Der Wiener 16. Bezirk ist ja ein besonders bunter. Dass es in Ottakring allerdings sogar einen Steinbruch gibt oder gab, wusste ich bis vor kurzem nicht.
Ich hatte in der Maroltingergasse zu tun, ganz in der Nähe des Wilhelminenspitals. Was hier noch wie tiefste Vorstadt wirkt, ist ein paar H...Mehr anzeigenDer Wiener 16. Bezirk ist ja ein besonders bunter. Dass es in Ottakring allerdings sogar einen Steinbruch gibt oder gab, wusste ich bis vor kurzem nicht.
Ich hatte in der Maroltingergasse zu tun, ganz in der Nähe des Wilhelminenspitals. Was hier noch wie tiefste Vorstadt wirkt, ist ein paar Hundert Meter weiter südlich ganz anders.
Hier wird’s schlagartig zur ruhigen, beschaulichen Wohngegend, und mitten drin – ein bunter Tupfen, hell erleuchtet, die Trattoria Alfredo. Man hat mich hierher „geschickt“. Steinbruchgasse. Und das in Ottakring, do schau her.
Wir schreiben die Zeit der Weihnachtsfeiern, ohne Reservierung anzutanzen ist zumeist schon mutig. Doch ich mach’s wie mit der Parkplatzsuche, ich weiß genau: für mich ist was frei.
Tatsächlich, der kleine, erhöhte Tisch an der Bar ist frei, wunderbar. Ringsum reges Treiben, romantische Zweiertische dicht an dicht, hinter mir das typische gemischte Gelächter am 8er-Tisch, mit dem obligaten Kreischgelächter der lustigen Alleinunterhalterin. Die gibt’s in jedem Land dieser Erde, in jeder Stadt, in jedem Dorf.
Das Lokal ist in ein bissl eigenartiges Rot getaucht, welches vor allem an der Bar das große Gläserregal von hinten beleuchtet. Etwas eigene Stimmung, zusammen mit den vorweihnachtlichen Gefühlen aber auch recht gemütlich.
Am Flachbildschirm läuft eine Diashow über das Lokal, eines der Bilder ist „in memoria di“ Alfredo dem Namensgeber gewidmet, wobei jetzt nicht genau hervorgeht, ob der der frühere Besitzer des Lokales war oder nicht.
Der Peroni-Zapfhahn an der Bar unterstreicht Italianità, obwohl der Chef meines Wissens Österreicher sein soll. Nicht ganz sattelfestes Italienisch in der Karte könnte darauf zurückzuführen sein.
Der Service hat zu tun, vergisst aber zu Beginn und nach der Hauptspeise ein wenig auf mich. Der allerdings nach eindeutig suchenden Blicken sehr aufmerksame Pferdeschwanz-Kellner macht das dann doch wieder ordentlich wett.
Getränke: abseits vom bereits erwähnten Peroni alla spina pflegt man glasweise nicht die ganz große Schule, da finden sich „Urlaubsklassiker“ à la Frascati (wer sauft den doch?), Pinot Grigio (die Massentraube schlechthin) und Valpolicella (hier stehen die Chancen höher, vielleicht einen interessanten Kleinwinzer zu erwischen). Dazu noch die Könige der Kopfwehtrauben, Lambrusco und Proscecco, letzterer vom 30-Millionen-Liter-Zisternenwinzer aus der Nähe von Padova.
Dazu noch einen Sizilianer (den ich dann nehme), ansonsten heißt’s wohl Flaschen ordern, es sei denn, man verlässt sich auf den einen oder anderen österreichischen Wein wie etwa von Nigl.
Speisen: man macht ein wenig auf gehoben italienisch, Wochenkarte, Standardkarte. Klassisch italienisch, ein Hauch international dazu. Und natürlich Pizza. Letztere verschmähe ich allerdings, schaue mir die „Fixsterne“ jenseits von Pasta und Pizza an, die nicht unterinteressant klingen, zwei davon landen auf meinem Tisch:
„Bruschetta“ – drei Sorten, einmal mit Thunfischcreme und Kapernbeeren und Rucola, einmal klassisch mit Würfeltomaten und einmal mit Pesto und Mandeln.
Die Tomaten zerdrücke ich vorher geflissentlich, sobald Tomaten zur Soße werden, kann ich sie essen. Ist eben so.
Brav gewürzt, nicht zu viel, das Pesto könnte ein bisschen mehr sentimenti mediterranei wecken, da fehlt mir ein wenig das Aroma, dass ich von richtig gutem Pesto genovese kenne und schätze.
Risotto: ja warum denn nicht, hatte ich schon länger nicht mehr. Hier experimentiert man mit Käse und Fleisch, heraus kommt ein ein Risotto con Pecorino, Pecorinorisotto mit Jungzwiebeln, Cherrytomaten und gegrillten Rinderfiletscheiben. Die Cherrytomaten bleiben in der Küche, während ich mit Soße kein Problem habe, könnte ich nie in eine rohe Tomate beißen. Egal, andere Geschichte.
Das Risotto ist recht grobkörnig, soweit ordentlich auf den Punkt erwischt, die Kombination von Jungzwiebeln und dem Käse gefällt mir gut, dazu die beiden Stückerln vom Rind mit dunklem Sößchen. Schade nur: während das eine Stück (rechts am Bild) vom Garpunkt her wirklich gut erwischt wurde, auch schön zart war, war das andere entweder ein ganz anderes Stück Fleisch, oder einfach zu lange in der Pfanne: es ist ein bissl „zu durch“, würde ich mal diplomatisch sagen, auch wenn’s das Gesamtbild nicht entscheidend trübt.
Caffè geht in Ordnung, schön nussig, der Grappa ist ein wenig zu lieblich, die Italiener sagen morbido, ich sag eher verfälscht, poliert dazu.
Fazit: kein uninteressantes Lokal, in warmes Rot getaucht, Küche leistet sich keine wirklich groben Schnitzer, könnte aber für meinen puristischen Geschmack einen Tic klassischer und „originaler“ sein.
Für die Gegend auf alle Fälle ein praktisches Lokal für ein Abendessen für 2 oder mehr.
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