Auch wenn die Betreiber betonen, dass es nicht das eigentliche Alleinstellungsmerkmal des „Paul“ sein sollte, so haben doch einige Posten der Speisekarte meine Aufmerksamkeit besonders erregt: und zwar die Tapas. Diese haben mit den handlichen, spanischen Tellergerichten überhaupt nichts zu tun, ...Mehr anzeigenAuch wenn die Betreiber betonen, dass es nicht das eigentliche Alleinstellungsmerkmal des „Paul“ sein sollte, so haben doch einige Posten der Speisekarte meine Aufmerksamkeit besonders erregt: und zwar die Tapas. Diese haben mit den handlichen, spanischen Tellergerichten überhaupt nichts zu tun, sondern sind „nur“ verkleinerte Portionen von anderen Speisen aus der Karte. Das ist vor allem dann nicht unspannend, wenn man entweder Entscheidungsschwierigkeiten hat, welche „große“ Speise nun am besten zu bestellen wäre oder man spätabends nur einen kleinen Happen zum Wein essen möchte, ohne danach einen Würstelstand konsultieren zu müssen. Bei unserem Besuch entschieden wir uns für vier der Tapas.
Unsere erste Tapa war eine recht ansehnliche Kärntner Kasnudel, die hier in der Original-Variante (wenn auch nicht handgekrendelt) mit Topfen und Kärntner Minze serviert wurde. Obwohl das für Nicht-Kärntner nicht unbedingt die zugänglichste Variante dieser traditionellen Speise ist – wer mag schon Minze in seiner Nudel? – war diese Spezialität aus der Heimat von Reinhold Six an sich gut abgeschmeckt und auch von der Textur eine runde Sache. Auszusetzen gab es hier rein gar nichts.
Das nächste Tellerchen war ein Steinpilz-Risotto, das in Mailand wohl auch nicht besser geschmeckt hätte: wunderschön cremig, aber mit einem Biss der genau dort war wo er sein sollte. Der Käse war spürbar da und hat den köstlichen Pilzen trotzdem genug Platz für deren Eigengeschmack gelassen. Hier hätte ich mich auch nicht geärgert, wenn wir von der „richtigen“ Portion gegessen hätten.
Die Nummer Drei war ein süßes kleines Beef Tartare. Mittlerweile ist das ja in einem Lokal ohne Gulasch die beste Speise, um schnell etwas über die Qualität und die Zugänge der Küche zu erfahren. In diesem Fall war die Fleischqualität einwandfrei gut. Nur abgeschmeckt war das Tartare ein wenig unrund. Wahrscheinlich ob der Kapern darin ist es ein wenig zu säuerlich ausgefallen und auch ein etwas mehr Raffinesse bei der Schärfe hätte nicht gestört.
Die vierte Tapa war ein kleines Schnitzel, das hier im „Paul“ wirklich ordentlich war. Das Fleisch war auf den Punkt gegart, die Panier schön wellig souffliert und auch der Erdäpfelsalat eine runde Sache. Aber weder im positiven, noch im negativen Sinne ist dieses Schnitzel sonst irgendwie hervorgestochen.
Soll insgesamt heißen: wer spät abends Gusto darauf hat oder eine kleine „Unterlage“ benötigt, dem sei es nahegelegt. Aber ein unbedingtes Muss und dafür extra in die Johannesgasse zu fahren, ist es nicht gewesen.
Insgesamt sehe ich die Vorteile des Paul vor allem in der schönen Weinkarte und der Möglichkeit auch spätabends noch einige Häppchen zu bekommen, die sich vom üblichen Einheitsbrei abheben. Auch der Zugang der Betreiberfamilie Six‘, sich selber eher als Gastgeber, denn als Gastwirte zu sehen, ist sehr sympathisch. Dafür, dass der Koch hier in einer unglaublich winzigen Küche arbeiten muss, macht er absolut das Beste aus der Situation. Somit ist diese Ecke – die eigentlich eine Kante ist – in der Johannesgasse durchaus wieder einen Besuch wert!
Hilfreich11Gefällt mir9Kommentieren
Das Konzept finde ich auch gut. Mehrere Häppchen genießen zu können, zwischen den flüssigen Gängen, hat was.