalen, die außer viel Alkohol an viel zu junge Leute nichts Eigenständiges zu bieten haben.
Ricardo und seinem kanarischen Koch Paco obliegt es schließlich, dem Lokal Leben einzuhauchen. Das tun sie mit freundlichem, saloppem Charme und einer ordentlichen Portion Emoción.
Eine gewisse Sandra Pires war auch schon hier, Leute und Ambiente haben sie zu einer kleinen, spontanen Session hinreißen lassen.
Es gibt unter anderem portugiesisches Bier: „Super Bock“ in der 0,2-Liter-Flasche. Von Bock keine Spur, viel mehr als 5 Prozent Alkohol sind es nicht, trinkt sich aber für ein Flaschenbier sehr gut.
Portugiesischen Wein gibt’s natürlich auch, hier brauche ich allerdings noch Nachhilfeunterricht vom Weinrat – die beiden gehaltvollen aber nicht zwingend hochalkoholischen Merlots und Cabernets waren aber beide höchst trinkfreudige, ätherische Speisenbegleiter.
Apropos Speisenbegleitung: wir haben uns zu dritt zwei Tapas-Teller (für eigentlich 2 Personen) bringen lassen (siehe Foto) mit allerlei Köstlichkeiten darauf.
Und um's gleich vorweg zu nehmen - abgesehen von meinen sehr bescheidenen Portugalerfahrungen (eine sehr schöne persönliche Erinnerung und ein Kinofilm zuletzt mit Jeremy Irons) kann man allein schon durch den kanarischen Koch Paco nicht von authentisch portugiesischer Küche sprechen, was aber auch nicht wirklich so sehr im Vordergrund steht.
Eine Tortilla, einen zarten „Spinatkuchen“, vegetarische Paella, marokkanisch angehauchte Spießchen, eine Art Ragout mit Schweinefleisch (hätte es auch mit Lamm gegeben), Fleischbällchen mit Bratkartoffeln, eine Kürbiscremesuppe und kleine Brötchen mit einem speziellen Pata negra-Schinken und Ziegenkäse darauf.
Nichts davon hatte irgendwie Allerweltsgeschmack.
Besonders auffällig der „Schwarzklauen-Schinken“ vom Ibéricoschwein (Pata negra) mit dem wunderbar „meckernden“ Ziegenkäse und die herrlichen, nach Pacos Geheimrezept tagelang marinierten Fleischspießchen.
Auch die Fleischbällchen und das Ragout stechen dank spezieller Zubereitungsart hervor: man „trickst“ mit Wein und Bier, Genaues wird aber natürlich wieder nicht verraten. Sogar von in Milch eingelegtem Thunfisch wird erzählt. Es gibt noch so viel zu entdecken.
Einzig und allein der mollig-weiche Spinatkuchen ist zwar gut, für meinen Geschmack aber ein wenig zu salzig, meine „Mitesser“ teilen diese Meinung allerdings nicht.
Nach zwei Platten voller Köstlichkeiten sinkt man zufrieden in die Couchlehnen, die Herren des Hauses gesellen sich zum Tisch und erzählen von Land, Leuten und natürlich dem Essen.
Sehr angenehmer Abend mit absoluter Wiederholungsgefahr, „unser“ Séparée ist bereits für den nächsten Abend reserviert.
Hilfreich16Gefällt mir6Kommentieren