Abendessen im Ella’s am Samstag. Wir sind zu dritt, treffen um 20 30 ein. Das Lokal ist langgestreckt, raumhohe Fenster geben den Blick zum Judenplatz frei. Modernes Design, roter Steinboden, viel Weiß und dunkles Leder, geschwungene Elemente, indirekt beleuchtet. Das Licht ist gedämpft, wirkt ...Mehr anzeigenAbendessen im Ella’s am Samstag. Wir sind zu dritt, treffen um 20 30 ein. Das Lokal ist langgestreckt, raumhohe Fenster geben den Blick zum Judenplatz frei. Modernes Design, roter Steinboden, viel Weiß und dunkles Leder, geschwungene Elemente, indirekt beleuchtet. Das Licht ist gedämpft, wirkt dennoch kühl. Ein cooles Lokal eben. Oder doch, auf Deutsch, ein kühles. Trotz einiger architektonischer Biedermeier-Zitate. Interessant anzusehen, aber nicht wirklich gemütlich. Vielleicht ist das ein Grund, warum hier in der Innenstadt an einem Samstagabend zur besten Essenszeit nur jeder zweite Tisch besetzt ist. Am Essen jedenfalls kann es nicht liegen.
Als Gedeck bringt man uns helles und dunkles Brot. Dazu Oliven und ein Schälchen Olivenöl. Das dunkle Brot ist besonders fein, ein hausgemachtes, köstliches Nussbrot, Maroni dürften da auch mitspielen, vermute ich. Danach Ella’s Vorspeisenvariation. 6 kleine Köstlichkeiten für zwei Personen: Beef Tartare. Zwei mal mustergültig gehacktes Fleisch, erstklassig abgeschmeckt, in Törtchenform auf einem runden Stück Weißbrot präsentiert. Daneben zwei ebenso feine Lachs-Törtchen. King Prawns, vorbildlich geputzt, knackig gebraten. Auf den Punkt gegrillte Jakobsmuscheln. Filoteig-Röllchen, mit Schafskäse gefüllt, auf Tsatsiki. Und eine wundervolle Gänselebercreme. Ein wirklich köstlicher Vorspeisenteller.
Die Weinkarte ist sehr griechisch, ich bitte daher um eine Empfehlung. Der Kellner legt uns eine Cuvee aus Assyrtiko und Sauvignon Blanc ans Herz, vom Weingut Biblia Chora. Ein wunderbarer Wein, sehr klar, harmonische Säure, kraftvoll, intensive Fruchtaromen, mit langem Abgang. Eine echte Entdeckung, muss ich mir merken.
Mein Sohn entscheidet sich für die Gänselebervariation. Ein ordentliches Stück gegrillte Leber, außen kross angebraten, innen schmelzend weich. Dazu eine köstliche Terrine und ein mit Gänselebercreme gefülltes Törtchen. Herrlich, und eine mehr als stattliche Portion. Beim Hanner wäre das wohl der 4-Personen-Teller gewesen ;-)
Nach den Vorspeisen sind wir überrascht. Wir haben natürlich erwartet, hier gut zu essen, aber das Gebotene ist weit mehr als das, wirklich hervorragend.
Auf diesem Niveau geht es weiter. Ich nehme ein Heilbuttfilet. Der Fisch ist köstlich, geschmackvoll und zergeht fast auf der Zunge. Begleitet wird er von zwei feinen Ravioli mit würziger Pilzfülle, sautiertem Mangold und einem aromatischen Ragout, das aus Scheiben vom Oktopus, Tomaten, vermutlich Melanzani und frischen Kräutern besteht, Kreuzkümmel dürfte auch dabei sein. Sehr delikat.
Mein Sohn nimmt ein Rib-Eye-Steak. Gut gereift, wie gewünscht medium-rare gegrillt, begleitet von köstlichen, handgeschnitzten Pommes, einer wohl hausgemachten Barbecue-Sauce und Würfelchen von der Süßkartoffel mit würzigem Rauchgeschmack. Auch das Steak ist erstklassig.
Ebenso das variantenreiche Karamelldessert und die dunkle Schokomousse.
Ich gebe ihn ja nicht gern her, den 5er, aber hier ist er angebracht. Hervorragendes Essen, in jedem Detail. Kreativ und handwerklich auf höchstem Niveau. Virtuoses Spiel mit den Aromen. Hervorragende Präsentation.
Die Rechnung fällt angesichts der gebotenen Qualität moderat aus. € 144,- für ein Abendessen auf höchstem Niveau für 3 Personen – das muss man in Wien lange suchen. Die eine Haube im Gault Millau ist mehr als verdient. Und – was mich in einem Restaurant dieses Niveaus besonders freut – die Portionen sind auch was für Hungrige.
Fazit: Spitzenküche, guter Wein, moderate Preise, stattliche Portionen. Wiederholungsgefahr 100 %.
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Bis 2003 war es in jeder Auflage des Beislführers angeführt unter Judenplatz 10. Das hatte mich irritiert aber anhand des Fotos sieht man von der Fassade das es dieses Lokal ist. Innerhalb der letzten 10 Jahre sind einige Innenstadtinstitutionen dem Trend der Zeit gewichen.