Schon amüsant irgendwie. Da muss eine Booking Plattform erst mal ihre Fühler nach Graz ausstrecken, damit ich auf das Kitchen12 aufmerksam werde – irgendwie ist das Restaurant bisher spurlos an mir vorübergegangen. Diese Woche Samstag wurde spontan ein Tisch reserviert und somit die Lücke geschlo...Mehr anzeigenSchon amüsant irgendwie. Da muss eine Booking Plattform erst mal ihre Fühler nach Graz ausstrecken, damit ich auf das Kitchen12 aufmerksam werde – irgendwie ist das Restaurant bisher spurlos an mir vorübergegangen. Diese Woche Samstag wurde spontan ein Tisch reserviert und somit die Lücke geschlossen.
Das Lokal liegt direkt gegenüber dem recht bekannten Kaiser Josef Platz und damit unweit von der Grazer Oper. Die Front zur Straße hin ist vollständig verglast und bietet bereits vor dem Betreten einen Blick auf das Geschehen. Im Lokal angekommen befindet sich zur Linken die lange Bar, die in den offenen Küchenbereich übergeht. Rechts aufgereiht die massiven Tische aus geöltem Holz, an der Wand eine durchgängige mit rotem Leder bespannte Sitzbank. Alles wirkt sehr hochwertig und durchdacht. Auf meine Nachfrage nach der Reservierung bei einer der beiden attraktiven (weiblichen) Servicekräfte hinter der Bar wurde uns der Tisch zugewiesen – gekennzeichnet so wie alle reservierten Tische durch einen kleinen aufgestellten, silbernen Bilderrahmen, in dem der Vornamen des Gastes (&friend) geschrieben steht – eine nette Idee.
Der Tisch war mehr oder weniger klassisch eingedeckt, Besteck in der Schleife, Wein- und Wasserglas, eine frische Rose in der Vase und als Gedeck ein kleiner Turm aus drei sich nach oben verjüngenden Glasschälchen, gefüllt mit Oliven, Brotchips, Wasabinüssen und Tortillachips. Wir nahmen Platz und warteten erst mal ein kleines Weilchen, bis die für uns zuständige Servicemitarbeiterin kam, um die erste Bestellung aufzunehmen. Die Speisekarte wurde wiederum in einem etwas größeren Rahmen präsentiert, parallel dazu wurden Tagesspezialitäten vorgetragen, kleinste Unsicherheiten wurden mit viel Charme wettgemacht.
Wir entschieden uns für ein Glas Isabellasekt und das helle Bier „Johann“ aus einer Privatbrauerei, das in einer Bügelflasche und mit einem Weinglas serviert wurde.
Kurz nach Aufnahme der restlichen Bestellung wurde der Gruß aus der Küche - eine geschmacklich recht gelungene Terrine mit Preiselbeeren – leider auf sehr kleinem Tellerchen und ohne passendes Besteck serviert. Weissbrot wurde extra im Schälchen gereicht.
Nach recht kurzer Wartezeit wurden unsere Vorspeisen gebracht. Ich hatte mich für die gebeizte Lachsforelle entschieden, die gemeinsam mit Wasabi-Radi und Sojasauce am transparenten Teller serviert wurde. Geschmacklich gut und in passender Vorspeisegröße, preislich mit 9 Euro gefühlt eher im oberen Drittel angesiedelt.
Erstaunt war ich über die Portionsgröße von Fr. blueskies Gericht: Almoroastbeef Tonnato mit pomodoro secchi, Wachtelspiegelei & Ciabatta. Eine stattliche Kante Fleisch, einen guten Zentimeter dick, nett garniert – ich war etwas neidisch. Ich durfte kosten und wir beide waren eigentlich derselben Meinung: oft ist weniger mehr – in diesem Fall wären drei bis vier dünne Scheiben vom Fleisch wahrscheinlich besser angekommen, als das solide Stück.
Abserviert wurde vom Chef, der sich gewissenhaft erkundigte, ob wohl eh alles gepasst hätte. Auf meine Frage nach der Weinkarte für den nächsten Gang kam die Antwort: „Steht vor ihnen“ – sprich wer gerne blättert oder gustiert wird enttäuscht, die verfügbaren Weine werden nur verbal präsentiert. Die Empfehlungen für die Hauptspeise (das Achterl Machrima vom Weingut Söll und ein Achterl Cuvee Weiss – Weingut leider vergessen) waren aber tadellos.
Fr. bluesky war ob der Größe der Vorspeise froh, sich bei der Hauptspeise für den Fisch entschieden zu haben, der nach kurzer Pause serviert wurde. Der Fisch präsentierte sich optisch recht nett angerichtet, war gut herausgebacken und noch saftig, allerdings war der Koch mit dem Salz ein wenig zu großzügig unterwegs. Trotz der etwas mildernden Sauce, die in einem separaten Glasschüsserl serviert wurde, blieb der halbe Fisch am Teller zurück. Beim Abservieren (wiederum durch den Chef) wurde dieser Umstand angesprochen und kurz diskutiert – letztendlich mit einem Averna Sauer aufs Haus kompensiert.
Auf mein rosa Rehfilet mit Mohngnocchi und Amarenakirschen war ich schon sehr gespannt. Das Fleisch war rosa und von der Qualität her ok, die Gnocchi von guter Konsistenz. Generell bin ich ja kein Freund der Kombination Fleisch und Süß, aber in diesem Fall harmonierten die Geschmacksrichtungen nicht schlecht. Mit der Zeit stellte sich allerdings ein leichtes „süßes Übersättigungsgefühl“ ein, nach Dessert war mir danach nicht mehr.
Die Qualität vom Service nahm leider mit Fortdauer des Abends immer weiter ab. Wurde die extra Gabel für die Vorspeise noch eingedeckt, fehlte das Besteck für den Hauptgang komplett – dies fiel auch beim Servieren der Gerichte nicht auf und musste von uns separat urgiert werden. Mein Bierglas vom Aperitif blieb genauso bis zum Ende stehen, wie das restliche Brot vom Gruß aus der Küche.
Nach dem Abservieren nahm sich der Chef noch kurz Zeit, um mit uns zu plaudern, die Geschichte des Lokals und seine Hintergründe zu erzählen. Wir bekamen auch eine Führung in den „Private Table“ Bereich, der für Veranstaltungen separat gemietet werden kann. Mangelnden Geschäftssinn kann man dem Wirt wahrlich nicht nachsagen. Apropos Geschäft: Auf der Rechnung standen am Ende 79 Euro.
Zum Fazit: Das Ambiente war durch die Schauküche speziell, irgendwie fühlt man sich wie ein Gast in einem Wohnzimmer. Das Service war optisch ansprechend, aber leider nicht vom Fach – einiges konnte mit Charme kompensiert werden, die (vermeintlich) fehlende Ausbildung fällt aber in Details und auf Dauer einfach auf. Die von uns gekosteten Speisen waren von unterschiedlicher Qualität - es bleibt Luft nach oben, trotzdem blieb es ein netter Abend mit Chance auf einen weiteren Besuch.
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