An dieser Stelle kannte und besuchte ich mehr als zwei Jahrzehnte den „Schwarzen Adler“ in Kaiserebersdorf. Durch einen Todesfall wurde dieses sehr beliebte Lokal geschlossen, und es stand sicher für mindestens zwei bis drei Jahre leer. Daher kann ich einem „Weiterführen“, wie in manchen Medien b...Mehr anzeigenAn dieser Stelle kannte und besuchte ich mehr als zwei Jahrzehnte den „Schwarzen Adler“ in Kaiserebersdorf. Durch einen Todesfall wurde dieses sehr beliebte Lokal geschlossen, und es stand sicher für mindestens zwei bis drei Jahre leer. Daher kann ich einem „Weiterführen“, wie in manchen Medien berichtet, nicht zustimmen. Das ist hier eine waschechte Neuübernahme. Die „Vorgänger“ hatten auch griechische Küche anzubieten (der Chef war ein Grieche) und hier gab es einen phänomenalen Taramasalata und eine legendäre gegrillte Hühnerleber im Speckmantel.
Aber Gott sei Dank, hat Herr Lingjun Pan diese Immobilie erworben und völlig neu gestaltet. Ich hatte schon grobe Bedenken, denn hier gab es auch immer schon einen der schönsten gewachsenen Gastgärten, die ich in Wien kenne. Oftmals muss alter Baumbestand neuen Dingen und Ideen weichen, diese Sorge machte ich mir. Eines muss man schon vorab Hrn. Pan groß anrechnen: es wurde nicht einfallslos der nächste „Asiate“ hier eröffnet. In unmittelbarem Umkreis sind bereits drei asiatische Lokale zu finden – Zum Goldenen Fisch, Asia Stammhaus und das Chinarestaurant Yu. Hr. Pan setzt auf gute, bodenständige Gasthauskost und will auch so Manches aus den Kronländern, also den Ländern unserer früheren k. u. k. Donaumonarchie, präsentieren. Für mich persönlich liegt die Messlatte hoch, denn die Küche des ehemaligen „Schwarzen Adler“ war immer sehr gut, teilweise vorzüglich und schon öfters haben ihn meine beste Ehefrau von allen und ich tatsächlich vermisst. Doch die „Pan’s“ sind eine echte Gastronomiefamilie und daher vertraute ich völlig auf ein schönes neues Konzept, das Altbewährte bewahrend.
Ankunft im Lokal, direkter Eintritt im Gastgarten, überkam mich sofort ein freudig, wohliges Gefühl – die Bäume sind noch alle da. Alte, mächtige ehrwürdige Bäume (vorwiegend Kastanie), die in diesem großen Gastgarten Schatten spenden – wo es nicht ausreicht, dort stehen Sonnenschirme. Der Gastgarten wurde mit Gefühl adaptiert, und besonders gut ist die Idee, eine kleine Kinderspielecke mit Schaukel und Sandkiste anzubieten. Im hinteren Bereich des Gastgartens wurden auf kompletter Länge und unter Dach „Loungen“ geschaffen, ausgestattet mit sehr bequemen Sofas und Couchen.
Die Sitzmöbel im Gastgarten wurden völlig erneuert und sind sehr bequem, mich störte jedoch, dass man hier leider gar so viele Tische untergebracht hat, denn teilweise stehen sie dann schon sehr nahe am Nachbarn – es sind knapp 300 Sitzplätze im Garten vorhanden! In Summe aber ein Tip-Top gepflegter und lauschiger Gastgarten mit „Versumper-Gefahr“. Das Lokal habe ich natürlich auch noch inspiziert und musste auch hier feststellen, es wurde nicht nur alles neu und schön gemacht, sondern auch mit viel Gefühl für das zu Bewahrende. So wurden alte Gewölbebögen dort belassen, wo sie eben immer schon waren und einfach in ein sehr modernes und neudeutsch „sytlishes“ Interieur integriert. Und das ist sehr gut gelungen, trotz aller Moderne wirkt nichts kühl, sondern freundlich und einladend. Auch hier gibt es für fast 100 Gäste einen Platz.
Die extra Bierkarte ist jetzt nicht übermäßig groß, bietet aber endlich auch einmal alternative Biere abseits vom 08/15-Angebot á la Ottakringer & Co offen vom Fass an. Ich wählte das Starobrno (EUR 3,70 das Krügel), das sehr gut gezapft und ausreichen kühl serviert wurde. Auch der heurige „Renner“, der „Zipfer Limetten-Radler“ wird hier angeboten (EUR 3,20 für 0,5L), den meine beste Ehefrau von allen derzeit heiß liebt und hier auch für gut befunden hat - frisch und gut gekühlt hat er ihr sehr gut gepasst.
Einmal aus den saisonalen Angeboten die „Geeiste Gurkenjoghurtsuppe“ (EUR 4,50) – diese Suppe war sehr toll gelungen, ein cremiger geschmacklich sehr guter Joghurt mit nicht zu aufdringlicher oder vordergründigen Säure, gewürzt mit Knoblauch, viel frischer Dille etwas Salz. Die Gurke noch immer sehr knackig frisch und die Temperatur perfekt. Das war der ideale Einsteiger an diesem heißen Tag - SEHR GUT.
Einmal das „Carpaccio vom Rind“ (EUR 8,90) – sehr gute Fleischqualität mit sehr gutem Geschmack, dünn aber nicht „neutral hauchdünn“ aufgeschnitten und ein wunderbar harmonisches Basilikumpesto – hausgemacht, aber etwas übermixt, so bekommt es eine leicht bittere Note. Der Grana frisch und wohlschmeckend, der Rucola sehr frisch und die Cherry-Paradeiser, wie sie sein müssen. Aber auch bestes Olivenöl ist im Überfluss nicht wirklich gut, und hier wurde einfach viel zu viel davon verwendet. Daher in Summe GUT, weil es auch im gesamten Lokal keine Pfeffermühlen gab – bitte, macht etwas dagegen! Schwarzes „Niespulver“ aus dem Streuer wollen wir halt nicht haben.
Einmal die „Käsenockerln mit Blattsalat aus der Pfanne mit gemischtem Blattsalat“ (EUR 7,90) – ein sehr guter aber für meine beste Ehefrau von allen doch etwas zu milder Käse, die Nockerl bissfest gekocht und tadellos und wahrscheinlich wirklich hausgemacht – da kann ich mich aber nicht festlegen. Zu bemängeln war lediglich, dass es keine schöne „Käsekrusteln“ gab, man hätte definitiv noch etwas mehr rösten dürfen. Der Salat dazu war knackig frisch, das Dressing aber eine verölte Marinade – außer Unmengen an gutem Öl, war kaum eine Vinaigrette zu schmecken. GUT, aber auch nicht mehr.
Einmal das „Wiener Backhendl (ausgelöst) in Buttermilchpanade mit Erdäpfelsalat und Kernöl“ (EUR 8,90) – wie ich es auch immer mache. Ich gönne meinen Backhenderl-Teilen auch immer ein „Nachtbad in Buttermilch“ (= Alt-Wiener-Art). Die Milchsäurebakterien machen das Fleisch derart mürb, saftig und zart, es sucht seinesgleichen – ausprobieren und unbedingt nachmachen. Auch hier ein wunderbar saftiges Fleisch (Brust, Keule und ein natürlich nicht ausgelöstes Flügerl) in einer sehr knusprigen und schmackhaften Panier. Einfach ein fast ultimativer Gang – super saftig, tolle Hendlqualität. Der Salat allerdings konnte da nicht mit – ein Salat, wie in jedem Gasthaus präsentiert, nicht schlecht, aber leider auch völliger Durchschnitt. Das Kernöl gut, aber sparsam verteilt und eben auch nicht besser, als in jedem guten Gasthaus. In Summe aber ein ehrliches SEHR GUT, eines der besten Backhenderl, die ich je in einem Lokal gegessen habe.
Der große Espresso, der kaum der Rede wert ist, rundete mein Mahl ab (EUR 3,20). In diesem Rahmen (keine Haube / kein Stern) gebe ich gerne ein ehrliches, ausgezeichnetes und ehrliches sehr gutes GUT, das aber schon wirklich sehr am SEHR GUT kratzt. Verbesserungsmöglichkeiten und kleine unnötige Mankos waren schon auch noch vorhanden – Potential nach oben wäre also da.
Der Zwiebelrostbraten wird hier vom Rostbraten serviert, und ich fand es wunderbar, dass der Chef selbst zum Gast kommt und darauf aufmerksam macht. Rostbraten ist eben nicht Beiried, mehr durchzogen und etwas mehr Fett, dafür authentischer, aber heute nicht mehr so gewünscht. Er wird hier sehr flach geklopft und auch die Grillpfanne wird bemüht, aber es ist eben Rostbraten. Optisch, ich konnte es sehr gut beobachten, war aber Alles samt Zwiebel sehr gut und ansprechend – natürlich auch in der Pfanne serviert.
Der Service war mehrheitlich sehr freundlich und meist präsent, aber leider auch nicht immer. Ein besonders jovialer Kellner hatte es mir „angetan“. Ich will kein Freund des Hauses nach nur einem Besuch sein, und noch weniger interessieren mich persönliche Geschichten á la „Ich habe heute nur Dienst, weil…!“ Ich mag das maximal in einem Biergarten und in Wirklichkeit nicht einmal dort. Genau deswegen gebe ich auch nur ein GIT, es wäre sonst anders gelaufen.
Die Sanitäranlagen sind natürlich neu und TIP-TOP, das Ambiente finde ich besonders schön, weil „meine“ Bäume noch immer stehen. Aber auch das Lokal ist wirklich gelungen und doch völlig neu aufgebaut worden – Hr. Pan, ihr könnt etwas!
Fazit: ich empfehle einen Besuch unbedingt, der Gastgarten ist ein Traum, die Speisen sehr gut gewählt und gut ausgeführt. Es wird auch alles „á la minute“ gemacht – frisch und so, wie es eben sein soll / muss. Die Preise sind für diese Portionen mehr als nur moderat und daher schon als tatsächlich günstig anzusehen. Eine kleine aber auch schöne und ausgewählte feine Weinauswahl (Artner) steht hier zur Verfügung. Auch die Bierkarte bietet endlich einmal etwas Abwechslung – der Renner ist sie auch nicht. Dass man hier sehr bodenständige Wiener Küche (Kronländer lt. Eigenbeschreibung) anbietet, kann ich gerne bestätigen. Den Einfluss der Kronländer jedoch konnte ich noch nicht ausmachen. Es gibt natürlich Mittagsmenüs, Tagesempfehlungen und saisonale Angebote. Der Internetauftritt bietet sehr gute Informationen für alles, Wir kommen definitiv wieder, denn die gesehenen „Pan’s Spareribs“ lohnen es auf jeden Fall! Hingehen und ausprobieren – gemütlicher im Garten sitzen geht nicht! Bravo, Familie Pan, sie haben es wieder einmal geschafft.
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