Die ersten beiden Gerichte basieren auf derselben Zutat: Tintenfisch. Während das eine Gericht in Olivenöl gebratener Tintenfisch mit Tomaten und Babykartoffeln ist, ist das andere Gericht die wunderbarste Art „Calamari fritti“ zu essen. Ich wage zu behaupten, dass anderswo 97% aller Speisen mit ...Mehr anzeigenDie ersten beiden Gerichte basieren auf derselben Zutat: Tintenfisch. Während das eine Gericht in Olivenöl gebratener Tintenfisch mit Tomaten und Babykartoffeln ist, ist das andere Gericht die wunderbarste Art „Calamari fritti“ zu essen. Ich wage zu behaupten, dass anderswo 97% aller Speisen mit gebackenen Kalmaren Tiefkühlkost sind. Und sich auf herrlich knusprig-knackig-zart gebackene Tintenfische zu freuen und dann panierten Kaugummi-Fisch zu bekommen ist ähnlich schlimm, wie als Kind zu Weihnachten Kleidung geschenkt zu bekommen. Also furchtbar und traurig. Insofern ist es so unendlich befriedigend zu sehen, dass es doch auch wieder Köche außerhalb des unleistbaren Preissegments gibt, die sich die Mühe machen, mit frischem Tintenfisch zu arbeiten. Das Putzen dauert eine kleine Ewigkeit und ist sprichwörtlich ein „dirty job“, aber das Resultat spricht Bände. Die hier servierten Calamari Fritti haben genau jene Verschmelzung von knackig, zart und saftig, die man sonst vielleicht nur mehr von einem Surschnitzel beim Heurigen Beranek in Rodaun kennt. Die himmlischen Kopffüßler erreichten uns auf Rucola und mit einer leicht geräucherten Aioli. Soweit sensationell. Die dazu servierten Streifen Chorizo-Wurst sorgten für eine kleine Tisch-Diskussion bei uns. Während mein Gegenüber die Chorizo als fulminanten Kontrapunkt zum säuerlich-knackigen-Tintenfisch gesehen hat, war die Paprikawurst für mich eher ein irritierender Fremdkörper. Aber spannend war sie allemal. Bei all dem Schwärmen für den zarten, gebackenen Kalmar, sei hier betont, dass auch der gegrillte Bruder des frittierten Mollusken ein Traum war, und selbigen würde wir auch sofort wieder essen. Aber in Sachen Intensität trumpft Gebackenes ja meistens über Gegrilltes, oder? Dabei waren die Tintenfische nicht einmal die beste Speise, die wir im „Vorstadtprinzen“ gegessen haben.
Es gibt in der Gastronomie nichts Profaneres als Nudeln mit einer Sauce Bolognese. Und es gibt in der Gastronomie gleichzeitig kaum etwas Genialeres als Nudeln mit einer wirklich guten Sauce Bolognese. Man kennt es aus dem Italien-Urlaub: die Pasta schmeckt nirgendwo besser, als in jenen Lokalen, in denen die 90jährige Nonna am Herd steht und stundenlang ein besonderes Ragù kocht, als wäre dies eine Wissenschaft. Dabei ist es zum einen auch tatsächlich eine und zum anderen braucht man für so ein Ragù wirklich viel Zeit. Andreas Fritsch nimmt sich diese Zeit und lässt Wadschunken vom Rind, ein Fleisch das sonst für das beste Gulasch verwendet wird, acht Stunden lang schmurgeln. Mitsamt den anderen Zutaten für eine Sauce Bolognese ergibt das fertige Gericht ein fantastisches Ragù, das auf der Karte den schlichten Namen „Ausflug nach Bologna“ trägt und ebendiesen, zumindest kulinarisch, absolut ersetzen kann. Das Ragù mit Tagliatelle und Grana macht absolut süchtig.
Ebenfalls wunderbar, aber namentlich weniger kreativ ist „Das Schweigen der Lämmer“, eine beinahe vom Knochen fallende, geschmorte Lammstelze mit Kräutersaftl, Couscous und Gemüse. Hier lebt das Gericht von der endlos geschmorten Haxe und dem liebevoll durchkomponierten Kräutersaftl. Das Fleisch ist innen zartrosa, mager und trotzdem saftig.
Unsere Nachspeise war so ungewöhnlich, wie sie einfach war: Eine schlichte Burrata – also eine Form der innen noch fast flüssigen Büffelmozzarella – garniert mit karamellisierter Marille, Minze, Rosmarin und Staubzucker. Die Süße von Zucker und Marille harmoniert unwiderstehlich mit der Säure der Burrata. Und in Sachen Konsistenz hat man mit einer außen festen und innen cremigen Burrata ohnehin schon gewonnen. Aber auf diese Kombination muss man erst einmal kommen!
Insgesamt ist der „Vorstadtprinz“ eine echte Bereicherung für die Gegend und wird so manchen chauvinistischen Döblinger dazu bringen, nicht immer nur in die Innenstadt zu fahren, um fantastisch essen zu können.
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Bis auf die blöden Speisennamen, die vielleicht vor 20 Jahren noch lustig waren, aber jetzt nur mehr peinlich wirken, hört sich das nicht so schlecht an.