Ostwind, chinesische Aussprache "Dong Feng". Die alten Chinesen haben für viele Naturphänomenen, darunter auch die Himmelsrichtungen, ihre eigene philosophische Interpretationen. Da die Sonne vom Osten aufsteigt und im Frühjahr mehr Ostwinde zu erwarten sind, wird dem Osten die Richtung des Lebe...Mehr anzeigenOstwind, chinesische Aussprache "Dong Feng". Die alten Chinesen haben für viele Naturphänomenen, darunter auch die Himmelsrichtungen, ihre eigene philosophische Interpretationen. Da die Sonne vom Osten aufsteigt und im Frühjahr mehr Ostwinde zu erwarten sind, wird dem Osten die Richtung des Lebens bzw. der Bewegung zugeschrieben. Ob das Essen hier wie der Lokalname so sein mag, lebendig und schwungvoll im Gaumen? Dreimal habe ich es in den vergangenen Monaten besucht, nun folgt mein Bericht.
Erster Besuch gemeinsam mit meiner Frau nach einem Einkaufsspaziergang am 1. Nov. 2015. Wir nahmen Platz im zweiten Raum und lasen die chinesische Speisekarte. Für den ersten Besuch bestellten wir zwei Vorspeisen: Tofustreifen mit Koriander und "Fu Qi Fei Pian" Rindskutteln in scharfer Soße. Der Hauptgang fiel auf die Klassiker der Sichuan-Küche: Yu-Xiang Schweinefleischstreifen, "Shui Zhu Yu" Pochierte Graskarpfen und gebratener Wasserspinat.
An den Vorspeisen sind nichts auszusetzen. Tofustreifen mit Koriander ist ein typisches chinesisches Familiengericht, einfach mit Salz, Pfeffer und Sesamöl würzen, je nach Geschmack und Vorstellung kann man das Gericht kreativ umgestalten. Ähnlich wie beim Käse gibt es auch Tofu mit unterschiedlicher Konsistenz und Eigenschaften, für diese kalte Vorspeise bräuchte man einen eher trockenen Tofu. Wenn's nicht erhältlich sein sollte, mit einem weißen Tofu schmeckt es auch ganz prima.
Die Hauptgerichte waren auch sehr überzeugend. "Yu Xiang Rou Si", Schweinefleischstreifen nach Yu Xiang Geschmack waren fast so gut wie von meiner Frau ;p. Für diejenigen, die mit dem Begriff Yu Xiang nichts anfangen können, erklär ich es hier noch einmal. "Yu-Xiang", wörtlich übersetzt "Fisch-duftend", ist aber kein Fischgericht. Man nimmt Zutaten und Gewürze, die in der chinesischen Küche auch für die Fischzubereitung verwendet werden z.B. Lauch, Ingwer, Knoblauch, Zucker, Reisessig, Soyasoße, chinesischer Reiswein usw. und verleiht dadurch dem Gericht ein Aroma wie vom Fischgericht. Besonders wichtig und ausschlaggebend für die Sichuan-Küche ist die Zugabe von "Duo Jiao", eingelegter Chili, welcher durch die Fermentation eine besondere säuerlich-scharfe Note bekommt. Insgesamt zeichnet sich der "Yu Xiang" Geschmack durch eine aromatische Kombination von salzig, sauer, süß, scharf aus, wobei eher die appetitanregende Duftnote ausschlaggebend ist.
Der pochierte Graskarpfen war das High-Light bei diesem Essen. Eine große Portion frischer Fisch in der scharfen Fond, geschmacklich sehr gut. Mit dem Fisch wurden wir fast nicht fertig. Graskarpfen hat viele kleine Gräten, man sollte beim Essen aufpassen. Einen Tisch entfernt saß eine österreichische Familie, Eltern mit einem ca. neunjährigen Jungen. Das Kind schaute zu uns rüber, drehte sich zu seinen Eltern und sagte: "Die essen Tintenfische! Ich könnte das nie essen.". Die Eltern bejahten und warteten weiter auf ihre Frühlingsrolle samt Menü Rindfleisch mit Zwiebeln. Anscheinend verwechselte der Bursche die weißen Fischstücke mit was anderes. Über seine Biologiekenntnisse mache ich mir keine Sorgen, eher die kulinarische Entwicklung der österreichischen China-Lokale bei solchen weltfremden Kundschaft.
Der erste Besuch war auf jeden Fall sehr erfreulich, hatte einen sehr guten Eindruck hinterlassen.
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Beim zweiten Besuch wollte ich vorher eine Reservierung machen. Die Kellnerin nahm den Anruf entgegen, fragte nach der Zeit und Personenzahl und meinte, dass wir einfach kommen sollten, mittags seien genug Plätze frei, eine Reservierung wäre nicht nötig. Aha, na gut. Als wir dann mittags beim Ostwind eintrafen, konnten wir uns einen Platz aussuchen, aber nur weil es noch früh war. Halbe Stunde später wären die meisten Tische vergeben, soviel zur "genug Plätze frei" von der Kellnerin.
Diesmal wählten wir: "DanDan-Mian", ein Sichuan Nudelhäppchen; Yu Xiang Schweinefleisch; Gedämpfter Graskarpfen und "Zhang Cha Ya". Auf DanDan-Mian gehe ich nicht näher ein, wurde schon öfters von anderen Testern besprochen. Ich fand es war okay.
Nach der Nudelhäppchen dauerte es recht lang bis wir das Essen bekommen hatten. An diesem Tag hatte eine chinesische Reisegruppe zwei große Tische reserviert. Wir konnten beobachten, wie die Speisen dort aufgetischt wurden, obwohl die Besucher noch nicht da waren. Die Fliegen hatten die Vorfreude als Erste probieren zu dürfen und bis die Touristen da waren, war das Essen auch schon lauwarm bis kalt. Einen Grund mehr nicht mit Reisegruppen Urlaub zu machen.
Irgendwann kam dann das Essen. "Zhang Cha Ya", eine Enten-Spezialität aus Sichuan. Man legt die Ente zuerst mehrere Stunden in einer Marinade, dann wird sie mit Kampferbaumblättern (eine Lorbeerart) und chinesischer Tee geräuchert, danach wird sie mit Reiswein gedämpft und letztendlich vor dem Servieren in heißem Öl frittiert. Durch diese vier Prozesse, Marinieren, Räuchern, Dämpfen und Frittieren, sollte die Ente sowohl von der Konsistenz als auch vom Geschmack her äußerst vielfältig sein, dazu serviert man gedämpfte Brötchen. Ob es hier beim Ostwind auch die gleiche Zubereitungsart war, kann ich schlecht sagen. Der Räuchergeschmack kommt ganz gut rüber, das Fleisch ist zart und die Haust kross, das Teearoma wird vermisst. Im Allgemein ganz zufriedenstellend.
Der gedämpfter Graskarpfen war ebenfalls ohne große Mängeln, das Einzige wäre die Größe. Wir haben eine kleine Portion für 23 Euro bestellt, auch schon nicht ganz billig und die Größe war eher passabel. Ich finde, frischer Fisch schmeckt in der chinesischen Küche am Besten, wenn man ihn einfach dämpft. Nach dem Dämpfen etwas Lauch-und Ingwerstreifen und Koriander auf dem Fisch verstreuen, das Aroma mit heißem Öl herauslocken und mit Soyasoße abschmecken. Nicht alle Fischarten sind für's Dämpfen geeignet, z. B. der Weihnachtskarpfen mit einem modrigen Eigengeschmack.
Schweinefleisch Yu-Xiang war diesmal nicht so gut. Erstens die Zutaten wie Judasohren und Bambusstreifen waren sehr gering vorhanden, dafür gab es Sellerie, störte in jederlei Hinsicht den Geschmack. Besonders unzufrieden waren wir mit dem "Duo Jiao"-Geschmack, eingelegter Chili schien kaum verwendet worden zu sein, worunter der Geschmack sehr gelitten hat.
Beim Abservieren fragte die Kellnerin: "Hat's geschmeckt?". Ich sagte, es war alles ganz prima, nur Yu Xiang Schweinefleisch war nicht so gut wie letztes mal. Verwunderlich war ihre Antwort:" Ach, ihr war da schon satt als Yu Xiang Rou Si serviert wurde. Ich hab's gesehen, es kam ganz zum Schluss, da hattet ihr schon keinen Hunger mehr.". Wenn meine Meinung sofort widerlegt wurde, wozu fragte man mich überhaupt? Woher wusste sie, ob wir noch Hunger hatten oder nicht? Mit ihr dialektbetontes Chinesisch hatte ich plötzlich in diesem Moment das Gefühl in einer chinesischen Dorfbude zu sitzen.
Der zweite Besuch war kulinarisch befriedigend, servicemäßig weniger.
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Dritter Anlauf, SSW trifft langnan. Chinesisch sollte es sein und wir landeten im Ostwind.
Fassen wir es kurz, kulinarisch war es enttäuschend. Ich übernahm die Bestellung, DanDan-Mian für SSW, einmal Rindskutteln, Pochierte Graskarpfen, Yu Xiang Schweinefleisch und Wasserspinat. Eigentlich alles bewährte Sachen, aber es ging schief. Schaut euch das Foto vom Graskarpfen an und vergleicht es mit dem von meinem ersten Besuch. Die Menge hat enorm abgenommen. Nur wenig Fisch konnte wir herausfischen, ich glaube nur zwei Stück gegessen zu haben. Wenn man's nicht besser wüsste, würde ich meinen, das wären die Reste von einem anderen Tisch! Yu Xiang Schweinefleisch, SSW schmeckte Ketchup und Paprika darin, irgendwie lag er nicht ganz im Unrecht, es war zumindest nicht besser als bei meinem zweiten Besuch. Wir hatten noch einen gebratenen Reis, igitt, war der schlecht. Der Reis wurde mit Gurkenstreifen und Ei gebraten, im Grunde sehr üblich in China, aber alle Zutaten spielten nicht zusammen, das Ganze war labbrig und geschmacklos. Der Koch muss schnell nachgeschult werden, katastrophal wenn man nicht einmal gebratener Reis mit Gemüse machen kann.
Zum Service, es gab keine besondere Geste, nicht einmal wurden wir gefragt ob es schmeckte. Nur die Kellnerin kam und fragte, ob wir einen Tisch bestellt hatten. Sie hatte eine Reservierung von zwei Personen aufgenommen und wusste nicht wer es waren.
Vielleicht war SSW noch halbwegs zufrieden mit dem Essen, für mich war es eine Blamage der chinesischen Küche. Ein Trinkgeld gab es trotzdem, hinterher frage ich mich, wofür eigentlich?
Fazit: Der Wind ist stets in Bewegung, vom Osten kommt er und verschwindet in der weiten Ebene. Vom Winde verweht, erlischt auch meine Begeisterung für dieses Restaurant. Leider konnte das Ostwind keine stabile Performance bieten. Trotz anfängliche Stärke, versemmelte die Küche ihr Image im Laufe meiner Testreihe. Der erste Besuch verdient einen Fünf, der zweite einen Vier, beim Letzten kann ich nur einen Punkt vergeben, ergibt im Durchschnitt 3,3. Trotzdem, komme in naher Zukunft nicht wieder ︸_︸.
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Nein, das schlechteste bis dato war ein hiesiges im Achten ;)