Von Wien nach Bangkok in 11 Minuten? Ab Hütteldorf geht das, und der Zug bleibt direkt vor der Lokaltür stehen. Dass im Bahnhofimbiss von Tullnerbach-Pressbaum thailändisch gekocht wird, und das gar nicht schlecht, habe ich schon öfters gehört. Heute will ich es beim Mittagessen ausprobieren.
...Mehr anzeigenVon Wien nach Bangkok in 11 Minuten? Ab Hütteldorf geht das, und der Zug bleibt direkt vor der Lokaltür stehen. Dass im Bahnhofimbiss von Tullnerbach-Pressbaum thailändisch gekocht wird, und das gar nicht schlecht, habe ich schon öfters gehört. Heute will ich es beim Mittagessen ausprobieren.
Von außen macht das Lokal nicht wirklich viel her. Ein Tschecherl am Bahnsteig halt, wie es sie früher oft gegeben hat, geeignet für ein schnelles Achtel am Nachhauseweg. Nur die Deko ist nicht wie früher: Ein exotisch anmutendes goldenes Katzerl winkt mit seiner Plastikpfote den Reisenden aus dem Fenster zu, bunte Kerzen stehen da, thailändische Schriftzeichen grüßen vom Firmenschild. Innen ist es ebenso: Schank und Möblierung sind so geblieben, wie sie in alten Tschecherl-Zeiten waren, aber die Bilder an der Wand und die Pölster auf den Bänken weisen an den Golf von Siam. Klein ist das Lokal: ein Schankraum mit einem größeren Holztisch, dahinter ein weiterer Raum mit drei, vier kleineren Tischen, das wars. Mit 20 Leuten wäre der Laden voll, schätze ich.
Bei meinem Eintreffen allerdings ist das Lokal praktisch leer, nur ein älterer Herr steht mit einem Achterl Rot an der Theke und liest die Zeitung. Die Wirtin allerdings ist in der Küche emsig am Werken. Grund dafür, merke ich bald, ist ein florierendes Take-Away-Geschäft. Immer wieder kommen Leute herein und holen sich ihr Mittagessen.
Ich nehme an dem gemütlichen Holztisch gegenüber der Schank Platz und werfe einen Blick in die Karte. Thailändische Hausmannskost. Lauter Standardgerichte der thailändischen Alltagsküche stehen da: Tom Yam Gung – eine pikante Shrimpssuppe mit Zitronengras, Tom Khaa Ga – Hühnersuppe mit Kokos und Ingwer, diverse Currys, Hühnerfleisch mit Thai Basilikum, Reis- und Nudelgerichte, gebratenes Gemüse nach Thai-Art oder – ab 3 Personen – allerlei aus der Thaiküche zum Durchkosten. Authentische Thai-Küche ist das Programm. Vielleicht die einzige Konzession an die Vorlieben der Österreicher ist die Dominanz der Fleischgerichte, daheim im buddhistischen Thailand steht mehr Vegetarisches auf der Karte. Meine Wahl fällt auf Phad Thai Gung – Reisnudeln mit Garnelen, Sprossen und Tamarinde. Ob Chili gewünscht ist, fragt mich die Wirtin. Ein wenig, sage ich. Sie bringt dann zum Essen ein Schüsselchen mit einer hausgemachten Chilisoße zum selber Nachwürzen, ein pragmatischer Umgang mit dem in Österreich so kontroversiellen Thema der Schärfe und, nebenbei bemerkt, bei diesem Gericht auch in Thailand meistens so praktiziert.
Phad Thai ist ja so etwas wie das Nationalgericht in Thailand: Reisbandnudeln, Fischsauce, Tamarinde, verquirlte Eier, Gemüse, Sojasprossen und wahlweise Fleisch oder Garnelen. In Bangkok wie in Pressbaum ist das Gericht würzig, gehalt- und geschmackvoll. Die Garnelen sind geschält, recht groß und knackig gebraten. Ein einfaches, vorzügliches Mittagessen, das Urlaubserinnerungen aufkommen lässt. Die Portion ist üppig bemessen. Ich muss unbedingt noch einmal vorbeischauen und die Suppen probieren.
Fazit: Zwei Stücke auf einer Bühne, gleichzeitig: Das Bahnhofstschecherl mit dem Achtel aus dem Doppler und dem Seiderl an der Theke und dazu sehr gute, authentische thailändische Küche. Bahnhofsimbiss einmal anders. Eine kuriose, aber gelungene Mischung.
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