Gasthaus Grünauer - ein gehobenes Beisl
Für mich ist das Gasthaus Grünauer eines der edelsten Beisln unserer Stadt. Im Herzen Neubaus etwas abgelegen, dafür in ruhiger Lage in der Hermanngasse findet man es kaum, es sei denn man kennt es. Es verfügt über einen kleinen Schankraum und einen weiteren Gastraum in edler und gehobener Gasthauskleidung.
Unlängst erfuhr ich, dass es mittlerweile einen Schanigarten gibt, was mich zu einem Besuch auch im Sommer motiviert hatte. Die Öffnungszeiten sind nur abends von Mo - Fr ab 18 Uhr.
Reservierungen sind nur telefonisch möglich, der Internetauftritt ist sehr schlicht, z.B. wird keine Speisenkarte online gestellt, also lässt man sich überraschen, was die Küche am Besuchstag aus der Küche herzaubert. Von der reinen Barzahlung ist man abgerückt, das war wohl eine der Konsequenzen aus der berüchtigten „C“-Zeit.
Der Chef, Hr. Grünauer im Service tätig unterstützt von ein, zwei Kellnern, seine Frau dirigiert die Küche. So läuft das traditionell seit Jahren. Der Grünauer ist zur Martini-Zeit auch bestens bekannt als beliebter Ganslwirt.
Ganslzeit beim Grünauer
In dieser Saison gibt es außer Gansl & Co kaum eine Alternative, aber das ständig voll besetzte Lokal gibt dem recht. Man erhält den Tisch dann nur ab 18 Uhr für genau 2 Stunden um ihn den Nachfolgern um 20 Uhr zu übergeben. Diese können dann bis zur Sperrstunde bleiben.
Leider wird das Gansl nicht mehr so < geil (!) > wie einst zubereitet, d.h. in den letzten Jahren nicht mehr knusprig und auch nicht so schön tranchiert wie ältere Fotos zeigen. Die Zubereitung ist nunmehr vereinfacht. Sparmaßnahmen? Man mutmaßt lediglich, ich weiß es nicht.
Warum das abgeändert wurde also, keine Ahnung, aber es ist immer noch extrem zart und weich, der Saft genial, sodass ein Kollege den Ausdruck geprägt hatte man geht zum Grünauer „Gansl-Lutschen“, für die älteren Semester mit ihren 3. Zähnen dann kein Problem, wenn man sie zu Hause liegen hat lassen. 😉
Letzter Besuch mit Freunden
In der restlichen Zeit wird immer eine Auswahl guter Wr. und österr. Küche angeboten mit schönen Akzenten guter Hausmannskost. Die Karte ist überschaubar, aber so bin ich das von gehobenen Beisln meiner Kragenweite gewohnt, nicht das 0815-Wh-Standardprogramm, dafür überzeugt, was es gibt.
Gestartet wurde meinerseits mit einer Gurkenkaltschale, der Sommerzeit geschuldet, äußerst erfrischend, reichlich Knoblauch und etwas Dille, abgerundet mit Obersauce. der Rest nahm Frittatensuppe.
Gleich 3 Mann inkl. meine Wenigkeit bestellten Paprikahendl mit Spinatnockerln in feiner fachgerechter Paprikasauce, die grüne Farbe der Nockerln bildeten einen auffallenden Farbkontrast. Für Liebhaber Wr. Hausmannskost ein einfaches Gericht, aber geschmacklich ein Feiertagsschmaus.
Eine weitere Bestellung war Rindswangerlgulasch, derart nicht klassisch vom hinteren Wadschunken, aber ebenso saftig in klassischer Gulaschsauce, dazu ein tadelloser Semmelknödel. Der Kollege war rundum zufrieden
Und eine dritte Order war Geröstete Eierschwammerl mit Ei und Petersilerdäpfeln und man erblickte ein ebenso strahlendes Gesicht.
Wenn ich zurückblicke gab es von meiner Seite hier noch nie wirklich etwas zu beanstanden. Ich meine so ist das eben, wenn eine alteingesessene Köchin weiß, was sie auf die Karte setzt, wöchentlich anbietet und ihr Handwerk auch beherrscht. Solches benötigt unsere Gastronomie.
Ein Nachspeisenklassiker ist Mascarponenockerl, worauf ich mich schon wie ein kleines Kind gefreut hatte. Doch genau diesmal gab es sie nicht. Nun, dann wurden‘s klassische Marillenpala, der Teig herrlich weich und nicht zu dünn mit gutem Kontrast leicht säuerlicher Marillenmarmelade. Ja, so geht das auch.
Meine persönliche Präferenz und Bewertung
Der neue Schanigarten ermutigt mich nun für weitere Beuche ganzjährig. Bislang war Grünauer für mich eine klassische Winterdestination. Der neue Schanigarten, eingeteilt in aus Holz umrandeten Kojen für je 4-5 Personen, ist vielleicht nicht der Renner, aber angesichts der Stadtlage passabel.
Er wertet meine Spitzennote für das Ambiente also nicht ab, ist er ja so für mich eine Bereicherung geworden, die mich sehr glücklich macht.
So kann ich den Ausklang nach Speis und Trank mit Espresso Ristretto danach samt Zigarre genießen. Was Getränke anbelangt gibt es für die Bierfraktion das Starobrno oder ein Augustiner, für mich die übliche Weinauswahl. Die große Weinkarte gibt es nicht, aber man wird fündig.
Ein Klassiker ist auch Grünauers eigener Nussschnaps, sehr bitter und etwas gewöhnungsbedürftig, aber zwecks Verdauung z.B. nach einem deftigen Gansl dann quasi wie ein Medikament. Und, ach weh, auch der war gerade aus, also stieg ich auf seine Klassiker um, mehrere sind von der Destillerie Krenn.
Über den Service kann ich nicht viele Worte verlieren. Es gibt keine Stammkellner, sie sind für mich immer wieder neu, aber sie erledigen ihren Job wie sich das gehört. Der einzige klare Stabilitätsfaktor im Service ist und bleibt Herr Grünauer selbst, der üblicherweise die Abrechnung vornimmt.
Das Preisniveau befinde ich rundum in Ordnung, es wird hier nicht auf Obernobel gemacht, sondern das sog. P/L-Verhältnis würde ich aus meiner Sicht sogar als günstig betrachten. Alle drei HS waren um 18€ zu haben. Man muss das ja nur mit anderen vergleichen. Und noch was, zum Beispiel gibt es hier nicht die „Unsitte“ Gedeck.
So denke ich Herr Grünauer und seine meist nicht sichtbare Gattin in der Küche sind auch der Garant für die konstante Qualität und Stabilität ihres schmucken Edelbeisls, weshalb es immer wieder meine Besuche erhält, solange ich kann. Man muss diese alten Werte pflegen und ich empfehle den Grünauer daher gerne weiter.
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