Gleich vorweg: es handelt sich hier um einen reinen „Kaffee-und-Kuchen“-Besuch.
Werfen: ein kleiner, beschaulicher Marktplatz und eine Umfahrungsstraße. Doch die Kulisse drumrum ist wirklich beeindruckend. Die furchteinflößenden Flanken des Tennengebirges sind wirklich beeindruckend, sie behe...Mehr anzeigenGleich vorweg: es handelt sich hier um einen reinen „Kaffee-und-Kuchen“-Besuch.
Werfen: ein kleiner, beschaulicher Marktplatz und eine Umfahrungsstraße. Doch die Kulisse drumrum ist wirklich beeindruckend. Die furchteinflößenden Flanken des Tennengebirges sind wirklich beeindruckend, sie beherbergen auch die nicht minder gewaltigen Rieseneishöhlen.
Stolz auch das Antlitz der Festung Hohenwerfen südlich vom Ort. Sie ist auch von der Tauernautobahn nicht zu übersehen. Sie lieferte in den 60er-Jahren als bayrisches „Schloss Adler“ für den Schinken „Agenten sterben einsam“ die Kulisse als schier uneinnehmbares Nazischloss. Richard Burton und Clint Eastwood haben sie bekanntlich trotzdem überwunden.
Hätten die beiden Hauptdarsteller schon damals bei Obauers einkehren können, sie hätten wohl zwei Fortsetzungen drehen wollen.
Ich war gerade auf dem Weg von Salzburg in die Dachsteinregion und wollte vor dem Einchecken noch irgendwo haltmachen. Doch amarone hat ein völlig unmännliches Problem: er kommt immer zu spät.
„Na, bei uns gibt’s jetzt nur Kaffee und Kuchen,“ erklärt mir der „kleinere“ der Obauers am Telefon.
Döllerer in Golling ist natürlich auch zu – also wird’s eine Leberknödelsuppe im eiskalten Nichtraucherabteil des Gollinger „Autogrill“. Ich werde mich jetzt für dieses kurze Desaster nicht zu einem weiteren Bericht aufraffen können.
Nach dem Raststätten-Desaster brauche ich also was Herzerwärmendes. Also rauf auf die A10 und am Pass Lueg gleich wieder runter. Die alte Bundesstraße bringt mich direkt nach Werfen.
Von außen ist der Obauer leicht zu erkennen, ist er doch das einzige Lokal mit einem Hauch von Avantgarde. Zugebaute Glasfront mit eingesetzten, wohl handgemachten blauen Glasfliesen.
„Grüß Gott, wir ham telefoniert. Sie hätten Kaffee und Kuchen für mich.“ Der „kleinere“ Obauer ist fast überrascht, komme ich doch in ein leeres Lokal (ca. halb 3). Er geleitet mich wieder in Richtung Eingangsbereich – links und rechts davon sind kleine „Abteile“ mit kleinen Tischen für die „Kleinigkeiten“.
Jetzt sehe ich also die Glasfliesen von innen.
Aber was ist das: der Raum ist vielleicht zwei Meter breit (Foto), es gibt die Glasfront nach außen – und die Fenster, die einen Blick in das eigentliche Restaurant erlauben. Es gibt keinerlei Musik und die Akustik im Raum ist erinnerungswürdig: man hört jeden einzelnen Zungenschlag, so leise ist es – und so sehr wird jedes noch so kleine Geräusch verstärkt. Man fühlt sich ein wenig wie in einem Wartezimmer.
Service: eine junge Dame, ein junger Herr. Freundlich, korrekt, sehr bedacht auf jeden einzelnen Handgriff, vielleicht schon zu sehr bedacht: sogar die Tür macht man mir auf (was nicht unbedingt nötig wäre).
Man bietet mir an: ein Stück Linzer Torte und ein Stück Marmorgugelhupf.
Doch da kommt noch mehr: in einem der legendären „Hotelsilber“- Eisbecher wird mir ein Portiönchen Mandarinensorbet serviert. Und kaum ein Minütchen später ein Mandelbogen.
Dazu natürlich: Kaffee. Caffè. Doppio! Der Raststättenknödel bereitet mir nach wie vor Kopfzerbrechen.
Der Illy kommt in der gleichnamigen Ohrwascheltasse daher, so wie er sein muss. Hier begnügt man sich nicht mit „Kaffeerunterlassen“. Darf man natürlich in diesem Hause auch erwarten. Er ist wirklich sehr gut, so dass ich einen kleinen Espresso später nachbestelle. Crema, Konsistenz, Säure, Aroma und die „nussige Schokolade“ in jedem Schluck. Genau so.
Natürlich: Werfener Quellwasser in der Edelkaraffe kommt zu allererst.
Die Linzer Torte stellt sich auch ganz nussig und nicht vordergründig marmeladig bei mir vor. Schöne Konsistenz, die steht im Hause Obauer „net long rum“.
Ebenso der Marmorgugelhupf, mit beneidenswert peinporiger Struktur, nicht zu süß.
Garniert ist das Ganze mit Schlagsahne (handgeschlagen, keine „isi“-PU-Schaum!), Zwergorangen (ungeschält – naja!) und Schokoladeblättchen samt Obauer-Schriftzug. Ein Tupfer Heidelbeermarmelade darf auch nicht fehlen. Ja was noch! Man bemüht sich wirklich hier.
Die „Überraschungsgäste“: Mandarinensorbet ohne „Parfüm“-Schwindlerei, schmilzt auf Befehl, gut ausbalanciert: Säure, Aroma, Süße. Edel!
Und der Mandelbogen: frisch vom Eisen runtergeschält. Der Duft scheint schier zu explodieren, schön knusprig und doch schön fest, damit die Zähne auch was zu beißen bekommen. Ist aber ein umso schöneres Beißerlebnis. Mein Geheimfavorit am Kaffeetischerl.
Erstes Fazit: für 9,50 (ohne Kaffee) bekomme ich eine wunderbare Nachmittagspause serviert. Ganz die einfachen Mehlspeisen mit dem Schuss Liebe und Können zubereitet. So einfach sie sind, so gut sind sie. Keine Blöße beim Kaffee.
Nur das seelenlose Büßerkammerl passt überhaupt nicht zur so edlen Lokalität.
Auf alle Fälle komme ich hier mal zum Mittag vorbei – oder eben am Abend, da gibt’s dann einen eigenen Bericht darüber - aus dem Restaurant, nicht aus dem Kammerl.
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Martin: Der, der sich aufgeregt hat, warst du. Ich habe über eine alles andere als alltägliche Kaffee-und-Kuchen-Pause sehr positiv berichtet, die aufgrund der Qualität des Gebotenen mehr als eine Stunde gedauert hat. Mein Gulaschessen von vor ein paar Tagen dauerte im Vergleich dazu gerade mal ein halbe Stunde. Zitat: "Dabei sollten sie doch mal auf sich selbst schauen .......sind Sie perfekt ?" Niemand ist das, Gott sei Dank. Nur: was habe ich denn denn deiner Meinung nach nicht passend "kritisiert", Herr Pseudo-"Komentar"? Übrigens: wenn dir ein abendlicher, mehrgängier Obauer-Besuch nicht mehr entlockt als "genial, inspirierend" (wo is' sie, deine Inspiration?), dann ist das deine Sache. Darüber hinaus aber auch noch aus meinem Bericht küchentechnische Ahnungslosigkeit herauszulesen, beweist das Wesen eines wahrlich ahnungslosen Pseudo-"Komentars" ;-)