Die MS Stadt Wien wurde 1938 in der Korneuburger Werft gebaut und ist seither nicht allzu weit herumgekommen. Mit einer Motorisierung von gerade einmal 920 PS bei einem Gewicht von stattlichen 600 Tonnen ist das wohl auch verständlich.
Aber immerhin - sie bietet mit ihren vier Salons und Auße...Mehr anzeigenDie MS Stadt Wien wurde 1938 in der Korneuburger Werft gebaut und ist seither nicht allzu weit herumgekommen. Mit einer Motorisierung von gerade einmal 920 PS bei einem Gewicht von stattlichen 600 Tonnen ist das wohl auch verständlich.
Aber immerhin - sie bietet mit ihren vier Salons und Außenterrassen Platz für 550 Personen und fährt immer noch als Ausflugsschiff mit Gastronomie gemächlich auf der Donau spazieren.
Wenn sie - und das ist meistens der Fall - vor Anker liegt, dann tut sie das an der Donaulände in Tulln und dient als Eventlokal und Restaurant mit gutbürgerlicher Küche.
Ich bin an einem Abend im Juni mit einer kleinen Runde dort eingekehrt. Gleich im Eingangsbereich - dazu Erdgeschoß zu sagen wäre wohl unpassend - empfängt die Gäste die Atmosphäre der eleganten Salons der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Elegante, dunkle Holztäfelung, viel Messing, weicher, roter Teppichboden. Dieses Design hat wohl auch in den späten 30er Jahren schon an die gute alte Zeit erinnert. Heute ist es zwar abgenutzt, aber immer noch stilvoll.
Über eine steile Treppe geht es auf das Oberdeck. Dort warten eine gut bestückte Bar, viel marines Dekor vom Steuerrad bis zur Piratenpuppe, jede Menge gedeckte Tische und die Aussicht auf den großen Strom, der jetzt kurz nach dem Hochwasser immer noch mit imposanter Wucht an dem alten Raddampfer vorbeizieht.
Wir nehmen an einem Tisch am Fenster auf der Stromseite Platz, die Aussicht wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Das freundliche und aufmerksame Personal erkundigt sich nach den Getränkewünschen. Bier vom Fass gibt es in zwei Varianten, Ottakringer oder Budweiser. Ich entscheide mich für letzteres.
Die Speisekarte bietet viel Traditionelles: Schweinsbraten, Schnitzel, Rinds- und Kalbsgulasch, ausgelöstes Backhendl, gekochter Kavalierspitz mit klassischen Beilagen. Ein wenig Internationales steht auch auf der Karte, Surf and Turf etwa, und ein warmer Oktopussalat. Außedem einiges an heimischen Fischgerichten: Wallerfilet, Saibling, Karpfen aus dem nahen Waldviertel. Leider keine Donaufische, aber Berufsfischerei gibt es in Tulln vermutlich schon lange keine mehr. Die Mehlspeisauswahl ist ebenfalls recht ordentlich, das Kaffee-und-Kuchen-Geschäft ist in dieser Ausflugslage sicher ein Thema.
Ich bestelle eine Wiener Erdäpfelsuppe und geröstete Knödel mit Ei.
Die Suppe ist kräftig im Geschmack, cremig, mit Erdäpfel- und Karottenwürfelchen drin. Die obligaten Pilze sind leider Champignons, aber Ende Juni ist natürlich nicht gerade Steinpilzsaison, also sei es verziehen. Ein Schlagobershäubchen ist drauf, alles in allem schmeckt die Suppe ausgezeichnet.
Die gerösteten Knödel sind in Ordnung, resch angebraten. Etwas weniger Salz hätte es auch getan, aber im Grunde passt's. Dazu gibt es einen anständigen grünen Salat.
Meine Begleiter verspeisen das ausgelöste Backhuhn - schaut sehr delikat aus, goldbraun und saftig, einen wunderbar weichen Schweinsbraten mit warmem Krautsalat und Erdäpfelknödel und hausgemachte überbackene Spinatspätzle mit Gemüse. Alle Gerichte finden Beifall.
Die Preise sind moderat, meine gerösteten Knödel beispielsweise kosten € 5,70, die traditionellen Fleischgerichte zwischen € 10 und € 12.
Fazit: ein einzigartiger Ort für ein Abendessen, gute Küche, professionelles Service und der abgenutzte Charme des frühen 20. Jahrhunderts. Die MS Stadt Wien ist einen Besuch wert.
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eine "zweizeilen" Bewertung an sich sagt schon etwas aus.....