Abschluss eines genialen, verlängerten Winterwochenendes.
Parallel zum Ennstal verläuft unter der Südflanke des Dachsteines die Höhenstraße zwischen Ramsau (Steiermark) und Filzmoos (Salzburg). Während die Schifahrer eher in Schladming (4-Berge-Schischaukel) zuhause sind, ist in Ramsau (WM-Au...Mehr anzeigenAbschluss eines genialen, verlängerten Winterwochenendes.
Parallel zum Ennstal verläuft unter der Südflanke des Dachsteines die Höhenstraße zwischen Ramsau (Steiermark) und Filzmoos (Salzburg). Während die Schifahrer eher in Schladming (4-Berge-Schischaukel) zuhause sind, ist in Ramsau (WM-Austragungsort) der Nordische Sport dominant.
Nach vielen „geloipten“ Kilometern war’s an der Zeit, heimwärts zu fahren. Gleich nach den letzten Loipenkilometern (ausgecket hatte ich ja schon in der Früh) also kurzerhand das „Gwand“ über die Sportkleidung drüber und von Ramsau direkt über Hierzegg nach Filzmoos. Der Dachstein bietet hier einen seiner schönsten Seiten: die Südwand.
In Filzmoos angekommen gibt’s wieder ein spektakulären Bergblick: die Bischofsmütze drängt sich in jede Postkarte.
Nach dem Kreisverkehr rechts ist man schon am Ziel: Johanna Maiers Hubertus.
Mit Sakko und roten Wangen betrete ich die „Jagdstuben“, die gutbürgerliche Variante „ohne Hauben“, wie Vater Maier erklärt.
Diese ist unmissverständlich als solche erkennbar, Krickel überall, nette Pölsterchen in den Sitzecken, schlicht, und doch zünftig – und doch auch edel: der gedeckte Tisch. Gewürzsalz und Zitronen-Olivenöl, natürlich Exklusivabfüllungen mit hauseigenem Etikett.
Gedeck.
Brot in mehreren Varianten, besonders erwähnenswert das Brioche. Butterzart in jeder Hinsicht, da braucht man nicht einmal die feinst geraspelte Butter dazu.
Grießnockerlsuppe.
Schöne Bouillon, jetzt vielleicht nicht die extreme „Gichtbrühe“, schön dezent, aber trotzdem gehaltvoll. Gemüsewürferl tummeln sich zuhauf. Serviert in einer Art Kaffeekanne.
Macht nicht nur was her, sondern hält die Suppe warm – und man „dosiert“, wie man’s braucht.
Die Grießnockerl sind Modellnockerl ihrer Zunft, sogar ein kleiner Butterkern darf’s sein, wenn auch ein sehr bescheidener.
Kalbsbeuscherl – mit kleinen Knöderln dabei.
Viel beste Innerei, wunderbar abgeschmeckt, nicht im Saft „ertränkt“. Würzig, aber nicht „aggressiv“.
Wiener Schnitzel – vom Kalbsfilet, wie der Servicechef erzählt, in der Pfanne „souffliert“.
Ich kenn mich nicht aus, doch der Chef „souffliert“ für mich – er sagt’s mir ein: mehrfach in der Pfanne gewendet und dabei währenddessen mit Öl-Butterschmalz-Gemisch übergossen.
Die Panier ist relativ dunkel, wenn auch nicht zu dunkel. Keine fade Weißbrotbrösel-Panier, da ist mehr drin.
Schade nur – und für mich fast unerklärlich, dass dem Koch die eine oder andere etwas „festere“ Partie beim Fleisch entgangen ist. Ich merk’s beim Beißen, vor allem bei den ersten 5, 6 Bissen. Ansonsten kann man dem Fleisch nichts vorwerfen.
Serviert werden exzellente Pfannenkartoffeln mit viel Petersilie und hauseigene Gourmetsaucen, letztere bleiben aber praktisch unberührt, interessiert mich beim Schnitzel doch eher die Harmonie zwischen Fleisch, Paniere und den Kartoffeln. Mehr braucht’s ja nicht für’s Schnitzelglück.
Hier funktioniert’s ganz gut, nur manchmal brauchen wie erwähnt die Zähne mehr Biss.
Dessert: bestellt war ein Schokoladen-Bananen-Kuchen.
Es kam was anderes: eine Kombination aus Schokoladensoufflé und Cassis-Eis. Hier setzt meine einzige Service-Kritik an, und zwar beim Chef Maier selbst: er selbst drückt mir zu Beginn die Karte in die Hand. Warum kommuniziert man diese Änderung nicht, wenn man sie schon zu Beginn weiß?
Nicht, dass es für mich ein großes Problem darstellt, weil ich ja das geänderte Dessert auch genießen wollte und konnte.
Aber eine halbe Stunde später wurde auch der Nebentisch „überrascht“ – und die ließen das dann auch zurückgehen.
Schade drum, denn der aufwändigst zubereitete Gang hatte es in sich: perfekte Konsistenz der Schokoladehalbkugel, dazu das zartschmelzende Cassis-Eis, intensiv, wohlschmeckend.
Abgesehen vom Dessert-Missverständnis ist die Service-Crew in ihrem Element, jeder Handgriff stimmt, sogar ein Ladegerät für’s Telefon hat man für mich, nachdem der Akku bei winterlichen Temperaturen und bergeweise Dachsteinbildern den Geist aufgegeben hatte.
Wein: der Service-Chef empfiehlt als Aperitiv einen spanischen Champagner-Konkurrenten, gekeltert aus drei autoktonen Rebsorten. Hier beweist wieder einmal die Überzeugung, nicht nur Sprudel zu produzieren, sondern besten Grundwein zu verarbeiten. Dazu ist die Perlage unendlich, das Glas könnte noch stundenlang am Tisch stehen, die „Frisur“ hält. Sensationell.
Zum Schnitzel kein Bier, sondern einen Blauburgunder von Gottardi. Ja, der Gottardi: Innsbrucker Weinhändler und Besitzer eine der besten Pinot-Lagen Südtirols: Mazon. Die Riserva 2009 kann ich mir nicht entgehen lassen.
Service-Chef Christandl schenkt mir großzügig ein, so dass ich nach 2 Gläsern plus Digestiv schon ordentlich einen auf der (Bischofs-)Mütze habe.
Caffè: sehr dunkler, aber auch sehr guter Espresso, da wurde ordentlich geröstet.
Der Grappa schlägt in die gleiche Kerbe: rustikal, aber trotzdem vom Feinsten, ohne Wenn und Aber: Pojer & Sandri, handfeste Fixsterne der Trentiner Weinkultur, hoch über dem Val d’Adige.
Vinophil versteht man sich hier also.
Fazit: samt meiner Weinausflüge sind gut 100 Euro kein Pappenstiel für die Küche der „Jagdstube“, die ja laut Maier senior „ohne Hauben“ auskommt.
Stimmt sicher nicht, weil auch hier gehobene Küche praktiziert wird, die zwar als „gutbürgerlich“ bezeichnet wird, in puncto Küchenleistung aber sicher weit darüber anzusiedeln ist.
Abzüge gibt’s allerdings für das Schnitzel, da hätte der Koch beim Auswählen des Fleisches genauer hinsehen müssen. Ich betracht’s mal als kleinen Ausrutscher.
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