Fabios – Steifzüge durchs Bobo-Viertel
Wiewohl ich in der Inneren Stadt mehr als nur häufig verkehre, war es mir bislang noch nicht gelungen das Fabios aufzusuchen. Gestern sollte der Entschluss recht spontan fallen. Ich und meine Begleitung, wie so oft auf Streifzügen durch die City schlendern am Lokal vorbei und ich sage: „Jetzt wäre es mal an der Zeit.“ Gesagt, getan und wir betreten den langen Schanigarten.
Wir werden professionell empfangen und zu einem nicht reservierten 2-er-Tisch geleitet. Alsbald heftig einsetzender Regen zwingt uns einen anderen zu erbitten und so werden wir ins Innere umplatziert. Der Stil hat was von den 60-ern, aber nicht altmodisch, für meine Begriffe ganz in Ordnung. Das gewisse Etwas fehlt mir aber.
Erstes auffälliges Merkmal, man bringt uns Polsterkissen, nicht zum Sitzen, sondern quaderförmige, um unsere Taschen darauf zu platzieren. Oh mein Gott, sie sollen ja keinesfalls den Boden berühren oder gar regennass werden. Auch beim Umplatzieren werden sie mittransportiert.
Meine Begleitung und ich nicken einander grinsend zu, in der Tat, wir sind hier nicht bloß im von mir scherzhaft sogenannten Bobo-Viertel der Innenstadt, das Lokal ist m.E. dafür gar ein Musterrepräsentant. Stört uns das? Mitnichten, wir treiben einfach nur unsere kleinen Scherze.
Kartenstudium und Auswahl
Zweites auffälliges Merkmal, die dargereichte Speisenkarte entpuppt sich schon als betont hochpreisig, damit meine ich noch höher als ohnehin schon erwartet. Nun, stört uns das? Heute nicht, es ist uns durchaus schon im Vorfeld bewusst, aber man schwankt dann doch bei einer Fischsuppe um 39€ oder doch dem Vitello Tonnato um bloß 28€.
Der große Hunger ist heute nicht unser Antriebsmotor, sondern doch die Neugier, so ordern wir die beiden Gerichte aber jemals nur einmal mit der unter uns üblichen Absprache unter uns zu teilen.
Zur entsprechenden Weinbegleitung gibt es zwei Karten, eine kurzgehaltene mit auch Auswahl offener und die quasi Langfassung mit einem überreichen Angebot. Auf der kleinen Karte werden wir gemeinsam fündig mit einem Primitivo um 9,90€ das Achterl. Wir entscheiden uns nicht für die Flasche, sondern glasweise. Es ist heute doch nur mal ein Beschnuppern neuen Terrains.
Der Genussteil
Unsere Speisen kommen an. Das Vitello Tonnato, zunächst ohne Tunfisch, das Augerl erblickt eine herrlich rosarote Farbe, wie ein Babypopo. Die Tunfischsauce wird aus einer Schüssel am Tisch löffelweise darüber gestrichen und verteilt. Eine derart feine Sauce sieht und isst man selten, das war seit langem eines der besten Gerichte.
Die Fischsuppe zeigt mit der Zeit eine recht bräunliche Farbe und stellt geschmacklich einige Fragen. Von etwas ist der Fischton überschattet, aber die Safrannote ist da. Die sog. "sardische Pasta"? Dafür reichliche Fisch- und Meeresfrüchteeinlagen, von denen eines besser als das andere war. First Class.
Über die Fondfarbe holen wir uns Erkundungen ein, um uns nicht Spekulationen hinzugeben, und dabei zeigt sich auch, dass Service groß geschrieben wird. Man fragt in der Küche nach, hat aber dennoch keine eindeutige Antwort.
Aber so erfahren wir wie aufwändig der Fischfond hergestellt wird. Nun, von irgendwoher muss dieser Preis ja auch kommen. Geschmack und Farbe rühren wahrscheinlich von den Jakobsmuscheln her, so wurde uns das mitgeteilt. Nun, dann wollen wir das so glauben. Ich persönlich meine, dass dann davon etwas zu viel erwischt wird und würde sagen, manchmal ist weniger mehr.
Die kleinen schwarzen Kügelchen sind auch eine neue Erfahrung und werden aus der Tinte gewonnen, von der der Tintenfisch auch seinen deutschen Namen hat. Sie geben aber geschmacklich nicht viel her. Ist also gefühlt mehr Schnick-Schnack.
Insgesamt war die Suppe sehr gut, bloß der Fond war für meinen Gaumen nicht ganz für einen Luftsprung zu haben, von der Küchenleistung aber durchaus ein Bravourstück. Schade halt, denn ich hätte durchaus verdient sonst Höchstnote verliehen, aber sehr gut ist es allemal.
Ausklang und verbleibender Eindruck
Wir ordern die Digestivkarte, was eine weise Entscheidung ist, ansonsten könnte bei einer spontanen Ansage ein Edeltropfen der Superlative gebracht werden, doch dann wäre das Essen preislich nur das Nebengeräusch. Ein Hennessy 2cl um 105€, naja, wer einen Geldschei… hat, äh ich meine natürlich wem das Geld gleichgültig ist.
Zumindest weiß ich nun, wie auch Betuchtere ärmer gemacht werden können, sollten sie einer speziellen Neigung mehr nachgeben. Das ginge hier so am schnellsten.
Aber wir werden mit einem Grappa Nonino zum Normalpreis von 7,50€ satisfaktionsfähig, allerdings nur 2cl, ich bin da an sich bei Italienern auch bis 5cl gewohnt, aber ok, wir sind in Bobo-Down-Town. 😉
Es gibt den leider gerade nicht, so werden mir mehrere Alternativen vorgeschlagen, aber man versichert mir, dass der Preis dabei bleibt, egal welche Auswahl ich treffe. Mit dem Kellner funktioniert ein lockerer Umgang auf Augenhöhe und gutem Humor, das belebt.
So wird es ein Grappa Barrique, der allerdings mehr Durchschnitt, dafür kräftig. Kaffee Hausbrandt, hier als Ristretto ist gehobener Standard und gehört für mich obligatorisch dazu.
Ich habe mich noch über einen ehemaligen Kollegen erkundigt, der mittlerweile samt Ehefrau Meixners Gastwirtschaft im, verglichen mit hier, Armenviertel übernommen hat, dort nun erfolgreich die Kochlöffel schwingt und neben Wr. Küche auch neue Rezepte kreiert. Ja, man kennt ihn noch und steht weiter in guter Verbindung mit ihm.
Manch so Akzent könnte er hier für diese Küche gesetzt haben. Auf ein Gespräch mit ihm freue ich mich schon, wenn ich ihn wieder mal in seinem neuen Terrain besuche, wo ich mich definitiv auch besser auskenne.
Der kleine Mittagsimbiss schlägt sich mit 130€ inkl. Maut zu Buche. Nun was meint unsereins, der nicht das Geldbörserl der Oberliga so locker sitzen hat, aber deswegen nicht unbedingt ein Armer ist. Es war eine sehr gute Erfahrung und das Fabios wird in guter Evidenz gehütet werden.
Jedenfalls weiß ich nun, dass ein Danieli eh net so teuer ist, wie ich immer gemeint habe. Aber es werden dann auch gehobenere Anlässe werden und weniger Spontanbesuche, wie ich Italiener gewöhnlich überfalle.
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