am 6. November 2012 · Update 10. Jän 2014
SpeisenAmbienteServiceKeine Lust zu kochen. Aber wer kocht für mich am Sonntag um 4 Uhr Nachmittag?
Der Pan-Italiener ohne Ruhetag? Da koche ich besser.
Der Grieche ohne Ruhetag? Da kocht er besser, aber das überlebt mein Magen heute nicht.
Beim Scrabbeln mit Freunden, in einem Frühstückslokal um halb 2 (ja, m...Mehr anzeigenKeine Lust zu kochen. Aber wer kocht für mich am Sonntag um 4 Uhr Nachmittag?
Der Pan-Italiener ohne Ruhetag? Da koche ich besser.
Der Grieche ohne Ruhetag? Da kocht er besser, aber das überlebt mein Magen heute nicht.
Beim Scrabbeln mit Freunden, in einem Frühstückslokal um halb 2 (ja, manchmal dauert’s eben länger…) stellt man uns gönnerisch eine noch halb volle Flasche Syrah-Grenache auf den Tisch, weil tags darauf Ruhetag ist und die Besitzerin nicht schon wieder den Wein selbst austrinken will. Da kommt der Vorschlag: „Geh doch zum Kollerwirt!“
Hatte ich doch schon mal gehört. Auch schon gelesen. Affelsdorf 3. Der Navigator kapiert die Eingabe zuerst überhaupt nicht, weil Post 9063 zwar Maria Saal ist, die 5 Häuser von Affelsdorf aber zur Gemeinde St. Veit gehören.
Für alle ohne Navigator ist es aber ganz einfach. Von der Schnellstraße aus ist das gewaltige, ehemalige bischöfliche Internat von Tanzenberg leicht zu erreichen. Gleich nach dem gotischen Bau ist rechts der Wegweiser nicht zu übersehen, nach ein paar Hundert Metern ist man schon da.
Ein richtig altes Haus, erinnert mich sofort an den Laahener Wirt in Wels, ebenso traditionell geht’s drinnen zu, auch wenn hinterm Herd ein Belgier sein Bestes gibt.
Tom Soete ist der Ex-Schwiergersohn des Hauses. Ja, der darf hier noch kochen. Aber wie, er zeigt mir gleich, was er kann. Keine belgischen Schokolade-Meeresfrüchte, sondern
- Ganslsuppe
- Polenta mit Speck und Eierschwammerl
- ¼ Backhendl mit Erdäpfel
- Maronitorte
Auch sonst geht‘ s auf der relativ kleinen Karte recht deftig zu, Vegetarier werden hier wohl kaum glücklich, es sei denn, sie essen jeden Tag Kärntner Nudeln oder grünen Salat.
Beim Eingang hat man dank der jahrhundertealten Architektur die Wahl: geradeaus geht’s Richtung Küche, links eine Stube, rechts eine Stube. Da aber niemand raucht, ist sogar der Raucherbereich geruchstechnisch kaum vom Nichtraucherbereich zu unterscheiden.
Mein Fehler ist nur, dass ich mich an den einzig freien Tisch im Raucherbereich setze, ich sollte im Laufe meines Besuches fast ein bissl vergessen werden.
Das Essen überzeugt: die Ganslsuppe ist eine schöne gebundene Suppe mit schön bissfestem Fleisch, ebenso bissfesten Karottenstücken und einer angenehmen Würzung, die so absolut nichts hat, was man an „Gasthaussuppen“ so gar nicht mag. Die schmeckt „wie daham“!
Polenta: die Kärntner Art, breiig, aber gut. Dazu kleine, schön resch angeschwitzte Speckwürfel und gute Eierschwammerl, die zwar um die Zeit schon aus der Tiefkühltruhe kommen werden, aber denen in der Pfanne ordentlich das Wasser entzogen wurde. Passt.
Backhendl: es dauert locker eine halbe Stunde, bis es da ist, angesichts dessen, dass ich es am Anfang bestellte, doch ein wenig zu lang für meinen Geschmack. Zu meckern gibt’s aber dann nichts, knusprige Paniere, saftiges Fleisch, keine Ölpest am Teller. Die Kartoffeln gehen ebenfalls in Ordnung. Die Hendlkritik von Kommentaren weiter unten kann ich nicht nachvollziehen.
Danach passiert wieder lange Zeit nichts. Ich hatte drei Gänge bestellt, will mir nach dem Abservieren des Hendlfriedhofs niemand einen vierten anbieten? Der totale Stress ist allerdings zur Stunde nicht im Lokal losgebrochen. Als ich mal aufstehe um „Nachschau“ zu halten, plaudert die Chefin gerade mit einem Gast, vor der Käseglocke bestelle ich dann die Torte.
Die wiederum allererster Güte ist. Nussig, cremig, zart, flaumig, nicht zu süß.
Caffè Hausbrandt. Triest lässt grüßen.
Die Rechnung bitte. Wieder passiert lange Zeit nichts. Ich geh also zur Theke, um zu schauen, ob man mein Geld will. Der Tresen ist voll mit den Stricherllisten eines jeden Tisches. „Welchen Zettel nehm‘ ma denn?“ „Suchen’S Ihnen einen aus!“ „Na dann bitte den, wo am wenigsten draufsteht!“
An Humor fehlt’s den Herrschaften ja eh nicht, aber die haben die Ruhe weg, während ich im Nebenraum entweder verhungere, verdurste oder vielleicht längst an einem Hühnerknochen erstickt sein könnte.
Ein „Gut“ für’s Service gibt’s heute nochmal, weil die Wirtsleute ja wirklich nette Leute sind, aber irgendwie hat man mich trotz Bestellung mehrerer Gänge im Nebenzimmer ein bisserl vergessen. Beim nächsten Mal übe ich mich hierzu nicht mehr mit Gnade!
Das Essen überzeugt, macht Lust auf mehr. Keine Ahnung, warum ich es hierher noch nie geschafft hatte. Vor allem der im Sommer wirklich reizvolle Gastgarten unter den Obstbäumen ist eine Klasse für sich.
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Update Besuch Dezember 2013:
Koch Tom Soete serviert heute selbst, das tut dem Service gut.
Glundner Käse und Brot als Gedeck: laut Aussage von Glundner-"Expertinnen" am Tisch der Bestmögliche seiner Sorte. Ich mag ihn nicht, der Kärntner Kochkäse polarisiert mit seinem speziellen Aroma.
Griesnockerlsuppe: ein Riesen-"Nock" in der guten Suppe. Nockerl schön kompakt, nicht "ausgewaschen".
Fleischlaberl mit Pürée und Gemüse: der belgische Koch hat die einheimische Kost verinnerlicht. Da möchte man am liebsten eine zweite Portion.
Reindling: noch eine Kärntner Spezialität. Der Germteigkuchen mit Zucker, Zimt und Rosinen ist hier allerdings ein wenig trocken geraten.
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maxi: gegen Eierschwammerln aus der Gefriertruhe gibt's nix zu sagen, bitter sind sie nur, wenn man sie trocknet, oder antrocknen lässt. Ich blanchiere sie immer kurz und friere sie ein. Bitter waren die bis dato noch nie! ;-)