Weil mir der Sinn grad nach Pizza stand und ich Lust verspürte, wieder ein mir gänzlich unbekanntes Lokal zu testen, fuhr ich durch meinen Heimatbezirk auf der Suche nach einem Italiener, der mich zum Verweilen einlädt. Meine Wahl fiel auf die Pizzeria Eduardo in der Löwengasse, einen Steinwurf v...Mehr anzeigenWeil mir der Sinn grad nach Pizza stand und ich Lust verspürte, wieder ein mir gänzlich unbekanntes Lokal zu testen, fuhr ich durch meinen Heimatbezirk auf der Suche nach einem Italiener, der mich zum Verweilen einlädt. Meine Wahl fiel auf die Pizzeria Eduardo in der Löwengasse, einen Steinwurf vom Hundertwasserhaus entfernt.
Das Lokal gibt sich von Außen klassisch als Ristorante/Pizzeria zu erkennen, mit einem kleinen Garten an der Straße und einem großen Schild, das Pizza aus dem Holzofen verspricht. Innen teilt sich das Lokal in einen Nichtraucherbereich, in dem auch die Schank ist und wo auch der Pizzaiolo am Holzofen werkt und in einen großen, luftigen Raucherbereich. Das farbliche Thema ist Rot und erstreckt sich auf Holzverstrebungen, Tischtücher, Kerzen, Servietten, teilweise auch auf die Wände. Die Räumlichkeiten sind sehr groß, mit den klassisch hohen Wänden eines Altbaus, und das Raumgefühl könnte man trotz der farblichen Bemühungen als etwas unterkühlt beschreiben.
Die Einrichtung ist äußerst schlicht, allerdings durchaus gepflegt, Stühle aus dunklem Holz, die Tische nett gedeckt, jedes Tischtuch mit einer Borte in den italienischen Landesfarben. Insgesamt wirkt die Einrichtung und Gestaltung des Lokals allerdings etwas einfallslos, mit einigen wenigen Dingen könnte man hier mehr Stil und Gemütlichkeit einbringen.
Ich wurde freundlich begrüßt und nahm an einem Tisch im Raucherbereich Platz. Das Lokal war zu weniger als der Hälfte gefüllt, was aber wahrscheinlich daran lag, dass 16:30 ziemlich genau zwischen Mittags- und Abendgeschäft liegt. Der Service war stets freundlich, wenn auch sehr zurückhaltend, beinahe schüchtern. Ich eröffnete mit einem durchaus angenehmen Lambrusco und widmete mich dem Studium der Karte.
Die Karte ist, vornehm ausgedrückt, umfangreich. Es gibt eine Seite mit Mittagsmenüs (Suppe oder Salat oder Dessert plus eine Hauptspeise um ca. € 9,90), eine Tageskarte und eine wirklich große Speisekarte. Man findet das klassische Repertoire eines Ristorante bzw. einer Pizzeria, Überraschungen sucht man vergeblich. Nebst ca. 20 Pastavariationen gibt es ca. 40 Pizze, einige klassische Vorspeisen (Antipasto misto, Carpaccio, Prosciutto Melone), Suppen (Gemüse-, Tomaten-, Knoblauch-, Zwiebelsuppe), die Klassiker der Hauptspeisenfraktion (diverse Risotti, Lasagne, Cotoletti, Grigliata Mista), aber auch Einiges an Fisch (Sogliola, Branzino, Orata) ebenso wie Scampi und Calamari. Auch bei den Desserts finden sich die üblichen Verdächtigen: Bananensplit, Tiramisu, Marilleneisknödel, Mohr im Hemd und Crèpes.
Eh sehr brav, aber leider nicht mehr. Die wirkliche Kreativität, das Quäntchen Überraschung, das Lust auf ein Probieren macht, findet man leider nicht. Etwas störend wirken die Nummern neben den Gerichten (links davon, ich meine nicht die Preise), erinnert dies halt an die klassischen Touristenfallen in diversen Urlaubsgebieten bzw. an die Karte vom Chinesen ums Eck. („einmal das 32 mit scharf ...“)
Mir stand der Sinn sowieso nach Pizza, das hat mir die Wahl, wenn auch nur etwas, leichter gemacht. Die Auswahl an Pizze ist umfassend, Kombinationen mit Schafkäse finden sich genauso wie so ziemlich jede Pizza, von der man jemals gehört oder gelesen hat. Interessant ist, dass der Herr des Hauses offenbar zur Fraktion „mehr Belag ist besser“ gehört (oder er kennt einfach seine Pappenheimer, die auf reichlich Belag stehen), die Signature Pizza dürfte die für immer noch wohlfeile € 8,90 teuerste Pizza „Sicilia“ sein, die immerhin mit „Tomatenscheiben, Käse, Schinken, Champignons, Pepperoni (ist das jetzt die scharfe Wurst oder Pfefferoni?), Zwiebel, Salami, Ei, Mais und Knoblauch“ belegt wird.
Als Verfechter der „Mehr ist einfach nur mehr“ Philosophie entschied ich mich für eine Pizza „Rusticana“ mit Schinken, Speck, Champignons und einem Ei, mein Spezialwunsch nach Knoblauch, einer knusprigen Pizza und Olio di Peperoncino wurde höflich vermerkt.
Meine Pizza kam jetzt nicht rasend schnell auf den Tisch (was OK ist), mein Achterl Lambrusco war jedenfalls ausgetrunken und meinem lieben Kellner ist auch nach zweimaligem Vorbeigehen leider nicht aufgefallen, dass ich vor einem leeren Glas sitze (was weniger OK ist). Also ergriff ich die Initiative und begehrte nach einem Achterl Chianti. Die Weinsektion der Speisekarte ist insofern bemerkenswert, als sich keine Flasche findet, die mehr als € 18,- kostet. Vielleicht gibt es im Eduardo keine Gäste, die bereit wären, mehr für guten Wein auszugeben, mein Achterl Chianti war vom Geschmack her ziemlich genau in der Mitte zwischen meiner Erwartung und meiner Hoffnung angesiedelt. Ein Wow-Effekt bleibt einem jedenfalls auch beim Wein versagt.
Zur Pizza: der Teig für meinen Geschmack ein wenig zu dick, wenn auch sehr knusprig und geschmacklich wirklich gelungen. Verwundert hat mich, dass das Olio di Pepperoncino entgegen gängiger Praxis nicht separat zur eigenen Dosierung serviert wird, sondern die Pizza bereits damit gewürzt ist. Und reichlich. Gut, ich hatte scharf bestellt, aber das war selbst für einen Chili-Afficionado wie mich etwas zu gut gemeint.
Die echte Enttäuschung aber offenbarte sich beim ersten Blick auf den Belag: Champignons! aus! der! Dose!!
Das geht nun wirklich, wirklich nicht. Der Rest des Belags war zu meiner Enttäuschung leider auch nicht viel besser, quadratisch gepresster Toastschinken, „Pizzakäse“, geschmacklich ein unaufregender, um nicht zu sagen, billiger Speck, - zumindest das Ei war, was den Garpunkt betrifft, gelungen.
Wenn Eduardo schon einen echten Holzofen hat und damit zumindest den handwerklichen Willen zu einer guten Pizza zeigt, wenn er einen Teig machen kann, der geschmacklich diesen Belag beileibe nicht verdient, warum geht er nicht die „extra mile“ und kauft Zutaten, die den Wert einer Pizza unglaublich heben würden, ihren Preis jedoch nur um wahrscheinlich weniger als einen Euro?
Zum Abschluss gab’s für mich noch den obligatorischen Espresso ristretto, der mich durch sein Aroma und seinen Geschmack mit der Welt insgesamt und mit Eduardo im Speziellen wieder ein wenig versöhnen konnte. Positiv sei hier auch erwähnt, dass man zum Espresso ein ganzes Viertel Leitungswasser bekommt, ohne dass es verrechnet wird. Auch von der Unsitte, Zahnstocher nicht mehr am Tisch aufzulegen, hat sich Eduardo noch nicht mitreißen lassen.
Die Rechnung war eine echte Überraschung. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal für 1/8 Lambrusco, 1/8 Chianti, eine Pizza und einen Espresso € 12,30 bezahlt habe.
Und dennoch glaube ich, könnte dieses Lokal weit mehr aus sich machen. Ein wenig Arbeit, um das Ambiente zu verbessern, eine kleinere, aber inspiriertere Speisekarte, ein qualitatives Upgrading bei den Zutaten und beim Wein würden dem Lokal richtig gut tun. Man sieht schon beim Besuch der sehr aufwändig und doch ein wenig patschert gestalteten Homepage, dass der Wille vorhanden ist, dem Gast ein gutes Ristorante zu bieten, von einer schlüssigen Umsetzung des selben ist die Pizzeria Eduardo allerdings noch ein gutes Stück weit entfernt.
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