Heute Abend bin ich in Graz gelandet. Mein Hotel steht in der Mariahilfer Straße. Koffer abgestellt, rete.at geöffnet, „Lokale in der Nähe“ eingegeben. Die Auswahl ist gewaltig. In dieser Ecke von Graz gibt es wahrlich keinen Mangel an Gastronomie.
Meine Auswahl fällt auf „La Tavernetta“. Die...Mehr anzeigenHeute Abend bin ich in Graz gelandet. Mein Hotel steht in der Mariahilfer Straße. Koffer abgestellt, rete.at geöffnet, „Lokale in der Nähe“ eingegeben. Die Auswahl ist gewaltig. In dieser Ecke von Graz gibt es wahrlich keinen Mangel an Gastronomie.
Meine Auswahl fällt auf „La Tavernetta“. Die Beschreibungen klingen recht einladend, ich freue mich auf ein ordentliches italienisches Abendessen.
Das Lokal sieht nett aus. Ein großer Schanigarten vor der Tür, für den ist es heute Abend aber leider zu kühl. Kuriose Dekoration im Schaufenster. Fiaschi, altes Küchengerät, historische Emailschilder. Und eine vielversprechende Tafel: Federazione Italiana Cuochi. Hier kochen also Italienier italienisch. Da trete ich ein.
Innen ist das Lokal recht klein. Eine Bar, eng gestellte winzige Tischchen, nett gedeckt, Sessel, die ein wenig zu hoch sind, um gemütlich zu sitzen – bluesky73 hat die Einrichtung schon sehr treffend beschrieben. Das Lokal ist nur spärlich besetzt, zwei, drei Tische sind belegt. An der Bar diskutiert eine Dame mit dem Wirt über die perfekte Zubereitung von Schwammerlrisotto. Aus den Boxen klingt Gianna Nannini mit „Indimenticabile“. Na ja, wir werden sehen.
Als Aperitivo bitte ich um ein kleines Bier und lese die Karte. Viel Fisch, einige Nudelgerichte. Keine Pizza. Gut so, schließlich müssen nicht alle Italiener so tun als wären sie Napoletani. Fisch passt mir gut, ich finde eine Grigliata mista di pesce. Mit € 25 recht üppig bepreist, da erwarte ich eine ebenso üppige Portion und verzichte vorsichtshalber auf die Vorspeise.
Ich überlege gerade, wie man auf den kleinen Tischchen die Grigliate unterbringt, wenn zwei Leute hier sitzen. So eine Fischgrillerei ist ja üblicherweise eine recht platzgreifende Angelegenheit. Lucio Dalla hat gerade „L’ultima luna“ angestimmt. Eigentlich was zum Mitsingen, denke ich mir, aber dazu fehlt mir (zum Glück für die anderen Gäste) die Gesellschaft und irgendwie auch die Gemütlichkeit. Außerdem ist das Essen schon da. Verblüffend schnell. Und jetzt weiß ich, wie hier das Platzproblem gelöst wird: auf einem kleinen Tellerchen türmt sich das Meeresgetier übereinander. Beilagen finde ich keine, ich bitte um ein wenig Pane und überlege mir, wie ich dem Fischberg am besten zu Leibe rücke. Von oben nach unten natürlich.
Ich verspeise also als erstes die Cozze, die liegen ganz oben. Eros Ramazotti singt „Fino al’estasi“ dazu. Die Cozze sind tadellos, aber das ist nun wirklich übertrieben. Zu den Muscheln bestelle ich einen Pinto Grigio aus dem Friaul. Er ist recht leicht, ganz in Ordnung, aber aus der Grauen Burgundertraube machen die Steirer bessere Weine. Die aber ob ihrer Wucht nicht zum Fisch gepasst hätten. Aber wirklich überzeugen kann der Friulaner nicht.
Die Dame an der Bar erörtert mit dem Wirt gerade die Frage, wie man in einem Spargelrisotto den richtigen Biss beim Spargel hinkriegt, da finde ich unter den Cozze eine Orata. Der Länge nach gespalten, gekonnt entgrätet, mit viel Rosmarin, Petersil, Knoblauch und Olivenöl bestrichen und perfekt auf den Punkt gegrillt. Ein feines Fischchen. Ich beschließe, den Wein zu wechseln und bestelle einen Lugana. Keine gute Idee, der Pinot Grigio war besser.
In der nächsten Schicht finde ich Seppie und Calamari. Leider nicht gelungen, zu kurz gegrillt, noch etwas zu speckig.
Darunter liegt eine Schicht mit je drei stattlichen Scampi und Garnelen. Vorbildlich am Rücken gespalten und geputzt, genau auf den Punkt gegrillt, die sind jetzt wieder sehr gelungen.
Ich bin eigentlich schon satt, aber jetzt, am Grunde des Tellers, finde ich die Beilage. Gegrilltes Gemüse mit viel Olivenöl. Paprika, Zucchini, Melanzani. Sehr weich, cremig.
Ich beschließe das Essen mit einem Espresso. Der ist vorbildlich, wie nicht anders zu erwarten in einem Lokal wie diesem.
Zum Abschied sing Jovanotti „Piove“. Ich trete aus der Tür. Recht hat er, der Jovanotti.
Fazit: Guter Italiener, aber in dieser Preisklasse kann man mehr Präzision bei der Zubereitung, bessere Weine und eine ansprechendere Präsentation der Speisen erwarten.
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@amarone @weinrat Danke für die Weintipps, ich werde die Tröpfchen bei Gelegenheit gerne verkosten, freu mich schon drauf. Und bei unserem Piloten möchte ich mich für einen Schreibfehler entschuldigen: Scusi, Signore del Etere!