41 Punkte im Restaurant-Tester, 2 Hauben im Gault-Millau, 2 Sterne im A la Carte, 87 Punkte im Falstaff mit 2 Gabeln, Genuss-Wirt des Jahres - also mit gewissermaßen hohen Erwartungen, darf man hier wohl ankommen. Dann schauen wir halt, was ihr hier in Neusiedl / See so könnt.
Wir hatten für 2...Mehr anzeigen41 Punkte im Restaurant-Tester, 2 Hauben im Gault-Millau, 2 Sterne im A la Carte, 87 Punkte im Falstaff mit 2 Gabeln, Genuss-Wirt des Jahres - also mit gewissermaßen hohen Erwartungen, darf man hier wohl ankommen. Dann schauen wir halt, was ihr hier in Neusiedl / See so könnt.
Wir hatten für 2 reserviert, und konnten zwischen zwei Tischen (für 4 Personen) im Garten auswählen. Dieser war zu zwei Drittel besetzt. Wir bekamen die Speisekarte und Weinkarte ausgehändigt, wählten als Einstieg 2 Campari-Soda (á 4,20 €)
und orderten die Dessert-Karte (da diese nicht in der Speisekarte integriert), während das Gedeck (á 2,50 €): Karotten in Olivenöl / Butter / am Löffel angerichteten Mangalitzaschwein - Schinken garniert und dreierlei Brot (selbstgebacken; und
in einem originellen Leinensack) serviert wurde.
Sah sehr hübsch aus: Das „Löfferl-Food“ sehr gut, die Karotten in Olivenöl eine interessante Idee, die Butter frisch -
das Brot (u.a. Karottenbrot) eine mittlere Katastrophe, drei Sorten, obwohl durchaus anders im Aussehen, alle fast ident im Geschmack - oder besser ohne - nämlich ziemlich nichtssagend und trocken - Umpff! Kann ja heiter werden…
Inzwischen mit einiger Skepsis zum Mineral (0,75-Liter-Flasche 3,40 €) den Gelben Muskateller von Koppitsch (Neusiedl;
duftig, weich, mild; 1/8 l zu € 3,40) und Grünen Veltliner von Haider (Neusiedl; typischer burgenländischer Grüner Veltliner, nett; 1/8 l ebenfalls 3,40 €) auf den ersten Gang wartend:
Carpaccio vom Bio-Schafkäse & Graurindtatar (€ 10.80) einerseits und Cremesuppe von Gartenpetersilie & Beinschinken-tascherl (€ 4.80) andrerseits.
Die Cremesuppe angenehm würzig, sämig, die Petersilie schön deutlich, das extra servierte Blätterteig-Schinkenkipferl, knusprig, gut (dazupassend): tadellos!
Der Schafkäse, 3 fast tellergroße Scheiben, auf Salatbett serviert (Vogerl, Löwenzahn, div. Blatt) wohlschmeckend und gut,
das Tartare vom Bio-Graurind - hervorragende Fleischqualität! - hätte durchaus noch etwas pointierter gewürzt sein dürfen,
sehr gut! Zusammen eher eine überladene Komposition, daß den beiden Hauptakteuren nicht die entsprechende Entfaltungs-möglichkeit bot, jeder für sich allein, hätte mehr Applaus bekommen.
Nächster Gang das Leithaberg-Wildragout & Birnen, Schwammerl, Nockerl (€ 14.60): Herrliches Aroma, wundervolles Safterl mit leicht süßlichen Birnentouch, Eierschwammerln und Steinpilzklein, mitgekochten Birnenstückchen und -Kugerln, die Kräuternockerl (extra serviert) stellenweise mit zart mehligem Beigeschmack. Und jetzt zum Fleisch: Leider zwischen butterweich und relativ hart und trocken schwankend, was den Genuß und das Urteil zu dieser Speise als Ganzes zum Mittelmaß absinken ließ, schade - hätte ganz wundervoll sein können.
Dazu St. Laurent von Koppitsch (1/8 l um € 4,50 sehr schöner Sortenvertreter, typisch, samtig, elegant)
Es folgen, die nicht auf der Karte stehenden und mündlich empfohlenen, Gebackenen Steinpilze mit Salat (zu 16,80 €)
und der Maibockrücken mit Steinpilzroulade, Kirschenconfit (€ 23.50).
Zu den Steinpilzen: Serviert wurde eine große bunte Salatschüssel (mit allerlei Blattsalaten, Löwenzahn, Rucola, eßbarer Blüte- alles knackfrisch, Wachtelei, Croutons) mit in einer Sauciere servierten Balsamico-Olivenöldressing, die Steinpilze sozusagen als Beilage mit extra Sauce Tartar und einer halben Zitrone (im Netz! schon lange nicht gesehen). Bereits rein optisch sehr appetitlich und anregend. Die Steinpilze in dieser exzellenten Qualität und Frische, haben wir so noch nirgends in einem Lokal gegessen!!! Auch die Idee, die Steinpilze sozusagen als Beilage zu servieren, durchaus kreativ und interessant.
Der Maibock wurde mit zwei zartrosa und zwei etwas rötlicheren Stücken angerichtet, mit Lauchgemüse, Eierschwammerln und Steinpilzen serviert. Wunderschön weich und zart alle vier in ganz fantastischer Qualität, egal ob etwas mehr oder weniger durch, zergingen förmlich auf der Zunge! Dazwischen wurden noch zusätzliche Eierschwammerln mit Rosmarin anserviert, diese bestens harmonierend mit dem Fleisch. Wunderbar! Die Steinpilz-Roulade war eigentlich eine Palatschinke befüllt mit kleinst geschnittenen (fast faschierten) Steinpilzen, die mit Kräutern und Zwiebeln zubereitet wurden. Gut!
Das Kirschenconfit exzellent dazu!
Das Lauchgemüse sehr schön würzig und solo sehr gut - einziges Problem: es paßte für mich gar nicht zur Restkomposition.
Dazu: Zweigelt 2009 von einem mir unbekannten Winzer aus Halbturn (1/8 - € 4,20; den Namen habe ich jetzt - peinlich -verschwitzt), aus einer frisch geöffneten Flasche, der sich mit Luft sehr schön entwickelte und sehr gut (dazu passte).
Jetzt zum Dessert - Marathon:
Beginnend mit dem Leithaberg - Kirschtörtchen auf Mandelschaum (€ 7.-) Schoko-Kirschkuchen von Schokolade umzogen,
gute Schoko-Qualität, luftiger Boden, Mandelschaum ok., optisch vielleicht das schönste Dessert. Gut!
Drei Früchte und Drei Sorbets (€ 5.80): die Sorbets aus Himbeere (sehr aromatisch und fruchtintensiv, etwas süß),
Rhabarber (schöne Herausarbeitung der Frucht und Balance zwischen Säure und Süße) und Limette (wundervolle Zitrusfruchtigkeit, sehr erfrischend und kühlend, für uns das Beste der drei) Sehr gut.
Erdbeer - Topfenknöderl mit Walnusseis (€ 7.00): Flaumige Topfenknöderln mit sehr guten Erdbeeren und etwas schwachem
Walnußgeschmack beim Eis. Daher nur: Gut.
Limetten - Vanilletart mit Himbeeren (€ 7.00): gute Teigkonsistenz, Limettenfüllung recht gut gelungen, sehr gute reife Himbeeren. Gut - Sehr gut.
Geeistes von Holunderblüten mit Minz - Schokoladetascherl (€ 6.50): Für uns die gelungenste Dessert-Kombi, sehr erfrischend, alle Einzelteile stimmig und sehr gut, zusammen sehr schön und ausbalanciert, richtiges Hollerblüten - Bukett. Sehr Gut!
Natürlich mußte die vielgelobte und berühmte Nyikospark - Cremeschnitte mit Beeren (€ 5.80) ebenso verkostet werden:
3 Blätterteig - Schichten, dazwischen 2x eine exzellente Vanillecreme, das ganze auf einen gemischten Beerenbett aus
Himbeeren, Heidelbeeren und Kirsch-Confit „aufgetürmt“. Mit Abstand die größte (und schwerste) Nachspeise, die für alle „Normal-Esser“ ausreicht und die übrigen Desserts voraussichtlich hinfällig macht. Sehr gut! - aber heftig.
Mehr Nachspeisen gab’s leider nicht auf der Karte!
Zum Service: reicht theoretisch ein Wort: Perfekt!!!
Aber wer mich (inzwischen) kennt, daß muß trotzdem noch ausführlicher behandelt werden: die üblichen Tätigkeiten
werden so professionell und unauffällig erledigt, daß sie einem gar nicht gewahr werden. Nachgießen, Brot bringen, Aschenbecherwechsel, und, und, und. Also nur noch das „Unübliche“ erwähnt: Rotweingläser wurden vorm Servieren mit Eiswürfel ausgeschwenkt, bei Bouteillen-Service auch die Weißwein-Gläser; Stoffservietten ausgetauscht; ein zweites Besteck automatisch mit eingestellt, wenn ein Essenpartner keinen eigenen Gang hatte, nachdem wir schon vorher „Changing“ betrieben hatten…
Theoretischer Küchenschluß 22:30, Ein Pärchen kam knapp nach zehn, das Lokal hatte sich fast schon komplett geleert,
außer uns, keiner mehr im Garten (Fußball-Europa-Meisterschaft Viertelfinalspiel: Deutschland vs. Griechenland)
doch auch ihnen wurde die ganze Karte ohne Einschränkungen offeriert! Alle Achtung!
Resümée: Die Küchenleistung zwar keine Hochschaubahn, aber mit gewissen Schwächen versehen. Diese resultiert, zumindest unsrer Meinung nach daraus, das zuviel und das auf einmal gewollt wird. Übertrieben ausgedrückt: Der Küchenchef will bei jeder Speise sein ganzes Können und Potential einbringen, aber „verzettelt“ sich dabei hie und da.
Unser Rat: Manchmal ist Weniger Mehr (und besser).
Die Rechnung mit 160.- € halten wir für angemessen, inkl. 4 Flaschen große Mineral (- ja es war warm und schwül),
1 Kaffee und noch 1 Achterl Wein zum Abschluß.
Es war ein netter, und schlußendlich angenehmer Abend, trotz einsetzendem Regen und noch ärgerer Schwüle, etwas später einer kleinen (?) Gelsen-Invasion, die wir im sportlichen Wettkampf, trotz Übermacht der Gegner, mit 15 Gelsen - Dippeln zu (irgendwann haben wir aufgehört zu zählen) rund 50 eliminierten Gegenspielern gewonnen (?) oder zumindest behauptet haben.
Aber dafür kann weder der Koch, noch der Wirt, noch das Lokal etwas - schließlich sind wir beim schönen Neusiedlersee!
Hilfreich20Gefällt mir6Kommentieren