In einer trotz Ziel2-Förderung noch immer etwas düsteren Gegend des 2. Bezirks befindet sich das Ristorante CHIANTI. Abgesehen davon, dass das Lokal sogar dort etwas im Abseits liegt, lädt es von seinem äußeren Erscheinungsbild auch nicht wirklich dazu ein, hereinzukommen. Otternase junior und ic...Mehr anzeigenIn einer trotz Ziel2-Förderung noch immer etwas düsteren Gegend des 2. Bezirks befindet sich das Ristorante CHIANTI. Abgesehen davon, dass das Lokal sogar dort etwas im Abseits liegt, lädt es von seinem äußeren Erscheinungsbild auch nicht wirklich dazu ein, hereinzukommen. Otternase junior und ich hatten aber mächtigen Hunger, und weil es grade da war, traten wir ein. Das Osterwochenende nahte seinem Ende und es war gerade Abend geworden, trotzdem war nur ein Tisch besetzt. Wie sich herausstellte, waren die Leute die hier tafelten die Restaurantbesitzer selbst und deren Freunde. Das Lokal ist blitzsauber, und die Innenräume sind eigentlich recht freundlich, auch wenn die Wandvertäfelung aus Ahorn-Resopal-Dekor mit zahlreichen Spiegeln nicht jedermanns Sache ist. Gemeinsam mit der leicht unruhigen, schwertlilienartigen Polsterung der Sitzbänke und der unglücklich gewählten Beleuchtung fühlte ich mich ein wenig in die geschmacksmäßig etwas desorientierten 80-er zurückversetzt. Wir nahmen Platz und der Chef persönlich brachte uns die Karten, die gleich bestellten Getränke wurden blitzartig serviert. Da das Angebot an italienischen und Balkan-Gerichten relativ umfangreich ist, machten wir den Versuch uns ein bisschen quer durch die Karte zu kosten, ohne die maximal erreichbaren Füllmengen unserer Mägen zu überschreiten. Ich neige (vor allem wenn ich hungrig bin) dazu unessbare Mengen zu bestellen und wundere mich beim morgendlichen Schritt auf die Waage, wie schnell man von 0 auf … beschleunigen kann. Dass mich erstmals ein Gastwirt davor bewahren wollte, sooo viel zu bestellen und meinte, das würden wir nicht schaffen, war eine neue Erfahrung und gab mir zu denken. Ich fragte also, ob ich eine „kleine“ Portion Cevapcici als Kostprobe haben könnte. Selbstverständlich - kein Problem! Der Chef verschwand in der Küche und kurz darauf kamen die georderten Gänge:
Bruschetta mit Tomaten und Basilikum (sehr gut)
Bruschetta mit Knoblauch (herrlich resch und schön knofelig)
die Probierportion „Cevawerln“ (geschmacklich hervorragend, konsistenzmäßig eine Spur zu „gummig“)
Gemüsesuppe (die vegane Einlage bissfest und frisch, sehr aromatisch)
Hühnerfilet in Zitronen-Kapernsauce mit Spaghetti natur (exzellenter Geschmack, die Nudeln etwas zu fettig)
Gebratener Zander mit Petersil-Erdäpfelpüree (ganz ausgezeichnet!)
Ich war begeistert - wer hätte gedacht, dass man hier so gut essen kann? Ich bestellte noch 1/8 Chianti, der war in Ordnung, aber nicht näher erwähnenswert. Zum Abschluss spendierte mir der Chef noch einen Grappa und ich stellte fest, dass die Rechnung eher moderat ausgefallen ist.
Wenige Tage später beschließe ich zum Abendessen noch einmal ins CHIANTI zu gehen. Wieder ist das Lokal fast leer. In der Karte findet man zahlreiche Gerichte mit Fisch oder Meeresfrüchten. Angeblich werden diese frisch aus Kroatien geliefert. Diesmal werde ich von einem jungen Mann bedient und bestelle die Tomatensuppe mit geriebenem Schafkäse und Kalbsschnitzel mit Rohschinken, Salbei und Nudeln. Die Suppe ist etwas enttäuschend, ziemlich blass und mit wenig Eigengeschmack, der Schafkäse bereits abgetaucht. Das Kalbschnitzel hätte ich mir ganz anders vorgestellt. Ich bekomme 2 Röllchen, die in einer hellen Sauce schwimmen, außen ist der Schinken, der das mit Salbei gefüllte Fleisch umhüllt. Der Rohschinken ist knusprig gebraten, aber extrem salzig und erschlägt damit das zarte Kalbfleisch total. Der ab und zu erscheinende Salbei hat einen unangenehmen, stechenden Geschmack. Die Sauce hat dafür gar kein Geschmack und sieht aus wie ein wässriges Maggi-Fix-Gmachtl. Es ist als wäre ein anderer Koch am Werk als zuletzt.
Ich zahle, verleihe meiner Enttäuschung Ausdruck und bekomme wieder einen Grappa. Vielleicht hatte ich heute nur Pech – ich werde das CHIANTI trotzdem wieder besuchen, da es bei meinem „Einstand“ wirklich sehr gut war.
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