Das Reznicek also.
Endlich, nach vielen Jahren, dazwischen auch die Gastrodurststrecke Corona, wieder einmal ein ReTe Treffen. Danke, BiancaC, für die Organisation, war ein sehr netter Abend. BiancaC, WrKFan, ChristianD3 (der leider absagen musste) und meine Wenigkeit trafen einander auf ein ...Mehr anzeigenDas Reznicek also.
Endlich, nach vielen Jahren, dazwischen auch die Gastrodurststrecke Corona, wieder einmal ein ReTe Treffen. Danke, BiancaC, für die Organisation, war ein sehr netter Abend. BiancaC, WrKFan, ChristianD3 (der leider absagen musste) und meine Wenigkeit trafen einander auf ein gemeinsames Abendessen mit angenehmen Gesprächen zu dem uns alle verbindenden Element, der Liebe zu gutem Essen und Trinken, zu Genuss in guten Lokalen und, nicht zuletzt, der Liebe zum Kochen. Genuss passiv (im Lokal) und aktiv (hinter dem Herd) quasi.
Früher gab’s diese ReTe Treffen immer wieder einmal, nun, nach Corona, sind wir zu einer sehr kleinen, aktiven Gruppe zusammengeschmolzen, aber es wird schon wieder werden. Das (Gastro)Leben ist zurück, ich hoffe, auch das Forum wird wieder zu mehr Leben und Partizipation erweckt werden.
Nun aber zum Reznicek.
Etwas versteckt im Althangrund, also nicht in der ersten Reihe des Alsergrunds gelegen, präsentiert sich das Reznicek als relativ puristisch eingerichtetes Wirtshaus, angenehmes Ambiente, gemütlich. Schon der erste Blick auf die Speisekarte verrät allerdings, dass hier zwei Dinge im Vordergrund stehen: klassische Gerichte – allerdings kreativer, moderner interpretiert – und Wein. Prämierter Haus-Sommelier inklusive. Die Neugier ist geweckt.
Der Service ist nett, aufmerksam, die Karten werden gereicht und Getränke vorab serviert. Ich starte einmal mit einem kleinen Pils und widme mich dem Studium der Karte. Klassiker (Cordon Bleu, Gulasch) sind vertreten, seltener gefundenes wie Lammbeuschel und Bries sind ebenso vertreten wie Pulpo und Entenbrust auf Couscous. Die Karte ist nicht überbordend groß (finde ich gut), aber gut abgestimmt und interessant.
Ich leg’s heute klassisch an, bestelle die Wirtshaus-Messlatten Rindsuppe (mit Frittaten) und das Gulasch. Let’s see, ob das Reznicek ganz klassisch Wirtshaus kann.
Für die Weinwahl zum Essen bemühen wir den Haus-Sommelier, der hervorragend berät und aus der Hüfte den richtigen Weißen und Roten für uns aussucht. Perfekt.
Die Suppe wird frisch eingegossen, d.h. es kommt ein tiefer Teller mit Julienne-Wuzelwerk und hausgemachten Frittaten, die heiße Suppe wird aus einem Kännchen aufgegossen. Nice touch. Die Suppe ist kräftig, ehrlich, das Gemüse mit genug Biss, die Frittaten sehr gut. Tadellos. Wirtshaus auf sehr hohem Niveau (so far).
Das Gulasch ist gut, im Gegensatz zu Testerkollegen WrKFan fand ich das Saft’l sämig genug, es wurde für mein Dafürhalten lang genug gekocht, geschmacklich auch sehr gut balanciert. Als Beilage gab’s sehr gute Spätzle, die perfekt harmonierten. Allein das Verhältnis Fleisch:Saft wäre für meinen persönlichen Geschmack verbesserungswürdig, zu viel Fleisch (drei so richtig große Stücke Wadschunken) in etwas zu wenig Saftl.
Ich mag mein Gulasch gerne feurig (soll ja mindestens einmal brennen), meinem Wunsch nach Schärfe wurde in Form eines kleinen Schüsselchens mit Chiliflocken prompt entsprochen. Für mich war’s ein tadelloses Wirtshausgulasch, etwas mehr Saft hätte gut getan, ein bisschen zarter ging’s schon auch noch (das Fleisch), wenn man möglicherweise noch etwas mehr Zeit in den Kochprozess investierte. Insgesamt findet sich das Gulasch sicherlich in der höheren Liga, geschmacklich sehr gut, aber schon mit noch etwas Luft nach oben.
Zum Gulasch wurde ein „Bittersalat mit Äpfeln“ eingestellt, ein Radiccio (oder Lollo Rosso) mit fein geschnittenen Äpfelscheiben, was mich (und alle anderen am Tisch) dann doch etwas ratlos zurückließ. Lustige, kreative Idee, passte nach meinem (und unserem Dafürhalten) halt überhaupt nicht zum Gulasch.
Für ein Dessert war kein Platz mehr, und auch mein obligatorischer Ristretto wurde ob der fortgeschrittenen Stunde gestrichen und taxfrei durch einen Negroni (auf Vorschlag von WrKFan) ersetzt. Jetzt erwartet man in einem Gast-/Wirtshaussetting nicht zwingend, dass auch ein satisfaktionsfähiger Negroni serviert wird, beim Reznicek geht auch das. Vielleicht nicht ganz der Campari-Bar-Negroni-Level, aber dennoch ein guter, balancierter Negroni. Nicht selbstverständlich in einem Wiener Wirtshaus.
Ein Schnapserl (in meinem Fall Nuss) gab’s auch noch zum Abschluss, in Summe war es ein runder, genussvoller Abend. Essen gut, Ambiente gut, Service sehr angenehm und professionell, sehr schön. Man kann gut sitzen dort, man kann sich’s gut gehen lassen, die Küche ist traditionell und zugleich erfrischend modern, mit kreativen Elementen, die zeigen, dass man sich in der Küche schon was zu den angebotenen Gerichten überlegt hat.
Die Weinkarte ist überbordend groß, aber zum Glück gibt es hochprofessionelle Beratung.
Preislich ist es schon ein wenig „high-end“, die 14 € für ein kleines Häppchen gebackenen Kalbskopf von BiancaC erklären sich nur bedingt und führten schon für ein wenig „raised eyebrows“. Die Rechnung von € 90,00 pro Nase (mit Plastik beglichen) empfinde ich in Anbetracht der Qualität der Speisen und des hohen Niveaus der ausgesuchten Weine als angemessen, wenn auch schon am oberen Ende der Skala.
Dennoch, das Resumée ist insgesamt sehr positiv. Zum einen, weil es ein sehr gemütliches ReTe – Treffen in einem sehr angenehmen Ambiente war, zum anderen, weil im Reznicek offenbar Küchen- und Weinkompetenz auf hohem Niveau vorhanden ist, die einlädt, auch die anderen Speisen der Karte auszuprobieren. Wir werden mit der Liebsten wiederkommen, ist das Reznicek ja auch nur 10 Minuten per pedes von uns entfernt.
Danke nochmals, BiancaC und WrKFan, für das Wiederbeleben der ReTe – Treffen.
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Ja Wahnsinn, der amarone schneit hier nach fast 4 Jahren wieder herein. :-)