am 16. September 2023 · Update 18. Sep 2023
SpeisenAmbienteServiceSchloss Hotel Dürnstein – eine weitere Anekdote
Dürnstein gehört zu meinen favorisierten Ausflugszielen für Kurzurlaube. Das Restaurant im Schlosshotel hatte für mich aber an anfänglich magnetischer Anziehungskraft etwas verloren, überdies verschafften die letzten krisengeschüttelten Jahre dur...Mehr anzeigenSchloss Hotel Dürnstein – eine weitere Anekdote
Dürnstein gehört zu meinen favorisierten Ausflugszielen für Kurzurlaube. Das Restaurant im Schlosshotel hatte für mich aber an anfänglich magnetischer Anziehungskraft etwas verloren, überdies verschafften die letzten krisengeschüttelten Jahre durchaus nicht ausreichend Gelegenheit.
Mittlerweile hatte es sich in der Gastronomie eingebürgert, dass viele Montag und auch Dienstag Ruhetag haben, so waren etliche Möglichkeiten am letzten Dienstag nicht gegeben, überdies gab es einen Umfaller mit unserer Primärwahl, was aber eine andere Geschichte ist.
Hier ist die ganze Woche geöffnet. So landeten wir mehr oder weniger aus Verlegenheit doch wieder einmal im Schlosshotel und versuchten dort unser Glück, und zwei Kinder der Gilde Glücksritter, wenn auch wider Willen hatten dort sogar welches.
Die edle Sonnenterrasse
Das Ambiente dieser malerischen Sonnenterrase ist einzigartig und konnte mich wieder wie einst gefangen nehmen. Sie wurde umgestaltet und besitzt nun im mittleren Bereich eine Überdachung und Verglasung, die komplett versenkt werden kann.
Der vordere Bereich, der nicht in Betrieb war, und der hintere sind offen, ausreichend mit Schirmen sonnengeschützt und ein einsamer Baum spendet ebenfalls guten Schatten. Hier erhielten wir unseren Sitzplatz.
Der Boden aus klassischen rotbrauen Ziegelsteinen wirkt solide und edel, dazwischen verschönern Tonkrüge, bepflanzt mit Hortensien und mehrere weitere gärtnierisch gestaltete dekorative Elemente den Blick für das Auge. Es ist schon einzigartig.
Es gibt auch eine Bar, die später recht gut und sogar lautstark frequentiert war, und dann dieser Blick auf die vorbeifließende Donau und die Wachauer Landschaft, was für ein malerisches Bild. Die Innenstube war diesmal versperrt und konnte ich nicht besichtigen.
Mit Einsetzen der Dämmerung zeichnete die Sonne glitzerfarben einen langen Streifen quer über die Wasseroberfläche, der sich zunehmend mit den Farben des Abendrots füllt, ehe er verblasst. Die letzten Ausflugsschiffe ziehen langsam und bedächtig an uns vorüber, bis die Sonne hinter dem gegenübererliegenden Ort Rossatz verschwindet.
Es verbleibt dann die angenehme Abendkühle. Eine Stimmung zubereitet wie für die Götterkinder und auch das Wetter war an diesem Abend völlig auf unserer Seite.
Ein neues Glück – das Vorspiel
Der Grund der länger jährigen Abstinenz bildete wohl nicht diese Top-5 für das Ambiente, sondern die doch hohen Preise, die sich nach weiteren Besuchen auch nicht mehr mit der entsprechenden Qualität gedeckt hatten. Nun denn, jetzt sind wir wieder hier.
Ein Novum bildete die elektronische Speisen- und Getränke, die via Tablet dargereicht wird. Meine Begleitung studierte zunächst die Speisen und ich scrollte im Bereich Weine rauf und runter, die hohen Preise dabei ein wenig bestaunend.
Es gibt wirklich nur vereinzelte unter 60€, mir aber unbekannt oder nicht von Interesse. Mein Blick verfing sich dann beim Triebaumer, ja der aus Rust wieder einmal, mit dem Cabernet Merlot, bloß um stolze 92€. Wir berieten uns und einigten uns auf: „Weißt was, sch… drauf, wenn wir schon mal da sind, dann soll der leidige Mammon unser Gemüt nicht beeinträchtigen.“
Der war dafür von einer Power, die dich regelrecht fertig machen kann, dies aber im positiven Sinne. Ein Kraftpakt, solide Barrique-Note und ein mehrminütiger Abgang, der schon in der Stärke dem eines Weinbrandes gleichkommt. Gott, war der gut, nur halt auch … ach lassen wir’s.
Das Gedeck schlägt sich mit 6,50€ pro Nase zu Buche, zu dem neben Brot Original Wachauer-Laberl im Körbchen lagen. Ja die von der Bäckerei Schmidl können schon was. Es gibt dazu Butter, Olivenöl und einen Aufstrich.
Nun, meine Meinung dazu kennt man, am Ende erwirtschaftet man sich so bis zu 10% mehr Umsatz, wiewohl ich es abends als Tagespunkt der kulinarische Reise gehobener Gesellschaft auch schätzen gelernt habe. Ich denke nur, das könne man auch freiwillig entscheiden und müsse man nicht vorgeben.
Sehr nett kommt vor der ersten VS in einem Gläschen als amuse Gueule ein Schluck Süppchen, mit der wir einen ersten Gruß aus der Küche erhalten, eine Lauchcremesuppe mit kräftigem Geschmack heimischer Steinpilze.
Speisenwahl und ihre Genüsse
Wir einigten uns auf nur eine gemeinsame Suppe als VS, um Bauchreserve für einen Kaiserschmarr‘n zu schaffen. Und wenn der halt wieder mit stolzen 22€ dasteht und uns das Geld eh schon egal war, dann möchte das heute genossen werden angesichts der Gelegenheit in traumhaft romantischer Umgebung.
Die Suppe (8,50€) hatte ein Tick zu viel Petersilwurzeln und Zeller im Geschmack, ansonsten grundsolide. Frittaten hauchdünn geschnitten als Einlage, ansonsten noch entsprechend dem hier zu erwartendem Level.
Die erste HS Kalbsrückensteck (29,50€), ausdrücklich medium gewünscht, kam in Größe Ladies-Cut, aber durchgeknallt und ging postwendend retour. Ich sagte dem Kellner, zweimal töten müsse man kein Tier. Der Teller nach gefühlt 10 Minuten wieder am Tisch samt Erklärung unseres Kellners: „Der Chefkoch meinte, das wäre schon ok gewesen, aber ich konnte ihn neu kalibrieren.“
Der Ausdruck einen Koch neu „kalibrieren“ zu können, der sich auf der HP gelobt und auch stolz präsentiert, erzeugte allgemeines Schmunzeln, war dafür gute Überzeugungsarbeit unseres Kellners. Selbstredlich darf der Koch seine eigene Auffassung haben, aber am Ende sollte der Gast loben, nicht nur er. Beim zweiten Anlauf passte die Garstufe.
Bezüglich Beilagen mussten wir uns etwas auf die Suche begeben, zwei Kartöffelchen und ein paar Mini-Paradeiserl, naja, das wäre sogar unter jeder Kinderportion, etwas Jus, zwar alles tadellos, aber halt a weng‘l dürftig.
Während der Wartezeit war ich schon fast mit meiner HS durch, Kalbsleber (26€) auf Erdäpfelpürre, von der Menge wieder wohl die „gehobene“ Präsentation, sprich könnt ruhig schon noch a biss‘l mehr sein. Die Leber in einem Stück, butterzart weich und gut angeröstet mit einem Hauch an geschmorten und Röst-Zwiebeln. Gut war das allemal.
Lediglich der Saft, das war m.E. dieselbe Jus wie zum Steak. Damit war ich nicht zufrieden, denn da hätte ich mir schon das Natursafterl erwartet, wie es aus Leber beim Anrösten aus ihr selbst gewonnen wird. Diese Art Einsparung mit Saucen meine ich kann nix in einem 5-Sterne-Märchenschloss, ansonsten wäre ihr sogar die Top-Note gewiss gewesen.
Allgemeine Speisenbewertung
Nach mehrjähiger Erfahrung basiert meine Note nicht allein aufgrund des letzten Besuchs, sondern kann sie allgemein in der Präsentation als gehoben, in der Qualität aber nur mehr noch als gut einstufen. Es sollten gewisse Dinge in einem vornehmen Lokal entweder nicht passieren oder anders gehandhabt werden.
Meine persönliche Beurteilung beschränkt sich nun nicht darauf, weil einmal die LKS oder das gelobte Wr. Schnitzel top waren, was es seinerzeit dennoch war, sondern auch wie ich die zukünftige Entwicklung einschätze. Es gab definitv schon bessere Zeiten, ich fürchte nur sie kommen nicht wieder, was m.E. mit der Personalentwicklung zusammenhängt.
Die Kaiserschmarr’n Anekdote
Die Wartezeit wird mit 35 Minuten angegeben, was traditionell hausmännische Zubereitung verspricht. Angegeben wurde die Menge ab zwei Portionen. Als Einzelportion dürfte man sich den Aufwand nicht antun. Schade halt, denn es hätte uns gereicht.
So meinten wir wäre der hohe Preis mit 22€ am Ende auch gerechtfertigt. Ich kenne nur ein Lokal in Wien, wo man 22€ verlangt, darüber kenne ich keines.
In der Zwischenzeit setzte die Dämmerung ein, sodass er nach ca. 1/2 Stunde in der Dunkelheit serviert wurde. Eine mittelgroße 24-er kupferne Pfanne erreichte unseren Beistelltisch, wo jedem von uns eine Handvoll auf einem Teller serviert wurde.
Es wurde versucht ihn möglich flaumig zu halten, d.h. mit Mindestmenge an Mehl, aber es gab auch ein wenig patzerte Stellen. Hm, das Unterheben des Schnees möglicherweise doch zu wenig verrührt? Vanillenote war nicht wahrnehmbar, aber ansonsten sicher recht hausmännisch.
Allerdings offenbarte sich eine unschöne Sache. Nachdem sich der Zucker allmählich verflüssigt hatte, kamen ziemlich schwarze Flecken zum Vorschein. Puh, das war schon zu viel an Maillard-Reaktion, die in Richtung Verbrennung ging. Ungefähr die Hälfte davon war betroffen und grenzwertig, was wir stehen ließen. Hier wurde wohl das Anrösten zu mutig vorgenommen, ehe man den Fladen gewendet hatte
Der Kellner begutachtete die nun mehr offengelegte Misere und stimmte zu. „Der am anderen Tisch wäre perfekt gewesen“ meinte er und ich entgegnete: „Schön für die, aber für uns müsste man den Koch halt wieder neu kalibrieren.“ 😉
Es wurde uns zugesagt, dass er nicht zur Verrechnung käme, eine Wiederholung kam schon wegen Küchenschluss nicht mehr in Frage und wir hätten dies auch abgelehnt. Ich habe nicht vor, dies in die Speisenbewertung einfließen zu lassen und verbuche es als Malheur a la kann mal passieren. Doch das war nicht alles, ein dickes Ende sollte noch kommen.
Einige Bemerkungen zum Service dieses Abends
Zweifellos bemüht man sich den gehobenen Ansprüchen eines 5-Sterne-Hotels gerecht zu werden. Während sich das Restaurant beginnend ab 19:00 Uhr zunehmend gefüllt hatte, stellte ich eine gewisse Überlastung im Service fest, soweit meine Wahrnehmung.
Dann mangelte es an nötiger Aufmerksamkeit, man musste mehrmals urgieren und warten um Wünsche anzubringen. In der Zeit gab es kein sog. proaktives Service, dass die Kellner selbst nach dem Rechten sehen, fragen, Wein nachschenken etc., sondern nur ein reaktives mit doch zu viel Delay.
Ich würde das auf die zu eng bemessene Küchenzeit zurückführen, wo es für meine Begriffe von 18:30 bis 20:30 mit nur zwei Stunden, dann aber bei 100 Gästen zu einem Buffer-Overflow kommt. Das geht sowohl zu Lasten des Personals als Stressfaktor als auch zu Lasten des Gastes, was ich als ungemütlich empfunden habe.
Nach ca. 20:30 Uhr leerte sich die Terrasse und dann war das gewohnte Tüdel-Di Tü, sprich der gewohnte Upper-Class-Umgang wie am Anfang beim Betreten des Lokals. Gäbe es eine Stunde mehr, könnte das geschmeidiger ablaufen. Es ist ohnehin bis 22 Uhr geöffnet, warum also schon 1 1/2 Stunden davor Küchenschluss? Ich berücksichtige das bei der Servicenote, die ich auf 3 herabstufe.
Mit Abrechnung erlebten wir noch eine weitere Überraschung. Besagter Kaiserschmarr‘n befand sich doch auf der Rechnung mit 22€. Dazu wurde erklärt, dass er um 50% reduziert wurde. D.h. in Wahrheit koste dieser also 44€?
Oiso do legst di jetzt nieder. Das musste schon etwas diskutiert werden und es wurde erklärt, dass die 22€ pro Person gelten, was auch angeschrieben wäre. Nun ja, meint man, ich lese die Karte wie ein Rechtsanwalt? Und bin ich nun da, um hier etwa einen Rechtsfall zu klären? Außerdem wurde mir zugesagt, dass er nicht verrechnet würde. Dann wäre mir das gar nicht aufgefallen.
Nachträglich hatten wir die Karte zu Hause eingehender online studiert um festzustellen, dass es auch andere Speisen gibt, die so in meinen Augen irrführend ab zwei Personen und rechts lediglich der pro Person steht, der so aber verdoppelt werden muss.
Und jetzt kommt‘s: Beim Kaiserschmarr‘n fehlt die Angabe „pro Person“. Darum ist mir das auch gar nicht weiter aufgefallen. Das wollte ich dann aber sehr wohl geklärt wissen und wir statteten dem jetzt von uns als Märchenschloss mit Traumpreisen bezeichneten Hotel nochmals einen Besuch zu Mittag ab.
Es gibt z.B. das Beef Tartar, das sogar zweimal gelistet wird. Einmal als VS mit dieser Tücke ab zwei Personen und pro Person um 19,50€ und einmal als HS um die vollen 39€. Und, was macht bitte da den Unterschied? Darf ich das dann wieder nicht auf zwei Teller verteilen? Ich begreife die Logik nicht, aber lassen wir das.
Die Beef Tartar Show
Glücklicherweise lieben wir Beef Tartar und es war uns das schnöde Geld eh schon wissen … (wurscht soll’s heißen), so nahmen wir es zum Anlass einer weiteren Mittagsmahlzeit und wieder war das Wetter paradiesisch, das also ein echter Traum.
Beeindruckend dabei die Show des Anrichtens vor dem Gast auf dem Tisch. Das rohe Beef kommt gehackt und an die 14 Zutaten alle einzeln auf einem Tablett vorbereitet bzw. diverse Flaschen flüssiger Ingredienzien. Der Gast bestimmt was hineinkommt, die Servicekraft mixt es vor deinen Augen auf einem Beistelltisch zusammen und serviert das Ergebnis in Form von Nockerln, welche sie mit einem Löffel formt.
Zuvor wird eine Kostprobe zum Abschmecken serviert, bei der ich z.B. nach noch mehr Eidotter verlangt habe, welches unverzüglich nachgebracht wurde, da das kleine Schüsserl schon leer war. Ja, also wenn es dir dann nicht schmeckt, dann bist du sozusagen selber schuld. Weiters begleitet das Gericht eine Portion Rührei mit schwarzem Trüffel. Das war sehr gut und damit wäre der Preis sogar in Ordnung.
Wir haben unseren Inkasso-Kellner zuletzt auch noch auf des Kaiserschmarr’ns Preisschmarren hingewiesen. Er hatte das auch als problematisch erkannt und meinte, ja, das müsse korrigiert werden. Warum man sich aber solche in meinen Augen, man verzeihe mir, dämliche Geschichten leistet, nicht gleich den vollen Preis anzuschreiben, möge der p.t. Leser selbst entscheiden.
Was mich betrifft verfüge ich neben den seligmachenden Erlebnissen auch wieder über eine neue Anekdote, die ich humorvoll verarbeite und könnte wie einst Torbergs Tante Jolesch allmählich ein eigenes Buch schreiben mit dem Titel:
„Der Untergang heimischer Gastronomie in Anekdoten“
Hilfreich5Gefällt mir5Kommentieren
Anmerkung: Nach etwas Überlegung habe ich die Bewertung der Speisen nachträglich auf 3 herabgestuft und den Text etwas überarbeitet. Wenn ich das mit anderen Destinationen vergleiche, die ich mit 4 bewerte und wo ich konstant zufrieden bin, dann wäre das nicht mehr objektiv. Und würde ich die KS-Misere hinzuziehen, landen wir sogar nur bei 2, aber das belasse ich weiter unbewertet.