Wer eine Zeitreise machen und Erinnerungen aus der Jugend oder sogar aus der Kindheit wieder aufleben lassen will, der ist im Chinarestaurant „Kowloon“ bestens aufgehoben. Wirklich alle Klischees der früher so typisch kitschig eingerichteten Chinarestaurants werden hier bedient: Pagodeneingang, d...Mehr anzeigenWer eine Zeitreise machen und Erinnerungen aus der Jugend oder sogar aus der Kindheit wieder aufleben lassen will, der ist im Chinarestaurant „Kowloon“ bestens aufgehoben. Wirklich alle Klischees der früher so typisch kitschig eingerichteten Chinarestaurants werden hier bedient: Pagodeneingang, dickbäuchiger Buddha im Entree, Drachen, Löwen, goldene Holzelemente wie in einem Tempel, lampionförmige Lampen, goldverzierte Kassettendecken, Holz-Reliefbild und noch vieles mehr. Selbst den „echten“, massiven Warmhalteplatten aus Metall, die in einem dafür vorgesehenen Ofen vorher erst aufgeheizt werden müssen, begegnet man hier wieder – keine Stövchen. Es lebe der „Retro-Chinesis Austriacus“!
Vor dem Lokal wird bereits auf die günstigen, eigentlich schon unglaublich preiswerten Mittagsmenüs per Reklametafel aufmerksam gemacht. Vorspeise, wahlweise „Pikant-saure Suppe“ oder „Frühlingsrolle“, und eine Hauptspeise inkl. Reis gibt es im „Kowloon“ bereits ab sensationellen EUR 5,00. Links vom Lokaleingang befinden sich eine großzügige Garderobe, geradeaus der mit einer Glastür, leider aber immer offen, abgetrennte Raucherbereich und die Sanitäranlagen, rechter Hand der größere und prachtvoller geschmückte Nichtraucherbereich. Dunkles Holz dominiert bei den Stühlen und Tischen, die aber nett mit Stofftischtüchern eingedeckt sind, der Boden wurde mit majestätisch rotem Teppich ausgelegt. Die teilweise hellen Holzvertäfelungen, die großen Fenster und die weiße Wandfarbe machen das Lokal adrett hell und sehr gemütlich einladend. Alles wirkt akkurat picobello sauber und gepflegt. „Kowloon“ ist übrigens der größte Stadtteil von Hongkong und heißt meinem Wissen nach übersetzt „Neun Drachen“ – diese Drachen befinden sich auch an der Rückwand im Lokal (Nichtraucher-Bereich).
Sehr nett, fast schon herzlich wurden wir bei den letzten beiden Besuchen empfangen, und wir konnten uns den Tisch jeweils aussuchen. Auffallend viele Abholer und Stammgäste im Lokal gibt es im „Kowloon“ – ein sehr gutes Zeichen, wenn Gäste immer wieder kommen. Ein älteres Ehepaar, die Besitzer des „Kowloon“, teilen sich den Service bzw. die Schank. Rasch erhält man die Speisekarte gereicht, und abermals kommt „Retro-Feeling“ auf, findet man doch auch in der ledergebundenen Speisekarte die für chinesische Restaurants in den 80er-Jahren so typischen Gerichte wieder – als Beispiel wären nur die „Süß-Sauer“-Speisen genannt.
Zu trinken hatten wir „Clausthaler Alkoholfrei“ (EUR 3,10), „Lycheesaft mit Leitungswasser“ (EUR 2,50 / 0,5l), „Eistee mit Leitungswasser“ (EUR 2,20 / 0,5l) sowie jeweils einen sehr milden „Doppelter Espresso“ (EUR 2,80), der jetzt sicher nicht der hohen Kaffeekunst entsprach. Leitungswasser wurde übrigens nicht verrechnet.
➨ „Pikant-Saure-Scharfe Suppe“ (EUR 2,30):
Da war er wieder einmal, genau DER Geschmack aus der Jugendzeit. Sehr harmonisch ausgewogen die Würzung zwischen pikant, sauer und scharf servierte man die Suppe brennheiß und mit viel Einlage (Gemüsestreifen, Eierstich, Tofu-Würfel und etwas Fleisch,…) – einfach ein Traum, für mich habe ich die Suppe etwas nachgeschärft. Ein glattes „AUSGEZEICHNET“ (5) für eine Suppe unter dem Motto „wie früher“.
➨ „Hausgemachte Frühlingsrolle“ (EUR 2,20):
Die Frühlingsrollen werden hier noch tatsächlich hausgemacht und sind sehr großzügig groß gefertigt. Der Teig erinnerte mich irgendwie an frittierten Palatschinkenteig, außen relativ knusprig, aber nicht durchgehend, darunter weich und samtig, insgesamt aber sehr g’schmackig. Die Fülle, bestehend aus Weißkraut und Faschiertem, war wunderbar gewürzt und frisch. Somit gebe ich diesem „zeitgeschichtlichen“ Genuss ein „SEHR GUT“ (4).
➨ „Hummerchips“ (EUR 2,10):
Ja, nichts Besonderes an sich, aber bestechend wieder diese Frische der Speise, kamen die Hummerchips doch brennheiß, frisch frittiert an den Tisch. Die dazu gereichte Soja-Knoblauchsauce war sehr in Ordnung, aber nicht herausragend. In Summe ein glattes „SEHR GUT“ (4).
➨ „Kan Bian-Rindfleisch“ (EUR 8,50):
Hier wird das „Gan Bian“ oder „Gan Bien“ halt „Kan Bian“ genannt, es ist aber die gleiche Speise: trocken gebratene, knusprige Rindfleischstreifen mit etwas Gemüse und pikant-säuerlicher und scharfer Zubereitung. Leider sah das Fleisch knuspriger aus, als es tatsächlich war, die Fleischqualität jedoch war sehr gut. Serviert wurde das „Kan Bian“ mit Karotten, Paprika, Streifen vom Wurzelgemüse und Lauch samt üppiger Schüssel Reis (EUR 0,90), der übrigens sehr gut war. Leider konnte aber auch der Geschmack vom „Kan Bian“ nicht überzeugen, es fehlten einfach die für diese Speise so typischen Aromen: Süße vom Mirin, Schärfe von der Chilipaste/von Chilischoten und die leichte Säure vom Reisessig. Daher kann ich als „Gan Bian-Liebhaber“ und „Gan Bian-Oft-Genießer“ auch leider nur ein „MÄSSIG“ (2) geben.
➨ „Gebratene Nudeln mit Gemüse und Hühnerfleisch“ (EUR 6,50):
Eine üppige Portion mit wunderbar schmeckenden Nudeln und butterzart gegartem, saftigem Hühnerfleisch wurde serviert. Die Nudeln waren schön angeröstet aber trotzdem nicht zu weich, lediglich etwas mehr Gemüse wäre schön gewesen. Der besten Tochter von allen schmeckten sie aber „SEHR GUT“ (4).
➨ „Süß-Saures Schweinefleisch mit Reis“ (Menüpreis EUR 5,50):
DIE Speise aus meiner Jugend – Pflicht bei fast jedem damaligen Chinarestaurant-Besuch. Das Fleisch war mit gutem Backteig umhüllt und knusprig frittiert. Das Schweinefleisch hatte keinerlei Flachsen und war von sehr guter, g’schmackiger Qualität. Auch die Sauce weckte so manche Erinnerungen und war wunderbar abgeschmeckt – weder die Süße noch die Säure waren erschlagend, vielmehr ausgewogen und durch die zahlreichen Ananasstücke schön fruchtig. Ein glattes „SEHR GUT“ (4) von mir für diesen Genuss.
➨ „Gebackenes und flambiertes Eis“ (EUR 3,20):
Diese Erinnerung aus meiner Jugend hat sich bereits auf die beste Tochter von allen, wohl für immer unauslöschlich, ergo im ROM und nicht im RAM, übertragen. Auch hier schmeckte es ihr sehr gut, knusprige Hülle aus Kuchenteig und ein Standard-Vanilleeis im Inneren. Ein glattes „GUT“ (3), weil eben doch nicht hausgemacht.
Bei 26 Punkten für insgesamt sieben Speisen ergibt der Durchschnitt = 3,71 Punkte und daher ein glattes „SEHR GUT“ (4), das ich auch gerechtfertigt finde. Alle Speisen wurden TOP-frisch gekocht und zubereitet.
Für das Ambiente gebe ich in diesem Rahmen ebenfalls ein „SEHR GUT“ (4), als Raucher hätte ich aber nur ein Gut gegeben. Der Nichtraucherbereich ist deutlich größer, gemütlicher und schöner. Ich erhoffte mir genau dieses üppig kitschige Ambiente und bekam es zum Glück auch. Die Sanitäranlagen sind nicht mehr ganz modern, aber sauber und gepflegt.
Für den stets sehr netten, freundlichen und fast schon familiären Service gebe ich in diesem Rahmen und auf diesem Lokalniveau ebenfalls ein „SEHR GUT“ (4). Ich wurde immer freundlich und zuvorkommend bedient, Fragen wurden gerne beantwortet. Natürlich gäbe es im „Kowloon“, alles andere wäre ja fast eine Enttäuschung gewesen, bei Verlangen der Rechnung einen Pflaumenwein zur Verabschiedung.
Fazit: eine unbedingte Empfehlung von meiner Seite für das „Kowloon“, ein im wahrsten Sinne des Wortes klassisches China-Restaurant. Mehr als nur ausreichend große Portionen, üppige Mittagsmenüs zu extrem günstigen Preisen, alle Speisen frisch gekocht und heiß serviert – das alles gibt es im „Kowloon“. Kein Buffet mit AYCE, kein Teppanyaki, kein Sushi und das ist im „Kowloon“ die genau richtige Küchenlinie und gut so. Wir kommen sicher immer wieder.
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