Eines der ältesten Kaffeehäuser Wiens und eine wahre Institution auf der Wieden, das Café-Restaurant Wortner wurde nach jahrelanger Absenz wieder einmal von mir besucht. Eröffnet wurde das Kaffeehaus von Ferdinand Wortner bereits September 1880 in einem wunderschönen Biedermeierhaus. Ich persönli...Mehr anzeigenEines der ältesten Kaffeehäuser Wiens und eine wahre Institution auf der Wieden, das Café-Restaurant Wortner wurde nach jahrelanger Absenz wieder einmal von mir besucht. Eröffnet wurde das Kaffeehaus von Ferdinand Wortner bereits September 1880 in einem wunderschönen Biedermeierhaus. Ich persönlich kenne ja auch noch das „Ur-Wortner“, da ich quasi einmal ums Eck ins Gymnasium ging und viele Stunden hier nach, aber auch schon mal während der Schule verbrachte. Das alte Ambiente, das ganz eigene Flair, die einzigartigen Möbel und die Patina, die sich seit der Jahrhundertwende gebildet hatte, die sind leider nicht mehr. Auch der große Billardraum musste ebenso wie die altehrwürdige, mächtige Schank, wo noch die „Wortner-Omi“ trotz ihrer mehr als 90 Jahren immer saß und alles prüfend beobachtete, so anderen Dingen weichen. Lediglich da eine alte Vitrine und dort eine alte „Psych“ erinnern noch an das frühere „Wortner“. Hier blieb kein Stein auf dem anderen und das Lokal wurde auch substanziell innen völlig verändert. Meiner Erinnerung nach hatte man hierfür sogar eine ganze Saison lang geschlossen. Jetzt präsentiert es sich zwar noch immer gemütlich und mit dem hellen Holz und der kräftigeren Beleuchtung auch deutlich heller, jedoch auch nicht mehr so heimelig und ohne dieses gewisse Etwas. Das Lokal vermittelt mir einfach nicht mehr das exklusive Gefühl im Wortner zu sein, sondern einfach in irgendeinem Wiener Kaffeehaus.
Was auch noch bestehen blieb, sind ein lauschiger kleiner Gastgarten in den Hof hinaus zur Schaumburgergasse hin und der wunderschöne Gastgarten vor dem Lokal – am Platz wo der prachtvolle „Engelsbrunnen“ steht. Die Bewirtung übernahm jetzt das Geschwisterpaar Pia und Oliver Janele und die Küche wurde von Gerhard Sailer übernommen. Meine beste Ehefrau von allen und ich hatten hier einen Tag unter dem Motto „from dusk till dawn“ nur in umgekehrter Reihenfolge, daher also „Vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung“ bzw. vom Frühstück bis zum Abendessen.
Wunderbares warmes Wetter, klar dass wir uns sofort in den schönen Gastgarten am Platz vor dem Wortner setzten. Leider verlieren die Bäume unzählige Blüten, sodass alle Tische und Stühle über und über damit bedeckt sind – sie werden hier unverständlicherweise nicht gleich in der Früh zumindest von den Tischen gekehrt, bevor die ersten Gäste kommen. Das Servicepersonal kann unterschiedlicher nicht sein: von jungen, netten und gut gelaunten Studenten bis hin zur Profi-Serviererin, der aber kein Lächeln auskommt und die fast schon grantig wirkt.
Als „Frühstücksbasis“ hatten wir zweimal das „Kleine Wiener Frühstück“ (EUR 5,90), bestehend aus: Kaffee (wahlweise Tee oder Kakao), Butter, Marmelade, Honig, ein weichgekochtes Ei, ein Achtel frisch gepressten Orangensaft und eine ofenwarme Semmel. Jedes Frühstücksangebot kann aber gegen Aufpreis beliebig erweitert werden, was wir auch taten (zusätzliches Gebäck & Croissant, mehr Orangensaft und einmal Eier im Glas) und sich völlig unproblematisch gestaltete. Die Semmeln waren jetzt nicht so ganz unser Fall, einfach vom Geschmack her fad und weil sie etwas mehlig wenn aber auch frisch waren. Der Kaffee (Julius Meinl) hier ist wunderbar, die Wartezeit hierauf, wir hatten schon unser Frühstück zur Hälfte gegessen, völlig aus dem Ruder und inakzeptabel. Der Orangensaft tatsächlich frisch gepresst, die Eier (einmal weichgekocht einmal im Glas) optimal auf den Punkt gebracht. Marmelade und Honig stammen aus dem Hause „Darbo“, ja gute Industriemarmelade, braver Honig und auch sicher so serviert hygienischer, aber eben halt ein Massenprodukt. Das Croissant war leider nicht warm hatte aber ein leicht orientalisches und blumiges Aroma, wie mit Rosenwasser parfümiert – ich fand es gut. In Summe war das Frühstück völlig O.K. und verdient sich einfach ein glattes GUT, das aber besonders durch die wunderbaren Eier und den sehr guten Kaffee erreicht wurde.
Die zahlreichen Aktionen während des Frühstücks auf den Tafeln gelesen, haben wir uns dann auch noch für ein Abendessen hier entschieden. Für mich war nach dem Frühstück bereits klar, es müssen am Abend dann die angepriesenen „Ravioli nach Saison, derzeit mit Eierschwammerl oder Steinpilzen“ probiert werden. Die Vorfreude war groß…
Wir hatten auch ohne Reservierung gegen etwa 18:00h kein Problem abermals einen netten Platz im Garten zu erhalten. Nun wurden wir von einem wirklich wahnsinnig netten aber dafür recht hilflosen und nicht sattelfesten Kellner bedient. Der Sommerspritzer (EUR 2,40 das Viertel) war gut gekühlt und schmeckte meiner besten Ehefrau von allen, das in der Karte angepriesene „Franziskaner hell vom Fass“ ist leider nur in der Flasche erhältlich (EUR 3,90) und die Erklärung hierfür fand ich besonders originell, wenn auch nicht wirklich lustig. „Man wollte rein aus optischen Gründen und wegen des Layouts der Karte nicht noch eine Rubrik für ‚Flaschenbier’ machen“ – Aha, daher gibt man auf der noch dazu gerade einmal zweiseitigen, einlaminierten Karte einfach an, alle Biere wären vom Fass.
Zweimal hatten wir dann das „Carpaccio vom Rind mit Grana und sautierten Eierschwammerl“ (EUR 10,90) - sofort wurde unaufgefordert mit dem Carpaccio eine Menage mit sehr gutem, nativem Olivenöl sowie Balsamico und eine Pfeffermühle gereicht. Das Rindfleisch war geschmacklich ausgezeichnet, wunderbar dünn geschnitten, die Eierschwammerl sehr gekonnt sautiert und daher noch schön knackig, der Rucola war ebenfalls sehr frisch und intensiv nussig schmeckend. Der Grana war wohlschmeckend und von absolut guter Qualität, das dazu gereichte Gebäck völlig uninspiriert und einfallslos: eine Semmel und außertourlich noch ein Kornweckerl, das nicht mehr sehr frisch und extrem fenchellastig schmeckte. Die Semmel hatte ja bereits trotz „morgendlicher Frische“ beim Frühstück nicht überzeugen können. Muss das sein zu so einem gelungenen Carpaccio? In Summe trotzdem noch ein SEHR GUT, wenn auch mit einem Manko.
Dann aber die große Enttäuschung: sowohl die Eierschwammerl- als auch die Steinpilzravioli waren nicht verfügbar! Erstens standen diese seit der Früh auf der Tafel, warum löscht das dann niemand runter? Zweitens war das ein Hauptgrund, dass ich nach dem Frühstück auch noch zum Abendessen ins Wortner gekommen bin. Will man die Kunden hier „frotzeln“?
Enttäuscht und auch verärgert bestellte ich die „Mozzarella-Ravioli mit gebratenen Tomaten in Basilikumbutter“ (EUR 10,90) – die Ravioli waren hausgemacht und noch sehr „al dente“, die Füllung maximal lauwarm und recht geschmacksneutral. Die Basilikumbutter wurde in sehr homöopathischer Menge serviert und geschmacklich von der frischen Frühlingszwiebel erschlagen. Die gebratenen Tomaten waren in Wirklichkeit angebratene Pomodori Secchi, Parmesan oder Grana wurde nicht serviert. Eine schöne und „g’schmackige“ braune Nussbutter hätten diesem Gericht auch sehr gut getan. In Summe leider nur ein MÄSSIG und es wäre wünschenswert, die Gerichte auch korrekt auf die Tafel zu schreiben. Denn unter „gebratenen Tomaten“ erwartet der Gast etwas völlig anderes als Pomodori Secchi. Die Weinempfehlung dazu, ein Chardonnay (EUR 4,20 das Achtel), war sehr gut.
Summa summarum gebe ich dem Wortner für die Speisen ein GUT, das Carpaccio war sicherlich das Highlight. Beim Gebäck finde ich, dass es nicht gerade die beste Wahl ist, und zum Carpaccio dürfte es durchaus auch ein Ciabatta oder ein Baguette sein.
Der Service ist in Summe etwas zäh und durchwachsen jedoch ist die Serviceleistung auch sehr abhängig von der Person. Ein „einheitliches“ Auftreten gibt es hier nicht – von gut gelaunt und zuvorkommend, bis gleichgültig und ignorierend, von wissend bis völlig hilflos. Leider nur ein MÄSSIG – hier erwartet man als Gast etwas Anderes, die Wartezeiten sind teilweise inakzeptabel.
Das Ambiente bewerte ich mit GUT, da alles sauber und adrett ist. Die beiden Gastgärten sind sehr schön, der am Platz vor dem Wortner aber etwas laut. Die Lage ist optimal und die Sanitäranlagen sind sehr gepflegt. Den für das Wortner früher so eigenen, urtypischen Kaffeehauscharakter hat das Wortner aber für mich verloren, leider. Es ist aber noch immer ein recht gemütlicher Platz zum Verweilen, wenn ich auch mit einem weinenden Auge der Vergangenheit nachhänge.
Fazit: ich empfehle das Wortner durchaus, jedoch muss trotz der gehobenen Preise mit einigen Fauxpas sowohl bei der Küchen- als auch bei der Serviceleistung gerechnet werden. Auch saisonale Angebote sind unter Umständen trotz Werbung auf den Tafeln nicht verfügbar, und manches wirkt einfach unprofessionell. So heißt der Mozzarella hier auf der Rechnung „Mozarella“, in der Karte schreibt man statt Rucola „Ruccola“ und die Frittaten werden „Fritatten“ tituliert. Eine nette Idee ist jedoch, Aktionen per „Herzerltaferln“ im Blumenbeet anzukündigen sowie das Bereitstellen von frischen Kräutern im Topf auf jedem Tisch. Auch Mittagsmenüs werden im Wortner angeboten und unpassender weise leider auch Burger. Immer wieder gibt es diverse Veranstaltungen und oftmals Livemusik (meist Piano). Natürlich kommen „MehlspeistigerInnen“ hier auch auf ihre Kosten, die Präsentation in der Vitrine ist sehr ansprechend und adrett. Von Zeit zu Zeit gibt es im hinteren Gastgarten auch Grillaktionen (Holzkohle). Das kann man auf der recht informativen Internetseite des Wortner dann rechtzeitig erfahren.
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Was mich wirklich interessiert: Warum liegt in einer Gaststube Rattengift?