Allerheiligen, nicht Allerseelen.
Wobei, ein paar Autominuten weg von Allerheiligen und der S36, bei der Einfahrt in den Ortsteil Sölsnitz direkt am Ausgang des gleichnamigen Grabens, bekommt man schon das Gefühl des beschaulichen 100-Seelen-Dorfes mit seiner einzigen kleinen Ortstafel (auf e...Mehr anzeigenAllerheiligen, nicht Allerseelen.
Wobei, ein paar Autominuten weg von Allerheiligen und der S36, bei der Einfahrt in den Ortsteil Sölsnitz direkt am Ausgang des gleichnamigen Grabens, bekommt man schon das Gefühl des beschaulichen 100-Seelen-Dorfes mit seiner einzigen kleinen Ortstafel (auf einem schiefen Pfeiler montiert, samt Tempo-30-Taferl), der hölzernen Ablageplattform für die Milchkannen und dem einzigen obligaten Gasthaus.
Dieses jedoch ist mehr als stattlich: ein viergeschoßiger, knallgelber Bau, direkt in den Hang hineingebaut. Zwar gibt’s das Haus schon seit 1975, doch dürfte der jetzige Ausbau doch noch nicht so lange zurückliegen.
Am großzügigen Parkplatz geparkt, eine große Herde Schafe mit gar nicht weißer Weste blökt mich aufgeregt an, keine Ahnung ob’s am fremden Kennzeichen liegt. Ich blöke zurück und die Antwort kommt sofort.
Vorsicht! Sonst bestelle ich noch eine Portion von euch frechen Wollpullovern, ihr steht ja bekanntlich auch auf der Karte: hauseigenes Lamm!
Zwei schwere Koffer über die etwas umständlichen Stufen geschleppt. Die Gasträumlichkeiten teilen sich in einen riesigen Saal, passend für eine Hochzeit (es ist sogar schon gedeckt) und den Schankraum mit allem, was dazugehört:
etwas altmodischer Schnörkel-Fliesenboden, jede Menge Holzeinsatz für Verbau, Türen und Sitzgruppen, eine Schoeller-Eistruhe der letzten Generation und jede Menge Ablagen ringsum für Bummerlzählmaschine und die Trophäensammlung der Stammtischrunden.
Man darf ja eines nicht vergessen: auch ein 100-Seelen-Dorf schläft nicht, im Gegenteil.
Eisstockschießen, Tennisclub und sogar ein eigener Hobby-Fussballclub namens „FC Sölsnitz Suns“, welcher erfolgreich mit Ligakonkurrenten wie den Brucker „Wild Hornets“, dem „Gösserteam Jasnitz“, dem „FC Waldheimat“ und den Stanzer „Blue Panthers“ um das runde Leder kämpft. Ka Schmäh!
Siege, Niederlagen, Ehrungen, Hochzeiten und Trauerfeiern. Hier kommt all’s z’samm.
Umrahmt von der Familie Blumrich. Frau Chef ist stets unaufgeregt, freundlich, bescheiden.
Heute Abend ist es ruhiger. Ein kleines Bier wird geordert. Neben dem bereits erwähnten Lamm stehen allerlei Klassiker in der Karte, die aber trotzdem angenehmerweise nicht überfrachtet ist. Traditionell mit einem Schuss Anspruch, das kann man auch auf der Website nachlesen.
Da ich die süßen Lämmer heute schonen möchte, stürze ich mich auf eine wahre Spezialität des Hauses: Sterz mit Rindsuppe, ein echtes Holzfäller-Mittagessen. Ich liebäugle zwar mit einem regionalen Fisch aus der Pfanne danach, doch ich sollte mit dem Sterz das Auslangen finden. Die Holzfäller wissen warum.
Die Rindsuppe ist sehr gut, wenn auch ein bisschen zu salzig. Doch der „Hadnsterz“, also aus Buchweizenmehl gemacht, ist genau so, wie er sein muss: die perfekte Kombination aus krümelig, krachend-knusprig und gummig-bissfest. Oh ja, muss man mal so hinkriegen!
Und so brocke ich mir im wahrsten Sinne des Wortes die Suppe ein, oder besser gesagt, den Sterz in die Suppe, Löffel für Löffel. Was braucht man mehr?
Doch, das war vor 20 Jahren der letzte Schrei am Mehlspeisenhimmel: die Lambada-Schnitte. Salopp gesagt sowas wie die Light-Version der Malakoff-Torte, statt zu viel von der Creme kommt gelatinierter Orangennektar zum Einsatz.
Die Biskotten obendrauf werden mit der Zeit im Kühlschrank schön weich, gar nicht übel, schön fluffig-zart.
Für einen guten Kaffee dazu ist es längst zu spät, der Rote aus dem Burgenland passt allerdings auch nicht so ganz dazu.
Danach geht’s einen Stock höher in’s schlichte, aber geräumige Zimmer, sauber und gepflegt. Günstig, um die 40 Euro, mit einfachem Frühstück.
Schwarze Schafe zählen nicht nötig. Gute Nacht.
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