Ich treffe abends in Graz in meinem Hotel ein und muss feststellen, dass es dort nichts zu essen gibt. Jetzt nochmal ins Auto und zu einer meiner Grazer kulinarischen Lieblingsadressen fahren? Heute ist mir das zu viel. Deshalb frage ich an der Rezeption nach dem nächstgelegenen Gasthaus. Und so ...Mehr anzeigenIch treffe abends in Graz in meinem Hotel ein und muss feststellen, dass es dort nichts zu essen gibt. Jetzt nochmal ins Auto und zu einer meiner Grazer kulinarischen Lieblingsadressen fahren? Heute ist mir das zu viel. Deshalb frage ich an der Rezeption nach dem nächstgelegenen Gasthaus. Und so gelange ich ins Restaurant Posthorn: In einer dunklen Seitengasse gelegen, von außen wenig vertrauenserweckend mit einem jetzt im November trist-verlassenen Schanigarten, undurchsichtig-gelbglasigen Fenstern, Speiseangeboten auf Schiefertafeln, die ich ob der Dunkelheit aber nicht entziffern kann und hier auf Rete nur mit einer einzigen, zudem desaströsen, allerdings von einem Einmalposter verfassten Kritik versehen – wenn mi die Rezeption net vermittelt hätt...
Aber jetzt bin ich schon mal da. Rein in die gute Stube, oder besser gesagt, verrauchte Schank. Do sitzn de, de imma do sitzn, heißt es auf so manchem Stammtisch. Genau so wirkt es hier. Ich grüße und marschiere durch, in den nächsten Raum. Sehr abgewohnt ist er. Nicht wirklich gemütlich, schon eher schäbig. Aus den 70ern ist das Lokal, und seither hat man hier viel gegessen und getrunken, aber nichts verändert. Dunkelbraunes Holz herrscht vor, Fliesenboden, grüne Tischtücher, Aschenbecher, Menage. Und ich bin der einzige Gast. Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate!, höre ich Dante leise rufen. Aber dann lese ich die Karte, und so übel wirkt die nicht.
Martinigansl gibt’s, sagt die Wirtin. Immer her damit. Vorher noch ein Murauer, dann eine tadellose Frittatensuppe, und schon steht das Gansl vor mir. Schon weich ist es, ganz lange bei niedriger Temperatur im Rohr gegart. Würzig zudem, die Haut ein Gedicht. Das Rotkraut sehr fein, mit einem Hauch Orangenschale, dazu ordentliche Serviettenknödel. Das passt, das Gansl. Perfekt begleitet von einem Blaufränkischen vom Igler. Satt bin ich jetzt zwar, aber Palatschinken gehen immer. Ganz gut, aber sie könnten ein wenig flaumiger sein. Der Espresso zum Abschied ist dann wieder eine positive Überraschung.
Mittlerweile sind noch ein paar Gäste gekommen und hinten hätte es einen weiteren Raum gegeben, den Salon, der den Nichtrauchern vorbehalten ist und deutlich ansprechender wirkt als die Schank und der vordere Speisesaal. Heute allerdings nicht geöffnet, weil vorne Platz genug ist und im Speisesaal eh keiner raucht.
Fazit: Man sieht es dem Lokal nicht an, aber hier wird ordentliche Hausmannskost serviert.
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