Mein Versprechen, am Wochenende fleischlos zu essen, blieb ein leeres.
Zumindest für den Besuch beim Gasthof Zum Dorfschmied in Klein St. Paul.
Die so genannte Norische Region ist so etwas wie meine erste Heimat, allerdings war ich gerade mal zwei Jahre alt, als wir von dort wegzogen, die E...Mehr anzeigenMein Versprechen, am Wochenende fleischlos zu essen, blieb ein leeres.
Zumindest für den Besuch beim Gasthof Zum Dorfschmied in Klein St. Paul.
Die so genannte Norische Region ist so etwas wie meine erste Heimat, allerdings war ich gerade mal zwei Jahre alt, als wir von dort wegzogen, die Erinnerungen sind also mehr oder weniger die von Erzählungen sowie von Besuchen alter Freunde der Familie in den Jahren danach.
Die Norische Region hat viel zu bieten: archäologisch wie geschichtlich höchst interessant, geologisch eine Fundgrube (Fossiliensucher wissen, wo...), und landschaftlich mit Waldkogelzug und Saualpe besonders reizvoll und einladend für ausgedehnte Wanderungen.
Heinrich Harrers Heimat, das Sonnendorf Diex, Burg Hochosterwitz, die Herzogstadt St. Veit, alles ist im Umkreis von gut 15 Kilometern erreichbar.
Einen solchen Besuch in dieser „alten Heimat“ gab es letztes Wochenende wieder.
Der Dorfschmied steht immer noch an selber Stelle und ist nach wie vor ein Familienbetrieb. Ein besonders erfreulicher obendrein: mittlerweile hat Josef Müller junior den Betrieb übernommen und er hat es geschafft, so etwas wie eine für das Dorfgefüge ja nicht unheikle sanfte Evolution im elterlichen Betrieb gelingen zu lassen.
Will heißen, man bekommt hier um gute 10 Euro nach wie vor sein Schnitzel und sein Kotelett, doch die gutbürgerliche Küche mit Bezug zu regionaler und mediterraner Identität bietet viele I-Tüpfelchen, bleibt dabei stets am Boden, mit einem wunderbaren Ergebnis: Vater und Mutter, Sohn und Schwiegertochter, alle arbeiten unter einem Dach. Allen voran Josef junior in der Küche.
Die Gäste danken es ihm mit Treue. Trotz dem Einzug zweier Hauben hat man den Boden unter den Füßen nicht verloren – und die einheimischen Gäste wurden nicht „verjagt“.
Das Interieur ist das eines schönen Landgasthauses geblieben, mit netten, aber nie verkitschten Dekorationen versehen. Man merkt, dass bereits der Frühling herbeigesehnt wird.
Viel Holz, angenehm hell, die Tische sind schön gedeckt, schwere Stoffservietten, schönes Berndorf 90/23er-Besteck mit leichter Patina.
Toiletten: sehr gepflegt. Lustiges Detail: eingerollte Stoffhandtücher am Stapel, Zahnstocher – und ein Fleckenentferner. Alles da!
Wir werden von Frau Müller junior und einem jungen Herrn bedient.
Unaufgeregt, entspannt, zuvorkommend. Bei der Weinauswahl lasse ich mir die Winzer aufzählen, sofort wird mir angeboten, dass man auch eine Flasche problemlos aufmachen kann, die nicht auf der Liste der glasweise angebotenen Weine draufsteht.
Da man aber in puncto Wein (faire Preise!) ohnehin nicht übel bestückt ist, bleibe ich beim BF vom Iby und mache alles richtig damit. Der Wein passt bestens zum Hauptgericht.
Aufstriche: der Lachsaustrich ist meiner Meinung nach gewöhnungsbedürftig, beim Glundner Käse muss ich ohnehin passen. Der ist allerdings hierzulande eine echte Spezialität und sollte weniger heiklen Nasen bzw. Gaumen bestens zusagen.
Gruß aus der Küche: ein Teigtascherl mit Fleisch drin, in der Pfanne mit ausgelassenem Speck kombiniert. Dazu ein bisschen Blattspinat, der leider ein wenig versalzen ist. Warum gerade der?
Suppe mit dreierlei Knöderl: sehr schöne, blumige und salzarme Suppe. Hier wurde gekonnt mit Gemüse und Kräutern gearbeitet.
So auch bei den Knödeln. Ein sensationell würziger Leberknödel und ein Semmelknödel mit Rindfleisch hinterlassen bleibende Erinnerung.
Zartrosa gebratene Entenbrust mit Polenta, Bratapfel und Apfelrotkraut.
Das Fleischerl ist ausreichend zart, glänzt mit schönem „Kruschpl“ am Rand, der Polenta gibt sich innen fast schon „flaumig“, aber schön angbraten bindet er den Fond vorzüglich.
Löblich: das Apfelrotkraut verdient diesen Namen wirklich und ist endlich mal ein schön herzhaft kerniges Rotkraut, selten genug!
Zum Mitnaschen: die Schweinsmedaillons mit Püree. Ein „denkbar einfaches“ Gericht, würde man meinen, aber das Detail macht's aus: sehr gut Fleischqualität und ein sehr cremiges Püree mit Walnüssen verfeinert. Damit habe ich nicht gerechnet, neben dem muskatigen Touch machen die Walnüsse eine sehr gute Figur. Muss ich mir merken.
Ricotta-Limonen-Torte.
Die Italiener können ja nicht irren: der Ricotta ist für viele Zubereitungen der bessere Topfen. Hier offenbart er seine ganze Stärke. Flaumig ohne Ende, die Zitrus-Komponente aromatisch aber nicht zu viel, keine Kalorienbombe, die am Ende eines Festmahls oft zur totalen Maulsperre führen würde.
Caffè, Grappa. Routiniert, kein Jammern.
Süßer Gruß zum Schluss: Erdbeerpralinen. Außen hart und innen weich. Je weicher, desto schmelz.
Alles in allem ein sehr entspanntes, verlängertes Mittagessen.
Familie Müller weiß zu verwöhnen, ohne Allüren, aber mit viel Herz und Verstand. Ausgewogene Küche, keine „Durchhänger“, durchdacht aber nicht überkandidelt. Stilsicher und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl in puncto Geschmackskombinationen.
Sehr faire Kurse, zu dritt 110 Euro für das Gebotene ist schwer in Ordnung.
Eine lohnende Fahrt ins Görtschitztal.
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