Am Pastis bin ich bestimmt schon einige hundert Mal vorbeigegangen oder gefahren und obwohl das Lokal schon seit längerer Zeit auf meiner ToDo Liste steht, hat es bisher noch nie für einen Besuch gepasst. Bis jetzt, denn dieser Samstagabend erscheint uns perfekt und Fr. bluesky und ich machen uns...Mehr anzeigenAm Pastis bin ich bestimmt schon einige hundert Mal vorbeigegangen oder gefahren und obwohl das Lokal schon seit längerer Zeit auf meiner ToDo Liste steht, hat es bisher noch nie für einen Besuch gepasst. Bis jetzt, denn dieser Samstagabend erscheint uns perfekt und Fr. bluesky und ich machen uns auf in die Leonhardstrasse.
Das Pastis versteht sich als Cafe, Bar und Bistro in der französisch – mediterranen Richtung. Die Homepage schmeichelt mit schönen Worten, Speisekarte findet sich keine – wir sind neugierig. Am Ziel angekommen erlauben die bodentiefen Fenster beim Vorbeigehen einen ersten Blick ins Innere – kurz vor sieben Uhr ist rund die Hälfte der Tische besetzt.
Wir betreten über eine Stufe das Lokal und laufen der beschäftigt wirkenden Kellnerin über den Weg. Rechts findet sich die Bar, direkt in der Verlängerung von der Eingangstüre führt eine nicht allzu steile Treppe in den „ersten Stock“, der im Sinne einer Galerie Platz für weitere Tische bietet. Die Treppe teilt im Erdgeschoss den Lokalbereich in zwei Hälften, der Raucherbereich nimmt drei Viertel des gesamten Lokales ein (unten und die Hälfte oben), im Obergeschoss wurde rechts von der Treppe ein Glaskasten für die Nichtraucher errichtet. Das Glashaus ist unser Ziel, zum Zeitpunkt unserer Ankunft sind wir die einzigen Gäste im oberen Bereich.
Es herrscht reges Treiben, der Fernseher über der Bar läuft in bemerkenswerter Lautstärke und zeigt das Spiel Bayern gegen Dortmund. Das Interieur wurde recht simpel gehalten – schwarze einfache Holzsessel, eckige Bistrotische, die gerade groß genug für zwei Personen sind. Warum der Nichtraucherbereich genau über der Bar platziert worden ist, an der üblicherweise am ehesten geraucht wird erschließt sich mir nicht ganz – bei der Konstruktion wurde auch so manche Lücke gelassen – da hilft die brav geschlossene Türe zum NR Bereich leider nur teilweise.
An den Wänden hängen einige Werbetafeln von „typisch französischen“ Produkten, auf fast jedem Tisch findet sich die Karte. Wir haben ausreichend Zeit, das Ambiente zu genießen, denn es tut sich erst mal nicht sehr viel im Service. Gerade als wir geistig schon eine alternative Lokalität ausgewählt hatten, erbarmt sich nach guten 15 Minuten die junge Dame aus dem Service und schenkt uns ein wenig ihrer Aufmerksamkeit. Wir bestellen ein Achterl Rioja Crianza (Euro 3,60) und einen Weißburgunder (Potzinger, Euro 3,40) und bekommen auf unseren Wunsch die separate Bistrokarte gereicht. Der Wein wir kurz danach mit jeweils einem Glas Wasser serviert.
Von der Karte sind wir erst mal positiv überrascht, denn viele der knapp 20 Gerichte lesen sich sehr verlockend. Wir kennen die Portionsgrößen nicht und entscheiden uns gegen eine Vorspeise für je ein Hauptgericht mit der Option auf eine Nachspeise. Inzwischen ist Verstärkung im Service eingetroffen, die sehr junge Dame ist bemüht, aber augenscheinlich nicht vom Fach. Wir bekommen nach der Bestellaufnahme jeder ein Tischset aus Papier und das entsprechende Besteck eingedeckt, jeder der Tische auf der Galerie bekommt ein romantisches Kerzerl.
Mehr und mehr Gäste treffen ein, vom Eindruck her: teilweise (höhersemestrig) studentisch, teilweise frankophil chic, überraschend viele Mädels. Der Wein schmeckt, zu meinem Hauptgang bestelle ich ein Glas Zweigelt (Euro 3,60), unsere Anfangs etwas getrübte Laune hebt sich ein wenig.
Eine gute halbe Stunde später werden unsere Gerichte serviert.
Vorneweg kommt der Salat, der bei meinem Gericht dabei ist. Der gemischte Salat besteht aus Grazer Krauthäuptel, Tomaten, Gurke, Karottenspänen und Paprikawürfeln – wirklich bemerkenswert gut ist die Marinade mit Dijon Senf.
Fr. bluesky entscheidet sich für das Kalbsschnitzel mit Marsala und Spargelrisotto (Euro 16,80). Zwei Tranchen Kalbsschnitzel befinden sich am Teller, wunderbar zart, die Sauce ist wirklich perfekt im Geschmack. Das Risotto wurde auf den Punkt zubereitet, die Spargelstückchen sind noch knackig, was will man mehr. Ein sehr gelungenes Gericht, das ich so immer wieder essen würde.
Meine Wahl fiel auf das Entrecôte „Cafe de Paris“ mit hausgemachten Pommes frites (Euro 18,90). Da keine Angaben zum Fleischgewicht gemacht wurden, lasse ich mich überraschen und werde nicht enttäuscht – mein Steak hat locker 300 Gramm und der Garpunkt wurde sehr gut erwischt. Das Fleisch ist von hoher Qualität und weich, kein Vergleich zu dem Steak, das ich kürzlich an anderer Stelle serviert bekam. Die Pommes sind handgeschnitzt, außen knusprig und innen weich, die Sauce ist wirklich geschmackvoll und rundet das Gericht sehr schön ab.
Beim Abservieren wird nachgefragt, ob alles zu unserer Zufriedenheit war, das Tischset wird entfernt, das Weinglas dabei wenig geschickt am Kelch genommen und beiseite gestellt. Trotz dem kleinen Fauxpas sind wir beide angetan von den Gerichten und können nicht widerstehen, noch eine Nachspeise zu bestellen.
Ein Espresso und die Créme brûlée mit Erdbeeren für Fr. bluesky. Der geschmacklich gute Espresso kommt vorab gut 15 Minuten vor der Créme brûlée (Euro 5,20) und mit einem Glas Wasser. Die Erdbeeren werden im extra Schälchen drapiert und leicht mit Staubzucker bestreut. Der Koch hat eine perfekte Karamellschicht hinbekommen, nicht zu dünn aber auch nicht verbrannt. Die Créme selbst ist locker und sehr gut – ein würdiger Abschluss für Fr. bluesky.
Ich probiere die Apfeltarte mit Vanilleeis (Euro 6,80) und vermute eine kleine Portion. Ich werde eines besseren belehrt, denn serviert wird ein Viertel einer ganzen Tarte mit zwei Kugeln Eis und Schlagobers. Die Tarte ist lauwarm, besser hätte ich sie mir nicht vorstellen können. Die Äpfel weich und geschmacksintensiv, der Teig mit der richtigen Konsistenz, in Verbindung mit dem Eis und dem Schlagobers eine wahre Sünde.
Wir bitten beim Abservieren um die Rechnung, die wenig später als handgeschriebener Zettel kommt. In Summe bezahlen wir knapp über 60 Euro, die der Besuch jedenfalls wert war.
Zum Fazit: Das Ambiente ist reduziert einfach, teilweise stimmig, teilweise ein wenig unbemüht. Das Service war der Schwachpunkt an dem Abend. Der Abend begann mit Anlaufschwierigkeiten und langen Wartezeiten, im Service selbst bleibt viel Platz für Verbesserungen. Die von uns gegessenen Speisen waren von hervorragender Qualität. Geschmacklich sehr gut, handwerklich gekonnt und von sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Lokal bleibt in jedem Fall auf meiner ToDo Liste, wir kommen wieder.
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Sehr informative Bewertung. Eine Anmerkung zu den Fotos: bei der von dir so bezeichneten "Bistrokarte" handelt es sich um die (eigentliche) Speisekarte, die nach den Angaben des Geschäftsführers jede Woche gewechselt wird. Bei den als "Speisekarte" bezeichneten Fotos handelt es sich um die - umfangreiche - Frühstücks- und Getränkekarte.