am 5. November 2022 · Update 7. Nov 2022
SpeisenAmbienteServiceGlacis Beisl – Eine Gartenidylle Wiens
Der Rekord-Altweibersommer des heurigen Jahres 2022 hat mich animiert das Glacis-Beisl häufiger als sonst zu besuchen. So waren es allein im Oktober drei Besuche, die jeder für sich schon fast so etwas wie Kurcharakter hatten.
Gut versteckt am Rande d...Mehr anzeigenGlacis Beisl – Eine Gartenidylle Wiens
Der Rekord-Altweibersommer des heurigen Jahres 2022 hat mich animiert das Glacis-Beisl häufiger als sonst zu besuchen. So waren es allein im Oktober drei Besuche, die jeder für sich schon fast so etwas wie Kurcharakter hatten.
Gut versteckt am Rande des Museumsquartiers und von außen nicht wahrnehmbar entpuppt sich beim Betreten einer der wohl schönsten Gastgärten Wiens, der aus dem Grund auch auf einigen Webseiten gelistet wird. Von meinen früheren Besuchen weiß ich, dass man hier nicht nur idyllisch sitzt, sondern auch sehr passabel isst.
Dazu ein paar Takte mit dieser Bewertung. Aber lasst mich noch ein wenig vom Ambiente schwärmen. I'm loving it!
Meine Seele jubiliert beim Anblick einer schon fast würde man meinen Waldatmosphäre, obwohl man die Bäume an einer Hand abzählen kann. Und welche Stimmung vermittelt wird, wenn man ihn in der Dämmerung genießt, schlägt für meine Seele jeden Kuraufenthalt, ja schön wär’s, es funktioniere immer so.
Aufgrund der Internet-Bewerbung weiß das wohl nicht nur ich allein, so ist es bei schönem Wetter Pflicht sich seinen Platz reservieren zu lassen. Am Empfang sitzt zu dem Behufe eine junge, sehr nette Dame, welche dir deinen Platz zuweist, ankommende Gäste dorthin führt und gleich Speisekarten mitnimmt, die sie darreicht.
Hat man Platz genommen, dauert es in der Regel nicht lange, schon ist der Service präsent. Aufgrund meiner zuletzt gehäuften Besuche war ich mehreren Personen schon bekannt und es erfolgte die Begrüßung auch mit Handschlag. Ein anderer zwinkerte mir schon von der Weite mit den Augen zu.
Was mich betrifft schätze ich das. Meiner Seel‘, sag dazu, des is jetzt aber scho eitel, gell? Aber nein, sie kann das nicht und meint dazu, des passt scho. 😊
Die Speiskarte gliedert sich in eine Hauptkarte mit einer recht straff gehaltenen Standardauswahl, einer Wochenkarte und dem Tagesteller. Nachdem ich die Standardkarte so gut wie durch bin, von der ich grundsätzlich alles soweit empfehlen kann und mit einem durchgängigen „Sehr gut“ bewerte, konzentrierte ich mich bei meinen letzten Nachmittagsbesuchen auf die Wochenkarte und werde auf meine noch in Erinnerung verbliebenen Eindrücke ein paar Reime dichten.
Suppen – meine Standard-Vorspeise
Zuvor auch meine vielleicht schon ebenso typische erste Strophe der Standard-Suppen-Ansprache: Die RS-Basis ist vorbildhaft und ein wahrer Genuss. Klassische Gemüseeinlagen werden extra zubereitet, was an ihrer schönen Bissfestigkeit noch leicht knackig zu derbeißen ist.
So mag ich das. Die weiteren Einlagen passen auch, es gilt sozusagen Wiener Standard, der auch eingehalten wird. Einmal war auch ein Kaspressknödel dabei, den ich mir nicht entgehen ließ. Die RS gehört hier zu meinen klaren Favoriten innerhalb Wiens und deren Liste ist bei mir weiterhin immer noch einstellig.
Sie ist ihren Preis (aktuell 5,40€) absolut wert und die Überschrift auf der Standard-Klassiker-Karte „Hausgemachte Rindsuppe“ unterschreibe ich.
Damit ich verwöhnter RS-Freak aber auch mal was anderes esse, so sollte es auch eine Zwiebelsuppe (5,60€) sein. Kräftig und intensiv, die Basis wieder RS, schön angereichert mit sichtlich lange mitgeschmorten Zwiebelstreifen und toller dunkler Farbe. Kleine Einlagen mit dreieckig geformten und gratinertem Toastbrotstückchen ergänzten den Genuss und rundeten es wohltuend ab. War ebenso sehr gut.
Erdäpfelsuppe liebe ich immer wieder, wenn sie angeboten wird, bin aber auch da zugegebenermaßen verwöhnt. Naja, fragen wir mal, wo nicht? 😉
Die Wochenkarte hatte sie einmal um gute 5,80€ gelistet, also gut, dann zu Tisch bitte. Naja, net von schlechten Eltern, so mal eine erste Begutachtung, Basis wieder RS, ohne Obers und nicht cremig ist auch eine Herausforderung, konnte aber im Geschmack auch punkten.
Etwas schlampig serviert, was mich etwas irritiert (also es stimmt, ich bin verwöhnt), wenn sie verschüttet daherkommt, aber das lassen wie dem sympathischen Kellner nach. Weniger passend fand ich die Champignons, das sollten bei mir Steinpilze sein, denn sie sind auch entsprechend geschmacksbildend und das hätte sie noch verbessert.
Nachgefragt beim Service kam eine etwas für mein Amüsement erheiternde Antwort: „Das geht nicht bei dem Preis.“ Ok, ich habe aber auch schon schlechtere Argumente gehört. Also man will Spitzenqualität liefern und dann soll es am Preis scheitern? Mein Gott, dann verlangt‘s halt um 20 Cent mehr, es …. ! Aber das letzte „es … “ hörte der Kellner nicht., denn das dachte ich mir nur.
Und eine hätte ich noch auf Lager, eine saisonale Kürbiscremesuppe (5,60€). Sie war gut, recht professionell zur Präsentation aufgeschäumt und darunter ein Kürbis-Kernöl-Spiegel in schillerndem grünlichem Farbton. Ah, hier machte man es also richtig an der Qualitätsschraube nicht zu drehen, es geht ja doch. :)
Einziges Manko, für mich zu dünn. Bei solcher Art Suppe bevorzuge mehr Cremigkeit, d.h. sie war sehr brav abgeseiht, dennoch geschmacklich für meinen Gaumen gut bis sehr gut.
Gerichte von der Wochen- bzw. Tageskarte
Ich komponiere ein paar Lobes- bzw. Nörgeltakte zu drei Hauptspeisen aus der Wochen- bzw. Tageskarte und beginne mit einem recht außergewöhnlichen Fischgericht, ein gebratener Hecht, was man nicht so oft liest. Nicht billig um 28,70€, aber er war das Geld wert.
Unglaublich feste Struktur, fast schon wie Fleisch, wie ich das so nur bei einem Seeteufel bislang kannte. Ein klasse Gericht, dazu ein Püree recht kräftig, nicht zu feincremig, allerfeinst und am Boden ein geschäumtes Soßerl, was ich aber nicht mehr weiß, was es war – mea culpa – aber was ich weiß: sensationell.
Die Hausmannskost durfte nicht zu kurz kommen, repräsentiert durch ein Erdäpfelgulasch (12,90€) mit ausnehmend gutem Saft, nicht zu sämig und kräftig würzig, wie ich es liebe, die Erdäpfel in großen Stücken, mehlig, passt hervorragend, ich muss das bei mir zu Hause ändern, denn ich verwende meine Standard Ditta, aber ich stelle hier fest, mehlige passen für dieses Gericht besser.
Welche Wurstarten verarbeitet wurden war wieder so ein Fragzeichen, nicht so rauchig, aber erhebend, aber was war es genau? Also fragte ich den Kellner und nach Rückfrage in der Küche kam ans Tageslicht: Es war eben nicht eine Sorte, sondern ein Mix aus Braunschweiger und Frankfurter, Pfieke mit Namen sozusagen. 😉
Absolutes Highlight, fast schon Sonderklasse war der Kümmelbraten zu 15,70€. Oh, mein Gott, der schlug bislang etliche Heurigen, wo man das bei den besseren üblicherweise gut hinbekommt.
Nicht so fettig und trotzdem saftig, das Krusterl im wahrsten Sinne des Wortes zum Reinbeißen, dass es nur so knackt und kracht, dazu ein kräftig einreduzierter Saft, eine pure Verneblung meiner Sinne in höchster Freude. Das erlebe ich nicht alle Tage, er muss absolut frisch gewesen sein, sonst geht das gar nicht, von mir eine Top 6 (aber mehr als 5 geht hier net).
Zur Getränkeauswahl verweise ich auf die HP. Die Weinkarte ist repräsentativ in ihrer Auswahl, mittleres Preissegment, aber von mir nicht sonderlich erwähnt, meist greife ich hier auf meine Standards zurück.
Aber gut ist hier mal der Kaffee (Rösterei Alt Wien) und ein vom Kellner mir empfohlener hausgemachter Nussschnaps, naja was sonst bei mir, schon wieder ein Standard, aber der Kellner erklärte mir, dass er an der Produktion beteiligt, deshalb kennt er alle Komponenten, Hut ab!
Mein Nachruf – subjektiv, aber kritisch
Man kann das Glacis-Beisl für meine Begriffe nicht als typisches Beisl einstufen, obwohl es den Namen trägt, oder sagen wir so, ich würde es nicht als ein ausgesprochenes Wiener-Beisl einordnen, aber es ist mit Sicherheit ein anspruchsvolles und in dem Sinne gehobenes Lokal. Was es auch gut macht ist das in gewissem Rahmen individuelle Angebot.
Die Speisen sind teils Wiener Küche und teils allgemein Österreich-Liga., Mir ist das Angebot der Standardkarte etwas zu spärlich, sodass ich, wenn ich auf der Wochenkarte nichts Geeignetes finde, dort zu wenig meiner Klassiker vorfinde, auf die ich zurückgreifen könnte.
Ich will nicht immer nur Wr. Schnitzel oder die ausnehmend gut zubereitete Bachforelle essen, auch wenn diese Gerichte makellos sind. Als Repräsentant für die Wiener Küche vermisse ich meinen geliebten ZRB, ein Schweinsbratl oder als Nachtisch z.B. einen Kaiserschmarren.
Aber was gekocht wird ist durchgängig von überdurchschnittlicher Qualität, insofern vergebe ich ein „Sehr gut“ mit einem reinen Gewissen.
Was den Garten angelangt, so geht es kaum besser und verdient Höchstnote. Wenn das Wetter nicht so passt bzw. für die nun anbrechende Herbst/Wintersaison hat das Lokal einen Vorbau als Wintergarten und danch kommt man in die Innenstube.
Diese ist allergings wirklich nicht mein Geschmack. Die Tische mit grünen Resopalplatten gingen ja noch, aber insgesamt hat mir der Look noch nie gefallen und wirkt auf mich steril und a wenig zappenduster. Man sollte das mal auswechseln oder überarbeiten. So bin ich hier ein typischer Sommerbesucher. Insgesamt trübt das die Note für das Ambiente, aber zugunsten des Gartens belasse ich es bei einer 4.
Mit dem Service bin ich zufrieden. Eine fixe Einteilung gibt es nicht, es kommen mit der Zeit alle vorhandenen Kräfte ins Spiel, einmal zählte ich fünf Personen, mit der Empfangsdame wären es sogar sechs, die sich im Laufe eines Besuches um mich gekümmert hatten, aber ich könnte nicht sagen, dass es nicht funktioniert hätte.
Mir gefällt natürlich auch der persönlich gewordene Einschlag, das macht es mir persönlich angenehm und sympathisch, nur versuche ich das auch objektiv darzustellen, und so hat er keine herausragende Note und ich bemesse ihn mit einem rundum gut, sprich das erfüllt die Erwartungshaltung.
Empfehlen kann ich das Glacis-Beisl jedenfalls als sehr gutes Lokal, nicht unbedingt als ein urtypisches Wiener Beisl wie dargestellt, aber als eines, das ich schon aufgrund der zentralen Stadtlage mit seinem meine Seele immer aus Neue faszinierendem Garten samt sehr guter Küche nicht mehr missen möchte.
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Meine Erfahrungen als Gastronom waren sehr kurz, aber lehrreich. Ein Fehler war, dass wir viel zu billig angeboten haben. Das war zwar nicht ausschlaggebend, aber definitv falsch. Zu billig suggeriert keine Qualität. Das bezeugten mir so manche Gäste, die unsere Qualität aber lobten.