am 7. Dezember 2011 · Update 15. Nov 2012
SpeisenAmbienteServiceBis dato drei Besuche im Hause Wiesinger.
(Durch Sternderllinie eindeutig getrennt ******************)
Nachdem ich in einem großen Hotel-Restaurant in der Innenstadt eingecheckt hatte und es fast nahe lag, gleich im Erdgeschoß zu essen, waberte allerdings der Gasthausgeruch (der von der üblen...Mehr anzeigenBis dato drei Besuche im Hause Wiesinger.
(Durch Sternderllinie eindeutig getrennt ******************)
Nachdem ich in einem großen Hotel-Restaurant in der Innenstadt eingecheckt hatte und es fast nahe lag, gleich im Erdgeschoß zu essen, waberte allerdings der Gasthausgeruch (der von der üblen Sorte) dermaßen penetrant bis in den 2. Stock, dass ich schnell mal per Internet-Mobile Hilfe brauchte.
"Das" Restaurant in Wels. Na dann schnell mal zurück ins Auto und raus an den Stadtrand. Warum der "Wirt am Berg" so heißt, hab ich noch nicht herausgefunden, er liegt nämlich direkt an der B1.
Allerdings: bestens gepflegt, dürfte schon einige Jahrhunderte am Buckel haben.
Draußen stehen mehr und weniger schicke Autos, drinnen äußerst gediegenes Interieur. Edel, aber nicht übertrieben gedeckte Tische mit den vielleicht besten Weingläsern, dich ich bis dato in der Hand hatte.
Die Bar protzt mit Hochprozentigem und edlen Tröpfchen, darunter auch ein mir gut bekannter Topwein aus dem Südburgenland. Der zweite Gang muss sich also nach dem Wein richten, nicht umgekehrt, das war schon klar.
Das Gedeck besteht aus bestem Jourgebäck bzw. fein geschnittenem, dunklem Brot, womöglich selbst gebacken oder von einem sehr kundigen Bäcker, das geht schon weit über Standardqualität hinaus.
Aufstriche: ein dunkler, an Verhackert (aber feiner) erinnernder, sowie ein Kartoffelaufstrich mit Schnittlauch. Sehr appetitanregend.
Eine Suppe mit dreierlei Einlage: Frittaten, Leberknödel und Grießnockerl.
Das Grießnockerl ist extrem fein und fast "cremig", schade nur, dass der Butterkern fehlt...
Der Leberknödel ist klein, aber endlich mal nicht steinhart, wie all zu oft in der Gastronomie: liebe Köche, man muss den Knödel nicht über's Dach schießen können, er braucht nur in der Suppe nicht zergehen. Zart muss er schon sein, hier im Hause Wiesinger ist er das.
Die Frittaten: sehr dünn, sehr zart, geht kaum noch besser.
Beef Tartare: seit meiner Beef Tartare-Erfahrung in der Linzer Metzgerei das beste Beet Tartare, das ich kenne. Hier wird's mit Beschreibungen schwierig, es zergeht auf der Zunge, die Würzung ist nie aufdringlich, aber präsent und passt einfach. Punkt. Dazu das Toastbrot, runde Scheiben ohne Rinde, perfekt und gleichmäßig getoastet, außen schön cross und innen weich und zart.
Dazu der anfangs erwähnte Topwein: ein 2003er-Blaufränkisch von der Eisenberg-Toplage Szapary. Immer noch stabile Farbe, zurückhaltende Nase, schön süffig, lang, elegant und nicht vordergründig wuchtig. Sehr edel, und schwer zu bekommen, und trotzdem nicht unverschämt teuer.
Bekomme ich woanders das Standard-Programm von "Promi"-Winzern, so bekomme ich hier den Wein, den auch der Chef selbst gern trinkt. So soll's sein.
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2. Besuch: Wildpüreesuppe (edel, nicht übersalzen, nicht extrem mit Schlagobers gestreckt, fein gewürzt).
Gansltortellini mit Spinat und gehobelter Gänseleber. Dass es sich dabei um eine Stopfleber handelte, wurde mir erst beim Servieren "nachgetragen". Keine erfreuliche Nachricht :-(
Der Spinat ist leicht bitter, vielleicht muss das auch so sein, mit der Geschmackskombination bin ich nicht ganz glücklich, obwohl Zubereitung (Tortellini) und Arrangement gut gelungen sind.
Die Nachspeise wiederum ist exzellent, eine Eispalatschinke mit Vanillekirschen und einer sensationellen Bitterschokolade. Das ganze mit 80%igem Rum flambiert, was mich zuerst zweifeln lässt, ob der Rum nicht doch das ganze aromatechnisch erschlägt. Tut er nicht, es schmeckt vorzüglich.
Service beim 2. Besuch: weniger unterkühlt, allerdings stört mich eines schon ein wenig: während ich noch mit dem Gedeck (Grammelschmalzaufstrich) beschäftigt bin, wird mir schon die Suppe auf den Unterteller gestellt, man wartet wie schon beim ersten Besuch nicht darauf, bis der Gast damit fertig ist. Da fehlt ein wenig Routine und Feingefühl, aber auch das eine oder andere Wörtchen "von oben" ;-)
Fazit: auf alle Fälle wieder, die Preise sind zwar gerechtfertigt, aber nicht unverschämt, Qualität und Weinauswahl sind mehr als erhaben, nur das Service kann in puncto Aufmerksamkeit ordentlich zulegen!
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Besuch 15.11.:
Zwei Herren und eine Dame "wurln" fleißig im wie immer sehr stimmig-urigen Stübchen umher, um die fünf besetzten Tische im Nichtraucherbereich zu betreuen. Im Raucherbereich wolkt's sichtlich durch die Tür, also ist dort auch zu tun, doch die drei Herrschaften haben alles im Griff.
Gruß: Kalbslebermousse, Ganslherz und Sauce Cumberland. Eine am Schieferbrett sehr nett arrangierte, geschmacklich sehr stimmige Sache. Das geht geschmiert und flugs runter.
Consommé von der Maroni mit Kalbsbries und Trüffel.
Sehr intensives Gebräu - das panierte Kalbsbries ist vom Allerfeinsten, ganz gezent, zart, edel. Das Gehobelte vom Trüffel kommt gar nicht ungehobelt daher, liegt aber auch daran, dass die Consommé schon kräftig genug ist.
Angusrind - Zweierlei mit Beilagen.
Filet medium-rare gut getroffen, ein bisschen rustikaler in der Struktur als so manches Übersee-Getier, trotzdem vom Feinsten, sehr gut im Biss, der Rostbraten ist aber wirklich eine extrem zarte Angelegenheit, vielleicht passt diese Rindersorte noch besser zum Rostbraten als zum Filet. Wirklich toll.
Das Gemüse bissfest, tadellos, die großen Kartoffelspalten ergänzen die Beilagen wunderbar, nur die dazu gereichte "Räuchermayonnaise" bleibt mir ob der Sinnhaftigkeit ein Rätsel. Vielleicht auch deswegen, weil ich noch nie auf die Idee kam, Mayonnaise für den eigenen Kühlschrank zu kaufen. Bitte nein!
Der Käseteller "gegenüber" wiederum lässt kaum Wünsche offen.
Maronimousse: Eine riesenhafte Halbkugel, die es "mehrfärbig" in sich hat. Aufwändigst gefüllt, innen weiß, dazu auch noch wohl mit Weichselfüllung, alles umrandet mit Karamelsauce. Dazu ein crosses Karamelgebilde, dass an eine Sichel erinnert.
Fehlt nur mehr der Hammer - ach ja, den Löffel habe ich ja in der Hand.
Obendrauf obendrein noch ein "Nockerl" Maronisorbet und Blattgold - das ist fast schon eine "Frechheit", mehr geht wirklich nimmer.
Das schreit nach Espresso und Grappa. Beides in bester Qualität, der Caffè mild, mit feiner Crema, der Grappa bianca nicht von der totparfümierten Sorte.
Ebenfalls wieder äußerst lobenswert die Weinbegleitung und die dazu passende äußerst flexible Betreuung mit dem flüssigen Traubengold.
Fazit: 117 Euro zu zweit ohne Trinkgeld, welches aber dann verdientermaßen spendabelst ausfiel. Das Service war wirklich bemüht und würzte die Präsentation der Speisen gekonnt mit ein paar Brocken Italienisch.
Wieder mal ein sehr lohnender Besuch im Hause Wiesinger.
Hilfreich7Gefällt mir2Kommentieren