Das Weingut Trummer aus Sankt Nikolai ob Draßling in der Südsteiermark konnte bei der Landesweinbewertung 2015 mit dem Morillon (= Chardonnay) den 1. Platz belegen. Ein Grund, um diesem (mir bis dato unbekannten) Weingut mit angeschlossenem Buschenschank einen Besuch abzustatten. Gestern war es s...Mehr anzeigenDas Weingut Trummer aus Sankt Nikolai ob Draßling in der Südsteiermark konnte bei der Landesweinbewertung 2015 mit dem Morillon (= Chardonnay) den 1. Platz belegen. Ein Grund, um diesem (mir bis dato unbekannten) Weingut mit angeschlossenem Buschenschank einen Besuch abzustatten. Gestern war es soweit. Nach einem kurzem Schwimmvergnügen im schönen Retzneier Bergbad benötigten wir von Retznei dank Navi nur etwa 20 Minuten bis zum Weingut Trummer.
Der Parkplatz war ziemlich voll. Wir sehen einen frisch angelegten Weingarten, auf der rechten Seite eine großzügiges Gehege, in dem sich einige Schweine in der Sonne aalen. Bei der Ankunft sieht man den Gastgarten (noch) nicht, da sich dieser hinter dem großen Gebäude befindet. Aus dem Auto ausgestiegen, sehen wir nach ein paar Schritten hinter dem Gebäude einen offenen grünen Platz mit gepflegtem Rasen, einen sehr schön angelegten Steingarten mit bunten Blumen, diversen Sräuchern und einen Kinderspielplatz. Direkt vor dem Gebäude der Gastgarten, als Laube ausgestaltet.
Die Tische im Gastgarten sind bis auf einen Tisch, auf dem ein „Reserviert“-Taferl steht, besetzt. Wir bekommen diesen Tisch nicht (vielleicht, weil wir nur zu zweit sind?) und müssen uns daher nolens volens in das „Innere“ des Buschenschank begeben. Später erfahren wir dann, dass ein Teil der Gäste im Gastgarten zu einer „Taufe“ gehört. Daher auch das gleich nach dem Eingang vorbereitete Buffet. Nach dem Eingang rechts ein großer Gastraum mit Holzdecke, Holztischen und Holzsesseln. Links eine kleine Schank und Richtung Küche noch einige weitere Tische. Drinnen ist nur ein gößerer runder Tisch besetzt. Wir nehmen den Tisch gleich nach der Schank, im großen – leeren – Gastraum hätten wir uns etwas „verloren“ gefühlt. Apropos Gastgarten: Der Platz vor dem Gebäude wäre groß genug, um den Gastgarten um einige Tische zu vergrößern....
Aus der Speisekarte entnehmen wir, dass man sich hier auf Turopolje-Schweine spezialisiert hat, eine seltene Rasse, die einst in Nordkroatien bis in die SO-Steiermark verbreitet war. Diese Schweine eignen sich lt. Speisekarte für eine ganzjährige Haltung im Freigehege, weil sie robust, kälteresistent und anspruchslos sind. Sie haben ein geschmacksintensives Fleisch und werden im Betrieb zu Speck, Schinken und Wurst verarbeitet.
Critica wählt einen „gemischten Turopoljeteller“ (€ 7,80). Ich bestelle das „Carpaccio vom Schweinsfilet“ (€ 6,80), welches nicht in der Karte steht, aber draußen auf der Tafel als Spezialität des Tages angeboten wurde und einen „Lumpensalat“ (€ 4,20). Tja, und nach der Bestellung warten wir exakt 35 Minuten auf das Essen. Diese doch längere Wartezeit war uns nicht ganz verständlich, weil die „Taufe“ im Gastgarten ein Buffet hatte und im Buschenschank selbst nur etwa 8-10 Gäste waren. Es haben auch der Chef und zwei Damen bedient, also muss es wohl an der Küche gelegen haben, dass es so lange gedauert hat. Einen Hinweis, dass es etwas länger dauern würde, hat es nicht gegeben.
Die Qualität der dann gelieferten Speisen hat uns aber für die Wartezeit entschädigt. Der „Turopolje-Teller“ mit Speck, Schinken und Wurst vom Turopolje-Schwein war fein mit Gemüse garniert, das Fleisch tatsächlich geschmacksintensiv. Der Speck ist auf der Zunge zergangen. Am Teller auch je eine Kugel Leber- und Kürbiskernaufstrich. Leider war der Teller optisch überhaupt nicht aufbereitet. Es wurde alles einfach irgendwie auf den Teller geworfen und dann eine Jungzwiebel drübergelegt. Das hat Critica mit Recht bemängelt, man isst ja auch mit den Augen.
Mein Carpaccio vom Schweinsfilet war geschmacklich ebenfalls ausgezeichnet, die fein geschnittenen rosa Fleischblätter im Kreis auf den Teller gelegt, in der Mitte etwa Ruccola-Salat und Gemüse, nur leicht mariniert, der besondere Carpaccio-Geschmack daher nicht gestört. Auch der „Lumpensalat“ mit grünem Salat, Käferbohnen, zu kleinen Würfeln geschnittenen Geselchtem, Käse und Gemüse war sehr gut, frisch und natürlich mit Kernöl mariniert. Die zwei verschiedenen Sorten des selbst gebackenen Brotes haben das Geschmackserlebnis positiv abgerundet.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass es freilich auch typische Buschenschankgerichte gibt wie zB die Brettljause (€ 5,20), ein Brüstl mit Senf und Kren (€ 4,70), diverse Aufstrichbrote (€ 2,20), aber auch weitere Spezialitäten wie zB ein Sülzchen vom Freilandschwein auf Blattsalat mit frischem Gemüse (€ 6,20), ein „Züngerl“ (€ 4,70) oder ein geräuchertes Forellenfilet (€ 5,60). Interessant auch der „Steirische Gustoteller“ mit Turopoljeschinken und -speck, Kürbiskernschmalz, Käferbohnen, Kren, Sterzzwieback und frischem Gemüse.
Originell die „Getränkekarte“: Diese befindet sich in Form einer Etikette auf einer leeren Weinflasche, die auf jedem Tisch steht. Das 1/8 Wein kostet laut „Getränkekarte“ von € 1,50 für den „Lenz“ bis € 4,50 für den Grauburgunder, ein für einen Buschenschank doch recht hoher Preis. Ich habe zuerst – gegen den Durst des Tages – einen großen Traubensaft gespritzt (€ 2,40) getrunken (war sehr gut) und wollte dann den „Landessieger“, also den Morillon, trinken, dieser war aber schon ausgetrunken. Ich habe daher 1/8 Sauvignon Blanc Klassik (€ 2,00) getrunken. Es hätte auch einen Sauvignon „Reine Seele“ (1/8 um € 2,90) gegeben, offenbar die besonders ausgebaute Linie. Der Wein wurde ohne ein Glas Wasser serviert. Später habe ich dann 1/8 vom (teuren) Grauburgunder bestellt, weil ich einfach neugierig war, ob der hohe Preis gerechtfertigt ist. Obwohl ich diesmal den Wein ausdrücklich MIT EINEM GLAS WASSER bestellt habe, wurde der Wein wieder ohne Wasser serviert, was mich schon geärgert hat. Der Grauburgunder war – keine Frage – gut, vielleicht auch sehr gut, aber in keiner Weise außergewöhnlich, weshalb der hohe Preis nicht gerechtfertigt war. Er war – auch für einen Grauburgunder – primär schwer, hatte aber nicht den für einen Grauburgunder typischen eleganten Geschmack. Aufgefallen ist mir, dass für das Glas Grauburgunder „nur“ € 4,20 verrechnet wurden und nicht € 4,50 wie auf der „Getränkekarte“ angegeben.
Merkwürdig war, dass wir uns trotz des guten Essens und des eigentlich gemütlichen Ambientes nicht wirklich wohl gefühlt haben. Sowohl der Chef, der die Bestellung aufgenommen hatte, als auch die Bedienung waren freundlich-distanziert. Wir hatten auch nicht den Eindruck, dass man sich um uns „gekümmert“ hätte. Jede neue Bestellung musste von uns entriert werden. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass man uns gefragt hätte, ob alles in Ordnung war. Trotzdem habe ich beim Zahlen darauf verwiesen, dass das von mir gewünschte Glas Wasser zum Wein nicht geliefert wurde, was zur Kenntnis genommen wurde. Kein Platz im Gastgarten, die lange Wartezeit, das nicht gelieferte Glas Wasser haben wahrscheinlich auch dazu beigetragen, dass sich der berühmte „Wohlfühlfaktor“ nicht eingestellt hat.
Fazit: Ein guter und innovativer Buschenschank mit besonderen Spezialitäten aus der eigenen speziellen Schweinehaltung. Für das gänzlich positive Rundumerlebnis des Gastes könnte noch an der Qualität des Services gearbeitet werden.
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